Lenné-Jahr 2016

Zwölf verbreitete Irrtümer über Lenné

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Gartengestaltung
Ein bekanntes Lennéportrait von Carl Joseph Begas um 1850. Abb.: Gemeinfrei

Anlässlich des 150. Todestages von Peter Joseph Lenné am 23. Januar 2016 wird viel über ihn geschrieben. Nicht alles davon stimmt. Einige häufig wiederholte Pauschalurteile und Irrtümer seien hier aufgeführt.

1. Lenné war der bedeutendste Gartenkünstler seiner Zeit.

Lenné war einer von vielen Gartenkünstlern in einer Zeit, die dem Garten äußerst zugetan war und deren Protagonisten infolge wirtschaftlicher Prosperität in der Lage waren, in Gärten kräftig zu investieren. Er besaß ein großes Geschick im Entwerfen von Landschaftsgärten. Jedoch ist es schwer, seine ureigenen Ideen auszumachen. Er griff unterschiedliche Anregungen auf, die jeweils als modern galten, zuerst am Rhein, dann in Paris, München, Wien, Berlin und schließlich in England. Auch von seinem Konkurrenten Fürst Pückler ließ er sich beeinflussen. Ab 1830 führten seine Mitarbeiter die Entwürfe weitgehend selbständig aus. Um seine Bedeutung als Künstler exakt bestimmen zu können, wäre ein analytischer Vergleich seiner Werke mit denen anderer Gartenkünstler der Zeit erforderlich. Ein solcher fehlt bislang leider.

2. Lenné schuf englische Gärten im Geist der Aufklärung.

Lenné argumentierte gern mit Natur und Sittenverbesserung, Begriffen, die in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts hochgehalten wurden und für den englischen Landschaftsgarten maßgeblich waren. In seinen Gärten galten aber eher die Prioritäten des 19. Jahrhunderts. Es waren Anlagen, in denen gärtnerische Kunstfertigkeiten, Pflanzensortimente, Herrschaftsanspruch und Wohlstand präsentiert wurden.

3. Lenné war ein großer Stadtplaner.

Lenné wurde 1839 durch den preußischen Kronprinzen eingeschaltet, um Einfluss auf die Berliner Stadtplanung auszuüben. Dabei setzte Friedrich Wilhelm IV. seine eigenen Entwürfe durch, und Lenné musste sie ausarbeiten. Lennés spätere Entwürfe für München und Wien wurden nicht umgesetzt.

4. Lenné war sozial engagiert.

Wenn Lenné in seinen Entwurfserläuterungen neben dem Erziehungsaspekt die Erholung der Bevölkerung durch Lustwandeln und Spazierenfahren anführte, so sagt dies nichts über sein soziales Engagement aus. Bei der Verschönerung des Tiergartens, eines seit 1742 öffentlichen königlichen Reviers, ging es um das Prestige des Königshauses, das sich dort in Denkmälern verewigte. Als herrschaftslegitimierendes Instrument diente später auch die Umwandlung des Schlossparks Brühl in einen Volkspark. Dass die Stadtverwaltungen von Magdeburg, Dresden, Frankfurt und Leipzig Lenné um Entwürfe für kommunale Anlagen ersuchten, ist ebenso wenig ein Beweis für eine bestimmte soziale Haltung Lennés wie der Umstand, dass er Arbeitslose für seine Projekte einsetzte. In seinem Testament widmete er nur etwa zwei Prozent seines Vermögens gemeinnützigen Zwecken.

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Der Plan des Parks von Schloss Charlottenhof von Gerhard Koerber nach Lenne 1839. Abb.: Gemeinfrei
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Der Lennépark in Frankfurt an der Oder im Jahr 2008. Foto: Sebastian Wallroth, gemeinfrei

5. Lenné erlernte die Gartenkunst bei Gabriel Thouin in Paris.

Lenné arbeitete 1811/12 ein gutes Jahr im Jardin des Plantes, dem Gartenrevier von André Thouin. Ob er dort auch dessen Bruder Gabriel traf, ist nicht bekannt. Spätere Äußerungen Lennés deuten darauf hin, dass er dessen Entwürfe gar nicht kannte. Auch wenn gewisse Ähnlichkeiten zu seinen eigenen Arbeiten bestehen, ist ein zwingender Bezug Lennés auf Thouin nicht erkennbar. Die Ausbildung im Zeichnen und Entwerfen dürfte er bereits bei seinem Vater in Bonn erhalten haben.

6. Lenné war kaiserlicher Garteningenieur in Laxenburg.

Lenné hatte 1814/15 einen Halbjahresvertrag, um für die Laxenburger Gartenverwaltung gegen Tagelohn einen Plan zu zeichnen. Der Vertrag wurde einmal verlängert. Eine feste Stelle erhielt er nicht. Somit ist die von ihm später angegebene Verleihung des Titels "kaiserlicher Garteningenieur" nicht plausibel. Lenné selbst unterzeichnete den Plan als "P. J. Lenné Kunstgaertner" und verließ Laxenburg vor Ablauf seines Vertrages.

