Viele Vorschriften kommen im Außenbereich zur Anwendung

Anforderungen an Schulhöfe und Kindertageseinrichtungen

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Recht und Normen
Ansicht Tunnelrutsche Foto: Peter Schraml
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Blick Brüstung von unten. Foto: Peter Schraml

Ein mehrgeschossiger Kindergarten hat aus dem 1. Obergeschoss eine Fluchtrutsche, die von den Erzieherinnen auch für den täglichen Spielbetrieb zur Nutzung frei gegeben ist. Vom Garten aus kann man über eine Fluchttreppe auf das Einstiegspodest der Fluchtrutsche, einer Tunnelrutsche, gelangen, welches auf einer Höhe von knapp 3,20 Meter über dem Gartenniveau befindet. Für den Ernstfall eines Brandes eine von den Unfallversicherungsträgern in Kindertageseinrichtungen empfohlene Variante. Mit den Kindern wird spielerisch die Entfluchtung im Brandfall geübt. Die Treppe entspricht sowohl der Bauordnung wie auch der Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtung. Die Umwehrung ist mit einem Meter ausreichend hoch und es sind auf beiden Seiten Handläufe auf einer Höhe von 0,85 Meter angebracht. Bei der Spielplatzprüfung wurde die Fluchttreppe rein als Spielplatzgerät betrachtet und mehrere Punkte bemängelt. So wurden die Handläufe als Aufstiegshilfe gewertet und nach den Grundsätzen der Spielplatzprüfung eine nicht überkletterbare Brüstung von 1,80 Meter Höhe gefordert - Gesamtumbaukosten knapp 30.000 Euro.

Ein anderes Beispiel: Ein mehrgeschossiger Kindergarten, die Situation ähnlich wie im Beispiel oben beschrieben: Bei der ange-bauten Fluchtrutsche ist die Brüstung nur 0,9 Meter hoch. Das ist für ein reines Spielplatzgerät mehr als ausreichend (nötig bei Spielplatzgeräten bis zu einer freien Fallhöhe von maximal drei Metern, mindestens 0,70 Meter). Nach den Vorgaben der Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtung muss die Umwehrung mindestens ein Meter hoch sein, auch weil in diesem Fall kein ausreichender Fallschutz, wie bei einem Spielplatzgerät sonst notwendig, vorhanden ist.

In der DIN 18 034 ist angegeben, dass die größte Wassertiefe 40 Zentimeter nicht überschreiten können sollte. In der Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen steht, dass für Kindergärten die Wassertiefe maximal 20 Zentimeter betragen darf, für Kinderkrippen heißt es hingegen, dass Teiche oder Feuchtbiotope für Krippenkinder nicht zugänglich sein dürfen. Das wird etwa durch mindestens einen Meter hohe Umwehrungen erreicht, die nicht zum Klettern verleiten. Konsequenz einer "Fehleinschätzung" wäre unter Umständen ein tödlicher Unfall.

Erhöhte Spielebenen in Kindertageseinrichtungen werden häufig nach den Vorgaben der DIN EN 1176 geprüft. Entscheidender Unterschied zu Spielplatzgeräten ist aber, dass es in der Regel keinen geeigneten stoßdämpfenden Boden gibt, weshalb die Brüstungen nach den Anforderungen der Bauordnung/der Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen mindestens ein Meter hoch sein müssen. Mögliche Verletzungsfolgen eines Absturzes wären Querschnittslähmungen oder schwere Kopfverletzungen. Trotzdem müssen auch bei erhöhten Spielebenen die Maßlichkeiten zum Schutz vor Fangstellen der DIN EN 1176 beachtet werden. In einer Kita lag der Abstand zwischen Brüstung, erhöhter Spielebene und Decke im Tabubereich (zwischen 89 bis 230 Millimeter), wodurch ein Kind sich dort tödlich verletzte.

Mehrere Beispiele, die zeigen sollen, wie wichtig es ist, die geltenden Regelwerke zu kennen und im Einzelfall anwenden zu können.

