Klartext

Baumschädlinge – wo bleibt die Sachkunde im Pflanzenschutz?

Die Phytomedizin ist in Gartenbau, Forst- und Landwirtschaft der ertragssichernde Faktor. Für die beteiligten Akteure werden die konventionellen oder ökologischen Konzepte und Regularien ständig weiterentwickelt, die Politik greift zum Schutz der Umwelt maßgeblich und medienwirksam regulierend ein. Zur Unterstützung und Aufsicht der Praxis betreiben die Bundesländer den amtlichen Pflanzenschutzdienst, der einen Überblick u. a. über das Vorkommen von bekannten und neuen Schadproblemen bei Kulturpflanzen hat. Damit einher geht der fachliche Austausch auf nationaler und internationaler Ebene, um besorgniserregende Schadentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und gegen zu steuern. Im Fokus stehen Populationsentwicklung und Verbreitung von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen, Aktuelles wird der Praxis in Warnhinweisen und Newslettern mitgeteilt. Beim Auftreten von Quarantäneschadorganismen werden von den Behörden Bekämpfungsmaßnahmen angeordnet, der Asiatische Laubholzbockkäfer (ALB) ist dafür ein in der Baumszene bekanntes Beispiel.

Das Erreichen von gesunden und verkehrssicheren Baumbeständen ist viel zitiertes Ziel der Baumpflege. Daher fordert die ISA Germany seit langer Zeit eine staatlich organisierte Fachausbildung in der Baumpflege, die eine eigenständige Berufsausbildung und auch die Sachkunde im Pflanzenschutz beinhaltet – in der Pflanzenproduktion als Qualitätszeichen selbstverständlich! Daher ist es völlig unverständlich, dass in Zeiten des Weißbuchprozesses "Stadtgrün" und des Klimawandels in der Baumszene kein Bewusstseinswandel einsetzt. Es ist mehr als bedenklich und unverantwortlich, dass sich Akteure aus der freien Wirtschaft reißerisch zu phytopathologischen Baumthemen z. B. auf Fachtagungen äußern, ohne die Aussagen zu belegen oder vorab mit dem Pflanzenschutzdienst abzuklären.

Vieles wird als "neuartig" thematisiert oder dem "Klimawandel" zugeschrieben, die Berichte zu stammbrütenden Insekten sind dafür aktuelles Beispiel. Als Schwächeparasiten sind sie seit langer Zeit Teil von komplexen Baumkrankheiten und allein Indikator für Mängel bei Anlage und Unterhaltung von Baumstandorten und nicht primär die Folge eines Klimawandels. Diese Vorgehensweise bewirkt eine Verunsicherung der Praxis und dient augenscheinlich rein dem Marketing der Akteure.

Baumpflege ist eben mehr als nur das manuelle Arbeiten am Objekt. Es ist das ganzheitliche Wissen und die fachgerechte Betreuung um die Gesundheit und Vitalität der Bäume. In den Zeiten der Klimaveränderungen ist es mehr als geboten, nur abgeklärtes Wissen von nicht gewinnorientierten Akteuren in die Praxis zu tragen. Insbesondere Pflanzenschutzdienst und Regelwerksgeber sollten das zur Wahrung der Objektivität in diesen Tagen bedenken. Wann endlich reagiert die Politik?

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

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