Wie Algorithmen Ästhetik mit Nachhaltigkeit verknüpfen
Künstliche Intelligenz in der Landschaftsarchitektur
von: Prof. Christian Graf, Matthias Wilhelm
Intelligenz?
Intelligenz ist ein vielschichtiges Konzept, welches die potenziellen geistigen und kognitiven Fähigkeiten eines Individuums umfasst. Die genannten Fähigkeiten ermöglichen es, Probleme zu lösen und sich an die Umwelt anzupassen. Sie manifestieren sich in verschiedenen Komponenten, wie beispielsweise praktischer, kollektiver oder emotionaler Intelligenz. Der Begriff der Intelligenz ist jedoch kontrovers, da die Definition je nach Fachgebiet variiert. In der Philosophie wird Intelligenz häufig mit der Fähigkeit zur Reflexion und zum Denken assoziiert.
Zwei Eigenschaften, die künstlich wohl schwer so zu erstellen sind, dass sie an die menschlichen Fähigkeiten herankommen und das darf auch so sein. Historisch betrachtet, steht sie im Gegensatz zum Instinkt, der eher einem Reflex als einem durchdachten Gedanken entspricht. Der Begriff "Intelligenz" erfuhr im Laufe der Zeit eine Weiterentwicklung, die von Entdeckungen, Epochen und Ideologien abhängig ist.
Betrachtet man den Schleimpilz, Physarum polycephalum, welcher über kein Gehirn verfügt, so könnte man ihn als nicht intelligent ansehen. Forscher zeichneten die Region von Tokyo auf. Auf dieser verteilten sie Haferflocken, für jede Stadt der Region eine. Der Schleimpilz, welcher von der Stadt Tokyo aus startete, bahnte sich seinen Weg zu jeder Haferflocke. Das Erstaunliche daran ist, dass der gewählte Weg stark dem heutigen U-Bahn-Netz Tokyos gleicht. Obwohl der Pilz über kein Gehirn verfügt, wählte er einen similären Weg wie es der Mensch über 100 Jahre hinweg tat.
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Künstliche Intelligenz?
Der Begriff der künstlichen Intelligenz (KI) bezeichnet die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung der Umwelt, zum Umgang mit Wahrgenommenem sowie zur Problemlösung, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, ist eine Eigenschaft, die künstliche Intelligenz technischen Systemen ermöglicht. Die Basis für KI bildet die Verarbeitung von Daten sowie der Einsatz von Algorithmen, welche es den Systemen ermöglichen, autonom zu handeln und sich an Veränderungen anzupassen.
Der Begriff "generative künstliche Intelligenz" (GKI) bezeichnet eine Klasse von künstlichen Intelligenzsystemen, welche auf vorhandenen Daten basieren. Diese Systeme basieren auf komplexen Algorithmen, wie beispielsweise Generative Adversarial Networks (GANs) oder Variational Autoencoders (VAEs). Mithilfe dieser Algorithmen ist es den Systemen möglich, Muster und Strukturen in den Trainingsdaten zu erkennen und zu reproduzieren, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu imitieren.
Das Diffusionsmodell stellt eine spezifische Methode innerhalb der generativen KI dar, welche auf der Diffusion von Informationen über Raum und Zeit basiert. Sie ermöglicht eine effiziente Generierung hochwertiger Bilder, Videos und Texte. Obwohl generative künstliche Intelligenz eine Vielzahl an Möglichkeiten bietet, sind auch einige Punkte zu bedenken. Die Verbreitung von Falschinformationen und gefälschten Inhalten, die von generativen Modellen erstellt wurden, stellt eine der größten Bedenken dar.
Diese gefälschten Inhalte können dazu führen, dass Menschen falsche Annahmen treffen oder manipuliert werden. Es ist jedoch nicht immer leicht ersichtlich, ob ein Text von einem Menschen geschrieben oder gar gegengelesen wurde. Es ist allgemein bekannt, dass generative künstliche Intelligenz Fehler macht. Ist das vergessene Komma nun die Schuld eines gedanklich abwesenden Schreibers?
Oder ist es das nicht vorhandene Wissen einer künstlichen Intelligenz? Insbesondere in Zeiten, in denen die Verbreitung von Desinformationen bereits eine Herausforderung darstellt, könnte die Verfügbarkeit von gefälschten Inhalten aus der Anwendung von generativer künstlicher Intelligenz die Situation weiter verschärfen.

Ein weiteres Risiko besteht in der Möglichkeit des Missbrauchs der GKI für betrügerische Zwecke. Jeder und Jede könnte generative Modelle nutzen, um gefälschte Dokumente, Bilder oder Videos zu erstellen, die für betrügerische Aktivitäten wie Identitätsdiebstahl oder gefälschte Nachrichten verwendet werden könnten. Dies birgt das Risiko erheblicher Schäden für Einzelpersonen, Unternehmen oder die Gesellschaft insgesamt.
Obgleich die generative künstliche Intelligenz mit gewissen Risiken verbunden ist, wird sie als neues gestalterisches Medium betrachtet, das Künstlern, Designern sowie Planern und Gestaltern neue Möglichkeiten eröffnet, kreative Inhalte zu schaffen. Sie fördert die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine und ermöglicht, wie bereits genannt, die automatisierte Erstellung von Inhalten, die von jenen menschlicher Schöpfer kaum zu unterscheiden sind, sofern die KI professionell angewandt wurde.