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Abgrenzung Biotop Teich 1. Foto: Peter Schraml
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Wasser öffentlicher Spielplatz. Foto: Peter Schraml
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Ansicht erhöhte Spielebene. Foto: Peter Schraml

Hierarchie und Zuordnung der Wertigkeit, Vorschriften und Regeln

In Deutschland ist durch die gesetzliche Unfallversicherung jeder Arbeitnehmer während seiner Beschäftigung automatisch gesetzlich unfallversichert wie auch jedes Krippen-, Kindergarten- und Schulkind. Im Bereich der Rechtsetzung ist das ein duales System. Parallel zu den staatlichen Gesetzen und Verordnungen existieren die Vorschriften und Regeln der Unfallversicherungsträger. Im gewerblichen Bereich sind das zum Beispiel die Berufsgenossenschaften sowie die VBG, die Verwaltungsberufsgenossenschaft oder die BGW, die Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Im öffentlichen Bereich sind dies etwa die Gemeindeunfallversicherungen und Landesunfallkassen, wie die UKBW - die Unfallkasse Baden Württemberg oder die UKB - Unfallkasse Berlin. Grundsätzlich dürfen keine konkurrierenden Vorschriften gemacht werden, das heißt, es wird in den Unfallverhütungsvorschriften nur das geregelt, worüber in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften keine Regelungen getroffen wurden und wodurch Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren getroffen werden. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung können für den bei ihnen versicherten Personenkreis eigene Vorschriften, Regeln und Informationsschriften erlassen. Diese sind unter anderem explizit für den Schutz der Kinder während des Besuches einer Kindertageseinrichtung oder Schule gedacht. Dabei wird immer eine Beaufsichtigung durch entsprechendes Personal vorausgesetzt. Zudem finden sich hier auch Anforderungen speziell für die Betreuung von Krippenkindern (GUV-SR-S2). Diese Vorschriften sind zwingend für Spielplätze von Kindertageseinrichtungen und Schulen einzuhalten. Dabei sind die Wertigkeit und Verbindlichkeit von unterschiedlichen Gesetzen und Vorschriften unterschiedlich.

Regelwerk der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand1

Die nachfolgende Aufzählung des Regelwerks stellt nur einen Auszug da, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Unserem Erachten nach sind dies aber die wesentlichen2:

  • GUV-VS 1 "Unfallverhütungsvorschrift Schulen". Diese Unfallverhütungsvorschrift gilt für bauliche Anlagen und Einrichtungen der Schule sowie das Außengelände.
  • GUV-VS 2 "Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen". Es empfiehlt sich, die GUV-SR S2-"Regel Kindertageseinrichtungen" zu verwenden, da hier neben dem Gesetzestext auch die Durchführungsanweisung mit konkreten Vorgaben zur Umsetzung der Schutzziele abgedruckt ist.
  • GUV-SI 8013 "Klettern in Kindertageseinrichtungen und Schulen". In dieser Informationsschrift finden sich Vorgaben zu künstlichen Kletterwänden für oben genannte Einrichtungen. Im Bereich der Boulderwände gibt es Vorgaben die von der Norm DIN EN 12 572 Teil 2 Künstliche Kletteranlagen - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren für Boulderwände abweichen.3
  • GUV-SI 8014 "Naturnahe Spielräume". Diese Informationsschrift enthält wesentliche Grundlagen und Aspekte, die bei einer naturnahen Gestaltung berücksichtigt werden müssen.
  • GUV-SI 8017 "Außenspielflächen und Spielplatzgeräte". Diese Broschüre enthält Sicherheitshinweise für die Auswahl und Gestaltung von Flächen für Kinder in Tageseinrichtungen und Schulen sowie eine Vielzahl wichtiger Festlegungen zu einzelnen Spielplatzgeräten aus der DIN EN 1176 08/2008 entnommen. Diese Hinweise lassen sich auch für Bauteile, Kunstwerke, die nicht als Spielplatzgerät geplant wurden, aber als solches genutzt werden, heranziehen.4
  • GUV-SI 8018 "Giftpflanzen - Beschauen, nicht kauen!". Diese Broschüre gibt einen Überblick über unterschiedlich giftige Arten von Pflanzen und differenziert, welche Pflanzen auf Spielplätzen nicht vorhanden sein dürfen (vgl. hierzu DIN 18 034), welche als tolerierbar betrachtet werden könnten und bietet eine Liste mit einigen ungiftigen Ziersträuchern.5
  • GUV-SI 8082 "Seilgärten in Kindertageseinrichtungen und Schulen". Diese Broschüre enthält pädagogische Überlegungen und Voraussetzungen/Aufgaben die an pädagogisches Personal für eine Benutzung von Niedrig- oder Hochseilgärten gestellt werden. Bei Informationen zu Planung und Bau wird auf DIN EN 15 567 Sport- und Freizeitanlagen - Seilgärten, Teil 1/2 verwiesen (siehe oben).
  • GUV-SI 8084 "Mit Kindern im Wald - Möglichkeiten und Bedingungen in einem natürlichen Spiel- und Lebensraum". Diese Informationsschrift enthält Vorgaben, um Kindern den Lern- und Erfahrungsraum Wald näher zu bringen. Wichtig sind die Vorgaben zu Gelände, Kletterbäumen und Totholz.6
  • GUV-SI 8095 "Trampoline in Kindertageseinrichtungen und Schulen". Diese Informationsschrift gibt einen Überblick über die gängigen Trampolinarten und deren Einsatzmöglichkeiten sowie einzuhaltende Vorgabe für deren Benutzung. Diese Information behandelt aber so gut wie ausschließlich Sporttrampoline, die auf Spielplätzen nicht verwendet werden. Auf europäischer Ebene wurden Anforderungen an "Trampoline", als "bouncing facilities", also als federnde, elastische Einrichtungen definiert, formuliert, die aber noch nicht für Deutschland verifiziert worden sind. Dadurch werden hoffentlich die vorherrschenden Missverständnisse und Irrmeinungen, was auf Spielplätzen aufgestellt werden darf, korrigiert.
  • GUV-I 8527 "Bodenbeläge für nassbelastete Barfußbereiche". Diese Informationsschrift enthält Anforderungen an die Rutschhemmung für nassbelastete Barfußbereiche. In der DIN 18 034, 12/1999, Punkt 4.3.2 Wasserspiele wird hinsichtlich der Beschaffenheit der Bodenfläche von Wasserbecken auf diese Informationsschrift verwiesen. Die GUV-R 181 Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr enthält Anforderungen an die rutschhemmende Ausführung von Fußböden nach Arbeitsstättenverordnung, aufgeteilt je nach Arbeitsbereich und Tätigkeit.

