Von der Wiener Internationalen Gartenschau 1964 zum Donaupark

50 Jahre Wiener Internationale Gartenschau

von:
Historische Parks und Gärten
Plan des Ausstellungsgeländes. Fotos und Abbildungen, soweit nichts anderes angegeben, Christian Hlavac

Wer heute durch den großen Donaupark im Norden Wiens spaziert, wird an einigen wenigen Stellen an die erste international ausgerichtete Gartenschau in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert. Dieser Park ist - im Vorhinein geplant - der im positiven Sinne verstandene Rest der "Wiener Internationalen Gartenschau 1964" - im Wiener Sprachgebrauch bald kurz "WIG 64" genannt. Die Gartenschau, ausgerichtet vom Wiener Stadtgartenamt gemeinsam mit dem Bundesverband der Erwerbsgärtner Österreichs, sollte dem In- und Ausland den Stand und die Leistungen des österreichischen Gartenbaus präsentieren. Finanziert wurde die Großveranstaltung vor allem von der Stadt Wien, die die Organisation der bereits bestehenden stadteigenen "Wiener Stadthalle-Stadion-Betriebs- und Produktionsgesellschaft" übertrug.

Der damalige Wiener Stadtbaudirektor, Rudolf Koller, brachte 1963 in der Österreichischen Ingenieur-Zeitschrift die stadtplanerische Zielrichtung der Ausstellung auf den Punkt: "Wenn Wien im Jahre 1964 die Reihe internationaler Gartenbauausstellungen nun auch zum ersten Mal in Österreich fortsetzt, werden damit zugleich jene Aufgaben gelöst, deren besondere Bedeutung für unsere Heimatstadt zu Beginn dieser Ausführungen unterstrichen wurde: durch den Donaupark ein städtebaulich äußerst wertvolles Gebiet zu sanieren und das notwendige Bindeglied zwischen den Bewohnern von Wien diesseits und jenseits der Donau zu schaffen, das dem Charakter der Stadt Wien als Stadt im Grünen würdig ist." Der aus der WIG 64 entstehende Donaupark, unmittelbar am linken Donauufer teils auf dem fast 500 Meter breiten, "anspruchslosen Niemandsland des Überschwemmungsgebietes" der Donau und teils auf einer Mülldeponie gelegen, sollte "Wien an den Donaustrom bringen" und "Bindeglied zwischen den dicht verbauten Stadtteilen und dem Bauerwartungsland jenseits der Donau" werden.

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Blick von der Seilbahn auf den Lesegarten im Ausstellungsjahr. Foto: Österreichische Gartenbau-Gesellschaft
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Das Gelände der Sommerblumenschau im Ausstellungsjahr. Foto: Österreichische Gartenbau-Gesellschaft

Die Gartenzeitung von Anton Eipeldauer stieß 1963 in das gleiche Horn: "Durch den ,Donaupark' wird die österreichische Bundeshauptstadt erst richtig an den Donaustrom gerückt." Demensprechend hieß es im "WIG-Handbuch für den Gärtner": "Nur vier Kilometer nordöstlich vom Zentrum der österreichischen Bundeshauptstadt Wien - dem Stephansplatz - liegt das Gelände der Wiener Internationalen Gartenschau 1964. Diese Ausstellung ist also nicht weiter vom Stadtzentrum entfernt als etwa der Westbahnhof oder die Wiener Stadthalle."

Mit der Ausrichtung der WIG 64 sollte einerseits eine repräsentative Schau österreichischer Gartenbaukultur und Gartenarchitektur gezeigt werden, andererseits wollte die Stadt mit dem Donaupark ein neues Erholungsgebiet für die nördlichen Bezirke Wiens schaffen. Ein weiteres Ziel war die Sanierung des städtebaulich und ökologisch belasteten Geländes, das eine nach dem Ersten Weltkrieg entstandene, nicht genehmigte Siedlung (das sogenannte "Bretteldorf"), eine Mülldeponie (mit rund fünf Millionen Kubikmeter beziehungsweise 15 Millionen Tonnen Haushaltsabfällen) und den alten Floridsdorfer Militärschießplatz umfasste. In einem an frühere politische Verhältnisse erinnernden Duktus wurde im "WIG-Handbuch für den Gärtner" - von der wilden Siedlung samt "alter und verwahrloster Schießstätte" geschrieben; sie sei "alles zusammen ein Tummelplatz für allerlei Volk, eine Brutstätte für Ratten und anderes Ungeziefer" gewesen. "Diese Wunde im Fleisch der Weltstadt Wien schmerzte Verantwortliche und Bürger gleichermaßen."

