Baumwurfgefahr

Voraussetzungen der Versagung einer Baugenehmigung

Recht Recht und Normen
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit sieben Wohneinheiten. Die beklagte Baugenehmigungsbehörde hat den Antrag unter anderem wegen Baumwurfgefahr aus bauordnungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Foto: berggeist007, pixelio.de

Im rechtskräftigen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 26.08.2020 - 8 A 11789/19 -, juris geht es um die Voraussetzungen der Versagung einer Baugenehmigung bei Baumwurfgefahr. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit sieben Wohneinheiten. Die beklagte Baugenehmigungsbehörde hat den Antrag unter anderem wegen Baumwurfgefahr aus bauordnungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Zu letzterem hatte das zuständige Forstamt Trier mitgeteilt, wegen der Gefahr umstürzender Bäume sei ein zu nahes Heranrücken an den Wald zu unterlassen. Auf Grundlage von § 3 Abs. 1 LBauO sei ein erforderlicher Mindestabstand von einer Baumlänge, das heißt in der Regel von 30 Metern, zwischen Waldflächen und baulichen Anlagen einzuhalten. Dieser sei vorliegend nicht gewährleistet. Im Rahmen der Abhilfeprüfung eines noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage eines gutachterlichen Nachweises auf, dass eine konkrete Baumwurfgefahr auszuschließen sei. Dem kam die Klägerin nicht nach. Ihre gegen die Nichterteilung der Baugenehmigung gerichtete Untätigkeitsklage hat das VG Trier - 5 K 1544/18.TR - durch Urteil vom 05.12.2018 als unbegründet abgewiesen wegen des nicht erbrachten Nachweises über das Fehlen einer konkreten Baumwurfgefahr, fehlender abwassertechnischer Erschließung des Bauvorhabens und nicht erbrachten Stellplatznachweises. Das OVG Rheinland-Pfalz hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben.

Nach Auffassung des OVG hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Dem stünden weder eine fehlende Erschließung noch ein fehlender Stellplatznachweis entgegen noch habe die Beklagte von der Klägerin einen gutachterlichen Nachweis über eine fehlende Baumwurfgefahr fordern dürfen. Der letztlich nur durch ein forstfachliches Sachverständigengutachten zu erbringende Nachweis für das Nichtbestehen einer Baumwurfgefahr zähle nicht zu den nach § 1 Abs. 1 S. 1 BauuntPrüfVO zwingend vorzulegenden Bauunterlagen. Es komme daher darauf an, ob die Beklagte die Vorlage eines solchen Nachweises von der Klägerin nach § 1 Abs. 2 S. 2 BauuntPrüfVO ermessensfehlerfrei fordern dürfe. Der verlangte Nachweis sei nur bei hinreichenden Anhaltspunkten erforderlich, dass es zur Genehmigung des Vorhabens dessen Vorlage durch den Bauantragsteller bedürfe. Die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit eines Bauvorhabens im Falle des Heranrückens an einen Waldbestand richte sich nach der baupolizeilichen Generalklausel des § 3 Abs. 1 LBauO. Dies setze eine konkrete Baumwurfgefahr voraus, während das bloß abstrakte Risiko einer Gefährdung durch umstürzende Bäume nicht genüge. Eine konkrete Baumwurfgefahr erfordere dabei konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass grenz- beziehungsweise vorhabennah stehende Bäume auf dem Grundstück des Bauherrn in naher Zukunft mit einer über das allgemeine Risiko des Umsturzes hinausgehenden Wahrscheinlichkeit umfallen werden beziehungsweise, dass ein Schaden im konkret zu beurteilenden Einzelfall in naher Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintritt.

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Nach Auffassung des OVG hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Dem stünden weder eine fehlende Erschließung noch ein fehlender Stellplatznachweis entgegen noch habe die Beklagte von der Klägerin einen gutachterlichen Nachweis über eine fehlende Baumwurfgefahr fordern dürfen. Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

Hierfür komme es maßgeblich auf die Art der Bepflanzung (Baumarten), Bodenausformung und Bodenbeschaffenheit an sowie Art und Nutzung der geplanten baulichen Anlage. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts von der Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen einer konkreten Baumwurfgefahr für das beantragte Vorhaben festgestellt worden, die die Forderungen nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens durch die Klägerin als erforderlich und damit ermessensfehlerfrei rechtfertigen könnten. Die Stellungnahme des Forstamtes Trier treffe hierzu keine hinreichend konkreten Feststellungen. Solche seien auch im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren nicht getroffen worden. Die Beklagte verkenne ihre grundsätzliche Verpflichtung im Rahmen der Amtsermittlungspflicht nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG. Danach sei es vorrangig Aufgabe der zuständigen Bauaufsichtsbehörde, - erforderlichenfalls unter Einschaltung des zuständigen Forstamtes - im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit eines Baumwurfs selbst festzustellen. Erst wenn auf Grundlage dieser Feststellungen begründete Anhaltspunkte für die Annahme einer konkreten Gefahr bestünden, könne die Behörde ein Gutachten vom Bauantragsteller fordern. An einer solchen hinreichenden eigenen Feststellung der Beklagten fehle es vorliegend. Die übrigen Gründe zur Versagung der Baugenehmigung lägen ebenfalls nicht vor.

Die sorgfältig begründete Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz überzeugt in jeder Hinsicht und grenzt gut nachvollziehbar konkrete von bloß abstrakten Baumgefahren ab (vgl. hierzu auch bereits OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.05.2017 - 8 A 11822/16 -). Mit einer ähnlich gelagerten Problematik (Nachbarklage eines Waldbesitzers gegen einen Bauvorbescheid bei heranrückender Wohnbebauung und Baumwurfgefahr bei Errichtung eines Wohnhauses in Waldrandnähe) befasst sich der Bayerische VGH im Beschluss vom 29.10.2020 - 15 ZB 20.469 -, juris.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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