Ein gutes, virtuelles Informationsportal zu den aufgeführten und weiteren Vorschriften bietet auch die Unfallkasse NRW (Unfallkasse Nordrhein-Westfalen) unter "sichere Kita".7

Die grundsätzlichen Vorgaben zu Bau und Ausrüstung von Kindertageseinrichtungen (Kindergarten und Kinderkrippe) sind in der GUV-VS 2 "Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen" (siehe oben) enthalten. Teilweise haben die Unfallversicherungsträger aber auch noch eigene Informationsbroschüren, in denen spezielle Hinweise für Planer, zum Beispiel für den Bau und die Gestaltung von Krippen sowie deren Außengelände, gemacht werden. Diese sollen zur Aufklärung darüber beitragen, dass die Anforderungen an Krippen und Kindergärten per se doch unterschiedlich sind und es nicht einfach damit getan ist, einen Gruppenraum des Kindergartens in einen Krippengruppenraum umzufunktionieren. Hier muss deutlich mehr beachtet werden. Einige aus unserer Sicht sehr gute Veröffentlichungen sind:

  • KUVB: GUV-X99972 "Außengelände für Krippenkinder". Diese entspricht auch der Schrift der Unfallkasse Hessen "Außengelände für Krippenkinder" (Nachdruck). Die Broschüre gibt spezielle Hinweise zu den Gestaltungsgrundlagen für das Außengelände für Krippenkinder, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Flächen- und Bewegungsanforderungen unterschiedlicher Altersgruppen in der Krippe. Eine Positivliste von Pflanzen im Sinne einer "Vorschlagliste", welche Pflanzen im Außengelände von Krippen geeignet sein können (ohne Anspruch auf Vollständigkeit), trägt dazu bei, die große Verunsicherung in diesem Bereich, was gepflanzt werden darf, etwas zu beseitigen.
  • UKBW "Kinder unter drei Jahren sicher betreuen - sichere und kindgerechte Gestaltung von Kinderkrippen". In der Broschüre der Unfallkasse Baden-Württemberg werden neben den Vorgaben der GUV-VS 2 auch die Unterschiede bei Kleinkindern hinsichtlich des Sprachvermögens, der körperlichen und kognitiven Voraussetzungen wie auch der jeweiligen motorischen Fähigkeiten bedacht. Die Broschüre soll "Trägern von Kindergärten und Kinderkrippen, Verantwortlichen in den Kommunen Architekten, Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärzten, Fachberatungen, Leiterinnen und Erzieherinnen als Arbeitshilfe dienen".8
  • KUVB: GUV-X99942 "Kinder unter drei Jahren sicher bilden und betreuen - pädagogische und sicherheitstechnische Informationen für Kindertageseinrichtungen". Die Broschüre erläutert, wie unter anderem die Herausforderungen und Anforderungen, die durch die Krippenkinder an Fachkräfte, Räume und Materialien gestellt werden, durch die Gestaltung von Bewegungs- und Bildungsräumen erreicht werden können.9
  • UKBW "Kinder sicher betreuen - Informationen für Tagesmütter und Tagesväter". Diese Broschüre richtet sich speziell an Tagespflegepersonen. Da gerade in diesem Bereich die Kinder oft im häuslichen Umfeld betreut werden, sind wesentliche einzuhaltende Anforderungen beschrieben und Tipps und Hilfen zur Erreichung dieser Anforderungen gegeben.

