Herbstzeit ist Sturmzeit

Wann haftet ein Baumeigentümer bei Sturm- und Orkanschäden?

Baumsicherung
Grundsätzlich haftet der Baumeigentümer nicht für reine Sturm- oder Orkanschäden. Foto: Bettina Fritzsche, pixelio.de

Folge des allgegenwärtigen Klimawandels ist bereits seit langem eine Häufung von Naturkatastrophen. Bereits heute bestimmen solche Unwetterereignisse zunehmend unseren Alltag, verursachen erhebliche Schäden und hinterlassen tiefe Spuren in den Kassen der Versicherungen. Dieser Trend wird sich in Zukunft noch verstärken.

Grundsätzlich haftet der Baumeigentümer nicht für reine Sturm- oder Orkanschäden. Häufig führen unwetterbedingte Schäden durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste zum Wegfall der Haftung des Baumeigentümers wegen "höherer Gewalt". Dies ist aber nicht zwangsläufig der Fall. Entscheidend ist, dass es zur Beurteilung, ob ein außergewöhnliches Naturereignis vorliegt, stets auf die konkreten Windstärken vor Ort ankommt. Dies hat das OLG Hamm entschieden und darauf hingewiesen, dass allein der Umstand, dass der Orkan "Kyrill" in vielen Gebieten erhebliche Schäden verursacht hat, für die allgemeine Annahme "höherer Gewalt" nicht ausreicht (OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2009 - 6 U 129/09 -, juris).

Trotz Orkans haftet der Baumeigentümer für Schäden, verursacht durch umgestürzte Bäume oder abbrechende Äste, wenn der Orkan nicht Ursache, sondern nur Anlass des Schadeneintritts war. Dies ist dann der Fall, wenn trotz erkanntem Handlungsbedarf im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht nicht rechtzeitig gebotene Maßnahmen ergriffen worden sind. Dies gilt ebenso, wenn äußerlich erkennbare Krankheitsanzeichen übersehen worden sind oder Handlungsbedarf nicht erkannt worden ist. Eine Haftung des Baumeigentümers besteht auch, wenn keine, zu seltene oder nicht ordnungsgemäße Baumkontrollen den Schadeneintritt verursacht haben.

Der Baumeigentümer muss auch nach einem Orkan tätig werden. So sehen die FLL-Baumkontrollrichtlinien, Ausgabe 2010 unter 5.5 "Zusatzkontrollen" nach extremen Witterungsereignissen wie beispielsweise Orkan vor. Gefordert ist aber nur objektiv Mögliches und Zumutbares. So hat das LG Köln durch Urteil vom 05.05.2015 - 5 O 409/14 - die Klage eines Geschädigten, dessen geparkter Pkw durch einen herabstürzenden Ast wenige Tage nach dem Orkan "Ela" von Pfingsten 2014 beschädigt wurde, mangels schadenursächlich gewordener Verletzung der Verkehrssicherungspflicht abgewiesen.

Das Gericht hat die Argumentation des Klägers relativiert, die beklagte Kommune habe aufgrund des wenige Tage zuvor durchgezogenen Sturmtiefs "Ela" eine besondere Nachforschungs- bzw. Kontrollpflicht. Zutreffend hat das Gericht festgestellt, dass der Beklagten eine lückenlose Kontrolle des Stadtgebietes innerhalb weniger Tage nach dem Sturm nicht zumutbar ist. Die Entscheidung ist nach Rücknahme der vor dem OLG Köln - 7 U 72/15 - eingelegten Berufung des Klägers rechtskräftig geworden.

Im Urteil des OLG Hamm vom 21.09.2010 - 9 U 39/10 - stellte sich die Rechtsfrage, ob die Ankündigung orkanartiger Stürme (dort "Jahrhundertsturm" Kyrill) im Vorfeld Handlungspflichten der öffentlichen Hand im Hinblick auf Baumfällungen oder Sperrungen baumbestandener Straßen begründet. Das OLG Hamm hat dies richtigerweise abgelehnt und betont, dass keine Handlungspflichten ohne konkret erkennbare Gefahren durch einen Baum bestehen. Solche Pflichten der öffentlichen Hand ergeben sich weder aus ihrer Eigenschaft als Baumeigentümer noch als Straßenverkehrssicherungspflichtiger, Verkehrsregelungspflichtiger, im Rahmen katastrophenschutzrechtlicher Zuständigkeit oder als polizeiliche Aufsichtsbehörde.

Besteht ein verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB gegen den Baumeigentümer, dessen Baum auf ein Nachbargrundstück stürzt? Der BGH hat entschieden, dass kein Beseitigungsanspruch gegen den Baumeigentümer aus § 1004 BGB bei außergewöhnlichen Naturereignissen besteht, "wenn der Baum gegenüber normalen Einwirkungen der Naturkräfte hinreichend widerstandsfähig gewesen ist." (BGH, Urteil vom 23.04.1993 - V ZR 250/92 -, NJW 1993, 1855) Folglich besteht auch kein (verschuldensunabhängiger) nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aus § 906 BGB (so zutreffend LG Krefeld, Urteil vom 02.01.2008 - 2 O 200/07 -, Rn. 11, juris; ebenso OLG Brandenburg, Urteil vom 17.11.1998 - 2 U 57/98 -, Rn. 5, juris).

Offengelassen hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung, ob dies möglicherweise abweichend zu beurteilen ist, wenn "Bäume infolge Krankheit oder Überalterung diese Widerstandskraft eingebüßt haben." Allerdings hat der BGH in einer späteren Entscheidung einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB bejaht für infolge Alters nicht hinreichend standsichere Bäume (BGH, Urteil vom 21.03.2003 - V ZR 319/02 - ). Verschiedene Gerichte haben einen Beseitigungsanspruch für einen kranken, nicht hinreichend widerstandsfähigen Baum bejaht, wobei die Erkennbarkeit im Vorfeld und das Verschulden des Baumeigentümers keine Rolle spielen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2002 - 4 U 73/01 -, VersR 2003, 74; LG Münster, Hinweisbeschluss vom 21.01.2014 - 6 S 49/13 -; AG Hamburg, Urteil vom 05.10.2007 - 7c C 102/05 -, juris). Grundsätzlich besteht ein solcher Anspruch also nicht für gesunde, wohl aber für objektiv kranke Bäume.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gärtner*in oder Forstwirt*in mit Spezialaufgaben..., Düsseldorf  ansehen
Fachkraft für Baumkontrolle (m/w/d), Stuttgart  ansehen
Gärtnermeister*in bzw. Fachagrarwirt*in / ..., Köln  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen