Was ist ein moderner Park?

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Parks

Parks sind eigentlich zeitlose Wesen, entziehen sich aber nicht den klassischen Einordnungen in Kategorien, gerade weil sie in ihren Entstehungsgeschichten ganz Kinder ihrer Zeit waren und auch heute noch sind.

Dennoch wird jeder Park gerne an seiner zeitgerechten also modernen Ausrichtung bezüglich der gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung gemessen. Der moderne, also kontemporäre Park steht heute immer mehr für bewusste Teilhabe, soziale Raumaneignung und gesellschaftliches Zusammenleben. Dies zunehmend in Städten, die sich erneut verdichten und in denen öffentlicher Raum oftmals einer schleichenden Privatisierung ausgesetzt ist.

"Architektur ist gut, wenn man sie ignorieren kann", hat David Chipperfield einmal gesagt. Damit wollte er sicherlich nicht den gestalterischen Dominus des Architekten mindern oder verneinen, sondern eher auf die Selbstverständlichkeit der Architektur hinweisen. Noch eindeutiger wird es in der Landschaftsarchitektur, die aus ihrer Natur heraus ständigen Transformationsprozessen ausgesetzt ist. Jahreszeiten und Reifezeiten spielen dabei eine große Rolle.

Natur lässt sich nicht in festen Regeln definieren, der Umgang mit ihr schon eher. In der Parkgestaltung spiegelt sich dieses Verhältnis zur Natur im Dialog der Kultur wider.

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Der Begriff der Modernität im internationalen Vergleich

Die Entwicklung des Begriffs "modern" und Eindrücke zur Entwicklung der Ansprüche an einen modernen Park in den vergangen drei Jahrzehnten im internationalen Vergleich - eigentlich müsste jetzt der Rundumschlag zum Thema Gartenkunst aus der geschichtlichen Perspektive erfolgen. Einfachheitshalber blenden wir ihn hier aus, wohlwissend, dass wir als Landschaftsarchitekten und Parkgestalter auch mit den Bildern der Vergangenheit aufgewachsen sind.
Jeder Parkbesuch in den Metropolen dieser Welt nimmt uns in diese Welt der kulturellen Naturbespiegelung auf, lässt uns ein wenig ahnen von dem, was war und träumen von dem, was uns als Parkbesucher berührt. Die Funktionalität der Nachkriegsmoderne hat vielerorts den poetischen Reiz des Parks zugunsten einer generationsgerechten Allround-Versorgung geopfert. Aspekte der Pflege und Unterhaltung unterliegen rationellen Abläufen und müssen dazu noch den Ansprüchen der Verkehrssicherheit gerecht werden. Das erleichtert nicht unbedingt den kreativen Umgang mit den unendlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die die Natur uns schenkt.
Das malerische "picturesque", ein zentraler Begriff der englischen Gartenkunst, hilft da vielleicht weiter. Vegetationsexperten wie Piet Oudolf und viele andere haben sich wieder der Pflanze, ihren Standorten, den Geländeformationen in Anlehnung einer natürlichen Interpretation erinnert.
Illusionen des Natürlichen, mit dem Bewusstsein voller technologischer Kontrolle, stehen heute nicht nur Pate für den prestigeträchtigen vertikalen Wandgarten, sondern auch für die vielgelobte New Yorker Highline. Das Zusammenspiel von Gestaltetem und Ungestaltetem, seine Dosierung und Positionierung im kleinem wie im großen Maßstab dürfen aktuell wieder diskutiert werden.
In meiner persönlichen Erfahrung in den letzten drei Jahrzehnten aktiver Parkgestaltung hat sich als modern herausgestellt, was mit dem Unbekannten und Ungewohnten in Anlehnung an die Tradition gearbeitet hat

