Anschub für neue städtebauliche und freiraumplanerische Ziele

Landesgartenschau Apolda - Herressener Promenade

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Landesgartenschauen und Grünprojekte
Das renaturierte Ufer am Lohteich 2016. Foto: Marcel Adam

Dieses Jahr wird die Stadt Apolda die nunmehr vierte Landesgartenschau in Thüringen ausrichten. Die Industriestadt mit etwa 24.000 Einwohnern gilt als Mittelzentrum in Thüringen mit einer traditionsreichen wirtschaftlichen Vergangenheit. Gegenwärtig befindet sie sich, wie so viele ehemalige Produktionsstandorte in Deutschland, in einem Strukturwandel. Mit der Wiedervereinigung und dem Übergang in ein neues Wirtschaftssystem kam die ehemals wichtige und profilbildende Textilindustrie nahezu vollständig zum Erliegen. Tausende Arbeitsplätze wurden nach und nach abgebaut und zahlreiche der innerstädtischen Gewerbeflächen, die lange durch kleine und mittelständische Manufakturbetriebe belebt wurden, stehen heute leer.

Die Ausrichtung der Landesgartenschau soll einen wichtigen Anschub für die Entwicklung städtebaulicher und freiraumplanerischer Ziele geben, sie soll zur nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Situation einen entscheidenden Beitrag leisten. Angestrebt wird eine Vernetzung von Stadt, Landschaft und Wirtschaft zur ganzheitlichen Steigerung der Lebensqualität.

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Landesgartenschauen und Grünprojekte
Der Lohteich vor Beginn der Bauarbeiten 2013. Foto: Marcel Adam

Aufgrund dieser städtebaulichen und grünordnungsplanerischen Ziele der speziellen standortspezifischen Gegebenheiten innerhalb der Stadt mit ihren Kulturdenkmälern, Industriebrachen sowie vorhandenen Erschließungsflächen, hat sich die Stadt Apolda für zwei Kernzonen entschieden. Die Bereiche werden durch die historische Altstadt miteinander verbunden. Das erste Entwurfsgebiet befindet sich in der Innenstadt in der Bahnhofstraße und ist durch das gewachsene historische Stadtbild geprägt. Die Neuplanung in dieser ersten Kernzone soll zur Verbesserung der Wohnqualität im Zentrum beitragen, indem hier neue öffentliche Grünflächen in ein kulturelles Umfeld eingebettet wurden. Das zweite Entwurfsgebiet ist der historische Bürgerpark an der Herressener Promenade mit seinen zwei Wasserflächen Loh- und Friedensteich. Der Park ist gleichermaßen Erholungs- und Freizeitfläche, Lebensraum für die heimische Fauna sowie stadthistorisches Denkmal.

Der Park an der Promenade wurde im späten 19. Jahrhundert vom Apoldaer Verschönerungsverein angelegt und sollte der Erholung der Stadtbevölkerung dienen. Zunächst wurden die Ufer des nahe gelegenen Herressener Bachs befestigt und eine erste Allee gepflanzt. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Anlage erweitert und durch den Ankauf des sogenannten Lohstückes entscheidend vergrößert. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Gelände gärtnerisch umgestaltet und bekam mit dem Lohteich seine erste Wasserfläche, die bis heute das Kernstück des Parks darstellt.

Nach dem ersten Weltkrieg erfuhr der Park eine weitere Vergrößerung durch die Verbindung mit dem südlich angrenzenden Friedenspark und dem bereits vorhandenen Friedensteich. Die südliche Fläche wird seit den 1920er-Jahren als Veranstaltungsgelände genutzt und wurde in der Zeit des Nationalsozialismus in einen Aufmarschplatz mit dazugehöriger Tribüne umgebaut. Trotz aller erfolgten Veränderungen ist die grundlegende Struktur des Parks erhalten geblieben. Aufgrund dieser Entwicklung ist die Herressener Promenade ein wesentliches Zeugnis thüringischer Gartenkunst der Jahrhundertwende. Mit der Wahl der zwei unterschiedlichen Kernzonen wurden somit die wichtigsten Schwerpunkte der stadtplanerischen und denkmalpflegerischen Ziele bearbeitet.

