Floriade Almere 2022

"Growing Green City" - Exkursion von Berliner Studierenden in die Zukunft

Floriade Expo Forschung und Bildung
Blick vom Deutschen Pavillon über das Floriade-Gelände im "Urban District". Foto: Mechthild Klett

Ende Mai starteten 25 Studentinnen und Studenten mit ihren Professoren der Berliner Hochschule für Technik eine Exkursion nach Amsterdam und Almere, Austragungsort der Floriade. 25 Kilometer nördlich von Amsterdam gelegen und in den letzten 50 Jahren unter dem Meeresspiegel in gepolderter Landschaft entstanden, wuchs die Stadt rasch auf 215.000 Einwohner an.

Alle zehn Jahre findet diese internationale Ausstellung statt und diesmal hatte man den Eindruck, der Fortschritt ist in der internationalen Grünen Branchen angekommen. Ein weites, offenes, sehr modern gestaltetes Gelände mit "Urban District", "Eco District" "Utopia Island" und einem "Green Island" mit altem Baumbestand erwartet die Besucher*innen auf 60 Hektar noch bis 9. Oktober dieses Jahres.

Der Eindruck ist kein Zufall, sondern genau so intendiert, denn die Floriade wurde nicht wie früher als Ausstellungspark konzipiert, sondern über sieben bis acht Jahre geplant und gebaut und wird Teil einer Stadt, die nach der Ausstellung bewohnt ist. 90.000 Gehölze, 200.000 Stauden, 500.000 Blumenzwiebeln wurden auf die Bodenverhältnisse und auf die Klimabedingungen hin ausgewählt und in die Erde gebracht.

"Wir pflanzen nicht nur für eine Ausstellungsperiode, sondern mit langem Atem auch für die Zukunft", erläutert Niek Roozen, Chefarchitekt des Pflanzkonzepts und der Blumenhallen. Er ist mitverantwortlich für die Umsetzung eines Experiments, das auch das Motto der Ausstellung liefert: "Growing Green Cities". Mit Hilfe der vielen tausend Pflanzen wird eine grüne Infrastruktur geschaffen, ein Zusammenspiel von Bäumen, Sträuchern, Stauden, Gräsern, Blumenzwiebeln und Einjährigen, die vor allem eine nachhaltige und gesunde Stadt geworden ist.

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Floriade Expo Forschung und Bildung
Nicht ein Ausstellungspark ist auf der Floriade 2022 zu sehen, sondern die Umsetzung einer Utopie: die nachhaltige Stadt. Foto: Mechthild Klett
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Prof. Jens Lüdeke vorne links und Prof. Jörg-Ulrich Forner besuchten mit 25 Studentinnen und Studenten der Berliner Hochschule für Technik Ende Mai die Floriade in Almere. Foto: Mechthild Klett

Der Ausgangspunkt für die Landschaftsarchitekten war das bestehende Grün. In dieser Polderlandschaft stehen Bäume, die 40 Jahre alt und dementsprechend groß sind. "Wir haben uns die Aufgabe gestellt, alle vitalen und gesunden Bäume zu erhalten und sie zu einem Teil der neuen grünen Struktur zu machen, und das ist natürlich komplizierter, als wenn man alles neu pflanzen kann," berichtet Niek Roozen. "Alle Bäume, die wir neu gepflanzt haben, sollten die bestehende Bepflanzung so weit wie möglich unterstützen und ergänzen. Wir sind überzeugt, dass die Natur in unseren zukünftigen Städten eine viel größere Rolle spielen wird, als dies heute noch der Fall ist. Unsere gesamten 60 Hektar Fläche der Expo werden eine grüne Stadt mit altem Baumbestand sein und dazu gehört auch ein Arboretum mit 750 verschiedenen Baumarten, das wie eine grüne Bibliothek verschiedenste Bepflanzungen zeigt, die viel Natur in die Stadt integriert und auch Tieren eine Lebensgrundlage bietet."

Die Floriade 2022 ist zudem ein Forschungslabor, das viele Erläuterungen für die Besucherinnen und Besuchern bereithält. Zwölf internationale Pavillons sind auf dem Gelände verteilt und befassen sich mit Themen wie der Lebensmittelproduktion, Hitzeinseln in der Stadt, sauberer Luft und Bienen und Schmetterlingen. Darüber hinaus erfahren sie viel über Pflanzenverwendung und -Kombinationen. Alles dreht sich um die Aspekte "Greening the City", "Feeding the City", "Healthying the City" und "Energizing the City" mit den Themen Artenvielfalt, Gesundheit, Lebensqualität, Temperatur, Wassermanagement und Energie als Grundpfeiler der grünen Stadt.

Zu einer nachhaltigen Stadt gehören auch nachhaltige Baustoffe - etwa Flachs, das mit Bioharz verhärtet zu einem Brückengeländer verbaut wurde (ausführlich s. a. S. 67). Es ist so in seinen Eigenschaften mit Aluminium oder Stahl vergleichbar.