Zwischen dem aufgelassenen Exerzier- und Militärschießplatz und dem Überschwemmungsgebiet der Donau wurde in relativ kurzer Zeit eine Parklandschaft von knapp 100 Hektar geschaffen, welche die typische Formensprache der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts spricht.

Wie auch heute noch sind nationale oder internationale Gartenschauen ein Mittel der Kommunalpolitik, um städtebaulich notwendige, aber sehr aufwendige Grünflächenprojekte sowohl finanziell als auch politisch umsetzen zu können. Charakteristisch für solche Gartenschauen waren (und sind) zahlreiche Sonder- und Nationengärten, wobei manche Sondergärten der WIG 64 in vereinfachter Form noch heute existieren. Entstanden ist im Zuge der WIG 64 eine zu rund 60 Prozent auf einer 10 bis 15 Meter mächtigen Müllschüttung errichtete Parklandschaft, bei der man natürliche Vegetation vor Ort (vor allem den alten Pappelbestand der ehemals dort vorhandenen Au) mit künstlichen Gartenbereichen verknüpfte.

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Ein Weltraumspielgerät im Donaupark 1969. Familienarchiv Hlavac
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Werbeklebemarke von der WIG 64. Sammlung Hlavac
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Postkarte von der WIG 64. Sammlung Hlavac

In der dritten Dimension wird der Donaupark vom 252 Meter hohen Donauturm geprägt, der inzwischen neben dem Stephansdom und dem Riesenrad zu einem Wiener Wahrzeichen geworden ist. Von seiner in 150 Meter Höhe liegenden Aussichtsterrasse und dem Restaurant, das sich langsam um die Turmachse dreht, haben die Besucherinnen und Besucher einen weiten Blick auf Wien und das Wiener Umland. Der Donauturm sollte, wie in der Urkunde anlässlich der Grundsteinlegung 1962 bezeugt, den "Besuchern Wien in einer neuen Perspektive" zeigen, die Leistungen der Betonbau- und Ingenieurkunst darstellen und einen starken optischen Akzent setzen.

Die Planungsphase

Der Beschluss des Wiener Gemeinderates, im Jahre 1964 auf dem zukünftigen Donauparkgelände eine internationale Gartenschau durchzuführen, fiel - aus heutiger Sicht mit einer extrem kurzen Planungsdauer - im Februar 1961. Anfang März 1961 schrieb die Stadt einen Ideenwettbewerb aus. Die Jury, der als ausländische Fachjuroren Stadtgartendirektor Breman aus Amsterdam, Gartenbaudirektor Konrad Glocker aus Dortmund und Gartenarchitekt Johannes Schweizer aus Basel angehörten, gab bereits nach einer sehr kurzen Einreichphase Ende April eine Beurteilung der eingelangten Arbeiten ab: Von den eingereichten 17 Projekten wurde keines mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Sie vergab stattdessen zwei Preise: an die Gartenarchitekten Gottfried Hansjakob (Salzburg) und Karl Paul Filipsky (Wien). Reine Architekten waren schon im Vorfeld vom Wettbewerb ausgeschlossen worden. Bei der Verlautbarung des Wettbewerbsergebnisses teilte man gleichzeitig mit, dass unter Berücksichtigung der prämierten Projekte vom Stadtgartenamt und seinem Leiter Alfred Auer ein Ausführungsprojekt ausgearbeitet werde. Der Ausführungsplan wurde letztlich in Distrikte aufgeteilt und mehreren Gartenplanern übertragen. Das "Bureau Internationale des Expositions" (B.I.E.) in Paris erkannte erst im November 1962 die geplante WIG 64 als internationale Ausstellung an und verlieh ihr somit den oft genannten Status einer "Weltausstellung des Gartenbaus" oder einer "Olympiade der Gärtner".

Was wurde geboten?

Die WIG 64, an der sich 29 Nationen beteiligten, hatte ihre Tore vom 16. 4. bis 11. 10. 1964 geöffnet. Zur Erschließung des weitläufigen Geländes wurden eigene Verkehrsträger eingesetzt: zum einen eine Schmalspur-Liliputbahn mit 3,5 Kilometer Streckenlänge, die noch heute in Betrieb ist. Zum anderen der horizontale Sessellift mit dreieckiger Grundrissform, mit dem man die Gartenschau von oben überblicken konnte. Der 2,2 Kilometer lange Lift mit 229 Doppelsesseln wurde Anfang der 1970er-Jahre abgetragen. 25 "Rikschas" (Dreiräder mit Zweitaktmotor) ergänzten das Mobilitätsangebot. Verkehrstechnisch angebunden war das Ausstellungsgelände durch eine neu errichtete Schnellstraße am die Donau begleitenden Hubertsdamm, eine eigene Schnellbahnstation sowie vier gebührenpflichtige Parkplätze für 7000 PKW und 120 Autobusse.

