Ersatzpflanzungen

Anforderungen an Bestimmtheit einer Baumschutzsatzung

Baumpflanzung
Der Beschluss liegt auf einer Linie mit einer Reihe von Entscheidungen, in denen verschiedene Gerichte die Unwirksamkeit von Baumschutzsatzungen mangels hinreichender Bestimmtheit festgestellt haben. Foto: Maciej, Adobe Stock

Im Beschluss des OVG Sachsen-Anhalt vom 15.10.2019 - 2 R 37/18 -, juris in einem Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Magdeburg vom 28.03.2018 - 1 A 166/15 - geht es um die Anforderungen an die Bestimmtheit der Anordnung von Ersatzpflanzungen in einer kommunalen Baumschutzsatzung. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom 07.05.2015 hat die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 10.12.2014 die Fällung mehrerer Bäume auf seinem Grundstück genehmigt. Zugleich hat sie ihm verschiedene Auflagen zur Ersatzpflanzung von Bäumen gemäß der einschlägigen kommunalen Baumschutzsatzung erteilt. Die einschlägige Vorschrift in der Baumschutzsatzung zu Ersatzpflanzungen lautet wie folgt: "Hat die Beseitigung oder Veränderung von Bäumen erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes zur Folge, so soll dem Antragsteller die Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen auferlegt werden." Das VG Magdeburg hat sämtliche in dem Bescheid der Beklagten enthaltenen Auflagen aufgehoben. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung der Beklagten war erfolglos.

Das OVG Sachsen-Anhalt bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung, dass die Vorschrift in der kommunalen Baumschutzsatzung, auf deren Grundlage die mit der Fällgenehmigung verbundenen Auflagen erteilt worden sind, nicht mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot aus Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist. Nach Auffassung des OVG liegt ein Verstoß gegen das Erfordernis angemessener Bestimmtheit einer Norm bei Verwendung sogenannter unbestimmter Rechtsbegriffe nur (aber auch immer) dann vor, wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen. Das OVG stützt sich hierbei auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.06.1994 - 4 C 2.94 -, juris, Rn. 8. Gemessen daran fehlt der Regelung des einschlägigen § 8 Abs. 1 S. 1 der Baumschutzsatzung nach Auffassung des Gerichts die hinreichende Bestimmtheit.

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Es gilt, bei der Erstellung oder Änderung von kommunalen Baumschutzsatzungen in erhöhtem Maße auf hinreichende Bestimmtheit, insbesondere im Hinblick auf vorgesehene Ersatzpflanzungen, zu achten. Foto: tibor13, Adobe Stock

Das Gericht bemängelt, dass die Regelung lediglich die Voraussetzungen für eine Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen dem Grunde nach enthält. Diese "soll" bei Vorliegen der Voraussetzungen auferlegt werden. Hingegen fehle es an notwendigen Kriterien dafür, wann ausnahmsweise von der Anordnung einer Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen abgesehen werden könne ebenso wie an Vorgaben für das Maß einer Ersatzpflanzung, also für das "Wie". Diese maßgeblichen Kriterien seien aber zwingend in die Baumschutzsatzung aufzunehmen, insbesondere Regelungen zu Art und Umfang der Ersatzpflanzungen. Eine Bestimmung im Einzelfall müsse aufgrund sachgerechter und konkretisierbarer Kriterien ermöglicht werden, um damit eine willkürliche Behandlung durch die Behörde auszuschließen. Notwendig seien Hinweise zur Anzahl und Größe der Ersatzpflanzungen und der Abhängigkeit dieser Parameter zur Quantität und Qualität des beseitigten Baums. Mangels entsprechender Regelungen sei die Baumschutzsatzung der Beklagten wegen nicht hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Zwar sei es nicht geboten, in der Satzung schematisch in formelhaften Geboten vorzugehen und genaue Vorgaben zur Anzahl, Qualität und Größe von Ersatzpflanzungen zu machen, die eine Einzelfallbeurteilung ausschließen. Es sei aber erforderlich, dass die Satzung die bei der vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung maßgeblichen Kriterien hinreichend bestimmt vorgebe, was hier nicht gewährleistet sei.

Der Beschluss liegt auf einer Linie mit einer Reihe von Entscheidungen, in denen verschiedene Gerichte die Unwirksamkeit von Baumschutzsatzungen mangels hinreichender Bestimmtheit festgestellt haben (VG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2019 - 8 K 920/09. F -, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 15.09.2017 - 2 A 115/16 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.05.2017 - OVG 11 N 90.16 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.01.2006 - OVG 11 B 12.05 -, juris; hinreichende Bestimmtheit einer Baumschutzsatzung hingegen einzelfallbezogen bejaht von OVG NRW, Beschluss vom 22.10.2010 - 8 A 507/09 -, juris und von OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.11.1994 - 1 L 21/94 -). Es gilt daher, bei der Erstellung oder Änderung von kommunalen Baumschutzsatzungen in erhöhtem Maße auf hinreichende Bestimmtheit, insbesondere im Hinblick auf vorgesehene Ersatzpflanzungen, zu achten. Empfohlen sei allen Kommunen in diesem Zusammenhang eine Übernahme der Musterbaumschutzsatzung der GALK im Auftrag des Deutschen Städtetages oder zumindest eine weitgehende Orientierung an dieser Musterbaumschutzsatzung, die auf der Homepage der GALK zum Download bereitsteht.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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