Grün bietet Schutz der Dachabdichtung, Kühlung und Biodiversität
Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung
von: Dr. Gunter Mann, M. Sc. Felix MollenhauerDie Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung wird zwar schon seit Jahrzehnten in verschiedenen Varianten praktiziert, dennoch sind sogenannte "Solar-Gründächer" längst noch keine Selbstverständlichkeit. Viele Bauherrschaften, Planende und Ausführende haben noch Vorbehalte gegen eine Kombination oder wissen gar nicht, dass diese möglich ist.
Vor wenigen Jahren war es üblich, die gewonnene Energie nicht privat zu nutzen, sondern aufgrund der staatlichen Subventionierung in das öffentliche Stromnetz zu speisen. Da jede kW-Leistung profitabel war, versuchte man die Dächer mit der maximalen Menge an Photovoltaik (PV)-Modulen auszustatten. Aufgrund einer Gesetzesänderung wurde die Vergütung für die Einspeisung jedoch deutlich reduziert und ist mittlerweile im Vergleich zur Einsparung durch Eigenverbrauch weniger wirtschaftlich. Die Nutzung des gewonnenen Stroms für den Eigenverbrauch ist heute die finanziell interessantere Variante. Abhängig von den Bedarfsmengen der Verbraucher wird die Größe der Solaranlage angepasst. Folglich müssen die Dachflächen nicht mehr komplett mit Photovoltaik zugestellt werden.
Positive Wirkungen von Dachbegrünungen bei der Kombination mit Photovoltaik
Dachbegrünungen haben neben vielen positiven Wirkungen auch besondere Vorteile, die bei einer Kombination mit Photovoltaik besonders ins Gewicht fallen. Werden auflastgehaltene Solar-Gründachsysteme verwendet, ergeben sich daraus weitere Vorteile.
Ertragssteigerung
Bei Photovoltaikanlagen bestimmen die Umgebungstemperaturen die Leistung der PV-Module. Abhängig von der Sonneneinstrahlung können sich die Module im Sommer bis zu 90 Grad Celsius aufheizen. Dadurch erfolgt eine Minderung der Leistung um bis zu 25 Prozent im Vergleich zur Nennleistung. Die Leistung kann gemäß den Standard-Test-Bedingungen (STC) bei 25 Grad Celsius und dem abhängigen Zelltyp mit jedem Grad an Temperatursteigerung um bis zu 0,5 Prozent abnehmen.
Untersuchungen konnten belegen, dass durch die Verdunstungsleistungen von Dachbegrünungen ein Kühleffekt entsteht. Im Gegensatz zu anderen sich stark aufheizenden Oberflächenmaterialien bleibt bei der Begrünung die Ober?ächentemperatur nahe an der Außentemperatur. Der Kühleffekt der Dachbegrünung kann dazu beitragen, die Aufheizung der PV-Module zu mindern. Da die Oberflächentemperatur und langwellige Wärmestrahlung reduziert wird, entstehen kaum Einbußen in der Modulleistung. Demnach ergeben sich bei Dachbegrünungen in Kombination mit Solaranlagen Vorteile und Ertragssteigerungen gegenüber unbegrünten Dächern. Ein genauer Wert lässt sich jedoch nicht ermitteln, da dies vom jeweiligen Objekt abhängig ist, d. h. vor allem von Faktoren wie Lage, Substrataufbau und Modulverlegung.
Schutz der Dachabdichtung
Die Dachbegrünung schützt im Gegensatz zu unbegrünten Dachflächen die empfindliche Dachabdichtung nicht nur vor Extremtemperaturen und Hagelschlag, sondern auch vor Trittbelastung bei Wartungsgängen. Die Reparatur- und Sanierungsanfälligkeit ist deutlich geringer, wenn die Dachabdichtung durch eine Begrünung geschützt ist.
Bei auflastgehaltenen Systemen zur Kombination von Dachbegrünung und Solaranlage sind zudem Dachdurchdringungen oder sonstige Eingriffe in die Dachabdichtung und Gebäudesubstanz nicht notwendig. Damit können kostenaufwändige und schadensanfällige Dachabdichtungsarbeiten vermieden werden.
Vermeidung von Punktlasten
Da auflastgehaltene Solar-Gründachsysteme durch die gleichmäßige Lastverteilung des Substrates gehalten werden, entfallen Punktlasten (bspw. durch Betonplatten), wie sie bei herkömmlichen Montagesystemen Anwendung finden.
Steigerung der Biodiversität
Auch ein Solar-Gründach kann einen Beitrag zum Artenschutz leisten. Bei entsprechendem Schichtaufbau und Pflanzenauswahl kann ein Biodiversitätsgründach geschaffen werden. Und aufgrund der unterschiedlichen Licht-Schatten- und Feuchtigkeitsverhältnisse durch die PV-Module entstehen auf dem Dach verschiedene Standortbedingungen. Diese können zusätzlich zu einer Erhöhung der Artenvielfalt von Flora und Fauna beitragen.
Einfache Verlegung
Solar-Gründachsysteme sind Bestandteil des Gründachaufbaus und können inklusive des Montagesystems für die Solarpaneele vollständig vom Dachbegrüner installiert werden. Dabei sind die Systeme vergleichsweise leicht, dennoch stabil und verwehsicher. Unter Berücksichtigung der notwendigen Auflasten benötigen diese Montagesysteme keinen zusätzlichen Windverband.
Modulneigung und -ausrichtung
Solaranlagen können sowohl in "Süd-Verlegung", als auch in "Ost-West-Verlegung" auf dem Dach platziert werden. Die geeignetste Verlegung ist objektbezogen auszuwählen.
Süd-Verlegung
Damit keine Verschattung der Paneele stattfindet, muss der Modulreihenabstand in Abhängigkeit vom geografischen Breitengrad (und dem damit verbundenen niedrigsten Sonnenstand), Modulhöhe und Aufständerungswinkel groß genug gewählt werden. Je nördlicher sich das Dach befindet, umso höher sind Abstände.
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Ost-West-Verlegung
Bei der Ost-West-Verlegung ist darauf zu achten, dass die Gänge zwischen den Modulen breit genug für die Instandhaltung von Gründach und Solaranlage sind. Um ein Abheben durch Windsog zu vermeiden, wird empfohlen, die Unterkanten der äußeren Modulreihen in Richtung Attika zu platzieren.
Planungshinweise Kombination Dachbegrünung und Photovoltaik
Damit die Kombination aus Photovoltaik und Dachbegrünung für beide Leistungsbereiche nachhaltig funktioniert, ist eine fachgerechte Planung, Ausführung und Instandhaltung notwendig.
Dachneigung
Für Kombinationslösung Photovoltaik und Dachbegrünung darf die Dachneigung bei auflastgehaltenen Systemen nicht mehr als 5 Grad betragen, um ein Abrutschen der Systeme zu vermeiden.
Dachabdichtung
An die Dachabdichtung gibt es bei der Installation von Solaranlagen keine besonderen Anforderungen. In Kombination mit Dachbegrünungen muss die Dachabdichtungen allerdings wurzelfest nach FLL beziehungsweise DIN EN 13948 sein.
Wärmedämmung
Die Wärmdämmung muss ausreichend druckstabil und belastbar sein. Bei Umkehrdächern ist die Bauphysik und eine dampfdiffusionsoffene Bauweise zu beachten.
Flächenlast
Die Zusatzbelastung durch eine PV- beziehungsweise Solarthermie-Anlage beträgt etwa 20 bis 60 Kilogramm pro Quadratmeter. Bei Dachbegrünungen müssen zusätzlich das Gewicht des Gründachaufbaus und der Vegetation von etwa 100 bis 150 Kilogramm pro Quadratmeter berücksichtigt werden. Die Wahl des Gründachaufbaus hängt bei auflastgehaltenen Solarständerungen davon ab, welche Auflast sie zur Lagesicherung benötigen.
Blitzschutz
Zur Schadensvermeidung der Solaranlage ist ein Blitzschutz notwendig. Alle Solaranlagenelemente müssen daher bei einem bestehenden oder noch zu errichtenden äußeren Blitzschutz innerhalb der Blitzschutzanlage liegen. Gleichwegs ist ein Sicherheitsabstand von mindestens 0,5 Meter zur Blitzschutzanlage einzuhalten.
