Wie sich im urbanen Raum Licht effizienter einsetzen lässt

Lichtverschmutzung vermeiden

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Die nächtliche Beleuchtung von Straßen, Wegen und Plätzen im urbanen Raum hat eine wichtige Bedeutung für die Sicherheit – manchmal wird sie aber auch nur zu dekorativen Zwecken eingesetzt. Ersteres gilt vor allem in der dunklen Jahreszeit. Doch wie hinlänglich bekannt ist, steuert Licht auch viele biologische Prozesse und hat damit große Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt. Deshalb wird künstliche Beleuchtung je nach Art und Ausmaß gemäß dem Bundesimmissionsschutzgesetz als schädliche Umwelteinwirkung angesehen. Das Gesetz zielt darauf ab, Menschen sowie Flora und Fauna vor schädlichen Lichtimmissionen zu schützen.
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1 Über dem nächtlichen Himmel in der Nähe von Städten breiten sich Lichtglocken aus – Peissenberg Richtung München. Foto: Adamus Adelus

Im öffentlichen Raum tragen Kommunen hierbei eine besondere Verantwortung. Um dieser nachzukommen, müssen verschiedene Fragen geklärt werden: Welche Auswirkungen hat die Lichtverschmutzung? Wie lässt sich künstliche Beleuchtung im städtischen Umfeld so einsetzen, dass sie gleichermaßen dem Sicherheitsaspekt wie dem Umweltschutz nachkommt? Welche Vorteile ergeben sich daraus? Und wie kann man Bürgerinnen und Bürger für das Thema sensibilisieren? "Ein Drittel der künstlichen Beleuchtung ist sinnlos und damit verschwendet", sagt Manuel Philipp, Gründer und Geschäftsführer Paten der Nacht gGmbH. Er sagt: "würde man diesen verschwendeten Anteil eliminieren, könnten alleine in Europa pro Jahr rund 20 Milliarden Euro an Energiekosten eingespart werden. Überhaupt sei nichts in der Menschheitsgeschichte so viel günstiger geworden wie das elektrische Licht. Die gemeinnützige Organisation Paten der Nacht macht sich seit 2019 für Eindämmung der Lichtverschmutzung stark. Denn ihr Zuwachs wird weltweit auf circa 10 Prozent geschätzt.

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    2 Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten hat das Ausmaß der nächtlichen Beleuchtung enorm zugenommen. Quelle: NGDC/DMSP/ESA und Editiert von Paten der Nacht
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    3 Der Bodenstrahler bewirkt, dass der Baum sein Laub erst später abwirft. Foto: Sabine-Frank
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    4 Überblick darüber, welche Art von Leuchten schlechter oder besser geeignet sind. Quelle: Paten der Nacht

    Auswirkungen der Lichtverschmutzung

    Durch falsche Beleuchtungen im Außenbereich entstehen im Umkreis von Großstädten immense Lichtglocken. Das hat unter anderem zur Folge, dass der Blick in den natürlichen Sternenhimmel kaum noch möglich ist. Die Lichtglocken können sich über mehrere Hundert Kilometer hinweg erstrecken. "Sie können bei Großstädten wie München und Hamburg um die 200 bis 300 Kilometer und bei Metropolen wie New York und Rio de Janeiro sogar bis um die 600 bis 800 Kilometer betragen", betont Philipp. Aufgrund der großen Fernwirkung der Lichtglocken gäbe es weltweit keinen Ort mehr, wo eine natürlich dunkle Nacht herrsche. Aber nicht allein der Blick in den nächtlichen Sternenhimmel wird durch zu helle Außenbeleuchtung beeinträchtigt. Denn der natürliche Wechsel zwischen Tag und Nacht ist schließlich für den grundlegenden Rhythmus der Lebewesen verantwortlich. Dort wo Straßenlaternen ins Schlafzimmer scheinen wird dieser durcheinandergebracht, was sich ungünstig auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Gleiches gilt auch für Tiere und sogar Pflanzen. Nicht nur nachtaktive Insekten werden magisch vom Licht angezogen. Auch Straßenbäume unter Laternen werfen das Laub erst später ab. Was sich wiederum ungünstig auf die Verkehrssicherheit auswirkt. Denn durch das Laub hat der Baum bei Herbststürmen oder gar frühem Schneefall eine höhere Angriffsfläche. Kritisch sind bei der Außenbeleuchtung im öffentlichen Raum sowohl die falsche Lichtfarbe als auch die falsche Lichtlenkung. Letztere kann schließlich den unerwünschten Nebeneffekt haben, dass dadurch die Verkehrsteilnehmer sowie Passanten geblendet werden – zu Ungunsten der Verkehrssicherheit. Ganz zu schweigen von den ökonomischen Folgen durch die höheren Energiekosten aufgrund der Aufhellung des Nachthimmels mittels Kunstlicht. Und auch wenn zwar durch den Einsatz von LED-Leuchtmitteln der Energieverbrauch erheblich gesenkt werden konnte, unnötige oder eben falsche Beleuchtungen sollten trotzdem vermieden werden.

