Kommentar

Zeit zum Segelsetzen

von:

„Eine Weltkarte, auf der das Land Utopia nicht verzeichnet ist, verdient keinen Blick, denn sie lässt die eine Küste aus, an der die Menschheit ewig landen wird. Und wenn die Menschheit dort angelangt ist, hält sie Ausschau nach einem besseren Land und richtet ihre Segel dorthin. Der Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien.“ Oscar Wilde

Das war natürlich die Aussage eines absinth-begüterten, nativen Inselbewohners zur Zeit vor easyjet, Google Maps und what3words, wo doch bereits Friedrich Engels über die prekären urbanen Verhältnisse Manchesters schrieb. Dennoch, inhaltlich hat sich an dem Ideennukleus bis heute nichts geändert: Städte sind regional gewachsene Kulturlandschaften hydraulischer Zivilisationen, die aufgrund von unterschiedlichen Machtverhältnissen, Motivationen und Strategien immer das maximale Kreativitätspotenzial der Kulturschaffenden einforderten.

Fast immer folgte die Form der Funktion, oft erwuchs – nach einer analytischen Fermate – das Neue wegen des Alten. Die spezifischen Wissenschaften bringen nahezu täglich neue Erkenntnisse hervor, die darauf schließen lassen, dass den jungen und alten Einwohnern die Wertigkeit der überkommenen, alten gewachsenen Städte wieder bewusst wird. Die Dichte des urbanen Lebens, der menschliche Maßstab, die gebrochene Linearität und evidenzbasierte Abkehr von der steinernen Geometrie städtischer Räume und breiter Straßen ist wieder anerkannter Bestandteil der Lehre und Praxis, die um weitere Programmatiken grüner, blauer und weißer Infrastrukturen ergänzt werden.

Wie die Städte sich entwickeln werden, lässt sich grundsätzlich schwer im Einzelnen vorhersagen. Für die Erfindung zukünftiger, lebenswerter urbaner Utopien gilt daher umso mehr das Betrachtungs- und nicht das vielfach priorisierte Gestaltungsprinzip. Nur aus einem holistischen Betrachtungsprinzip heraus kann auch heute und in Zukunft noch die Gestaltung der Städte der Zukünfte neu gedacht, entwickelt und gebaut werden. Sofern die Gesellschaft also den Stadtkörper als Ort der Geschichte akzeptiert und als Handlungsraum für die Gegenwart begreift, so kann es gelingen, urbane Kommunikationsformen zu fördern, soziale Gemeinschaftsräume proaktiv zu gestalten und Identität mit der städtischen Umwelt zu erreichen, um so aus einer offensiven Position der Landschaftsarchitektur heraus nachhaltige Lebensbedingungen in der nächsten robusten Stadt der Zukunft zu schaffen. Sehr bald müssen wir die Segel setzen.

Prof. Dr. Jörg-Ulrich Forner

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Stadt- und Regionalplaner*in, Brake  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Prof. Dr.-Ing. Jörg-Ulrich Forner
Autor

Beuth Hochschule für Technik Berlin, FG Bautechnik, Bauabwicklung und Projektmanagement

Beuth Hochschule für Technik Berlin

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen