Professor Dr. Hans-Joachim Liesecke ist verstorben

Würdigung eines Wissenschaftlers, Lehrers und Schriftleiters

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Forschung und Bildung
1 Hans-Joachim Liesecke. Foto: Stadt und Grün

Am 31. Juli 2019 ist Professor Dr. Hans-Joachim Liesecke im Alter von 88 Jahren gestorben. Fällt in Fachkreisen der Name Liesecke, denken die meisten als erstes an "Dachbegrünung" - sein Forschungsgebiet, das er seit Beginn der 1970er-Jahre kontinuierlich `beackerte`. Seiner Akribie und Beständigkeit sind die Entwicklung und der heutige hohe technische Stand von Dachbegrünungen nicht nur in Deutschland zu verdanken. Auch über das Kernthema hinaus war die Bandbreite seiner Lehre und Forschung groß: Sportplatzbau, die Anlage von Schotterrasen, begrünte Lärmschutzwände und die Standortverbesserung von Bäumen in Stadtstraßen. Dabei ging es immer wieder um den Einsatz von Substraten, die Optimierung des Wasserhaushalts, um Schäden durch Bodenverdichtungen sowie Strategien zu deren Vermeidung. In Veröffentlichungen und Vorträgen gab er sein Wissen weiter, das über Deutschland hinaus auch international Anerkennung gefunden hat. Die Forschungsergebnisse fanden aufgrund seiner regen Mitarbeit in Ausschüssen und Arbeitskreisen ihren Niederschlag in Normen, Richtlinien und Regelwerken. Doch Liesecke war nicht nur Wissenschaftler, er war auch Lehrer zahlreicher Studentengenerationen und Redakteur, allein 30 Jahre Schriftleiter des "Gartenamtes", seit 1991 "Stadt und Grün", - und alles mit Leib und Seele.

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2 Auf Dächern unterwegs. Foto: Gilbert Lösken

1931 geboren, erlebte er seine Jugend in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit. Nach mehrfachen Umzügen der Familie und infolgedessen Schulwechseln beendete er seine Schulzeit 1951 in Bad Schwartau mit dem Abitur. Im Sommer desselben Jahres zog es ihn zur Lehre in die Schweiz, wo er bei der Firma Jos. Schneider, Gartenbau und Gartengestaltung, Allschwil, Kanton Baselland, zum Landschaftsgärtner ausgebildet wurde. Es folgte ein Studium in der Fachrichtung Landespflege an der Technischen Hochschule Hannover, Fakultät für Gartenbau und Landeskultur, das er 1959 mit dem Diplom abschloss.

Nach dem Studium blieb Liesecke der Technischen Hochschule treu und wurde Wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Assistent mit wechselnden Aufgabengebieten am Institut für Grünplanung, von 1969 an mit Lehrauftrag für das Lehrgebiet "Technik des Grünflächenbaues". Daneben war er in den 1960er-Jahren freiberuflich für Professor Werner Lendholt in Planung und Entwurf tätig und nebenamtlich Dozent an der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Ahlem bei Hannover für die Fächer Gartengestaltung, Landschafts- und Friedhofsgärtnerei, Feldmessen und Planzeichnen. 1970 erfolgte die Promotion zum Dr. rer. hort. und nachfolgend erhielt er einen Lehrauftrag für das Fachgebiet Grünflächenbau an der (inzwischen) Technischen Universität Hannover, das er bis Ende 1980 in seinen Lehrveranstaltungen vertrat. 1981 folgte er dem Ruf als Professor und Institutsleiter für Landschaftsbau an die Forschungsanstalt für Weinbau, Gartenbau, Getränketechnologie und Landespflege Geisenheim. Doch bereits 1984 kehrte Liesecke als Universitätsprofessor auf den neu eingerichteten Lehrstuhl "Technisch-konstruktive Grundlagen der Freiraumplanung" an die Universität Hannover zurück, wo er bis zu seiner Emeritierung 1993 lehrte.

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3 Begutachtung einer Dachbegrünung in Stuttgart zusammen mit Hans-Uwe Hofmann, OFD Stuttgart. Foto: Gilbert Lösken

Auch nach seiner Emeritierung erschien Liesecke weiterhin regelmäßig an seinem alten Arbeitsplatz, um sich - jetzt frei von universitären Lehr- und Administrationsverpflichtungen - ungestört seiner Leidenschaft, der Forschung, zu widmen. Oft verbrachte er mehr als 8 Stunden täglich damit, Versuche im Labor und im Freiland anzulegen, zu bonitieren und zu dokumentieren. Die Entwicklung und praktische Umsetzung von extensiver Dachbegrünung fasste er 2006 in einem zweiteiligen Beitrag in "Stadt und Grün" zusammen.

In den vielen Umstrukturierungen des Studienganges und der Universität in der Folge der 1968er-Bestrebungen war Liesecke mit seinem Fach wie ein Fels in der Brandung, um den herum sich alles ständig "reformierte". Seine Lehrveranstaltungen waren systematisch aufgebaut und strukturiert, so dass es Freude machte, sie zu besuchen. Die Skripte, anwendungsbezogen und detailliert - bis zur letzten Schraube einer Pergola -, boten auch Studierenden, die keine Lehre im Landschaftsbau absolviert hatten, eine Grundlage für die zukünftige Arbeit in der Praxis. "Seine Prüfungen und Bewertungen waren immer ausgesprochen fair", beantwortet ein Kommilitone aus den 1970er-Jahren die Frage nach seinen Erinnerungen an Liesecke. Und: "Ich freute mich immer, wenn ich ihm auf dem Institutsflur begegnet bin." Ja, Liesecke war den Studierenden zugewandt, hatte für Jede und Jeden ein offenes Ohr, unterstützte, wo er konnte. War er im Institut, stand seine Tür offen. Er arbeitete konzentriert - fast immer rauchend, eine Tasse schwarzen Kaffee auf dem Schreibtisch -, unterbrach jedoch seine Arbeit, wenn jemand mit einem Anliegen kam. Auch für Hilfsarbeiten war er sich nicht zu schade, besorgte ausgegangene Matrizen für Referatsabzüge, wechselte eine defekte Glühbirne im Projektor . . .

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4 Versuchsanlagen auf dem Freigelände in Herrenhausen. Foto: Hans-Joachim Liesecke

Etwa gleichzeitig mit der Übernahme des Lehrgebiets stieg Liesecke in die Redaktion der Zeitschrift "Das Gartenamt"/"Stadt und Grün" ein und zeichnete - zuerst noch in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Dieter Hennebo und seit 1993 als alleiniger Schriftleiter - für die Qualität der Zeitschrift verantwortlich. Zwischen 1978 und 1998 gab er zudem gemeinsam mit Professor Dr. Werner Skirde, Universität Gießen, die "Zeitschrift für Vegetationstechnik im Landschafts- und Sportstättenbau" heraus. Damit oblag es Liesecke - zeitweise also für zwei Zeitschriften -, Themenschwerpunkte zusammenzustellen, Informationen auszuwählen, Autorinnen und Autoren zu akquirieren, Artikel zu redigieren und oft auch selbst zu verfassen. Für die graphische Umsetzung zeichnete er die maschinengeschriebenen Texte mit Farbstiften (rot, blau, grün) aus, damit im Druck Worte fett, kursiv oder in Großbuchstaben erschienen. Gefiel ihm die grafische Aufbereitung einer Seite nicht, waren Tipp-Ex, Schere und Klebstoff sein Handwerkszeug, um seine Vorstellung deutlich zu machen. Ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand, den Liesecke immer unter dem Druck des regelmäßigen Erscheinungstermins - allein für "Stadt und Grün" 30 Jahre lang - neben Lehre und Forschung bewältigte.

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5 Liesecke auf einer Exkursion mit Studierenden. Foto: Gilbert Lösken

Überzeugt davon, dass nur eine kontinuierliche Forschung und das Einbringen der Ergebnisse in Richtlinien und Regelwerke das Fach vorwärts bringen würde, gehörte Liesecke zu den Mitbegründern der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL), war nachfolgend Präsidiumsmitglied und arbeitete in zahlreichen Arbeitskreisen mit, häufig als deren Leiter. Für seinen engagierten Einsatz zeichnete ihn der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) mit der Silbernen Landschaft aus, FLL und die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. (FBB) bedachten Liesecke mit der Ehrenmitgliedschaft. Und über den engen Fachkreis hinaus fanden seine Verdienste 2002 Würdigung in der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes.

Nach einem arbeits- und fachlich erfolgreichen Leben ist Hans-Joachim Liesecke "friedlich eingeschlafen, wie er es sich gewünscht hat", schreibt die Familie in ihrem Trauerbrief.

Wir danken, dass wir von ihm ein gut bestelltes Feld übernehmen durften.

Dr. Ursula Kellner
Autorin

Landschaftsarchitektin AKN und Fachjournalistin DFJV, Redaktionsleiterin „Stadt und Grün“ von 2001 bis 2011

Prof. Dipl.-Ing. Gilbert Lösken
Autor

Geschäftsführender Leiter des Instituts für Landschaftsarchitektur

Leibniz Universität Hannover

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