Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers

Wenn der Waldrandbaum auf eine bewirtschaftete Wiese stürzt

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Verkehrsicherungspflicht Verkehrssicherheit
Im Mai 2015 stürzte von der benachbarten Waldparzelle ein Kirschbaum um und beschädigte den Zaun des Klägers, der ein Wildgehege schützte. Foto: WoGi, fotolia.com

Dem Hinweisbeschluss des OLG Köln vom 30.06.2017 - 7 U 72/17 -, der zur Berufungsrücknahme führte und zur Rechtskraft des Urteils des LG Aachen vom 25.04.2017 - 12 O 381/16 -, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Pächter eines in einem Waldgebiet gelegenen Grundstückes, das seit Jahrzehnten landwirtschaftlich genutzt wird. Er betreibt dort auf einer Wiesenfläche ein Wildgehege mit Damwild. Dieses Gehege grenzt zu einer Seite an eine im Eigentum der beklagten Stadt stehende Waldfläche an. Eine Bebauung in der Nachbarschaft des klägerischen Grundstückes existiert nicht.

Im Mai 2015 stürzte von der benachbarten Waldparzelle ein Kirschbaum um und beschädigte den Zaun des Klägers, der das Wildgehege schützte. Außerdem behauptet der Kläger, infolge des Zaunschadens sei ihm sein gesamter Damwildbestand, insgesamt 21 Tiere, entlaufen und habe nicht wieder eingefangen werden können, sodass er zur Erneuerung des Bestandes neue Tiere habe kaufen müssen. Nach Auffassung des Klägers war Umsturzursache, dass es sich um einen abgestorbenen Baum gehandelt habe, was im Rahmen einer vorzunehmenden Sichtkontrolle bereits seit langem äußerlich erkennbar gewesen wäre, woraus entsprechender Handlungsbedarf resultiert habe. Nach Auffassung der Beklagten bestand für diesen Baum keine Baumkontrollpflicht aufgrund seiner Lage in einer mit Bäumen bestandenen Waldfläche, in deren Nähe sich weder ein Waldweg, noch eine Straße befinde.

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Verkehrsicherungspflicht Verkehrssicherheit
Von besonderem Interesse an dieser Entscheidung ist, dass eine Haftung für waldtypische Gefahren nicht nur gegenüber Waldbesuchern, sondern auch gegenüber Besitzern angrenzender Flächen, die am waldtypischen Verkehr auf eigene Gefahr teilnehmen, abgelehnt wird. Foto: Fotolyse, fotolia.com

Das LG Aachen hat durch Urteil vom 25.04.2017 - 12 O 381/16 - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht sich maßgeblich auf die Grundsatzentscheidung des BGH vom 02.10.2012 - VI ZR 311/11 - berufen. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass nach Auffassung des Landgerichtes im Hinblick auf waldtypische Gefahren nicht nur keine Baumkontrollpflicht besteht, sondern weitergehend auch keine Gefahrenbeseitigungspflicht bei erkannter oder bekannter Gefahr. Dies gelte nicht nur in Bezug auf Waldbesucher, sondern auch in Bezug auf Besitzer angrenzender Flächen. Auch für Besitzer angrenzender Waldgrundstücke erfolge die Teilnahme am waldtypischen Verkehr auf eigene Gefahr.

Als Waldbesitzer habe der Kläger sich und sein Eigentum bewusst den typischen Gefahren des Waldes ausgesetzt. Durch den umgefallenen Baum habe sich eine solche waldtypische Gefahr realisiert. (S. 5 Urteilsumdruck) Abschließend verneint das Landgericht auch einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch des Klägers aus § 906 BGB analog. Begründet wird dies maßgeblich damit, dass der Kläger gegen die Beklagte vorrangig einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB zur Abwehr der Beeinträchtigung durch den Baum hätte geltend machen können und müssen. Die von dem Baum offenkundig ausgehende Gefahr sei für den Kläger bereits nach seinem eigenen Sachvortrag ohne weiteres erkennbar gewesen. (S. 6 Urteilsumdruck)

In dem vor dem OLG Köln durchgeführten Berufungsverfahren hat das Gericht im Hinweisbeschluss vom 30.06.2017 - 7 U 72/17 - dem Kläger mitgeteilt, dass der Senat beabsichtige, die Berufung mangels Erfolgsaussicht durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen und die Rücknahme der Berufung angeregt. Ergänzend zu der landgerichtlichen Urteilsbegründung, der sich das OLG Köln in vollem Umfang angeschlossen hat, hat das OLG darauf hingewiesen, dass auch keine zusätzlichen Verkehrssicherungspflichten des Waldbesitzers daraus erwachsen, dass die Beklagte zur Bewirtschaftung ihrer Waldflächen - wie von dem Kläger in der Berufungsbegründung erstmals behauptet - einen Förster angestellt hat.

Auch die Ablehnung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs durch das Landgericht hat das OLG als Konsequenz aus der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 17.09.2004 - V ZR 230/03 -) gebilligt. Aufgrund dieses Hinweisbeschlusses wurde die Berufung zurückgenommen und das Urteil des LG Aachen rechtskräftig.

Von besonderem Interesse an dieser Entscheidung ist, dass eine Haftung für waldtypische Gefahren (wie vorliegend Baumumsturz) nicht nur gegenüber Waldbesuchern, sondern auch gegenüber Besitzern angrenzender Flächen, die am waldtypischen Verkehr auf eigene Gefahr teilnehmen, abgelehnt wird. Eine Weiterentwicklung des Grundsatzurteils des BGH vom 02.10.2012 - VI ZR 311/11 - liegt auch darin, dass nach Auffassung des OLG Köln im Hinblick auf waldtypische Gefahren nicht nur keine Baumkontrollpflicht besteht, sondern selbst bei erkannter oder bekannter Gefahr keine Gefahrenbeseitigungspflicht.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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