Floriade Expo Forschung und Bildung
Ästhetische Fassadenbegrünung im "Urban Distrikt". Foto: Mechthild Klett

Einschließlich der Niederlande sind Pavillons von 20 verschiedenen Ländern zu sehen - von Bangladesch bis Zypern. Auch der deutsche Pavillion hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. Schon von weitem sind die kubischen Formen der Holzkonstruktion zu sehen, die das rund 2000 Quadratmeter große Grundstück des Deutschen Gartens umläuft. Insgesamt wurden dafür Holzbalken in einer Gesamtlänge von mehr als 3000 Metern aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern verbaut. Bei der Auswahl der Lösungen erhielten CO2-minimierte und reversible Konstruktionen den Vorzug. Zudem können alle Materialien nach dem Ende der Floriade wiederverwendet oder recycelt werden. Der Dachgarten dient nicht nur zum Anbau von Obst und Gemüse, er reduziert auch die Umgebungstemperatur und nimmt Niederschlagswasser auf. Mehr als 3000 Stauden und Gräser, rund 200 Gehölze und knapp 300 Kletterpflanzen wurden im Deutschen Garten gepflanzt. Für Schatten und Kühlung sorgen auch die aus mehr als 70 Spalierflächen bestehenden begrünten Fassaden des Pavillons.

An anderer Stelle, in einem modernen Gewächshaus präsentiert sich die niederländische Unterglasgärtnerei mit neuesten Produktionsmethoden für Zimmerpflanzen, Schnittblumen, Obst und Gemüse. Verantwortlich für ihre Gestaltung ist die niederländische Floraldesignerin Heleen Valstar.

Grünes Amsterdam

Weitere Ziele für die Exkursionsgruppe der Berliner Hochschule für Technik waren Projekte und Parks in Amsterdam. Im Café de Ceuvel, einem Umwelt- und Büroprojekt am Ende des Johan-van-Hasseltkanaal-West gab es ausnahmsweise geöffnete Toren für die Studierenden, obwohl eigentlich Ruhetag war. Am Café angeschlossen ist ein kreativer und nachhaltiger Büropark mit einer Vielzahl unterschiedlicher Unternehmen, organisiert von einem Verein, in dem alle Mieter*innen zusammenarbeiten. In siebzehn renovierten Hausbooten sind sowohl Künstler als auch kreative Unternehmer*innen tätig. Dort finden aber auch Festivals und andere Kulturveranstaltungen statt und auch das Café ist als gastronomische Einrichtung für die Öffentlichkeit geöffnet. "De Ceuvel is a blueprint for reality. We show the world how things can be done differently". Eine neue Realität ist also möglich, wie dieses Schild auf dem Gelände zeigt. Die Akteur*innen leben bereits ganz im Sinne des Mottos der Floriade.

Ähnlich spannend sah es auch auf einem anderen Experimentierfeld ganz in der Nähe aus. Schwimmende Häuser, die auf dem Johan-van-Hasseltkanaal-West liegen, begrünt, viele aus Holz und wie eine große Community angelegt. Schoonship Amsterdam heißt die kleine Siedlung, die sich als ökologisches, soziales und nachhaltiges Projekt versteht und seit Anfang 2020 mit 46 Haushalten auf 30 Booten bewohnt wird. Neben den Einzelhäusern gibt es auch auf einem der Schiffe einen gemeinschaftlichen Treffpunkt.

Die inzwischen 144 Bewohner*innen haben zehn Jahre lang daran gearbeitet, Schoonschip zu konzipieren, zu entwickeln und zu realisieren. Geheizt wird mit Wärmepumpen, die dem Wasser des Kanals Wärme entziehen. Zudem wird passive Sonnenwärme genutzt. Alle Duschen sind mit einem Wärmerückgewinnungssystem (WTW) ausgestattet. Der Strom wird mit photovoltaischen Solarzellen erzeugt und jedes Haus verfügt über eine große Batterie, in der vorübergehende Überschüsse gespeichert werden können. Es gibt einen separaten Bach für die Entsorgung von Grauwasser (von Geschirrspüler, Waschmaschine) und Schwarzwasser (von der Toilette). In einem Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit Waternet wird das Schwarzwasser schließlich zu einer Bioraffinerie transportiert, wo es vergoren und in Energie umgewandelt wird. Alle Häuser haben ein Gründach, das mindestens ein Drittel der Dachfläche bedeckt. Elektroautos, Elektrofahrräder und E-Bikes werden geteilt. Um den Wohnraum erschwinglich zu halten, wurde die Hälfte der dieser Archen als Doppelhaushälften gebaut.

Floriade Expo Forschung und Bildung
Der Vondel-Park gehört zu den größten und prächtigsten Gartenanlagen in Amsterdam – ein englischer Landschaftspark mit weitläufigen Gewässern und Fahrradwegen – eröffnet 1865. Foto: Mechthild Klett

Der Vondelpark

Erlebt werden konnten auch die zahlreichen Parks in Amsterdam - einer der schönsten ist etwa der Vondelpark, der zum Holländischen Kulturerbe gehört und seit 1996 unter Denkmalschutz steht. Benannt wurde er nach dem bekannten Dramatiker Joost van den Vondel und erstreckt sich auf 47 Hektar südlich des Rijksmuseums. Im Jahr 1865 wurde der Park als englischer Landschaftspark zur Nutzung der stark wachsenden Arbeiterschaft zur Gesundheitsförderung eröffnet und nach Plänen von Jan David Zocher und seinem Sohn Louis David konzipiert und gebaut. Umfangreiche miteinander verbundene Gewässer durchziehen den Park, der über verschiedene Cafés, ein Teehaus, eine Freilichtbühne, Spielplätze, eine Skateanlage, eine Kirche einen Pavillon verfügt. Erschlossen wird er über einen von Nord nach Süd durchgehend verlaufenden Fahrradweg und querende Fußwege sowie über fünf historische Brücken.

Altes und neues Grün in herausragender Qualität wurde so in Amsterdam und Almere besonders gut erleb- und vergleichbar.

Mechthild Klett

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