Die Gartenschau wurde als weitläufiger Park mit zahlreichen Hallen, Pavillons, Themengärten, Sondergärten und Nationengärten, mit Gaststätten und diversen Vergnügungseinrichtungen gestaltet. An einem künstlichen See, dem 30.000 Quadratmeter großen "Irissee", lagen die Seebühne mit der 3000 Zuschauer fassenden Tribüne, das Seerestaurant und ein Café. Die größte zusammenhängende Rasenfläche von 18 Hektar Größe liegt noch heute direkt südwestlich des Donauturms. Wie diese zu ihrem späteren Namen "Papstwiese" kam, ist leicht erklärt: Im Zuge des Österreich-Besuches von Papst Johannes Paul II. wurde für eine Open Air-Messe eine Fläche in Wien gesucht, die die rund 300.000 Besucher dieser Messe am 11. 9. 1983 aufnehmen konnte.

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Der wiederhergestellte und adaptierte Rosengarten. Foto: Christian Hlavac, Oktober 2013
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Inserat der Firma Ruthner 1964. Sammlung Hlavac

Den Besucherinnen und Besuchern wurde bei der WIG 64 unter anderem geboten:

  • der Rosengarten,
  • eine Frühlings- und Sommerblumenschau,
  • der Staudengarten,
  • der Heidegarten mit Wetterstation,
  • der Azaleen- und Rhododendrongarten,
  • der Dahliengarten
  • der Paracelsusgarten (Heil- und Gewürzkräutergarten),
  • ein Lesegarten mit Bücherpavillon und Milchbar,
  • ein Ausstellungskino,
  • ein Baumschulgarten als "Leistungsschau Österreichischer Baumschulen",
  • eine Kleingartenmusterschau mit 36 Kleingärten und ein Schau von Fertigteilhäusern,
  • der Kinderspielplatz "Sparefroh" samt Kindergarten und der "Robinson-Spielgarten"
  • sowie eine Friedhofsmusterschau.

In Summe wurden 1,2 Millionen Stück Blumenzwiebeln (Tulpen, Hyazinthen und Narzissen), mehr als 1,5 Millionen Stauden, 200.000 Rosen, 500.000 Sträucher, 30.000 Laub- und 40.000 Nadelbäume sowie 1,5 km Thujenhecken gepflanzt.

An den "Gärten der Nationen" - die Gesamtplanung lag beim österreichischen Gartenarchitekten Karl Schmidhammer - beteiligten sich zwölf Länder aus der ganzen Welt. Zu erwähnen sind der brasilianische Garten von Roberto Burle Marx - der schon auf der IGA 1963 in Hamburg einen "brasilianischen Wohngarten" präsentierte -, der deutsche Garten vom Nürnberger Gartenarchitekten Hermann Thiele, der schwedische von Edvard Jacobson, der Schweizer vom Zürcher Gartenarchitekten Willi Neukom sowie der französische Garten vom Gartenarchitekten Augustin Bonnet. Im Zentrum der Nationengärten befand sich der "Platz der Nationen", auf dem eine Plan- und Photomontagenschau mit Arbeiten von Gartengestaltern eingerichtet wurde. In der Nähe lag der so genannte "Mondgarten", ein Phantasiegarten, gemeinsam gestaltet vom Wiener Stadtgartenamt und der Hochschule für Bodenkultur Wien.

Aufgrund der geographischen Lage Wiens gab es scheinbar erstmals auf einer deutschsprachigen Internationalen Gartenschau einen Alpengarten (auch Alpenpflanzenschau genannt): Auf einer Fläche von 1700 Quadratmetern hatte man den Abhang terrassenmäßig gegliedert und die in verschiedenen Höhen liegenden Kieswege durch Holzstufen miteinander verbunden. Die einzelnen Terrassen waren durch kleine Mauern abgestützt. Auf den Terrassen standen Eternitkästchen, mit blühenden Alpenpflanzen besetzt. War eine Pflanzenart abgeblüht, wurde die Kiste gegen eine neue ausgetauscht. Die Reste dieses vom österreichischen Gartenarchitekten Karl Paul Filipsky entworfenen Alpengartens wurden leider im Zuge der Wiederherstellung des Bereiches um den Rosengarten 2012/2013 komplett entfernt.

Bereits Monate vor Eröffnung wurde in den österreichischen (Fach-)Medien eine "Weltsensation" und "Revolution im Pflanzenbau" angekündigt: Das Turmgewächshaus des österreichischen Ingenieurs Othmar Ruthner. Das 42 Meter hohe Rundgebäude am WIG-Gelände hatte seit Mai beziehungsweise Oktober 1963 im niederösterreichischen Langenlois zwei Vorgänger: einen 10 Meter und einen 20 Meter hohen Turm. Die 1000 Quadratmeter Nutzfläche des WIG-Turmes diente der Produktion von Jungpflanzen, Blumen und Gemüse. Auf einem sich ständig im Umlauf befindlichen Paternoster hingen auf 282 Hängevorrichtungen 35.000 Blumentöpfe. An der tiefsten Stelle befand sich eine Tauchwanne, mit Wasser und Nährlösung gefüllt. Noch 1964 hatte es geheißen, die österreichische Erfindung solle unter anderem nach Berlin und Kuwait exportiert werden. Jedenfalls wurde das Turmgewächshaus nach der WIG 64 abgetragen. Die Erfindung setzte sich langfristig weder im In- noch Ausland durch, obwohl die Firma Ruthner noch auf der Wiener Internationalen Gartenschau 1974 in Oberlaa ein ähnliches Turmgewächshaus präsentierte.

Ein anonymer Autor in "Eipeldauers Gartenzeitung" schwärmte bereits im September 1963 gemäß der damaligen Technikeuphorie unter dem Titel "Macht euch die Erde untertan!" von der österreichischen Erfindung: "Ein Wiener Ingenieur […] hatte einen genialen Einfall, der den Gartenbau und vielleicht sogar die Landwirtschaft revolutionieren wird. […] Die Erfindung ist das Turmglashaus, welches wohl als die sensationellste Neuheit auf dem Gebiet der Gartenbautechnik bei der ,WIG 64' im Wiener Donaupark zu sehen sein wird. […] Damit wird die traditionell zweidimensionale Anbaufläche verlassen und der dreidimensionale Raum zur Pflanzenproduktion verwendet." Mit dieser Erfindung ist "auch der bäuerliche Mensch nunmehr in der Lage, sich die Erde untertan zu machen, er ist nicht mehr absolut den Naturelementen ausgeliefert, wo immer er diese neue Methode anwenden kann". Der Autor sah das Turmglashaus als großen "Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt". In der gleichen Zeitschrift hieß es im April 1964: "Eine wahre technische Sensation: Der Gärtner muss nicht mehr zu den Pflanzen hingehen, sondern die Pflanzen kommen nach einem wohldurchdachten Fließbandsystem in fortlaufender Auf- und Abwärtsbewegung zum Gärtner."

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Ein Teil der heutigen Rand-bebauung des Donauparks. Foto: Christian Hlavac Juli 2012
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Wassertreppe. Seit 2013 wieder in Betrieb. Foto: Christian Hlavac Oktober 2013
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Noch heute in Betrieb: die Liliputeisenbahn. Foto: Christian Hlavac Juli 2012

Die Skulpturenschau, die vom Kulturamt der Stadt Wien auf dem WIG-Gelände veranstaltet wurde und für das Ausstellungsjahr die alljährliche "Grüne Galerie" im Wiener Stadtpark ersetzte, umfasste 18 Bildhauerarbeiten. Zweck der Schau war, das Publikum "möglichst unmittelbar mit den Bestrebungen der zeitgenössischen Kunst zu konfrontieren".

Mit der 6000 Quadratmeter großen Haupthalle, den vier kleinen Pavillons für Sonderschauen und fünf Zelthallen bot sich eine Ausstellungsfläche von rund 12.000 Quadratmetern. In der großen Halle waren unter anderem an Ausstellungen zu sehen: Narzissenschau, Technik in Haus und Garten, "Schnittblumen-Frühobst-Gemüse", Blumen werben für dich, Schnittrosenschau, Kleintiere in Haus und Garten und Internationale Herbstschau "Blumen-Obst-Gemüse-Wein". In den Pavillons und Zelten gab es beispielsweise folgende Sonderschauen: Die Blume und die Briefmarke, Blumenbinderkunst, Sommerreiseland Österreich, Pflanzenschutz amtlich, "Farben-Blumen-Baumwolle", Gärtnerische Berufsausbildung, Von der Frucht zum Getränk, Das ideale Büro, Schnittgladiolenschau, Frischobst und Verwertung, Willkommen im Winterreise Land Österreich und Bienenzucht in Österreich. Im Freigelände wurde eine zusätzliche Industrieschau aufgebaut.