Zudem ist gerade eine Broschüre in Arbeit, in der unter anderem die Zuordnung der freien Fallhöhen zu den Bodenarten in Krippen separat von den Vorgaben der Tabelle F.1 der DIN EN 1176 geregelt werden sollen. Nach letzten Auskünften wird sie wahrscheinlich im Herbst dieses Jahres, 2015, erscheinen.

Günstiges Vorgehen

Es empfiehlt sich also für jeden, der mit der Prüfung von Spielplätzen in Schulen oder Kindertageseinrichtungen betraut ist, sich mit dem geltenden Vorschriften der Unfallversicherungsträger vertraut zu machen, zum Eigenschutz vor Regressansprüchen, Fremdschutz, dem Wohl der Kinder. Fast alle Unfallversicherungsträger haben inzwischen eigene Internetseiten mit einer Fülle von Informationen gerade zu Kindertageseinrichtungen. Im Zweifel empfiehlt es sich zudem, im Präventionsdienst die zuständige Aufsichtsperson des Unfallversicherungsträgers zu kontaktieren und sich mit dieser über die anzuwendenden Vorgaben abzustimmen. Es soll letztendlich nicht darum gehen, möglichst viele Vorschriften zu zitieren, sondern sinnvoll die geltenden zu kennen, anzuwenden und einzuschätzen. Getreu dem Motto: Sie müssen nicht alles wissen. Sie müssen nur wissen, wo es steht oder wen man fragen kann.

Anmerkungen

1 Die Nummerierung des Regelwerkes wurde zum 01. Mai 2014 auf Grund der Fusion der beiden Spitzenverbände geändert; die hier verwandten Bezeichnungen sind noch die "alten", eine entsprechende Transferliste finden sie auf der Internetseite der DGUV.

2 Das Regelwerk kann im Internet als pdf kostenfrei heruntergeladen werden - publikationen.dguv.de - und dann nicht anmelden, sondern über "Regelwerk" - "weitere Informationen" gehen; auf der linken Menüleistekönnen dann die einzelnen Bereiche "Vorschriften", "Regeln", "Informationen" erreicht werden;einzelne Exemplare können auch bei dem/denTräger/n der gesetzlichen Unfallversicherung desjeweiligen Bundeslands bezogen werden.

3 GUV-SI 8013, Ausgabe 08/1999, aktualisierte Fassung 12/2010, S.2.

4 GUV-SI 8017, Ausgabe 05/2005, aktualisierte Fassung 09/2008, S.6.

5 GUV-SI 8018, 23. Ausgabe 09/2006.

6 GUV-SI 8084, Ausgabe 03/2008, S. 6, S.23 f.

7sichere-kita.de oder über die Homepage der Unfallkasse NRW htp://www.unfallkasse-nrw.de

8 Aus dem Vorwort der Broschüre: "UKBW Kinder unter drei Jahren sicher betreuen".

9 Aus dem Vorwort der Broschüre: "KUVB GUV-X99942 Kinder unter drei Jahren sicher bilden und betreuen".

Dipl.-Ing. (FH, MPA) Peter Schraml
Autor

Sachverständiger für Spielplätze und Obmann des Arbeitskreises Inklusion

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