Entwurf Kernzone II

Das Durchführungskonzept der Landesgartenschau mit den temporären Ausstellungen wurde durch die Fördergesellschaft Landesgartenschauen Hessen und Thüringen mbH erarbeitet und realisiert. Um eine nachhaltige Nutzung der Anlage nach der Gartenschau zu gewährleisten, stellten wir uns die Aufgabe, die vorhandene historische Parkanlage aufzuwerten. Der ursprüngliche Charakter der Anlage wurde im Entwurf herausgearbeitet und durch die Betonung der markanten Allee als Rückgrat der Anlage geschärft. Durch geschlossene Baumreihen und eine großzügigere Wegebreite wird der Promenade eine stärke Bedeutung beigemessen. Weitere behutsame Ergänzungen des historischen Parks sind durch eine zeitgemäße Gestaltung erkennbar, die sich von den landschaftlich geschwungenen Wegen und Flächen des historischen Parks durch eine klare Formensprache ablesen lassen. Die Parkanlage hat durch ihre Lage am Rande der Innenstadt eine besondere Struktur.

Landesgartenschauen und Grünprojekte
Entwurfsplan Landesgartenschau Apolda.

Der Übergang von der Stadt zur Landschaft wurde im Entwurf aufgegriffen und verdeutlicht. Der Norden ist der intensivere Teil, mit enger vernetzten Wegeverbindungen, einem neuen Spielbereich und einer neuen akzentuierenden Promenadenkante am Lohteich mit Bootsverleih und Kiosk. Dadurch wird die Promenade an städtebaulicher Bedeutung gewinnen und als Anziehungspunkt für den Park dienen. In Richtung Süden wird der Park immer landschaftlicher. Im Gegensatz zum Lohteich als städtischere der beiden Wasserflächen wird der südlich gelegene Friedensteich als naturnahes Gewässer umgestaltet. Er wird von einer Schilf- und Röhrichtzone umgeben, die neben ihrer atmosphärischen Funktion auch als Lebensraum für Wasservogelarten und andere in der Uferzone heimischen Lebewesen dient. Die Uferlinien des Teiches und des Herressener Bachs werden herausgearbeitet und mit sanften Böschungen natürlicher gestaltet. Um den Friedensteich angemessen in Szene zu setzen, wird eine Passerelle entlang der Uferzone angelegt, die sich in das Wegenetz einfügt. Weite Wiesenflächen südlich des Friedensteiches öffnen sich zur Landschaft und werden durch eine große Rasenskulptur kontrastiert, die als auffällige Landmarke fungiert. Der Park gewinnt sinnvoll nutzbare Fläche und die umliegenden Stadtgebiete werden durch den Park besser mit der Kernstadt verbunden. Zusätzlich wird östlich der Parkanlage ein vorhandenes Stadion durch eine neue Halle mit dazugehörigem Sportfeld ergänzt. Durch die Aufwertung der Herressener Promenade erfahren die Anbindungen an die Stadt neue Bedeutung, drei neue Brücken über den Herressener Bach sowie der Spielbereich "Bachstelzen" intensiviert die Verbindung zwischen dem Freizeit- und Sportbereich und dem aufgewerteten Park.

Umsetzung und Herausforderungen

Grundsätzlich bestand die Aufgabe darin, die Funktion der Herressener Promenade als Bürgerpark zu stärken und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Zunächst wurden Prioritäten auf die Renaturierung der Teiche und die Sanierung der Wege gesetzt. Abgerundet werden sollte der Park durch eine hochwertige Ausstattung. Nach der Bestandsaufnahme musste jedoch festgestellt werden, dass die Rasenflächen im gesamten Park ebenfalls einer aufwändigen Sanierung bedurften. Da das Budget mit 4,5 Millionen Euro nur begrenzten Spielraum ließ, mussten die Prioritäten neu gesetzt werden. Die nachhaltige Sanierung des Parks einschließlich der Rasenflächen wurde so zum neuen Schwerpunkt der Maßnahmen.