Kontext zu deutschsprachigen Gartenschauen

Inwieweit setzte Wien mit der WIG 64 neue Maßstäbe? Kann man sie als innovativ bezeichnen? Nimmt man die einzelnen Bereiche (Gärten und Infrastruktur) näher unter die Lupe, zeigt sich der konventionelle Einsatz von Elementen, die bereits zahlreiche deutsche Gartenschauen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges prägten: Schwebebahnen in Form von Sesselbahnen gab es bereits bei der Deutschen Gartenschau 1950 in Stuttgart, der BUGA 1951 in Stuttgart-Killesberg, auf dem Gelände der ersten deutschen Bundesgartenschau 1955 in Kassel sowie bei der Bundesgartenschau Dortmund 1959 (Westfalenpark) und der Deutsch-französischen Gartenschau 1960 in Saarbrücken. Auf der BUGA 1957 in Köln (Rheinpark) und bei der IGA 1963 in Hamburg baute man hingegen eine Kabinenseilbahn. Eine Kleineisenbahn (Ausstellungsbahn) wurde unter anderem bei den Bundesgartenschauen 1951, 1955, 1957 und 1959 sowie in Saarbücken 1960 und in Hamburg bei der IGA 1963 als zusätzliches Transportmittel und als "Sehhilfe" eingesetzt. Auch der Donauturm als Aussichtspunkt und Merkpunkt in der Landschaft hatte seinen Vorgänger: Bei der Bundesgartenschau 1959 in Dortmund lag ebenfalls das Gartenschaugelände direkt unter einem Aussichts- und Fernmeldeturm.

Auch für einzelne Gärten der WIG 64 lassen sich Vorbilder finden: Einen Lesegarten mit Bibliothek finden wir zum Beispiel auf der IGA 1953 (Hamburg), der BUGA 1961 (Stuttgart) und bei der iga 1961 in Erfurt. Auch die Friedhofsmusterschau hatte Vorbilder: Bereits 1950 gab es auf der Ausstellung "Erfurt blüht" eine solche zu besichtigen. Eine Ausstellung von Plastiken in einem Gartenschaugelände lässt sich unter anderem bei der BUGA 1951 in Hannover sowie auf den beiden Internationalen Gartenschauen 1953 und 1963 in Hamburg nachweisen.

Eine Gemeinsamkeit vieler großer Gartenschauen in Deutschland fehlt der WIG 64: Das Gartenschaugelände wurde - im Gegensatz zur BUGA 1951 oder BUGA 1957 - nicht auf Trümmerschuttflächen errichtet, die aufgrund des Zweiten Weltkrieges in vielen Städten entstanden. Nicht zuletzt hielt man die Wiener Gartenschau nicht in einem bestehenden Park ab, sondern nutzte ein städtebaulich problematisches Gelände.

Einen Rekord konnte die Stadt Wien mit der WIG jedenfalls vermelden: Sie war von der Fläche her die bis dahin größte Gartenschau Europas.

Die Bilanz

2,25 Millionen Besucher konnten die Organisatoren nach Schließung der WIG64 verbuchen. Als man 1961 die Planung in Angriff nahm, rechneten Optimisten mit drei bis fünf Millionen Menschen. Im Gegensatz dazu stiegen die projektierten und genehmigten Ausgaben stetig an. 1959 schätzten Fachleute die Gesamtkosten auf 171 Millionen Schilling. Veranschlagt wurden vom Wiener Gemeinderat zuerst 115, dann 131 Millionen Schilling; bereits im Jänner 1964 musste eine Kostenüberschreitung von 43 Prozent auf 187 Millionen bewilligt werden. Bei der heftigen Debatte im Gemeinderat betonte der zuständige Baustadtrat Kurt Heller, dass der Donaupark primär als Erholungspark für die Bewohner des Wiener Bezirkes Floridsdorf und erst sekundär für die Abhaltung der WIG 64 geplant werde. Die Tageszeitung "Die Presse" monierte: Die Baukosten seien künstlich niedrig angesetzt worden, um die Zustimmung der Mandatare zu erhalten. Erst mit der Eröffnung des Donauparks 1965 konnte eine endgültige Bilanz der Ausgaben gezogen werden: 187 Millionen Schilling kostete die Gartenschau und 32 Millionen der Umbau zum Donaupark.