Nordpark in Mailand

Der Nordpark in Mailand als Versatzstück einer Metropolenlandschaft, deren Planung, Gestaltung und Umsetzung Jahrzehnte in Anspruch nahm, war in vielerlei Hinsicht ungewohnt. Er lässt sich in keine der damals geläufigen Kategorien moderner Parkgebilde einordnen, ist nicht einfach Stadtpark, Naturpark oder Landwirtschaftspark. Er ist die Summe eines Versuchs mit eher sehr bescheidenen Mitteln, eine alternative, grüne Stadtlandschaft aufzubauen. Permanent und in zeitlich nachvollziehbaren Abständen wachsend, weitläufig angelegt und in seiner Ausgestaltung flexibel den Bedürfnissen seiner Nutzer gegenüber. Dieses zunächst isolierte, eigenständige, da neuartige Projekt entwickelte sich zum Bezugspunkt für Prozesse in der Zeit des Mailänder Strukturwandels seit Mitte der 90er-Jahre. 15 Jahre Planen und Pflanzen, von 1985 bis ins Jahr 2000, führten dazu, dass der Nordpark mit seinen territorialen Achsen und seiner ausgeprägten Rastergrundstruktur ein Grünsystem alter Schule, ein regelrechte grüne Oase im industriell geprägten Norden der Stadt wurde. Heute ist er für seine zahlreichen Besucher als Metropolenpark ein großes Teilstück des übergeordneten Grünsystems der Stadt und ist eindeutig als Grüne Infrastruktur im Stadtgefüge ablesbar, (s. a. Stadt+Grün 09/2015, S. 13ff.

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Stadtpark Krefeld-Fischeln

Der Stadtpark Krefeld-Fischeln, Preisträger des NRW Landschaftsarchitekturpreises 2006, stellte eine Neuinterpretation der traditionellen Außenkante am Übergang zwischen Stadt und Land dar. In der Jurybegründung hieß es damals: "Die bestehende bäuerliche Kulturlandschaft wird dort mit einem Rahmen aus markanten Baum- und Strauchpflanzungen umgeben, einer kraftvollen Vegetationsarchitektur, die das "Rückgrat" der Landschaft bildet. Hier und auf wenigen Inseln in der Agrarfläche entstand eine Parklandschaft, die kostengünstig zu pflegen ist, die vorhandenen Freiräume vor weiterer Bebauung schützt und dennoch den Raum für die schrittweise Umsetzung weiterer Parkelemente zur Verfügung stellt. In diesem Rahmen können die Landwirte weiter wirtschaften, ausnahmsweise einmal nicht be- oder verdrängt von der Freizeitgesellschaft, sondern vielmehr von ihr beschützt. Neben den eindrucksvollen Pflanzenformationen ist dies das wirklich Zukunftsweisende und Preiswürdige des Parks". Dieses Spiel mit den Kontrasten der Nutzungsansprüche an einen Park, das Spiel mit Dichte und Weite, Größe und Kleinteiligkeit gibt dem Park sein unverwechselbares Gesicht.

KruppPark Essen

Der KruppPark Essen, als pittoreske Inszenierung einer Industriebrache, überwindet eine 200 Jahre währende Trennung von Stadtteilen und Unzugänglichkeit des ehemaligen Stahlwerks. Er gliedert sich als städtebauliches Projekt in den Kruppgürtel ein und fungiert als grünes Rückgrat zum unmittelbar anschließenden neuen ThyssenKrupp-Quartier.
Um die in der Vergangenheit in einer tiefen Senke gelegene Fläche zu gestalten, wurde ein Hügelpark modelliert. Nach dem landschaftsästhetischen Leitbild eines Hochtals mit geschwungener Wegeführung sind von jedem Punkt der Parks aus neue Blickbeziehungen in die Umgebung erlebbar. Fünf das Tal begleitende Hügel, auf denen Säuleneichen die Reliefenergie nachzeichnen, geben dem Freiraum seine perspektivische Tiefe. Eine Hauptattraktion des Parks ist der 9000 Quadratmeter große See mit einer ins Wasser hineinragenden Bühne am Nordrand, der ausschließlich durch das anfallende Regenwasser der Dachflächen des ThyssenKrupp Quartiers gespeist wird. Seine Durchlässigkeit und Leichtigkeit lässt den Besucher die gebaute Landschaftsarchitektur als alte Umgebung neu erleben. Von Liegewiesen, Kinderspielplätzen über Grillmöglichkeiten hin zu Sport- und Aktionsflächen bietet die Freizeit- und Erlebnislandschaft alles, was der Erholung gestresster Großstadtmenschen dienlich ist und lässt die angrenzenden Stadtquartiere wieder enger zusammenrücken.

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Parco Portello Mailand

Der Parco Portello in Mailand als Hommage an Alfa Romeo, gemeinsam entworfen mit dem Designer Charles Jencks, ist hingegen eine Neuinterpretation eines alten Werkgeländes. Bewegung im Sinne der schnellen Bewegung steht hier im Vordergrund. Geländemodellierungen, klar definierte Formen, neu aufgebaute Perspektiven, Blickbeziehungen in das urbane Umfeld stehen hier im Mittelpunkt des Gesamtdesigns des städtebaulichen Masterplans und des eigentlichen Parkentwurfs.
Modellierungen nehmen in diesem Park eine ganz besondere Dimension an, in dem sie klare Formen im architektonischen Sinne herausbilden und den Besucher in eine intime grüne Welt entführen. Umgeben von einer sehr dichten Rahmenbebauung ist dieser Park mit dem Umfeld verbunden: Eine grüne Oase und ein städtebaulich gerahmter Park, der nicht für sich alleine steht, sondern als Versatzstück einer urbanen Stadtlandschaft gesehen werden will. Enge und Weite, Höhe und Tiefe, freie und stark prägnierte Formen bilden einen räumlichen Kontrast, der ein vielfältiges funktionelles Programm ermöglicht.

Khodynka Park Moskau

Der Khodynka Park als Wiederaufnahme des menschlichen Maßes mit Mitteln der Natur ist dagegen ein extensiver Entwurf, der sich auf stark vorgeformte städtebauliche Grundfiguren einlässt, sich dort frei entwickelt und Farb- und Formenspiele in multidimensionalen Ebenen entwickelt. Die Suche nach dem menschlichen Maß im Kontrast zur Gigantonomie des umliegenden Städtebaus hat die Fachjury von der Qualität des Entwurfes im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs überzeugt. Grün, Bodenbewegungen, Wasser und eine ausgewogene Vegetationsarchitektur sind die Hauptakteure eines in sich geschlossenen, zellularen Parkdesigns, das sich innerhalb eines vorgefertigten Passepartouts auf dem ehemaligen Flughafengelände Khodynka frei entwickeln kann. In Zusammenarbeit mit dem deutsch-brasilianischen Künstler Thomas Schönauer und dem italienischen Öko-Architekten Mario Cucinella spiegelt sich in diesem Park das Ende des linearen Denkens und Handelns wider.
Er symbolisiert einen eigenen Organismus, ein Prozess der es versucht, komplexe und aus unterschiedlichen Sphären stammende Gedankenzusammenhänge hierarchielos gegenseitig befruchtend, abwägend, stimulierend, im Design zu umschreiben und auszuformen. Dieser Prozess basiert auf organischen, der Natur gleichen Strukturen, ist prinzipiell horizontal, grenzenlos orientiert, nährt sich von Frequenzen, Interferenzen und Schwingungen und bildet zuweilen Schichten, die sich osmotisch durchdringen.

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Moderne Funktionalität, Ansprüche der Nutzer und der öffentlichen Hand

Wie haben sich moderne Funktionalität, die Ansprüche der Nutzer und der öffentlichen Hand verändert? Urbanität ist wieder gefragt und eine neue Lust am Stadtraum lässt sich vielerorts erleben. Wohnen, Leben und Arbeiten in der Stadt gewinnt zunehmend an Zuspruch, und ein klares "Zurück in die City" verdrängt den lange währenden Slogan "Raus aufs Land".
Das suburbane Wohnen auf dem Lande oder im Grünen gehört als Leitbild eigentlich der Vergangenheit an. Dieser Trend wird den Siedlungsdruck auf die Ballungsräume verstärken und den Bedarf an innerstädtischen Freiräumen erheblich erhöhen. Und das nicht nur aus sozial-funktionellen Gründen sondern, immer mehr aus sozial-wirtschaftlichen Überlegungen.
Dementsprechend gilt es, neue Strategien und Freiraumtypologien zu entwickeln, die nicht nur die Stadtgestalt, den Naturhaushalt und die Nachhaltigkeit, sondern auch die engen finanziellen Rahmenbedingungen vieler Kommunen beim Unterhalt zusätzlicher Flächen berücksichtigen müssen. Diese Typologien zu organisieren, sie in ein System einzugliedern, birgt die Chance aus vielen einzelnen Maßnahmen ein Ganzes zu machen, dessen Wirkweise mehr als die Summe seiner Teile darstellt.

