Baumkontrollintervall

Zuständigkeit für Baumkontrollen auf städtischem Waldparkplatz

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Dem weit überwiegend Klage stattgebenden rechtskräftigen Urteil des LG Koblenz vom 15.02.2022 - 1 O 72/20 - lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger stellte am 21.06.2019 sein Fahrzeug auf dem Parkplatz eines städtischen Kletterwaldes ab. Durch einen abbrechenden Ast eines Baumes wurde das Fahrzeug beschädigt. Die beklagte Stadt ist Eigentümerin des streitgegenständlichen Waldgrundstücks. Die letzte Baumkontrolle fand am 07.01.2019 ohne Befund statt. Mit der Klage macht der Kläger Schadenersatzansprüche in Höhe von insgesamt knapp 7800 Euro geltend.

Das LG Koblenz hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmung des Revierförsters durch Urteil vom 15.02.2022 - 1 O 72/20 - in Höhe von etwas mehr als 7400 Euro stattgegeben. Das Gericht geht nach Beweisaufnahme von einer schadenursächlich gewordenen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die beklagte Stadt als Waldeigentümerin aus.

Das Gericht geht zunächst von der Zuständigkeit der beklagten Kommune und nicht des Landes Rheinland-Pfalz für die Baumkontrollen aus. Die Beklagte hatte unter Hinweis auf ein Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 12.07.2010 - 1 U 185/09 - argumentiert, die forstfachliche Leitung im Körperschaftswald werde von dem (staatlichen) Forstamt ausgeübt, das hierdurch gleichzeitig verkehrssicherungspflichtig werde. Dieser Rechtsauffassung hat sich das LG Koblenz nicht angeschlossen. Es hat vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich dies allein auf die Rechtslage in Hessen bezieht und auf die rechtliche Situation in Rheinland-Pfalz nicht übertragbar ist.

In diesem Sinne habe bereits das OLG Koblenz durch Urteil vom 09.11.2012 - 12 U 794/11 -, juris entschieden. Nach § 9 LWaldG Rheinland-Pfalz hätten die Waldbesitzer, also hier die beklagte Gemeinde, gemäß § 3 Abs. 5 LWaldG für die Durchführung des Revierdienstes zu sorgen. An dieser Zuständigkeit ändere § 27 Abs. 1 LWaldG, der bestimmt, dass die forstfachliche Leitung im Körperschaftswald vom Forstamt ausgeübt wird, nichts. Außerdem lasse die Beklagte den Revierdienst gemäß § 28 LWaldG durch kommunale Bedienstete (Forstverband) durchführen, sodass sie auch deshalb bereits als Anstellungskörperschaft für deren Versäumnisse hafte. Für einen Gemeindewald in Rheinland-Pfalz sei allein der Waldeigentümer verkehrssicherungspflichtig, unabhängig davon, wer den Revierdienst durchführt.

In der Sache selbst geht das Gericht aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 05.04.2021 davon aus, dass weitergehende Sichtkontrollen der Bäume notwendig gewesen wären, bei deren ordnungsgemäßer Durchführung konkrete Anzeichen für die Gefahr eines Astbruchs erkennbar gewesen seien, aus denen Handlungsbedarf resultiert habe. Die schadensursächlich gewordene Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt demnach in dem Unterlassen weitergehender Sichtkontrollen.

Der Sachverständige hatte in diesem Zusammenhang ausnahmsweise aufgrund des Standortes, des Alters und der starken Vorschädigungen der streitgegenständlichen Bäume eine Verkürzung des Regel-Kontrollintervalls nach den FLL-Baumkontrollrichtlinien von einmal jährlich auf halbjährlich für notwendig gehalten. Außerdem bemängelte er die Durchführung der jährlichen Regelkontrollen ausschließlich im Monat Januar. Zumindest im Laufe von drei aufeinanderfolgenden Regelkontrollen hätten diese mindestens einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand durchgeführt werden müssen.

Die Entscheidung des LG Koblenz überzeugt insgesamt. Von besonderem Interesse ist der Hinweis auf die Zuständigkeit der Kommune als Waldeigentümerin für die Verkehrssicherungspflicht ihrer Waldbäume in Rheinland-Pfalz, selbst wenn diese durch Landesbedienstete wahrgenommen wird. Dass Bäume, die an einen Waldparkplatz angrenzen, im Gegensatz zu Bäumen an Waldwegen (BGH, Urteil vom 02.10.2012 - VI ZR 311/11 -) regelmäßig kontrolliert werden müssen, entspricht ständiger Rechtsprechung. Hierzu sei nur beispielhaft hingewiesen auf die Urteile des OLG Koblenz vom 02.08.2018 - 1 U 216/18 - und des LG Trier vom 23.10.2017 - 11 O 143/17 -, SuG 03/2019, 61.

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Außerdem ist der vorliegende Fall ein anschauliches Beispiel dafür, dass und in welchen Fällen ausnahmsweise eine Verkürzung des Regelkontrollintervalls nach den FLL-Baumkontrollrichtlinien geboten ist, also nicht in allen Fällen schematisch an den Regelkontrollintervallen festgehalten werden darf. Schließlich wird eindringlich die Notwendigkeit von Sichtkontrollen in unterschiedlichen Vegetationszuständen der Bäume aufgezeigt.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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