Nachnutzung

Nach Ende der Gartenschau wurde das Gelände 1964/1965 in die öffentlich zugängliche Grünanlage "Donaupark" umgewandelt. Wie bei den meisten Gartenschauen verschwanden jedoch auch in Wien bald nach Beendigung der Ausstellung viele Schaugärten. Im Rahmen der Umbauarbeiten wurden die "Gärten der Nationen" in eine große Rasenanlage verwandelt, deren Betreten erlaubt war. Um diese große Lagerwiese anlegen zu können, entfernte man zahlreiche Betonmauern, Fundamente, Wasserbecken und ähnliche Einrichtungen der "Gärten der Nationen". Heute erinnert nur mehr der "Platz der Nationen" an diese. Der ehemalige Deutsche Pavillon, nach der WIG 64 zu einer Vogelvoliere umgebaut, wurde 2009 abgerissen. Am Areal der Industriesonderschau entstand 1973 bis 1979 die Wiener UNO-City. Im Jahr 1967 errichtete man in zwei ehemaligen Ausstellungshallen das neue Wasserbaulaboratorium der Technischen Hochschule für Strömungsversuche. Die große Ausstellungshalle diente lange Zeit als Kunsteisbahn. Heute ist das gesamte Gelände der einstigen Hallen und Pavillons mit den Hochhäusern der "Donau-City" verbaut.

Die Kleingartenmustersiedlung verpachtete die Stadt an einen Kleingartenverein, die Zelthallen wurden abgetragen. Einige Gärten, wie der Heidegarten und Paracelsusgarten, sind in ihrer Grundstruktur noch heute erhalten.

Wien sollte noch einmal eine Internationale Gartenschau sehen: Die "Wiener Internationale Gartenschau 1974" in Oberlaa im Süden Wiens wurde wie bei der WIG 64 mit der Schaffung einer Großgrünanlage - dem Kurpark von Oberlaa - verbunden. Aus der nachfolgenden Idee, eine dritte Gartenschau - räumlich an den Donaupark anschließend - durchzuführen, wurde jedoch nichts.


Literatur

Allinger, Gustav (1963): Das Hohelied von Gartenkunst und Gartenbau. 150 Jahre Gartenbau-Ausstellungen in Deutschland. Verlag Paul Parey Berlin/Hamburg.

Auer, Alfred (Hrsg.) (1975): Wien - Stadt im Grünen. Verlag Jugend und Volk Wien.

Ausstellungsleitung der Wiener Internationalen Gartenschau 1964 (1964): WIG 64. Für den Garten- und Pflanzenfreund. Eigenverlag Wien.

Eipeldauers Gartenzeitung, Jahrgänge 1963 und 1964.

Hlavac, Christian (2011): Wiener Gärten und Parks. Archivbilder. Sutton Verlag Erfurt.

Kaut, Hubert (1964): Wiener Gärten. Vier Jahrhunderte Wiener Gartenkunst. Bergland Verlag Wien.

Redaktion der Fachzeitschrift "Die Gartenbauwirtschaft" (1964): WIG-Handbuch für den Gärtner. Österreichischer Agrarverlag Wien.

Rohlfs, Gustav und Anna Rohlfs-von Wittich (1967): Die schönsten Gärten Deutschlands. Ulmer Verlag Stuttgart.

Tageszeitungen "Die Presse", "Arbeiter Zeitung", "Wiener Zeitung", "Kurier", "Kronen Zeitung", "Neues Österreich" und "Volksblatt", Jahrgang 1964, teils auch Jahrgang 1967.

Vagt, Kristina (2013): Politik durch die Blume. Gartenbauausstellungen in Hamburg und Erfurt im Kalten Krieg (1950-1974). Dölling und Galitz Verlag München/Hamburg.

Wiener Rathaus-Korrespondenz, Jahrgänge 1963 und 1964.

Zeitschrift "Das Gartenamt", Jahrgang 1964. Berlin. Patzer Verlag.

Zeitschrift "Garten und Landschaft", Jahrgänge 1963 und 1964. Callwey Verlag.

Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines, Jahrgänge 1963 und 1964.
Dr.- Ing. Christian Hlavac
Autor

Gartenhistoriker und Gartentouristiker am Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus, Wien

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