Um in diesem Sinne den städtischen neuen Park zu positionieren, kommen wir erneut nicht um die Befassung mit der Beziehung zwischen Kunst, Kultur und Geschichte herum. Der gestaltete Park ist immer Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse. Zum Verständnis führt der Rückgriff auf die Bilder der historischen Gartenkunst nicht unbedingt weiter. Als wertvolle Zeugnisse der Geschichte sind sie uns aber eine Dimension, die uns ständig begleitet. Stadtparks stehen daher im Fokus der Auseinandersetzung zwischen Natur und Kultur und zeigen Orte, die anders sind. Anders im Sinne des veränderten Gesellschaftsausdruckes. Stadtparks brauchen die widersprüchliche Auseinandersetzung mit dem Freiraum in der Stadt und reflektieren sie. Und dabei ist der Park in der Stadt eigentlich das, was er immer schon war: Freiraum im wahrsten Sinne des Wortes für seine Nutzer. Verändert haben sich lediglich die Ansprüche an ihn. Er will entdeckt und eingenommen werden, gleichzeitig muss er sich den ständig wandelnden Verhältnissen anpassen, um seine Bedeutung erhalten zu können. Immer stärker wird er zu einem strategischen Element der Stadtentwicklung, welches die Stadt mit ihrer Dichte aus dem Freiraum heraus definiert.

Links zwischen modernem Park und grüner Infrastruktur

Der Begriff der grünen Infrastruktur beschreibt strategisch geplante Netzwerke natürlicher und naturnaher Flächen. Dazu gehört auch der Stadtpark. Mit diesen Netzwerken verbindet sich die Idee einer langfristigen Sicherung und auch eine neuen Gestaltung urbaner Freiräume. Die natürlich basierenden Systeme in unseren Städten nehmen damit die Parkdebatte auf.
Das lebendige Grün in den Städten ist das wichtigste organische Bindeglied und wirkt immer stärker auf ökologische, soziale und ökonomische Erfolgsfaktoren im Ranking der Städte.

Parks spielen dabei eine entscheidende Rolle, zumal sie die positiven Effekte bündeln und eindeutig in die gefühlte Wahrnehmung des Stadtmenschen eingreifen. Viele Kommunen investieren in die Zukunft ihrer Quartiere und bauen auf langfristig angedachte integrierte Stadtentwicklung mit Grün.
Die EU hat nun mit der Mitteilung der EU-Kommission "Grüne Infrastruktur" ein strategisch orientiertes Netzwerk vorgestellt, das als Klammer unterschiedlicher Ansprüche und verschiedener Themen gesehen werden will.
Biologische Vielfalt, Anpassung an den Klimawandel, Erhalt und Förderung der menschlichen Gesundheit können als Ziele über formelle und informelle Planungsinstrumente erneut in die politische und fachliche Diskussion eingebracht und auf allen relevanten Ebenen konzeptioniert, geplant und gefördert werden.
Europaweit erarbeiten derzeit viele Städte neue Leitbilder in denen die Grünentwicklung in der Stadtplanung die Federführung übernimmt.
Die Grüne Infrastruktur öffnet somit ein neues Themenfeld analog zur bereits bekannten grauen Infrastruktur.

Dies stellt auch eine Chance für eine neue Generation von Parks in Städten dar, die vielleicht in Zukunft als ökologische Dienstleister, soziale Moderatoren und wirtschaftliche Motoren der Stadtentwicklung, erneut einen zentralen kulturellen Stellenwert auch in der kommunalen Haushaltsdebatte bekommen.


Autor

Architekt, Landschaftsarchitekt BDLA/ AIAPP/ IFLA

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