Aufbau Solar-Gründach
Der grundsätzliche Aufbau von auflastgehaltenen Solar-Gründächern sieht oberhalb einer geeigneten Dachkonstruktion mit wurzelfester Dachabdichtung wie folgt aus:
- Schutzlage als Schutz der Dachabdichtung.
- Als Grundelement für Solar-Gründächer dient in der Regel eine Basisplatte zur Verfüllung und Lastaufnahme. Diese Basisplatte hat meist sowohl Drän- als auch Wasserspeicherfunktionen.
- Eine durchgehende, störungsfreie Entwässerung muss sichergestellt sein - entweder durch die Basisplatte selbst oder eine darunterliegende Dränageschicht.
- Auf der Basisplatte ist das Modul-Montagesystem mit dem benötigten Neigungswinkel befestigt. Das Gesamtsystem ist durch Modultragschienen miteinander verbunden. Die Solar-Module werden auf die Modultragschienen aufgelegt und durch Modulklemmen gehalten.
- Die Basisplatten sind mit Substrat verfüllt und erhalten damit ihre Standfestigkeit. Die Vegetationstragschicht kann durchgehend auf gleicher Aufbauhöhe von etwa 8 bis 10 Zentimeter, abhängig von Begrünungsart, Vegetationsziel und zu erzielender Mindestauflast (bei auflastgehaltenen Systemen) über die komplette Dachfläche oder wellenförmig (6-15 cm) eingebaut werden.
Siehe auch nachfolgendes Kapitel "Erfolgsfaktoren Solar-Gründach".
Erfolgsfaktoren Solar-Gründach
Für die nachhaltige Umsetzung von Solar-Gründächern sind folgende Grundsätze ("Erfolgsfaktoren") zu beachten:
- ) Vermeidung der Verschattung der Solar-Module.
- ) Ausreichend Reihenabstände. Aufstellung der Module und Modulreihen so, dass eine Instandhaltung gut möglich ist.
- ) Verwendung auflastgehaltener Solar-Gründach-Systeme.
- ) Regelmäßige, fachgerechte Instandhaltung (Pflege und Wartung).
- ) Rechtzeitige Einbeziehung aller beteiligten Gewerke, einschließlich Planung.
Vermeidung der Verschattung der Solar-Module
Um Verschattungen der Solar-Module durch zu hohe Pflanzen zu vermeiden, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Ausreichend großer Abstand zwischen Substratoberfläche und Modulunterkante von mindestens 20 Zentimeter. Je nach gewählter Pflanzenauswahl sollte der Abstand gegebenenfalls größer sein. Abstände von mindestens 30 Zentimeter haben sich bewährt.
- Verwendung geeigneter Pflanzen mit niedrigem Wuchs und dichtem Flächenschluss. Damit die Solar-Module nicht verschattet werden, sind niedrigwüchsige Pflanzen mit einer maximalen Wuchshöhe von 15-20 Zentimeter und dichtem Flächenschluss zu empfehlen. In der Regel werden Sedum-Moos-Kräuter-Begrünungen angestrebt. Durch die Höhe des Gründachaufbaus und des Substrats lassen sich die Pflanzenauswahl und Vegetationsentwicklung in Abhängigkeit der regionalen Gegebenheiten beeinflussen. Grundsätzlich gilt, je höher der Gründachaufbau, desto mehr Wasser speichert er und desto höher kann die Vegetation ausfallen. Auch wenn die geringe Substrathöhe und die maximale Wuchshöhe der Pflanzen die Pflanzenauswahl einschränken, sollte versucht werden, eine möglichst artenreiche und von Frühjahr bis Herbst blühende Vegetation aufzubringen. Niedrige, schattenverträgliche Pflanzenarten mit hohem Deckungsgrad unter den Solar-Modulen hemmen das Aufkommen unerwünschten Fremdbewuchses.
- Anlage eines Kiesstreifens vor den Solar-Modulen, um die Pflanzenentwicklung einzuschränken und bei Bedarf einfacher pflegen zu können.
- Auslegen von Betonplatten vor den Solar-Modulen, um Pflanzenaufwuchs zu vermeiden. Gleichzeitig können die verlegten Platten als Wartungswege dienen.
- Geringe Substrathöhe (von etwa 5-8 cm) vor den Solar-Modulen, um höherwüchsige Arten auszuschließen. Bei ballastierten Systemen ist die benötigte Mindestauflast zur Standsicherung zu beachten.
Ausreichend Reihenabstände
Zur Durchführung der Pflege und Wartung sind Wartungswege und Absturzsicherungen vorzusehen. Es ist auf einen ausreichenden Abstand zum Dachrand und einen Abstand der Modulreihen untereinander (je nach Ausrichtung mindestens 50-80 cm) zu achten. Kabel und weitere zur Solaranlage gehörende Bauteile sind so zu montieren, dass zum Beispiel Pflanzenschnitt problemlos möglich ist.
Verwendung auflastgehaltener Solar-Gründach-Systeme
Auflastgehaltene Solar-Gründach-Systeme sind zu bevorzugen, da hierbei die Photovoltaikaufständerungen nicht in die Dachabdichtung/Dachkonstruktion eingreifen und damit Wärmebrücken und Undichtigkeiten vermieden werden. Die Last des Gründachaufbaus hält die Photovoltaikaufständerungen lagesicher auf dem Dach. Mehrere Gründachsystemanbieter haben solche Systeme in ihren Programmen.
Instandhaltung von Solar-Gründächern (Pflege und Wartung)
Sowohl Dachbegrünung als auch Solaranlagen benötigen einer regelmäßigen und fachgerechten Instandhaltung. Die Instandhaltung von Dachbegrünung und Montagesystem übernimmt der Gründach-Fachbetrieb, die Instandhaltung der Solaranlage inklusive der Elektronik obliegt dem Solar-Fachbetrieb.
Dachbegrünung
Der Pflegeaufwand eines Solar-Gründaches ist höher als bei einem vergleichbaren Gründach ohne Solaranlage, da sichergestellt sein muss, dass Pflanzen die Module nicht verschatten und kein unerwünschter Fremdbewuchs unter den Modulen entsteht. Solargründächer müssen jährlich 2-4 Mal, insbesondere in den Wuchsphasen zwischen März bis Juni, kontrolliert und ggf. zurückgeschnitten werden. Grundsätzlich sollte mindestens einmal im Frühjahr und einmal im Herbst eine Pflege des Daches stattfinden. Zusätzlich zu Vorgenanntem müssen Dachrandbereiche und Dachdurchdringungen auf Hinterwurzelungen kontrolliert und die Entwässerungseinrichtungen überprüft werden.
Solaranlage
Die jährliche Inspektion der Anlagen beschränkt sich auf eine Sichtkontrolle der Anlage und ggf. Reinigung der Module. Folgende Instandhaltungsmaßnahmen sind ggf. durchzuführen:
- Regelmäßige Sichtkontrollen (für Isolationsschäden bei Kabeln, Beschädigungen der Verteilerkästen, Beschädigungen an Wechselrichtern oder sonstigen Bauteilen)
- Sichtkontrollen (nach Stürmen oder Gewittern)
- Jährliche Sichtprüfung der Abdichtung und Dachdurchdringungen, Standfestigkeit der Unterkonstruktion sowie der Kontrolle aller Anlagenteile auf Beschädigungen (Witterungseinflüsse, Ablagerungen an den Paneelen, Bewuchs, hängende Kabel, die den Dachbegrünungspfleger bei der Arbeit behindern können)
- Im vier bis fünf Jahrestakt sollte eine wiederkehrende Prüfung nach DIN EN 62446 durchgeführt werden.
Fazit. Ausblick
Bei vorausschauender und abgestimmter Planung und späteren Ausführung sind Kombinationslösungen von Dachbegrünung und Photovoltaik (sogenannte Solar-Gründächer) gut machbar. Sie vereinen eine Vielzahl an positiven Wirkungen. Hervorzuheben sind dabei auflastgehaltene Solar-Gründächer, deren Photovoltaikaufständerungen durch die Auflast des Gründachs lagesicher gehalten werden.
Der Bundesverband Gebäudegrün e. V. (BuGG) hat zu dem Thema zwei Schriften veröffentlicht: die BuGG-Fachinformation "Solar-Gründach", in der ausführliche Informationen rund um das Solar-Gründach zu finden sind, und den BuGG-Fokus "Solar-Gründach", der die wichtigsten Planungsgrundlagen auf den Punkt bringt.