Baumwurfgefahr

Waldbesitzer und heranrückende Bebauung

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Baumpflege
Die Entscheidungen des Bayerischen VGH grenzen zutreffend konkrete von abstrakten Baumwurfgefahren ab. Foto: Grigory Bruev, Adobe Stock

Der Bayerische VGH hatte sich in den vergangenen beiden Jahren wiederholt mit Sachverhalten zu befassen, bei denen es um drohende Baumwurfgefahr am Waldrand im Zusammenhang mit heranrückender oder bestehender Wohnbebauung geht.

Im Beschluss vom 29.07.2020 -10 CS 20.1457 -, juris hat der Bayerische VGH im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beschwerde des Antragstellers gegen die Anordnung zur Abholzung einzelner Fichten auf seinem Grundstück am Waldrand zur Vermeidung weiterer Gefahr für Leib und Leben sowie Sachgüter als unbegründet zurückgewiesen. Vorausgegangen waren dem sturmbedingte Baumwürfe am 16.12.2019 und 27.02.2020, bei denen ein Wohnhaus stark beschädigt wurde. Gestützt auf ein von dem Antragsgegner vorgelegtes Sachverständigengutachten ist das Gericht von einer hinreichend konkreten Gefahr durch die markierten Bäume für Leben und Gesundheit der Anlieger, der Nutzer der vorbeiführenden Straße sowie für ein Trafohäuschen ausgegangen. Ausreichend sei eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadenseintritts durch die freigestellten Fichten am Rande von Windwurfflächen, die erhöht windwurfgefährdet seien.

Im Beschluss des Bayerischen VGH vom 29.10.2020 - 15 ZB 20.469 -, juris geht es um die Nachbarklage eines Waldbesitzers gegen einen Bauvorbescheid bei heranrückender Wohnbebauung und hieraus resultierender Baumwurfgefahr in Waldrandnähe. Der VGH hat den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des VG Regensburg vom 06.02.2020 - RO 7 K 19.1116 - abgelehnt. Das Gericht hat bekräftigt, dass der Klägerin keine Abwehransprüche aufgrund einer von Ihrem Waldgrundstück ausgehenden Baumwurfgefahr zustehen. Die Klägerin könne im Rahmen des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots nicht das von ihr befürchtete erhöhte Haftungsrisiko im Falle der Verwirklichung des streitgegenständlichen Bauvorhabens geltend machen. Ein allgemeiner bauplanungsrechtlicher Anspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs bestehe nicht. Die heranrückende Bebauung führe für die Klägerin nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen und einer hieraus resultierenden bodenrechtlich relevanten Rücksichtslosigkeit zu Ihren Lasten. Eine forstwirtschaftliche Nutzung des klägerischen Waldes sei aufgrund der künftigen Wohnnutzung in der Nachbarschaft nicht ausgeschlossen. Lediglich die Verkehrssicherungspflicht werde berührt, wobei gewisse Erschwernisse bei der Bewirtschaftung hinzunehmen seien und nicht jede Beeinträchtigung des Eigentums durch eine benachbarte bauliche Nutzung rücksichtslos sei. Vorliegend bestehe lediglich eine bloß abstrakte Baumwurfgefahr, aber keine hinreichend konkrete, für die die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses nicht genüge.

Auf gleicher Linie liegt der Beschluss des Bayerischen VGH vom 26.04.2021 - 15 CS 21.1081 -, juris im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, wo es ebenfalls um einen Eingriff in die Eigentumsgarantie und sonstige Rechte des benachbarten Waldbesitzers durch eine Baugenehmigung geht. Auch in diesem Beschluss hat der VGH die Beschwerde gegen das klageabweisende Urteil des VG Regensburg vom 11.03.2021 - RO 7 S 21.183 - zurückgewiesen. Der VGH betont, dass nur ausnahmsweise in Fällen, in denen ein genehmigtes Bauvorhaben eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks zur Folge hat, dies über Art. 14 GG einen Genehmigungsabwehranspruch begründen kann. Eine Baumwurfgefahr und sich hieraus ergebende gesteigerte Verkehrssicherungspflichten könnten nur ausnahmsweise dem Gebot der Rücksichtnahme widersprechen, wenn deswegen unzumutbare Auswirkungen auf die Nutzbarkeit des Grundstücks bestehen, von dem eine Baumwurfgefahr ausgeht. Hierfür sei vorliegend nichts ersichtlich. Bereits eine hinreichend konkrete Gefahr sei fraglich.

Auch im Beschluss vom 16.12.2021 - 15 CS 21.2578 -, juris hat der Bayerische VGH die Beschwerde gegen eine Entscheidung des VG Regensburg vom 22.09.2021 - RN 6 S 21.1239 - zurückgewiesen. Dort geht es um eine Nachbarklage gegen die Errichtung eines Waldkindergartens wegen drohender Baumwurfgefahr. Zum wiederholten Mal hat das Gericht betont, dass allein Haftungsrisiken des benachbarten Waldbesitzers diesen nicht in der bodenrechtlichen Nutzungsmöglichkeit seines Waldgrundstücks einschränken oder eine forstwirtschaftliche Nutzung ausschließen. Der Waldeigentümer müsse immer damit rechnen, dass seinem Wald benachbarte Grundstücke auf eine Weise genutzt werden, die für ihn wirtschaftliche Erschwernisse und erhöhte Haftungsrisiken mit sich bringen. Eine hinreichend konkrete und nicht bloß abstrakte Baumwurfgefahr sei nicht dargelegt.

Die Entscheidungen des Bayerischen VGH grenzen zutreffend konkrete von abstrakten Baumwurfgefahren ab und veranschaulichen, dass nur konkrete Baumwurfgefahren ausnahmsweise zu Abwehrrechten des Waldbesitzers gegen heranrückende Bebauung führen können.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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