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Der neue Spielplatz am Lohteich. Foto: Marcel Adam
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Die fertiggestellten Rasenflächen. Foto: Marcel Adam

Die größte Herausforderung während der Planung stellte der Baugrund dar. Die Parkanlage befindet sich auf etwa sechs Metern nicht tragfähigem Faulschlamm. Dies wurde besonders deutlich, als während der Bauarbeiten ein Baufahrzeug in den Boden einsank. Um dem schlechten Baugrund Herr zu werden, musste der Oberboden im gesamten Park sichergestellt und das anstehende Erdreich aufbereitet werden. Auch für die weiteren Ein- und Aufbauten musste eine besonders aufwändige und kostenintensive Gründung geplant werden. Die Teiche wurden von ihren alten Betoneinfassungen befreit und die Uferbereiche wurden renaturiert und mit Uferstauden bepflanzt.

Der Park zeichnet sich durch einen äußerst heterogenen Baumbestand aus. Es schien nie ein einheitliches Bepflanzungskonzept für die Anlage gegeben zu haben und so reihen sich heute Kastanien, Linden, Birken und Ahorne aneinander. Diese Besonderheit wurde während der Planung aufgegriffen und behutsam ergänzt. Die Rasenskulptur im südlichen Teil des Geländes wurde auf einer bestehenden, überschütteten Tribüne aus der NS-Zeit ausgebildet. Hierfür wurde der vorhandene Hügel durch abgefahrenen Boden aus der Bauphase erweitert und modelliert. Im fertigen Zustand bildet die Skulptur einen hervorragenden Aussichtspunkt über die Stadt und die umliegende Landschaft.

Die vorhandene Ausstattung im Park wurde saniert und wenn nötig ausgetauscht und durch neue Einbauten ergänzt. Die Passerelle und weitere Plattformen in Gewässernähe konnten weitgehend problemlos umgesetzt werden und bieten nun neue Verweil- und Nutzungsmöglichkeiten. Trotz der mitunter widrigen Umstände während der Bauphase konnten sowohl der Zeitplan als auch der finanzielle Rahmen eingehalten werden.

Ausblick

Da die besonderen Herausforderungen während der Bauphase mitunter aufwändige technische Lösungen erforderten, wurde besonderer Wert auf nachhaltige Maßnahmen gelegt, um eine langfristig qualitativ hochwertige Parkanlage zu erhalten. Die intensive Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten und der damit verbundenen Detaillierung gewährleistet einen nachhaltig nutzbaren Park, der die Stadt Apolda bereichern wird. Nicht nur die Innenstadt, sondern auch der südliche Stadtrand erfährt so eine Auffrischung und erhält neue Nutzungsmöglichkeiten für alle Altersgruppen, die die Stadt auf lange Sicht positiv beeinflussen werden.

Der wiederhergestellte ursprüngliche Charakter des historischen Parks mit zeitgemäßen Akzenten unterstützt das Gesamtbild der Stadt und fügt sich in die bestehenden historischen Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt ein. Die verbesserte Aufenthaltsqualität in der Parkanlage mit den ergänzten Anbindungen an Sportflächen und an ein Freibad in der Nähe werden sowohl die Bewohner der Kernstadt als auch der umliegenden Wohn- und Siedlungsgebiete anziehen und so das räumliche Gefüge Apoldas besser verknüpfen. Hinzu kommen die saisonale Nutzung des Bootsverleihs und eines Gastronomiepavillons an der Promenade sowie eine neue Veranstaltungsfläche im östlichen Teil der Anlage, die auch als Parkplatz genutzt werden kann. Die zeitgemäße Aufwertung des Bürgerparks kann dabei helfen, ein neues Identitätsgefühl in der Stadt zu vermitteln und die allgemeine Wohnqualität zu verbessern.

Dipl.-Ing. Marcel Adam
Autor

Marcel Adam Landschaftsarchitekten

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