Feuerwehreinsatz
Kostenpflicht bei abgebrochener Baumkrone
Dem rechtskräftigen klageabweisenden Urteil des VG Frankfurt a. M. vom 04.08.2020 - 5 K 1670/19. F -, juris lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Pächter eines Campingplatzes, auf dem an der Grundstücksgrenze eine etwa 15 Meter hohe Fichte steht.
In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich ein Kinderspielplatz, der über eine an der klägerischen Parzelle vorbeiführende Straße erreichbar ist. Am 14.10.2018 stellte der Kläger fest, dass ein circa 4 Meter langes Baumkronenstück mit einem Stammdurchmesser von circa 25 Zentimetern abgebrochen war und nur noch an einem seitlichen Faserstrang hing. Daraufhin alarmierte er die Feuerwehr der Beklagten, um das abgebrochene Baumkronenstück beseitigen zu lassen. Die Feuerwehrbeamten teilten dem Kläger nach Inaugenscheinnahme des Baumes vor Ort mit, der Gefahrenbereich sei abzusperren und eine Fachfirma mit der Beseitigung des Schadens zu beauftragen. Außerdem wurde er darüber aufgeklärt, dass ein Feuerwehreinsatz zu einer Haftung für die entstehenden Kosten führt. Etwa anderthalb Stunden später rief der Kläger erneut die Feuerwehr an und forderte wiederum die Entfernung der Baumkrone. Zur Begründung führte er an, eine mittlerweile von ihm verständigte Fachfirma könne frühestens Anfang November die Arbeiten vornehmen. Er befürchte einen Personenschaden. Der Kläger wurde erneut über seine Pflicht zur Kostentragung für diese Tätigkeit der Feuerwehr aufgeklärt und unterschrieb nach Aufforderung eine Verpflichtungserklärung nach § 7 der Feuerwehrgebührensatzung der Beklagten. Mit Bescheid vom 22.01.2019 erhob die Beklagte Gebühren für den Feuerwehreinsatz in Höhe von circa 920 Euro. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2019 zurück.
Das VG Frankfurt hat die Klage durch Urteil vom 04.08.2020 - 5 K 1670/19.F -, juris rechtskräftig abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei dem Einsatz der Feuerwehr nicht um einen unentgeltlichen Einsatz im Fall einer Katastrophe infolge von Naturereignissen im Sinne von § 61 Abs. 1 S. 1 HBKG handelt. Nach der Legaldefinition des § 24 HBKG handelt es sich hierbei um ein Ereignis, das Leben, Gesundheit oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung, Tiere, erhebliche Sachwerte oder die natürlichen Lebensgrundlagen in so ungewöhnlichem Maße gefährdet oder beeinträchtigt, dass zur Beseitigung die einheitliche Lenkung aller Katastrophenschutzmaßnahmen sowie der Einsatz von Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes erforderlich sind. Hierfür fehlt es nach Auffassung des Gerichts bereits an der formellen Feststellung des Katastrophenfalles durch die untere Katastrophenschutzbehörde nach § 34 HBKG. Im Übrigen seien auch die materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Baumkrone sei nicht infolge eines Naturereignisses abgebrochen und außerdem sei offensichtlich, dass der Abbruch der Baumkrone nicht der Umschreibung des Katastrophenfalles im Sinne des § 24 HBKG entspreche. Die durch einen möglichen Abbruch der Baumkrone drohende Gefahr betreffe weder die Allgemeinheit oder eine Vielzahl von Personen noch erhebliche Sachwerte. Bei einer Absperrung des Gefahrenbereichs durch den Kläger und aufgrund der vorhandenen Ausweichmöglichkeiten zur Erreichung der Ziele habe eine Gefahr für Campingplatzpächter und Campingplatzbesucher nicht bestanden. Die abgebrochene Baumkrone stelle lediglich einen Unglücksfall dar, bei dem die Feuerwehr Allgemeine Hilfe geleistet hat, die nicht unentgeltlich ist (§ 61 Abs. 3 HBKG). Diese Aufgabe habe primär dem Kläger aufgrund der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht für den Baum auf dem Pachtgrundstück oblegen. Dieser habe als Pächter die tatsächliche Verfügungsgewalt über die auf dem Pachtgrundstück stehenden Bäume. Daher dürfte er kostenerstattungspflichtiger Zustandsstörer im Sinne des § 61 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 HBKG sein. In jedem Fall sei er Kostenschuldner nach § 61 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 HBKG, da die Leistung der Feuerwehr auf sein Verlangen hin erbracht wurde.
Die Entscheidung des VG Frankfurt überzeugt uneingeschränkt. Es ist nicht Aufgabe der Feuerwehr, unentgeltlich Gefahren zu beseitigen, zu deren Beseitigung der originär Pflichtige ohne Weiteres selbst in der Lage ist. In diesem Zusammenhang ist immer auch zunächst an eine Absperrung eines Gefahrenbereichs zu denken, wenn eine umgehende Gefahrenbeseitigung dem Pflichtigen tatsächlich nicht möglich ist.
Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung