Lehnepark, Alter Park und Franckepark mit neuem Parkpflegewerk
Grünes Band für Tempelhof
von: Dr.-Ing. Anke WernerAlt-Tempelhof im Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin, geht in seinem Ursprung auf die Zeit der Tempelritter im 12. Jahrhundert zurück. Zum ehemaligen Gutsbezirk mit Kirche gehörten auch Nutz- und Ziergärten sowie Ackerland, die von einer eiszeitlichen Seenkette durchzogen wurden. Die daraus hervorgegangenen Parkanlagen Bosepark, Lehnepark, Alter Park und Franckepark mit ihren Gewässern sind heute ein wichtiger innerstädtischer Grünzug (Abb. 2). An zentraler erhöhter Stelle befindet sich die alte Dorfkirche (Abb. 1). Auch das Rathaus am Tempelhofer Damm aus den 1930er Jahren ist Blick- und Bezugspunkt der Parkanlagen.
Die Parks gehören zum Fördergebiet "Neue Mitte Tempelhof", welches über das Förderprogramm "Stadtumbau West" entwickelt werden soll (PSR 2018). Für die denkmalgeschützten Parkanlagen Lehnepark, Alter Park und Franckepark wurde dazu in Hinblick auf eine zukünftige Sanierung vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt Berlin, Gartendenkmalpflege ein Parkpflegewerk in Auftrag gegeben. Entscheidungsprozesse werden so auf ein fachliches Fundament gestellt. Das Parkpflegewerk wurde vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro Anke Werner erarbeitet.
Für das Parkpflegewerk wurde der Bestand erfasst und bewertet, die Entstehungsgeschichte dargelegt und konzeptionelle Vorschläge für die spätere Pflege und Entwicklung erarbeitet. Hierbei flossen neben denkmalpflegerischen Sichtweisen auch nutzungsorientierte und ökologische Überlegungen ein. Häufig überschneiden sich die unterschiedlichen Belange. Ziel des Parkpflegewerks war es daher, im Abgleich von Historie und Bestand denkmalgerechte Leitbilder und Entwicklungsziele sowie ein Pflegekonzept auch zum Wohle der Nutzer und des Naturraumes zu formulieren.
Die Entwicklungsgeschichte der Parkanlagen
In vielen Archiven konnten Unterlagen zu den Parkanlagen zusammengetragen werden. Die Geschichte der Parks (s. hierzu Werner 2021, S. 9-59, 544-557) wird hier jedoch nur auszugsweise beleuchtet. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich Tempelhof zu einem beliebten Ausflugsziel mit Badesee entwickelt, das Dorf wurde langsam zum städtischen Vorort. Im Zuge der Industrialisierung stellte das Gut ab den 1860er Jahren den Betrieb ein, wurde parzelliert und bebaut (Abb. 3). Der alte Gutshof wurde abgerissen und der einst zusammenhängende grüne Gutsbezirk (Abb. 4) zerschnitten. So bildeten sich jetzt einzelne getrennte Parkanlagen heraus - heute Bosepark, Lehnepark und Alter Park. Diese Parks wurden seit dem frühen 20. Jahrhundert durch das neu geschaffene Gartenamt Tempelhofs unter dem ersten Tempelhofer Gartenamtsleiter Rudolf Fischer (1883-1942) zu öffentlichen Anlagen umgestaltet (Abb. 5, 10).
Der Alte Park entsteht
Alter Park und Lehnepark sind noch heute als Reste des alten Gutsparks eng verbunden. Beispielhaft wird hier die Entwicklung des Alten Parks skizziert. Im Alten Park sind aus der ersten formalen Gestaltungsphase der Klarensee, das bewegte Relief mit Aussichtsplatz (heute Rosenhang), einzelne Bäume und ein Parasolplatz am See erhalten (Abb. 1 und 6). Seit den 1870er Jahren ist aus einer zweiten Entwicklungsphase eine landschaftliche Gestaltung im Stil der Lenné-Meyer'schen Schule nachweisbar. Von diesem repräsentativen Gutspark finden sich heute die Uferwege, der alte Baumbestand und die reizvollen Aussichten zur Kirche. Auf einem Teil des heutigen Alten Parks lag noch im späten 19. Jahrhundert ein repräsentativer privater Villengarten (Abb. 3).
Seit der Übernahme des Parks durch die Gemeinde im Jahr 1907 wurde der erste "Gemeindepark" für die öffentliche Nutzung ertüchtigt. So wurden Bänke aufgestellt (Abb. 7) und das ehemals kleinteilig geschwungene Wegesystem allmählich vereinfacht. Federführend war Rudolf Fischer.
Die allmählichen gestalterischen Anpassungen im Park setzten sich bis in die 1950er Jahre fort. Mit einer ersten Parkerweiterung (ehem. Villengarten) erfolgte eine Ausrichtung auf das Rathaus und den Tempelhofer Damm. Der bis dahin eher introvertierte Gutspark öffnete sich damit zum städtischen Umfeld. Erhalten geblieben ist von dieser repräsentativen Gestaltung, die in ihrer Grundidee vermutlich auf die Planungen Bernhard Kynasts (1890-1981) zurückging, einzig ein Treppenzugang.
In einer zweiten Parkerweiterung entstanden ab 1957 nahe der Albrechtstraße Wohnbauten und eine öffentliche Promenade, die an das Konzept der durchgrünten Stadt angelehnt waren.
In den 1970er und 1980er Jahren erfolgten historisierende Umgestaltungen. Davon ist der Rosenhang erhalten. Zwar nimmt der Bereich in seiner Materialität eine Sonderstellung im Park ein, interpretiert jedoch den historisch belegten Serpentinenhang und ist bautechnisch in einem Zustand, der sein Weiterbestehen bis zur Materialermüdung rechtfertigt. Er stellt zudem ein Beispiel für die Gestaltungsideen der frühen 1980er Jahre unter dem Gartenamtsleiter Hermann Guhl dar.
Die Entwicklung des Franckeparks
Das Gelände des heutigen Franckeparks entwickelte sich erst nach 1870 gärtnerisch. Davor gehörte es zur Tempelhofer Feldflur mit Badeteich. Der Fabrikant Theodor Francke, einer der einst größten Grundbesitzer Tempelhofs, erwarb das Gelände und ließ hier zwischen 1876 und 1896 neben seiner Elfenbeinbleicherei eine Baumschule und eine Parkanlage errichten, die er auch als seinen Altersruhesitz vorsah. Der heutige Franckepark war vermutlich der Schaugarten dieser Baumschulen. Die Anlagen wurden damals als "eine Schöpfung ersten Ranges" bezeichnet (P.K. 1896).
Bekannt ist weiterhin, dass der Franckepark aufwändige Teichanlagen mit Inseln und einen Wasserfall besaß. Angelegt wurde dieser erste Park von Franckes Obergärtner und Baumschulleiter Jonathan Kaehler (1847-1924). Aus dieser Zeit sind das landschaftliche Wegesystem und das bewegte Gelände mit einem beeindruckenden langgezogenen Waldwiesental erhalten (Abb 8). Da Francke bereits 1896 starb und zudem die Gewässer durch den Bau des Teltowkanals nach 1900 weitgehend trocken fielen, veränderte sich die Gestaltung vermutlich bald nach der Fertigstellung. Verloren ging dadurch die ehemals kunstvolle Wasserlandschaft, deren Relikt wohl das Maschinenhaus am Hang der Waldwiese ist (Abb. 9). Erhalten blieb ein beeindruckender waldartiger Altbaumbestand.
