Warnbeschilderung

Wenn Blattlaussekret unter Linden übermäßige Glätte verursacht

Blattläuse Schadinsekten
Die Klägerin befuhr mit ihrem E-Bike am 02.08.2016 einen auch für das Radfahren freigegebenen Gehweg der beklagten Kommune, stürzte auf regennassem Belag und verletzte sich hierdurch. Unfallursache war, dass das von angrenzenden Linden abgegebene Sekret von Blattläusen in Verbindung mit Regen – jedenfalls nach einer längeren Trockenperiode – zu einer zeitweiligen Glätte führt. Foto: Adobe Stock, Alex Stemmers

Im Hinweisbeschluss des OLG Hamm vom 02.06.2021 - 11 U 93/20 -, der zur Berufungsrücknahme und Rechtskraft des Urteils des LG Dortmund vom 27.04.2020 - 25 O 373/18 - geführt hat, geht es um die Notwendigkeit einer Warnbeschilderung bei übermäßiger Glätte, verursacht durch das Blattlaussekret von Linden.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin befuhr mit ihrem E-Bike am 02.08.2016 einen auch für das Radfahren freigegebenen Gehweg der beklagten Kommune, stürzte auf regennassem Belag und verletzte sich hierdurch. Unfallursache war, dass das von angrenzenden Linden abgegebene Sekret von Blattläusen in Verbindung mit Regen - jedenfalls nach einer längeren Trockenperiode - zu einer zeitweiligen Glätte führt. Hierdurch hatte es in der Vergangenheit bereits verschiedene Unfälle gegeben. Die Straßenreinigungspflicht an der Unfallstelle war durch die einschlägige Straßenreinigungssatzung der Kommune auf die Anlieger übertragen.

Das LG Dortmund hat durch Urteil vom 27.04.2020 - 25 O 373/18 - der Klage zwar nicht der Höhe nach, aber dem Grunde nach in vollem Umfang stattgegeben. In seinem Hinweisbeschluss vom 02.06.2021 - 11 U 93/20 - hat das OLG Hamm die Berufungsklägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Erfolgsaussicht hat. Daraufhin hat diese die Berufung zurückgenommen, sodass die Entscheidung des LG Dortmund rechtskräftig geworden ist.

Das OLG Hamm legt zunächst die Grundsätze der Verkehrssicherungspflicht dar, wonach der verkehrssicherungspflichtige Straßenbaulastträger im Rahmen des Zumutbaren darauf hinwirken muss, dass die Verkehrsteilnehmer nicht zu Schaden kommen.

Allerdings muss der Verkehrssicherungspflichtige nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen, da dies praktisch nicht zu gewährleisten ist. Vielmehr ist ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen erst geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung Dritter ergibt.

Das OLG Hamm bestätigt sodann die Einschätzung des Landgerichts, dass eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle vorliegt, wenn eine Gehwegpflasterung bei Regenfällen nach einer längeren Trockenperiode derart rutschig wird, dass Fußgänger oder Radfahrer, die mit dieser Gefahr nicht rechnen, stürzen können.

Ergänzend weist das OLG Hamm darauf hin, dass dieser Umstand der beklagten Kommune bereits vor dem Unfall bekannt war, ohne dass Abhilfe geschaffen wurde. Erst zeitlich nach dem Unfall der Klägerin habe die Kommune zunächst mit Hochdruckreinigern und schließlich durch Einsatz einer Kehrmaschine mit rotierenden Bürsten versucht, den Belag auf den Pflastersteinen zu beseitigen.

Unabhängig von der Frage, ob es geeignete Reinigungsmaßnahmen gab, sei es aber jedenfalls ohne weiteres möglich gewesen, die Gehwegnutzer durch eine gut sichtbare Warnbeschilderung vor der bestehenden Glättegefahr bei Nässe zu warnen. Die Untätigkeit der Beklagten in Kenntnis der bestehenden Gefahrenlage stelle eine fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar, die den Unfall der Klägerin auch verursacht habe. Dem stehe auch nicht die Übertragung der Straßenreinigung durch die einschlägige Straßenreinigungssatzung auf die Anlieger entgegen.

Zweifelhaft sei bereits, ob die Übertragung der Reinigungspflicht einmal wöchentlich - unabhängig von einem Reinigungsbedarf - überhaupt wirksam sei. Jedenfalls sei aber die Durchführung der hier erforderlichen Reinigung des Gehwegs für die Anlieger unzumutbar wegen der Art der notwendigen Reinigung, welche die Rutschgefahr nach Regenfällen verhindert. Das Blattlaussekret hafte derart an den vorhandenen Pflastersteinen, dass es mit herkömmlichen Mitteln, die in einem solchen Haushalt zur Verfügung stehen und deren Einsatz von den Anwohnern verlangt werden kann, nicht zu beseitigen sei.

Selbst die Kommune habe die Rutschgefahr durch den Einsatz von Hochdruckreinigern nicht beseitigen können, sondern erst durch Einsatz einer Kehrmaschine mit rotierenden Bürsten. Die Anschaffung solcher Geräte zur Erfüllung der übertragenen Reinigungspflicht könne aber von Anwohnern nicht verlangt werden.

Abschließend bestätigt das OLG Hamm auch die Wertung des LG Dortmund, dass der Klägerin auch keinerlei Mitverschulden anzulasten ist. Ein durchschnittlicher nicht ortskundiger Gehwegnutzer könne nicht erkennen, dass einsetzender Regen nach vorangehenden Trockenperioden unter Linden zu übermäßiger Glätte führen könne.

Die Entscheidung des OLG Hamm ist ein ungewöhnliches Beispiel für die Haftung des Baumeigentümers auch für von Bäumen mittelbar ausgehende Gefahren für die Verkehrsteilnehmer, wobei das Gericht eine deutlich erkennbare Warnbeschilderung genügen lässt und keine weitergehenden Reinigungsmaßnahmen oder gar den Austausch einer Gehwegpflasterung für erforderlich hält.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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