7. Lenné wurde 1816 nach Potsdam berufen.

Lenné sah nach dem Sieg über Napoleon eine Chance auf eine Festanstellung am preußischen Hof und bewarb sich dort als ein bislang Unbekannter. Dank einflussreichen Gönnern wurde er als Gartengehilfe eingestellt. Gartendirektor Schulze erlaubte ihm, Umgestaltungspläne zu zeichnen, mit denen er auf sich aufmerksam machte.

8. Lenné gründete die erste Gärtnerlehranstalt in Deutschland.

Der preußische Kultusminister Karl von Altenstein fasste den Plan zur Gärtnerlehranstalt bereits 1815 im Pariser Jardin des Plantes und ist als deren Gründer zu betrachten. Der junge Lenné wurde 1818 aufgefordert, hierzu ein Gutachten zu erstellen. Dies wurde nicht berücksichtigt, trotzdem gelang es ihm in der Folge, Einfluss auf die Konzeption zu nehmen. Er wurde 1823 einer der beiden Anstaltsleiter, später der alleinige.

9. Lenné war einer der Stifter des ersten deutschen Gartenbauvereins, der heutigen DGG.

Wie die Lehranstalt ging auch der Verein zur Beförderung des Gartenbaues auf den gartenbegeisterten Minister Altenstein zurück. Die Statuten entwarf dessen Freund Karl Cranz. Lenné war lediglich eines der ersten Mitglieder des Vereins.

10. Lenné wurde 1823 Gartendirektor.

Nachdem er zum Direktor der Landesbaumschule und der Potsdamer Abteilung der Gärtnerlehranstalt ernannt worden war, bezeichnete sich Lenné als "Gartendirektor". Direktor der königlichen Gärten wurde er aber erst nach der Pensionierung seines Vorgängers Schulze 1828.

11. Lenné wurde 1854 Generaldirektor aller königlichen Gärten.

Lenné wurde 1854 auf eigenen Wunsch eine Rangerhöhung gewährt und der Titel Generaldirektor verliehen. An seiner Funktion änderte dies nichts, da er bereits seit seinem Amtsantritt als Gartendirektor 1828 für alle königlichen Gärten zuständig war.

12. Lenné schuf mehr als 300 Gartenanlagen in ganz Europa.

Wie weit Lennés Beteiligung bei den 337 Anlagen ging, mit denen er in Verbindung gebracht wird, ist in vielen Fällen ungewiss. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, was Lenné persönlich leistete, was auf das Konto seiner Mitarbeiter ging und was tatsächlich ausgeführt wurde. Häufig liegen nur unausgeführte Pläne, vage Hinweise oder Spekulationen vor. In Brandenburg ergab die Inventarisierung, dass nur etwa die Hälfte der angeführten Anlagen zu Lennés gesicherten Werken gerechnet werden kann.

Erst wenn die traditionellen Legenden abgelegt sind, kann Lenné diejenige Würdigung erfahren, die er verdient. Mehrere Talente kamen bei ihm zusammen und machten ihn erfolgreich. Dass er mit Zeichenfeder und Aquarellpinsel geschickt umgehen und sich geplante Gärten dreidimensional und bepflanzt in der Realität vorstellen konnte, versteht sich für einen Gartenkünstler eigentlich von selbst. Exzeptionell sind bei Lenné andere Eigenschaften, die Hermann Jäger (1877) als sein "Organisationstalent" bezeichnete. Es gehörte eine besondere kommunikative Begabung dazu, einflussreiche Persönlichkeiten und Auftraggeber zu überzeugen, sowie geeignete Mitarbeiter zu gewinnen und in seinem Sinne zu führen. Hier ist die Grundlage seines weithin bewunderten Großeinsatzes für Landschaftsgärten, Landesverschönerung, Stadtgrün, Gärtnerausbildung und Baumschulwesen. Nur in Zusammenwirken mit höher und niedriger gestellten Mitstreitern und vor dem Hintergrund des Zeitgeistes gelang es Lenné, das "Unglaubliche" zu leisten, das die Leipziger Illustrirte Zeitung 1858 ihm zuschrieb, und einen Teil seiner "großartigen Pläne" (so Lenné selbst) umzusetzen. Seine offenbar größte Stärke war die eines Managers, der sich auf Dinge wie Führungskompetenz, Vernetzung, Gewinnmaximierung und Vermarktung verstand. Nur wenige wussten, dass der Hofbeamte Lenné privatim Wirtschaftsbeteiligungen unterhielt, denen er rund die Hälfte seiner nicht geringen Einkünfte verdankte. Es ist seltsam, dass heute gerade diese moderne Seite seiner Persönlichkeit verschwiegen und stattdessen das Bild eines idealistischen Künstlers der Romantik kultiviert wird.

Autor

Gartenplaner, author und Maler

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