1924 dann erwarb die Stadt Berlin den Park. Jetzt wandelte sich der Park zum öffentlichen Volkspark. Dabei wurde die ursprüngliche landschaftliche Gestaltung weitgehend übernommen und durch Rudolf Fischer mit neuen Spiel- und Sportflächen in streng architektonischen Formen ergänzt (Abb. 10). Im Umfeld des Parks entstanden die Wohnsiedlungen "Am Franckepark" und "Märkischen Scholle". Sie sind gestalterisch mit dem Park verbunden. Später wurde auch das Rathaus errichtet, dessen Turm markanter Blickpunkt wurde. Bis in die 1930er Jahre entstanden im Rahmen von Notstandsarbeiten eine Spielwiese mit Sporthaus, ein Kinderspielplatz, ein Tanzplatz, eine Rodelbahn, ein Rosengarten und sogar ein Kaffeeausschank (Abb. 11). Die Haupteingangsbereiche wurden mit Treppen, Mauern und Brunnen repräsentativ gestaltet (Abb. 12). Ab 1929 wurde auch erstmals ein kleines Rehgehege errichtet.
Der Franckepark ist in der weitgehenden räumlichen Trennung der unterschiedlichen Formensprachen eines der wenigen Beispiele für einen Volkspark im Übergang vom landschaftlichen zum architektonischen Stil. Die Gestaltung durch Rudolf Fischer verdeutlicht einen sensiblen Umgang, der überkommene Strukturen bewahrte, Neuerungen selbstbewusst einfügte und stimmig verband. Der Park ist somit auch ein Beispiel souveräner öffentlicher Parkgestaltung der erstarkenden Gartenbauämter dieser Zeit.
Nach Kriegszerstörungen veränderte sich die Parkanlage. Die Spiel- und Sporteinrichtungen waren verloren gegangen, der Nordteil entwickelte sich seither weitgehend konzeptlos. Einschneidend war 1954 auch die Anlage eines neuen größeren Tiergeheges mitten auf der Waldwiese. Dadurch wurde die gestalterisch wichtige Längsachse durchbrochen, Vegetation und Teich litten.
Historisierende Umgestaltungen erfolgten in den 1980er Jahren unter Hermann Guhl (Abb. 13). Auch funktionale Überlegungen flossen verstärkt in die Planungen ein. Viele Wege wurden mit Verbundpflaster und Asphalt befestigt. Ein alter Lindengang wich einem neuen Spielplatz, Wege wurden für das Tiergehege zurückgebaut, die ehemalige Formensprache löste sich weiter auf. Diese negativen Entwicklungen wurden durch eine Phase der Sparpolitik in den 1990er und 2000er Jahren weiter befördert. Trotz vielfältiger Wunden sind jedoch die Grundideen der ersten beiden Gestaltungsphasen weiterhin ablesbar, so dass der Franckepark ein wichtiges Zeugnis der Gartenkunst in Tempelhof darstellt.
In ersten gartendenkmalpflegerischen Wiederherstellungen konnten seit 2019 durch den Rückbau des Tiergeheges einzelne historische Strukturen und Wege wiedergewonnen werden.
Der heutige Zustand der Parkanlagen
Die Potentiale der Parks
Die Parks sind beliebte grüne Oasen mit vielfältigen Spaziermöglichkeiten für die Anwohner und besitzen historischen Wert. Große Teile der Parkanlagen sind in den historischen Grundzügen erhalten. Teiche und Seen eiszeitlichen Ursprungs (Abb. 1) sowie ein bewegtes, abwechslungsreiches Gelände (Abb. 8) sind charaktergebend. Gleichzeitig ist der historische Rahmen Lebensraum für Wildtiere, besitzt ökologischen Wert und ist ein wichtiges Kaltluftentstehungsgebiet. Historische Plätze bieten großartige Ausblicke über weite Wasser- und Wiesenflächen. Zur Attraktivität trägt auch ein schöner Altbaumbestand bei. Umschlossen von den Parks bilden die Kirche mit der Kirchenmauer und das Rathaus markante Blickpunkte. Gleichzeitig besitzen die Anlagen mit den noch zu sanierenden Flächen und Bauten Entwicklungspotential, um denkmalverträglich und geleitet von der Historie, Angebote und Serviceeinrichtungen neu aufleben zu lassen (z. B. Café, WC, Spiel-/Sportangebote). Der Fachbereich Grünflächen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg investiert heute engagiert in die denkmalgerechte und ökologische Instandsetzung der Parks. Dazu tragen auch Förderprogramme bei, so dass bereits erste Vorschläge des Parkpflegewerks umgesetzt werden konnten, weitere sind in Vorbereitung.
Die Defizite der Parks
Die Parks besitzen heute wenig Identität, es fehlen eine Parkbenennung, ein Willkommensgruß und interessante Informationen. Die Beschilderung ist stark verbotsorientiert. Auch die Parkeingänge sind vielfach zugewachsen, das Sicherheitsgefühl ist hier eingeschränkt, die Orientierung schwierig. Im Umfeld finden sich gestalterisch negative Parkplätze, welche Sichten behindern und stellenweise durch eine Einengung von Zugangswegen auch eine barrierefreie Erreichbarkeit verhindern. Viele der attraktiven Blicke auf das Rathaus und die Kirche drohen zuzuwachsen. Markante Bäume kommen durch Sämlingsaufwuchs oft nicht richtig zur Geltung. Auch sind viele Bäume durch die Trockenheit der letzten Jahre und die lange Nutzung des Franckeparks als Tiergehege in schlechtem Zustand. Genauso sind die Unterpflanzungen artenarm und schöpfen weder ihr gestalterisches noch ihr ökologisches Potential aus. Invasive Arten wie Japanknöterich erschweren den Aufbau vielfältiger Pflanzungen. Eine veraltete, uneinheitliche und nach funktionalen Gesichtspunkten ausgewählte Möblierung, Wege- und Hangbefestigung sowie Übernutzungsschäden, Trampelpfade und Graffiti stören den Erlebniswert der Parkanalagen.
Nutzungsschäden ergeben sich auch durch eine ungleiche Besucherverteilung in den Parks und die schlechte Verbindung der Parks. Die Brunnenanlagen in den Parks sind sanierungsbedürftig (Abb. 13), genauso wie das ruinöse historische Maschinenhaus (Abb. 9). Vollständig fehlen Serviceeinrichtungen wie Cafés und WCs.
Diese negativen Entwicklungen ergeben sich vielfach aus Pflegerückständen und Sparzwängen der letzten Jahrzehnte sowie aus der daraus resultierenden fehlenden Kontinuität in der Betreuung der Anlage. Das Hauptproblem historischer Parkanlagen besteht selten darin, dass sie auf Grund ihrer historischen Gestaltung nicht nutzbar sind. Das Problem liegt meist in ihrer Vernachlässigung, in fehlenden Mitteln für reguläre Pflegeaufgaben und im fehlenden Verständnis und Verantwortungsgefühl der Beteiligten einschließlich der Nutzer.
Die Zielstellungen des Parkpflegewerks
Die untersuchte vielfältige Parklandschaft besitzt Parkteile aus unterschiedlichen Entstehungsphasen. Daher kann für den gesamten Grünzug kein einheitliches Entwicklungsziel mit einer einzigen Zeitphase als Leitlinie aufgestellt werden. Das Parkpflegewerk definiert für jeden Park ein eigenes Hauptentwicklungsziel, welches die Verdeutlichung der jeweils bedeutendsten Parkgestaltungsphase zum Ziel hat. Innerhalb dieses Rahmens werden für einzelne später entstandene oder ergänzte Parkteile jedoch auch eigene Leitlinien und Ziele formuliert, die die jeweiligen entstehungszeitlichen Charakteristika berücksichtigen.
In stark gestörten Parkbereichen (z. B. ehem. Spiel- und Sportflächen) werden Neuentwicklungen in Anlehnung an die Historie vorgeschlagen. Dies eröffnet auch im Hinblick auf die Planungen zur "Neuen Mitte Tempelhof" Ansatzpunkte, die Neuplanung im Umfeld denkmalverträglich, ökologisch und nutzerfreundlich mit den historischen Parkanlagen zu verbinden.
Für den Alten Park, der sich aus dem Gutspark entwickelte, ist das übergeordnete Leitbild für die Sanierung und Weiterentwicklung beispielsweise der Zustand der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter Erhalt älterer Strukturen. Das Leitbild für die Erweiterungsbereiche der 1980er Jahre ist jedoch der Zustand zu Ende der 1980er Jahre. Eine Rückführung auf einen früheren Zustand ist hier nicht zielführend.
Von den Vorschlägen des Parkpflegewerkes wurden bereits einige Maßnahmen im Lehnepark und Alten Park umgesetzt. Dazu gehörte die teilweise Freistellung und Säuberung der historischen Kirchenmauer und das Kappen von Eibendickichten, um artenreichere Pflanzungen anlegen zu können und Blickverbindungen wiederherzustellen. Die zugewachsenen Ufer des Wilhelmsteiches im Lehnepark und die überwucherten Obstwiesen wurden geöffnet, invasive Pflanzenbestände zurückgedrängt. Die Sanierung von Bankplätzen erfolgte mit einheitlicher gestalterisch passender Möblierung. Auch erste Asphaltwege wurden bereits entsiegelt und nach historischem Vorbild wassergebunden neu angelegt. Am Klarensee ist noch 2022 der Wiedereinbau von flachen Rasengittern nach historischem Vorbild entlang der Wege zum Schutz der Uferbereiche vorgesehen, um dadurch sowohl den gestalterischen Zusammenhalt der Parkanlage zu verbessern als auch der Ufervegetation bessere Wachstumschancen zu geben. Dies kommt wiederum auch brütenden Wasservögeln zugute.
Auf den jüngeren Liegewiesen der Parks wurden in Interpretation der Historie stationäre drehbare Liegen installiert, die das Nutzungsangebot verbessern.
Derzeit werden vom Fachbereich Grünflächen Pläne zur Erneuerung des Spielplatzes im Lehnepark auf der Grundlage des Parkpflegewerks und in historischer Formgebung erarbeitet, die den Spielplatz inhaltlich mit neuem Leben füllen sollen. Das Spielthema orientiert sich hierbei an der Geschichte des Gutshofes. Die Umsetzung der Sanierungsarbeiten soll mit den Auszubildenden des Fachbereichs erfolgen.
Das Parkpflegewerk macht auch Vorschläge für die zukünftige Beteiligung der Bürgerschaft, zum Beispiel bei der Ernte und Pflege der Obstwiesen oder bei zu installierender Nisthilfen. Genauso wären Kooperation mit Gemeinschaftsprojekten und Vereinen möglich. Hierzu müssten jedoch zunächst entsprechende organisatorische Strukturen in den Bezirken entwickelt werden, um solche Projekte effektiv zu betreuen. Als Vorbild seien hier die britischen "Parkranger" genannt, die sich als Mittler zwischen Verwaltung und Bevölkerung verstehen. Sie binden Menschen ein, entwickeln Veranstaltungsprogramme zur Erkundung der Parks und greifen Anregungen aus der Öffentlichkeit auf. Solche Interaktionen erhöhen auch das Verständnis für die Belange und die Pflege der Parks.
Viele Vorschläge aus dem Parkpflegewerk betreffen behutsame Pflegemaßnahmen, denn häufig führt schon ein "Aufräumen" dazu, historische Strukturen wieder zu verdeutlichen. Dies gilt beispielsweise für zugewachsene Eingänge und Sichten durch die gezielte Entnahme oder den Rückschnitt störender Sträucher und die Anlage einer neuen Unterpflanzung.
