Verkehrssicherungspflicht

Wer haftet beim Überqueren einer Baumschutzscheibe?

Verkehrsicherungspflicht Haftung
Baumschutzscheiben gelten nicht als Gehfläche für Fußgänger, ihr Betreten erfolgt auf eigene Gefahr. Foto: Andreas Roloff
Verkehrsicherungspflicht Haftung
Baumscheibenabdeckungen können zur Stolperfalle werden, doch Fußgänger müssen selbst aufmerksam auf die Umgebung achten. Foto: Gabi Schoenemann, pixelio.de

In einem Urteil vom 14.01.2016, Az.: 4 U 69/15 hatte sich das OLG Saarbrücken damit auseinanderzusetzen, welche Verkehrssicherungspflichten für Baumschutzscheiben in von Fußgängern benutzten Bereichen bestehen, die sich optisch von der angrenzenden Pflasterung abheben, jedoch Niveauunterschiede zur Pflasterung aufweisen.

Der Kläger stürzte auf einer öffentlichen Straße an der Stelle, an der ein mit Platten gepflasterter Straßenbelag zu einer Metallplatte, die eine Platane umfasste und damit eine Baumschutzscheibe war, überging. An dieser Stelle befand sich ein Niveauunterschied von drei Zentimetern, weshalb nach Ansicht des Klägers eine Stolperfalle entstanden war. Folge des Sturzes waren unter anderem mehrere Brüche des Ellenbogens. Das vom Kläger begehrte Schmerzensgeld und der begehrte Schadensersatz wurden vom OLG Saarbrücken jedoch in II. Instanz abgewiesen.

Zunächst stellte das OLG Saarbrücken die grundsätzlichen Inhalte der Verkehrssicherungspflicht der öffentlichen Hand betreffend öffentliche Wege und Plätze dar. Der Inhalt sei von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Weges und seiner Bedeutung abhängig. Die Verkehrssicherungspflicht umfasse die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustandes, wobei jedoch eine absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden könne. Dies könne auch in der Regel von den Benutzern nicht erwartet werden und sei mit dem Einsatz zumutbarer Mittel nicht erreichbar. Vielmehr seien die öffentlichen Verkehrswege grundsätzlich in dem Zustand hinzunehmen, wie sie sich dem Benutzer erkennbar darböten, wobei sich der Benutzer auch den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen müsse.

Zwar müsse der Verkehrssicherungspflichtige diejenigen Gefahren ausräumen beziehungsweise vor ihnen warnen, die für den durchschnittlich sorgfältigen Benutzer nicht erkennbar seien, jedoch könne der Verkehrssicherungspflichtige nicht das allgemeine Lebensrisiko ausschließen. Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung beginne grundsätzlich erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer die Gefahrenlage überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkennbar sei.

Bei Unebenheiten auf einem Fußgängerweg oder auf Straßen und Plätzen, die von Fußgängern benutzt werden, sind nach Ansicht des OLG Saarbrücken gewisse Unebenheiten und Modulationen des Gehwegs hinzunehmen. Der Fußgänger müsse zwar nicht laufend nach unten schauen und den Weg auf etwaige unauffällige Hindernisse oder Schwellen absuchen, aber der durchschnittliche Fußgänger schenke dem vor ihm liegenden Bereich regelmäßige, versichernde Blicke, um sich über die Beschaffenheit seiner Umgebung zu orientieren.

Speziell bei Baumschutzscheiben, die zur Bewässerung und zum Schutz eines Baumes und seiner Wurzeln in der Fußgängerzone eingelassen werden und sich optisch von der Pflasterung abheben, dient das Metallgitter der Baumscheibe nach Ansicht des Gerichts nicht als Gehfläche für Fußgänger. Ein Betreten der Baumschutzscheiben ist regelmäßig nicht erforderlich. Wenn ein Fußgänger auf eine solche Baumschutzscheibe ausweicht, handelt er regelmäßig auf eigene Gefahr.

Übertragen auf den konkreten Fall war das OLG Saarbrücken der Ansicht, dass selbst bei idealer Verlegung der Baumschutzscheibe im Hinblick auf Wurzelwachstum und ähnliches mit einem Heben und Senken der Baumschutzscheibe zu rechnen sei. Ein geringer Niveauunterschied zum Belag der Gehflächen sei hinzunehmen, da die Baumschutzscheibe nicht dem Fußgänger zum Überqueren des Wurzelwerks dienen sollte, sondern umgekehrt das Wurzelwerk vor Fußgängern schützen soll. Deshalb sei der Fall auch nicht mit Fällen vergleichbar, bei denen zum Beispiel auf einer durchgängig gepflasterten Fläche zwischen einzelnen Steinen unerwartet Niveauunterschiede auftreten.

Im vorliegenden Fall konnte die Baumschutzscheibe auch ohne weiteres in alle Richtungen umgangen werden, sodass der Kläger, der sie betreten hatte, zur erhöhten Sorgfalt verpflichtet gewesen wäre.

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken stellt eine im Ergebnis zutreffende Prüfung einer Verkehrssicherungspflichtverletzung dar. Das Urteil stellt in lesenswerter Weise die Grundsätze der Verkehrssicherungspflicht und ihrer Grenzen für Fußwege dar und begründet überzeugend, warum der Kläger im konkreten Fall hätte besser aufpassen müssen und warum seine Klage abzuweisen war.

Dr. Normen Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main.

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