    Passende Lampen auswählen

    Um also den öffentlichen Raum, bestehend aus Parks, Gärten, Straßen, Wegen und Plätzen adäquat zu beleuchten, gibt es viele unterschiedliche Möglichkeiten, die im Hinblick auf eine Lichtverschmutzung mehr oder weniger gut geeignet sind. Das gilt auch für die Art der Lampen. So gilt beispielsweise für Bodeneinbauleuchten im Außenbereich, dass sie eher ungünstig sind, wenn sie stark nach oben strahlen. Es sei denn es handelt sich dabei um schwach leuchtende Orientierungs- oder Markierungsleuchten. LED-Leuchten sind zwar grundsätzlich gut, aufgrund des niedrigeren Energieverbrauchs. Aber hier sollte auf die richtige Lichtfarbe und -temperatur geachtet werden.

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    5 Je wärmer die Lichtfarbe umso geringer ist der Schaden. Quelle: Paten der Nacht
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    6 An der Stadtkirche Tann (Rhön) wird auf eine Anstrahlung verzichtet, so ist der nächtliche Sternenhimmel zu sehen. Foto: Dr. A. Hänel

    Weniger Licht gezielter einsetzen

      Mit einer guten Lichtplanung lässt sich nicht nur Energie einsparen, sondern sie trägt auch zum Schutz der Umwelt sowie der Gesundheit der Bevölkerung bei. Zudem bleiben das nächtliche Orts- und Landschaftsbild erhalten und der Blick in den nächtlichen Sternenhimmel wird wieder möglich. Mit dem folgenden 6-Punkte-Plan können Kommunen eine schonende Außenbeleuchtung umsetzen und dabei gleichzeitig für mehr Sicherheit sorgen:

      1. Helligkeit reduzieren: Zum Einsatz kommen sollten Leuchtmittel mit möglichst geringen Lumen-Werten (lm). Auf größeren Bodenflächen sind mehrere schwache als eine einzelne sehr helle Lichtquelle besser. Denn zu grelles Licht blendet eher und beeinträchtigt damit die Sicherheit. Zudem verschlechtert sich die Sicht in den dunkleren Bereichen. Für Nebenstraßen und verkehrsberuhigte Zonen empfiehlt sich für Straßenbeleuchtungen eine Beleuchtungsstärke von zwei bis 15 Lux (zum Vergleich scheint der Vollmond mit 0,25 Lux). Optimal wären hier also schwächere großflächigere Leuchten. Dabei müssen natürlich die jeweiligen Normen und Standards eingehalten werden. Hier spielen auch Blendung und Kontrast eine wichtige Rolle. Lichtinstallationen, bei denen Schlagschatten entsteht, sind zu vermeiden.
      2. Abstrahl-Charakteristik optimieren: Verhältnismäßig schlecht sind Kugelleuchten oder Strahler nach oben. Generell sollte das Licht nach unten ausgerichtet sein. Insbesondere Streulicht nach oben aber auch zur Seite sollte weitestgehend vermieden werden. Möglich ist das mit Hilfe von geschirmten Gehäusen oder LED-Reflektorlampen. Ideal wären Laternen mit Überdachung und einer nach unten hin offenen Linse. Für die gleiche Bodenhelligkeit reicht dann eine schwächere Lichtquelle.
      3. Lichtfarben richtig wählen: Leuchtmittel mit hohem Blauanteil führen zu größeren Lichtglocken. Besser wäre Kunstlicht mit einem Goldton von 1800 Kelvin (je gelblicher das Licht, umso geringer der Schaden).
      4. Montagehöhe prüfen: Häufig sind Fluter falsch ausgerichtet und in der Regel zu hoch angebracht. So geht, wie bei den Kugelleuchten auch, viel Licht verloren. Bei der Montagehöhe gilt, je niedriger umso besser.
      5. Dauer am Bedarf ausrichten: Idealer Weise sollte die Beleuchtung nur so lange eingeschaltet bleiben, wie sie benötigt wird. Dabei können Bewegungsmelder behilflich sein. Wenn möglich ist Dauerlicht zu vermeiden und stattdessen eine automatische Abschaltung mit Hilfe von Zeitschaltuhren spätestens um 22 Uhr einzurichten.
      6. Notwendigkeit hinterfragen: Es steht außer Frage, dass auf Beleuchtung zur Sicherung von Wegen sowie zur Orientierung nicht verzichtet werden kann. Aber Außenlicht, welches nur zu dekorativen Zwecken dient, etwa um Gebäude in Szene zu setzen, kann durchaus um 22 Uhr abgeschaltet werden. Vor allem in Parks und Gärten sollte kein Licht auf Bäume, Naturflächen oder Teiche gerichtet werden.

      Was den letzten Punkt betrifft, könnten auch Überlegungen angestellt werden, ob Gebäudebeleuchtungen ganz akzentuiert eingesetzt werden. Beispielweise ließen sich Kirchenfenster von innen beleuchten oder Außenstrahler an Burgen oder anderen historischen Gebäuden in Form von Lichtfestspielen zeitlich begrenzt veranstalten. Kommunen könnten zudem darüber nachdenken, ob Vorgaben in die Satzungen aufgenommen werden können, um der Lichtverschmutzung entgegenzuwirken.

      Beleuchtung Beleuchtungsplanung
      7a Straßenleuchten ohne Reflektortechnik sind zu vermeiden. Grafik: licht.de
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      7b Straßenleuchten mit Reflektortechnik sind empfehlenswert. Grafik: licht.de

      Vorschriften, Verordnungen und Fördermöglichkeiten

      In Deutschland gibt es weder eine Straßenbeleuchtungspflicht noch ein Gesetz zur Bekämpfung der Lichtverschmutzung. Insofern kann man die Frage stellen, ob die Straßenbeleuchtung tatsächlich die ganze Nacht brennen muss. Es würde also reichen nur dort zu beleuchten, wo eine Verkehrssichtungspflicht besteht. Also auf Geh- und Fußgängerüberwegen sowie in Unterführungen. Follow Light ist nur dann zu empfehlen, wenn es von der Stärke und Ausrichtung so eingerichtet werden kann, dass es keinesfalls blendet. Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)2, des Baugesetzbuchs (BauGB)3 und der Baunutzungsverordnung (BauNVO)4 können sich darauf auswirken, zu welchen Zeiten und mit welcher Intensität Beleuchtungsanlagen betrieben werden dürfen. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BimSchG müssen genehmigungsbedürftige Anlagen so errichtet und betrieben werden, dass dadurch keine schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft entstehen. Das heißt, es müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, die dem Stand der Technik entsprechen. Was allerdings einzuhaltende Grenzwerte anbelangt, fehlen hier bislang rechtsverbindliche Vorschriften. Aus diesem Grund erfolgen Beurteilungen, ob Lichtimmissionen zumutbar sind, im jeweiligen Einzelfall. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert zudem entsprechende Maßnahmen zum Klimaschutz. Genauere Informationen dazu können über die Förderdatenbank des Bundes (foerderdatenbank.de) abgefragt werden.