Wichtig ist, dass sich die Pflege an den Zielen des Parkpflegewerks orientiert. So können auch größere Maßnahmen schrittweise umgesetzt werden. Das Parkpflegewerk gibt daher praktikable Handlungsanweisungen für die Pflege. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden in Plänen und tabellarisch (s. Tabelle 1 unten) in knapper Form dargestellt, wobei die Entwicklungsziele und detaillierte Maßnahmen (s. Tabelle 2 unten) aus der Untersuchung der Parks abgeleitet werden. Hierdurch können schnell die Maßnahmen für einzelne Bereiche mit ihrer Herleitung konsultiert werden, auch ohne lange Textpassagen durcharbeiten zu müssen.
Gleichzeitig bieten die historischen Parks Möglichkeiten für Weiterentwicklungen. Das Parkpflegewerk macht verschiedene Vorschläge solche denkmalverträglich zu integrieren, so zum Beispiel für den nördlichen Franckepark: Wo heute wenig genutzte gehölzgesäumte Wiesen sind, lagen in den 1920er Jahren hochwertige Spiel- und Sportflächen. Hier wären zukünftig wieder ähnliche Einrichtungen vorstellbar, die sich konzeptionell an den historischen Anlagen orientieren und in zeitgemäßer Ausstattung neu errichtet werden könnten. Im Zuge der Planungen zur "Neuen Mitte Tempelhof" eröffnen sich so schlummernde Potentiale. Gleiches gilt für Möglichkeiten zur Wiedererrichtung von Cafés und WCs in den Parkanlagen, um dadurch neben einer Erweiterung der Nutzung auch eine bessere Verteilung von Nutzerströmen innerhalb der Parks zu schaffen: Ursprünglich existierte im Franckepark ein Parkcafé, ein aufwändiges Toilettengebäude mit Aussichtsterrasse befand sich am Lehnepark. Dies sind Ansatzpunkte für denkmalverträgliche Entwicklungen in den Parkanlagen.
Größere vorgeschlagene Sanierungsprojekte im Parkpflegewerk sind die Entsiegelung und Wiederherstellung von Parkwegen sowie die Sanierung von Eingangsbereichen und Plätzen. Durch die Rückführung auf die historischen Strukturen ließe sich so beispielsweise am Brunnenplatz im Lehnepark auch die Barrierefreiheit verbessern beziehungsweise wiederherstellen.
Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen im Parkpflegewerk vereinen den Denkmalschutz mit den Zielen des Klima-, Natur- und Artenschutzes. In den Parkanlagen sollen beispielsweise selbstausgesäte Eiben reduziert werden, da sie die historische Gestaltung stark verändern. Gleichzeitig werden mit der Reduzierung der Eiben aber auch die Nutzbarkeit durch bessere Durchblicke und damit das Sicherheitsgefühl erhöht. Da unter dichten Eiben wenig wächst, ermöglicht ihre Rücknahme auch die Anlage artenreicher Gehölz- und Staudenpflanzungen in Anlehnung an die Historie. Durch die Erhaltung eines gut gepflegten Gartendenkmals wird so gleichzeitig der Natur- und Artenschutz befördert.
Das Parkpflegewerk schlägt auch für das Umfeld der Parkanlagen Maßnahmen vor, die den Zusammenhang der einzelnen Parkanlagen verbessern, damit ein grünes Band in Tempelhof wiederherstellen und gleichzeitig die Attraktivität und Nutzbarkeit der Parkanlagen erhöhen. Dazu gehören die Neuordnung und der Rückbau von Parkplätzen und unattraktiver Infrastruktur (Absperrungen, Schilder, etc.) und die Wiederherstellung und Sanierung von Gehwegen an der Straße. Im Zuge der Planungen zur "Neuen Mitte Tempelhof" gibt das Parkpflegewerk denkmalverträgliche Anregungen für die Entwicklungen im Bereich des Tempelhofer Damms.
Informationstafeln sind vorgesehen, um den Charakter der Parkanlagen zu verdeutlichen, Interesse und Verständnis für die Belange der denkmalgeschützten Anlagen zu wecken und die Identität der Parks zu stärken. Neue einladende Infotafeln werden derzeit unter der Ägide der Gartendenkmalpflege des Landesdenkmalamtes Berlin entwickelt.
