Kontaminierter Boden

Wer trägt die Untersuchungs- und Entsorgungskosten?

Recyclingtechnik
Durch Schadstoffe belasteter Bauschutt ist von den Gefahrenabwehrbehörden zu entsorgen. Die Kosten dafür, trägt entweder der Grundstückseigentümer oder ein von ihm beauftragtes Unternehmen. Foto: Karl-Heinz Laube/ pixelio.de

Häufig werden im Rahmen von Baumaßnahmen Erdarbeiten erforderlich. Dabei wird Material ausgeschachtet, das entweder entsorgt, oder an derselben Stelle oder an anderen Stellen wieder eingebaut wird. Bisweilen wird auch an anderen Stellen angefallener Abfall wie zum Beispiel Bauschutt oder Abfälle aus industrieller Produktion als Boden eingebaut bezie-hungsweise es findet eine Vermischung von Materialien statt. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um kontaminiertes Material handelt, stellt sich die Frage, wer für die Unter-suchungskosten des Materials und dessen möglicherweise notwendige Entsorgung von den Gefahrenabwehrbehörden heranzuziehen ist, also zumindest zunächst die Kosten dafür zu tragen hat.
Diese komplexe Abwägungsentscheidung wird von diversen Grundsätzen beeinflusst, unterliegt jedoch insgesamt dem Gebot einer effektiven Gefahrenabwehr. Grundsätzlich kommen als Kostentragungspflichtige der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, und sämtliche beteiligten Unternehmer beziehungsweise Veräußerer von kontaminierten Materialien als Handlungsstörer in Betracht. Ist der Grundstückseigentümer selbst beim Einbau des konta-minierten Materials beteiligt, kommt auch er als Handlungsstörer und damit als sogenannter Doppelstörer in Betracht. In extremen Ausnahmefällen ist auch die Inanspruchnahme eines Nichtstörers zur Gefahrenabwehr möglich.
Im konkreten Fall stellen sich für die Gefahrenabwehrbehörden schwierige Abgrenzungsfra-gen. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Bayern hat mit Beschluss vom 8. September 2015, Az.: 20 CS 15.1502 entschieden, dass die zuständige Behörde aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr dabei einen weiten Ermessensspielraum hat. In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Unternehmer Abbruchmaterial zur Wiederverfüllung in eine Kiesgrube eingebracht. Dieses Abbruchmaterial war kontaminierter Bauschutt, der zu einer Verunreinigung des Grundwassers hätte führen können.
Die Behörde verpflichtete den Unternehmer dazu, dass kontaminierte Material auszubauen und zu entsorgen. Zusätzlich sollte der Unternehmer über den erfolgten Ausbau und die erfolgte ordnungsgemäße Entsorgung die Bestätigung eines Sachverständigen vorlegen. Der Unternehmer zog vor das Verwaltungsgericht und argumentierte, man habe den falschen Störer ausgewählt. Er sei nur als Handlungsstörer verantwortlich, während der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer und wegen des Einplanierens des Materials als Handlungsstörer, also als Doppelstörer in Betracht komme. Er hätte von der Behörde primär in Anspruch genommen werden müssen.
Dem folgte der VGH Bayern nicht. Der Unternehmer habe durch seine Lieferung des Materi-als und durch die von ihm vertraglich übernommene Verantwortung für die Eignung des Materials eine Gefahrenschwelle dadurch überschritten, dass das gelieferte Material ungeeignet gewesen sei. Auch aus Gründen der Effektivität, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und aus Gründen des Verursacherprinzips sei er primär in Anspruch zu nehmen.

In einem ähnlichen Fall hat der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 11. August 2015, Az. 10 S 1131/15 entschieden, dass die Behörde auch einen Unternehmer für die Un-tersuchungskosten von möglicherweise kontaminierten Materialien in Anspruch nehmen kann, dessen Verursachungsbeitrag noch nicht endgültig geklärt ist, der jedoch aufgrund tragfähiger Indizien als wahrscheinlich erscheint.
Der betroffene Unternehmer hatte Kompost geliefert, der landwirtschaftlich verwertet werden sollte. Diesem Kompost hatte er Papierschlämme beigemischt, also Abfälle, die bei der Pa-pierherstellung anfallen. Nach Ausbringen des Komposts wurde in den betroffenen Gebieten eine erhöhte Schadstoffbelastung im Grundwasser festgestellt. Die Behörde verpflichtete den Unternehmer dazu, Untersuchungen des Grundwassers vorzunehmen und die Kosten hierfür zu tragen.
Obwohl noch nicht erwiesen war, dass der mit Papierschlämmen vermischte Kompost über-haupt ursächlich für die Grundwasserbelastung war, hielt der VGH Baden-Württemberg diese Anordnung der Behörde für rechtmäßig. Die betroffenen Grundstückseigentümer als Zu-standsstörer seien nicht vorrangig in Anspruch zu nehmen. Es lägen ausreichende objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass der maßgebliche, also die Gefahrenschwelle überscheitende Verursachungsbeitrag für die erhöhte Schadstoffbelastung des Grundwassers auf Seiten des Unternehmers liege. Dieser sei daher im Rahmen einer effektiven Gefahrenabwehr als Handlungsstörer primär in Anspruch zu nehmen. Das Gebot der effektiven Gefahrenabwehr rechtfertige auch die Inanspruchnahme eines Störers, dessen Verursachungsbeitrag noch nicht endgültig erwiesen sei, für den aber tragfähige Indizien vorlägen.
Der Forderung des Unternehmers, in solchen Fällen den als Zustandsstörer mitverantwortli-chen Grundstückseigentümer vorrangig in Anspruch zu nehmen, erteilt der VGH Baden-Württemberg eine Absage.
Dem so in Anspruch genommenen Unternehmer bleiben jedoch finanzielle Ausgleichsan-sprüche, sofern sich bei den angeordneten Untersuchungen herausstellen sollte, dass sein Verursachungsbeitrag, also die Lieferung des mit Papierschlämmen angereicherten Komposts, nicht ursächlich für die Grundwasserbelastung war.

Dr. N. Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, SMNG Rechtsan-waltsgesellschaft mbH

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