In Anbetracht der potenziellen Gefahren von gefälschten Inhalten wird die Kennzeichnung von künstlich generierten Inhalten als wichtig erachtet. Das könnte dazu beitragen, die Authentizität von Inhalten zu gewährleisten und die Verbreitung von Falschinformationen einzudämmen. Doch inwiefern kann generative künstliche Intelligenz ihr Potential als Beitrag zur Unterstützung unserer Gesellschaft einbringen?
In der Landschaftsarchitektur?
Die Integration generativer künstlicher Intelligenz in den landschaftsarchitektonischen Entwurfsprozess verspricht eine transformative Wirkung auf die Gestaltung von öffentlichen und privaten Außenräumen. GKI bietet eine innovative Herangehensweise, die es Landschaftsarchitekten ermöglicht, den Entwurfsprozess zu optimieren und kreative Lösungen zu entwickeln, die sowohl ästhetische als auch funktionale Bedürfnisse befriedigen. Diese basieren auf unterschiedlichen Parametern und Kriterien wie topografischen Eigenschaften, Nutzungszwecken und ästhetischen Präferenzen und Bedürfnissen.
Die automatisierte Generierung von Entwurfsalternativen erlaubt es Architekten, schnell neue Ideen zu erkunden und innovative Konzepte zu entwickeln, ohne dabei auf traditionelle manuelle Methoden beschränkt zu sein, welche jedoch weiterhin erforderlich sind, um ein zielführendes Gesamtprodukt zu erhalten. Des Weiteren kann GKI bei der Terrainmodellierung und Geländeanalyse eine bedeutende Rolle spielen.
Die Analyse von Umweltfaktoren wie Bodenbeschaffenheit, Klima und Sonneneinstrahlung ermöglicht die Generierung realistischer Geländeformen, welche den gestalterischen Anforderungen entsprechen. Zudem kann GKI Geländeanalysen durchführen, um potenzielle Auswirkungen auf die Umwelt zu bewerten und nachhaltige Lösungen zu identifizieren.
Ein weiterer, vielversprechender Anwendungsbereich von GKI liegt in der Auswahl von Pflanzenarten und der Entwicklung von Begrünungskonzepten. Durch die Simulation von Pflanzenwachstum und -entwicklung können Landschaftsarchitekten dabei unterstützt werden, die richtigen Pflanzen für bestimmte Standorte auszuwählen und die langfristige Entwicklung von Grünflächen zu prognostizieren. Die Integration ökologischer Parameter und die Simulation von Umweltauswirkungen können dazu beitragen, nachhaltige Landschaftskonzeptionen zu entwickeln, welche die natürlichen Ressourcen schonen und die Biodiversität fördern.
Die Integration von GKI in den landschaftsarchitektonischen Entwurfsprozess birgt das Potenzial, die Effizienz, Kreativität und Nachhaltigkeit von Landschaftsprojekten zu verbessern und neue Möglichkeiten für die Gestaltung lebenswerter und ökologisch verträglicher Umgebungen zu eröffnen.
Pflanzlisten?
Die Bepflanzung stellt einen wesentlichen und hervorzuhebenden Bestandteil der Landschaftsarchitektur dar. Ihre Konzeption erfolgt durch Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten in einem sorgfältig durchdachten Prozess. Eine Bepflanzung kann eine Vielzahl unterschiedlicher Pflanzen umfassen, weshalb ihre Dokumentation von essenzieller Bedeutung ist. In Form von Pflanzenlisten werden diese dokumentiert, wobei häufig Angaben zur Blütendauer sowie zur Farbe etc. enthalten sind. Die Erstellung von Pflanzenlisten kann mittlerweile auch durch generative KI erfolgen. Die Angabe und das Nennen von Leitpflanzen können einem Algorithmus zur Ausgangslage dienen. Die Pflanzenlisten sind durchaus brauchbar und bereits auf hohem Niveau.
Gibt man bei Chatgpt 4 folgenden Prompt ein: "Erstelle mir eine tabellarische Pflanzenliste (nur botanische Namen), es sollen weiss- sowie rosablühende Stauden vorkommen. Das Ganze soll einige Gehölze beinhalten. Inklusive pro Quadratmeter Anzahl der Pflanzen und Blütemonaten in römischer Angabe", so erhält man die Liste aus Abbildung 1.

Visualisierung und Inspiration
Die GKI kann auch als Tool verwendet werden um Visualisierungen zu schaffen. Software wie Midjourney oder Prome.Ai lässt die Planner textbasierte Bilder generieren. Die Visualisierungen sind im grossen Rahmen relativ genau. Die GKI ist jedoch bei weitem noch nicht fähig, bautechnische Details realistisch abzubilden. Die Visualisierungen, welche die Tools ausspucken, können jedoch als Inspiration genutzt werden. Obgleich künstliche Intelligenz nichts Neues schaffen kann, kann sie Varianten erstellen, welche der Planner in diesem Moment nicht bedacht hat, und darf ihn zum "neuen Denken" bewegen.
Fazit
Summa sumarum ist die GKI bereits auf einem hohen Niveau. Für Landschaftsarchitekten und Planende mit hoher Verantwortung ist die Anwendung jedoch schlicht noch zu ungenau. Regeldetails sowie Pflanzabstände und -informationen müssen perfekt stimmen. In inspirationeller, gestalterischer Ansicht kann GKI gut in den Projektablauf integriert werden. Zur Vollendung eines Projekts ist sie jedoch noch nicht reif genug. Betrachtet man aber die Entwicklung der KI innerhalb der letzten zwei Jahre, so ist es ratsam, die GKI nicht aus den Augen zu verlieren und hin und wieder ein kleines Update einzuholen.
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