Biodiversität von Blühmischungen unter die Lupe genommen

Wildbienen schützen

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Bienen Grünflächenämter
Centaurea scabiosa (Skabiosen-Fflockenblume) mit Steinhummel. Foto: Bernhard Ledermann
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Cichorium intybus (Wegwarte) mit Steinhummel. Foto: Bernhard Ledermann
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Disacus strigosus (Schlanke Karde) mit Steinhummel und Schwebfliege. Foto: Bernhard Ledermann
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Silphium perfoliatum (Durchwachsene Silphie) mit Wiesenhummel. Foto: Bernhard Ledermann

Grünflächenämter sind gut beraten ihre Daseinsvorsorge im Feld der grün-blauen Infrastruktur integriert und mit einer nachhaltigen Perspektive wahrzunehmen. Dazu gehört der Beitrag zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Er ist auf gleicher Ebene anzusiedeln, wie die zentrale Aufgabe der Grünflächenämter "Bereitstellung differenzierter, erholsamer, anregender, sozial aneignungsfähiger und leistungsfähiger Freiräume" für Bewohner und Besucher.

Dabei können Grünflächenämter doppelt wirken: In ihren Händen liegt es, die "eigenen" Flächen im Sinne einer reichhaltigen Naturausstattung zu erhalten, zu gestalten, zu entwickeln und zu pflegen.

Grünflächenämter bewirtschaften seit Jahrzehnten einen Großteil der von ihnen verwalteten Flächen ohne Düngung und Herbizide. Eine Grundvoraussetzung für artenreiche Wiesen. Nur der Mahdrythmus muss oft noch konsequent auf ein bis zwei Schnitte reduziert werden. Das Mahdgut ist dabei zu entnehmen - Mulchen wäre kontraproduktiv. Nicht minder bedeutsam ist häufig ihre Einflussmöglichkeit durch Rat, fachliches Vorbild und Vorgaben für Grünflächen privater Grundstücksbesitzer und -nutzer. Dies fängt schon beim Plädoyer für den Löwenzahn an. Er ist für über 70 Wildbienenarten als Pollenquelle bedeutsam (und übrigens in keiner Blühmischung enthalten). Durch Ortsrecht in Form von Vorgarten- und Freiflächengestaltungssatzungen kann die Entwicklung artenreicher Grünflächen in privater Hand entscheidend unterstützt werden.

Mit dem Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen!" wurde der Fokus der Öffentlichkeit verstärkt auf den Erhalt der vielfach bedrohten Artenvielfalt, insbesondere der Bienen gerichtet. Dabei wurde als Zugpferd die Honigbiene (Biene Maja) eingesetzt. Der Honigbiene selbst geht es nach Aussagen der Imker aber in Deutschland so gut wie nie zuvor. Der Deutsche Imkerbund (DIB) spricht von einer Rekord-Honigernte im Jahr 2018 (über 25.000 t). Die Zahl der Bienenvölker in Deutschland erreicht fast 1 Million. Laut DIB waren es 2009 noch 694.000 Völker. Dies ist drei Mal so viel, wie optimistische Annahmen für die Naturlandschaft erwarten lassen würden (1 Volk je km² = 350.000 Völker in Deutschland).

Im Gegensatz dazu sind von den 550 Wildbienenarten, die in Deutschland vorkommen, über 50 Prozent stark gefährdet. Von einer zunehmenden Konkurrenz der Honigbiene zu den Wildbienen und Hummelarten ist auszugehen. Deren Bestäuberleistung wird in der aktuellen Diskussion vielfach unterschätzt. Hier liegt der wesentliche Handlungsbedarf. Und dieser kann nur integriert zum Erfolg führen. Schließlich benötigen Wildbienen zwei in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Hauptressourcen: passende Kleinstrukturen zur Anlage von Nestern (viele nisten im Boden) sowie ein Angebot an geeigneten Pollen- und Nektarquellen (Natur und Landschaft 2016/Heft 2).

Einfache Maßnahmen zur Verbesserung des Nahrungsangebote für Wildbienen sind, soweit mit der zentralen Aufgabe der Grünflächenämter vereinbar, die Förderung des Blühangebotes in den Park- und Grünanlagen durch:

  • Zeitweises Belassen von (Blüh-)Aspekten als Inseln in den Gebrauchsrasenflächen
  • Belassen und Entwickeln von (Blüh-)Säumen entlang von Gehölzstrukturen
  • Umstellung des Vegetationsziels Rasen(Scherweiden) auf das Vegetationsziel artenreiche (Blüh-)Wiesen.
  • Rücknahme der Mulchmahd auf Wiesen und Ersatz durch Mahd mit Entzug des Mahdgutes.

Diese Maßnahmen erfordern insbesondere aufmerksame Pflege und Vermittlung (siehe hierzu Stadt+Grün 1/2019 Naturnahes Stadtgrün in Frankfurt von Heike Appel und Simone Jacob)

Darüber hinaus bekommt die gezielte Ansaat von Blühflächen zunehmend Konjunktur. Im Handel sind aktuell zahlreiche Blühmischungen erhältlich. Dabei ist Blühmischung nicht gleich Blühmischung. Es kommt auf die Artenzusammensetzung an. Denn Pflanzenarten werden im verschiedenen Maße von Wildbienen besucht und genutzt. Viele Blühflächen und Ackerrandstreifen sehen zwar schön bunt aus, nutzen der Artenvielfalt aber vergleichsweise wenig.

Der Biologe und Wildbienenkenner Dr. Paul Westrich hat in seinem Buch "Die Wildbienen Deutschlands" (Dr. Paul Westrich 2018) eine umfangreiche Liste der Pollenquellen veröffentlich. "Sie enthält 511 Pflanzenarten die bisher in Deutschland als Pollenquellen von Wildbienen belegt sind, Nutz- und Zierpflanzen eingeschlossen" (ebenda).

Im Grünflächenamt Coburg haben wir - in Vorbereitung auf unseren diesjährigen Tag der offenen Tür - neun der aktuell im Handel erhältlichen Blühmischungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für Wildbienen mit Hilfe der Liste der Pollenquellen von Dr. Paul Westrich näher unter die Lupe genommen. Uns interessierte die Anzahl der in den Blühmischungen enthalten Pflanzenarten, die von Wildbienen als Pollenquelle genutzt werden, ebenso, wie in den Mischungen enthaltene Pflanzenarten, die von möglichst vielen Wildbienenarten als Pollenquelle genutzt werden.

Untersucht wurden:

  • Brandenburger Mischung
  • KULAP Bayern - einjährige Mischung
  • Göttinger Mischung
  • KULAP Bayern - lebendiger Acker - trocken
  • KULAP Bayern - lebendiger Gewässerrand
  • Lebensraum 1 - Zeller Saaten
  • Quedlinburger Bienen-/Hummelmagnet
  • Thüringer Mischung
  • Veitshöchheimer Bienenweide

Die Ergebnisse haben wir tabellarisch in einer Synopse zusammengeführt und nach Artengruppen geordnet. In unserer Untersuchung ergibt sich eine auffällige Dreiteilung:

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Hinweis

  • Artenreiche Blühmischungen: Sie enthalten sehr viele Pflanzenarten, die von Wildbienen als Pollenquelle genutzt werden, sowohl im Bereich der Kulturarten als auch der spontanen Vegetation - darunter Pflanzenarten, die von sehr vielen Wildbienenarten als Pollenquelle genutzt werden. Hierzu zählen die Veitshöchheimer Bienenweide, die Lebensraum 1 - Zeller Saaten, die KULAP Bayern - lebendiger Acker - trocken und die KULAP Bayern - lebendiger Gewässerrand.
  • Blühmischungen mit mittlerer Artenzahl: Sie enthalten mehrere Pflanzenarten, die von Wildbienen als Pollenquelle genutzt werden, vorwiegend im Bereich der Kulturarten - darunter einige Pflanzenarten, die von sehr vielen bis vielen Wildbienenarten als Pollenquelle genutzt werden. Hierzu zählen die Thüringer Mischung, die Göttinger Mischung und die KULAP Bayern - einjährige Blühmischung.
  • Artenarme Blühmischungen: Sie enthalten nur wenige Pflanzenarten, die von Wildbienen als Pollenquelle genutzt werden, vorwiegend im Bereich der Kulturarten - darunter nur wenige Pflanzenarten, die von vielen bis mehreren Wildbienenarten als Pollenquelle genutzt werden. Hierzu zählen der Quedlinburger Bienen- und Hummelmagnet und die Brandenburger Mischung.

Es gibt jedoch deutliche Unterschiede bei Wildbienenarten hinsichtlich der Nutzung von Pollenquellen: Polylektische Wildbinienarten nutzen viele Pflanzen aus verschiedenen Pflanzenfamilien; Oligolektische Wildbienenarten nutzen nur Pflanzen einer Pflanzenfamilie; Streng oligolektische Wildbienarten nutzen nur Pflanzen einer Pflanzengattung. Pflanzenarten, die von oligolektischen beziehungsweise streng oligolektischen Wildbienenarten besucht werden, kommt deshalb auch dann eine besondere Bedeutung zu, wenn sie nur von wenigen Wildbienenarten oder nur einer Wildbienenart als Pollenquelle genutzt werden. Sie sind unter Umständen die einzige verfügbare Pollenquelle für die betreffende Wildbienenart und damit unverzichtbar für den Erhalt der Art vor Ort. Hierzu bitte nähere Einsicht in die Liste der Pollenquellen bei Paul Westrich nehmen.

Bienen Grünflächenämter
Tabelle: Grünflächenamt Stadt Coburg. / Foto: Osmia cornuta (gehörnte Mauerbiene). Foto: Werner Pilz
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Tabelle: Grünflächenamt Stadt Coburg

Fazit

Im Fokus der Untersuchung stehen die Wildbienen. Die Honigbiene als hochgradig polylektische Art wird bewusst ausgeklammert. Im Hinblick auf die Zielrichtung - Förderung der Biodiversität und wirksamer Beitrag zum Wildbienenerhalt - ist der Gruppe 1 klar der Vorzug zu geben, insbesondere dann, wenn die Blühansaat mehrere Jahre bestehen bleiben kann, auch wenn Blühmischungen der Gruppe 3 und teilweise der Gruppe 2 durch ausgeprägte Blühaspekte und phasenweise auffälliges Summen und Brummen im ersten Jahr positiv auffallen.

Besser noch ist: Eigene, dem Standort angepasste, vegetationskundlich fundierte artenreiche Blühmischungen aus annuellen, winterannuellen, biennen und ausdauernden Arten unter Nutzung der Erkenntnisse von Paul Westrich, möglichst aus lokal bis regional gewonnenem Saatgut zusammenstellen und in Vergleichsansaaten zu testen.


Literatur

Westrich, Paul 2018 - Die Widbienen Deutschlands, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

Appel, Heike und Jacob, Simone 2019 - Naturnahes Stadtgrün in Frankfurt,

Stadt+Grün Heft 1/2019, Patzerverlag, Berlin.

Voskuhl 2016 - Bienen in der Stadt, Natur und Landschaft Heft 2/2016.

Lang, Uwe M. 2018 - Wildlebende Honigbienen in unseren Wäldern AFZ-Der Wald Heft7/2018.

Dipl. Ing. Bernhard Ledermann
Autor

Leiter Grünflächenamt Coburg

Grünflächenamt Coburg
Dipl. Ing.(FH) Werner Pilz
Autor

Stellvertretender Leiter Grünflächenamt Coburg

Grünflächenamt Coburg

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