Waldwiese und Waldwiesenhang - Auszug aus dem Parkpflegewerk (Werner 2021, S. 268-269)
Gestaltung bis Mitte des 19. Jahrhunderts:
- Waldwiese ist vermutlich Teil des Gewässers (Krummer Pfuhl).
Gestaltung 1870–1924 als Gutspark
- Vermutlich Gewässer mit zwei Inseln (im Bereich der heutigen Bastion 1 & nördlich der heutigen Ruine des Maschinenhauses) & Wasserfall am südlichen Hang.
- Ab 1900 (Bau Teltowkanal) Verlandung.
Gestaltung 1924–1945 als öffentlicher Park
- Waldwiese wird benannt, langgestreckte, gehölz- & wegegerahmte Wiese mit schneisenartigen Durchblicken nach Süden, Osten & Westen. Kleinteiliges serpentinenartiges Treppen- & Wegesystem am südlichen & am nordöstlichen Hang. Ehemalige südwestliche Insel als Gehölzinsel von Weg umkränzt, u. a. Weiden in diesem Bereich vorhanden.
- Restgewässer im Zentrum der Waldwiese (s. Francketeich).
1945 –2000er Jahre - Wiederherstellungen und Umgestaltungen
- Seit 1949-1954: der südliche Weg an der Waldwiese & überwiegende Teile der Hangwege verschwinden.
- 1954: Einrichtung eines eingezäunten Tiergeheges auf der gesamten Waldwiese.
- Bis 1976: erweitertes Tiergehege auch auf südlichem Hang, sämtliche Hangwege verschwinden hier.
- Bis 1985: erneute Erweiterung des Tiergeheges auf den nördlichen Hangbereich, der nördliche die Waldwiese rahmende Weg wird zurückgebaut, Veränderungen im Wegesystem am nordöstlichen Hang.
Zustand heute
- 2019: Rückbau des Tiergeheges & Sanierung von Waldwiese & Francketeich.
- Waldwiese als langgezogene baumgerahmte Wiese modelliert, in gutem Zustand.
- Alter markanter Baumbestand am südlichen Waldwiesenhang, teilweise mit Schäden aus Tiergehegenutzung.
- Maschinenhaus: s. Ulmenhof & Pavillonplatz
- Nördlicher rahmender Weg (FP-W23) gemäß historischem Bestand wiederhergestellt.
- Gehölzbestand am nördlichen Hang mit einigen markanten Altbäumen & viel Jungaufwuchs & Eiben.
Entwicklungsziele
Entwicklungsziele Waldwiese & Waldwiesenhang:
- Weiterführung der Wiederherstellung in Anlehnung an den Zustand der 1920er Jahre ggf.in vereinfachter Form.
Entwicklungsziele Waldwiese und Waldwiesenhang:
Weiterführung der Wiederherstellung in Anlehnung an den Zustand der 1920er Jahre, angepasst an Bestand (Bäume), daher ggf. in vereinfachter Form:
- Vorhandene Waldwiese kontinuierlich als artenreiche Feuchtwiese pflegen und mähen. Verdichtungen durch Rodeln regelmäßig lockern.
- Wiederhergestellten wassergebundenen Weg (FP-W23) regelmäßig pflegen (z. B. walzen, Materialergänzungen).
- Entwicklung des Baumbestands am nördlichen Waldwiesenhang (Gehölzfläche 24): markante Bäume freistellen, Eiben kappen und strauchförmig entwickeln, Artenspektrum in Anlehnung an den Gehölzbestand von 1924 entwickeln (z. B. Ulmus, Quercus, Tilia, Fagus, Acer, Aesculus, Carpinus, ggf. Baumtor aus Silberpappeln am Weg FP-W23, sowie Blüten- und Wildobststräucher (z. B. Amelanchier, Crataegus, Cornus, Philadelphus, Corylus, Caragana, Liguster). Ggf. Durchblicke vom 1985 entstandenen Weg FP-W25 schaffen (abhängig von zukünftiger Entwicklung der nördlichen Bereiche).
- Pflege des Baumbestandes am südlichen Waldwiesenhang (Rasenfläche 5b, Gehölzfläche 15), Arten in Anlehnung an historisches Artenspektrum entwickeln, s. Gehölzlisten von 1924 (z. B. Quercus, Fagus, Ulmus, Tilia, in feuchten lichten Bereichen auch Alnus, Salix sowie Sträucher wie Cornus, Lonicera, Sambucus, Ribes, Philadelphus). Sämlinge roden, erhaltenswerte Blütensträucher freistellen, flache Waldstauden- und Bodendeckerpflanzung unter Erhalt von Einzelsträuchern entwickeln.
- Verdeutlichung der ehemaligen Insel im Südwesten der Waldwiese im Bereich von Baum R31164-UGL, Pflege und Erhalt des vorhandenen Altbaumbestandes, bei Abgang Nachpflanzungen (s. auch Gehölzlisten von 1924), Erhalt/Verdeutlichung der Modellierung (Erhebung).
- Durchführung von gartendenkmalpflegerischen Schürfungen zum Auffinden von möglichen Wegeresten am südlichen und nördlichen Waldwiesenhang.
- Wiederherstellung des südlich die Waldwiese rahmenden und die ehemalige Insel umschließenden Weges mit Anschluss an Bastion 2. sowie an ein saniertes Maschinenhaus (auch abhängig von zukünftiger Nutzung des Maschinenhauses, s. o. Ulmenhof und Pavillonplatz). Wegeverlauf und Belagsart sowie Treppen abhängig von Baumbestand und Steigungen, zum Beispiel (zunächst) als extensive Mulch- oder Rasenwege, vorhandener Baumbestand sollte dabei wegbegleitend sein (s. auch Foto FP-A119).
- Wiederherstellung des nördlichen Hangweges der 1920er Jahre (abhängig von zukünftiger Entwicklung der nördlichen Parkbereiche) zur Verhinderung von wilden Wegen am Hang auf Grund schlechter Anbindung des nördlichen Parkteils, zum Beispiel (zunächst) als extensive Mulchwege.
- Anlage von flacher Gehölzrahmung mit Durchlässen und/oder Staudenflächen beziehungsweise Pflanzthemen an der Nordseite der Waldwiese in Anlehnung an den Zustand der 1920er Jahre (z. B. Dichternarzissenwiese, Schlüsselblumenwiese), angepasst an heutige Nutzung.
- Erhalt von Linden (möglicherweise Reste der ehemaligen formalen Baumrahmung) an der oberen Kante des nördlichen Waldwiesenhangs (z. B. Baum-Nr. 510, 514, R1003, Lindenstubben).
Auszug aus dem Parkpflegewerk (Werner 2021, S. 318)
Quellen/Literatur
- P.K. 1896: Theodor Francke, in: Die Mark, Ausgabe 20.09.1896.
- PSR - Planergemeinschaft für Stadt und Raum eG 2018: Vorbereitende Untersuchung gemäß § 141 BauGB für das Untersuchungsgebiet Rathaus Tempelhof und näheres Umfeld im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Schlussbericht, im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Berlin.
- Werner, Anke 2021: Parkpflegewerk Lehnepark, Alter Park, Franckepark in Berlin-Tempelhof, unveröff. Gutachten, Landschaftsarchitektur Werner, Berlin, im Auftrag des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin, Straßen- und Grünflächenamt in Zusammenarbeit mit dem LDA Berlin, Gartendenkmalpflege, Berlin.
- Themen Newsletter Historische Parks und Gärten bestellen
- Themen Newsletter Stadtentwicklung bestellen
- Themen Newsletter Parks und Gärten bestellen
- Themen Newsletter Stadtgrün bestellen
- Themen Newsletter Stadtparks bestellen
- Themen Newsletter Förderprogramme bestellen
- Themen Newsletter Grünzüge bestellen
- Themen Newsletter Parkpflege bestellen