      Vorbildliche Kommunen

      Einige Bundesländer, wie Bayern, Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen haben bereits eigene Landes-Immissionsschutzgesetze erlassen. Aber auch Gemeinden und Kommunen können Planwerke zum Thema Licht erarbeiten. Solche Konzepte werden mitunter bezeichnet als Lichtmasterplan, gesamtstädtisches Lichtkonzept oder Beleuchtungsplan. Da Lichtverschmutzung vor allem in Großstädten auftritt, wurden in vielen Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern solche Lichtmasterpläne entwickelt, unter anderem auch in Berlin. Aber nicht nur in dieser Größenordnung können Städte vorbildlich vorangehen, wie das Beispiel Deutschlands erste Sternenstadt zeigt. Die Rede ist vom hessischen Fulda. Die Stadt am gleichnamigen Fluss hat bereits eine Richtlinie verabschiedet zum nachhaltigen Umgang mit funktionalem und gestalterischem Licht. In Fulda werden grundsätzlich bei Neuerrichtung von öffentlichen Beleuchtungsanlagen zeitliche Steuerungen zum Dimmen und Abschalten der modernen LED-Leuchten eingerichtet. Diesem Vorbild eifert auch Kronberg im Taunus nach und will zu einer "Dark-Sky-Community (DSC)" werden. Auch in Rheinland-Pfalz haben bereits die Orte Rumbach und Maikammer die Auszeichnung "Gemeinde unter den Sternen" erhalten. Damit wird die sternen- und umweltfreundliche Beleuchtung in Kommunen innerhalb des Projektgebietes honoriert.

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      8 Worauf bei der Lichtlenkung zu achten ist. Grafik: licht.de/Signify
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      9 Hell erleuchtetes Schaufenster eines Geschäftshauses in menschenleerer Straße. Foto: Hessisches Netzwerk gegen Lichtverschmutzung
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      10 Beleuchtungsvergleich einer Straße mit und ohne Lichtverschmutzung. Grafik: Carsten Przygoda

      Organisationen und Aktionstage

      International sowie auch bundesweit gibt es einige Organisationen, die sich gegen Lichtverschmutzung stark machen. Solche Non-Profit Organisationen sind die im Jahr 1988 gegründete International Dark-Sky Association (IDA) ebenso wie die hierzulande agierenden Paten der Nacht. Aber auch Sternenparks machen sich für Lichtschutzgebiete stark. Wer ebenfalls so etwas auf die Beine stellen möchte, findet in der Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde e. V. (lichtverschmutzung.de) einen geeigneten Partner dafür. Zudem kann für Umweltschutzverbände, Parteien sowie interessierte Gemeinden oder Kommunen, die sich für die Vermeidung von Lichtimmissionen stark machen wollen, die Teilnahme an Aktionstagen sinnvoll sein. Wie etwa die im Jahr 2020 von Manuel Philipp ins Leben gerufene Earth Night (earth-night.info). Diese findet alljährlich im September statt. Während bei der schon vorher bekannten Earth Hour jedes Jahr an einem März-Abend ab 20:30 Uhr lediglich für eine Stunde das Licht abgeschaltet oder zumindest reduziert wird, soll es bei der Earth Night eine ganze Nacht lang komplett ausgeschaltet oder zumindest stark gedimmt sein. In Deutschland beteiligen sich daran schon mehr als hundert Städte und Gemeinden. Ein weiteres Projekt von Paten der Nacht ist ab 22 Uhr das Licht auszuschalten (www22uhr.net). Es zielt darauf ab, Unternehmen im deutschsprachigen Raum dafür zu gewinnen, die im Außenbereich sichtbare Werbebeleuchtung nachts freiwillig abzuschalten. Daran beteiligen sich aktuell bereits circa 400 Unternehmen. Kommunen könnten auch den Internationalen Tag des Lichts, der alljährlich am 16. Mai begangen wird, zum Anlass nehmen um etwa eine Ausstellung oder auch bestimmte Licht-Events zu organisieren. Entsprechende Wanderausstellungen zum Thema Lichtverschmutzung sind über verschiedene Organisationen erhältlich, etwa über folgende URLs

       Christine Schonschek
      Autorin

      Freie Fachjournalistin - Mitglied im Deutschen Fachjournalistenverband (DFJV)

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