Qualitäten für die Stadt von morgen

Stadtpark und Volksparkidee

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Historische Parks und Gärten
Blick über die Mittelachse des Hamburger Stadtparks auf das Planetarium. Fotos, soweit nicht anders angegeben: Archiv der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt.

In seinem Buch "Volksparke heute und morgen" (1927) zog Ludwig Lesser, Gründer des deutschen Volksparkbundes, Bilanz. Das bis dahin Erreichte präsentierte er anhand von Beispielen und stellte mit dem "Morgen" eine Zukunftsvision seiner Idee vor. Die Volksparke "von heute" sind inzwischen in die Jahre gekommen.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat in diesem Jahr gleich zwei 100-jährige Geburtstagskinder, die der Volksparkidee entspringen: den Hamburger Stadtpark und den Volkspark Altona. Hinzu kommt das 100-jährige Bestehen der Hamburger Grünverwaltung. Also Anlässe genug, 100 Jahre Stadtgrün mit Veranstaltungen in den Parks, Ausstellungen und einem Buch zur Geschichte des Stadtparks mit der Öffentlichkeit zu feiern.

Praktiziert wird in Hamburg jedoch - wie häufig bei Jubiläen üblich - nicht nur der Blick zurück zum Ursprung des Erfolgs. Vielmehr luden die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gemeinsam mit dem Stadtparkverein ein, im Rahmen eines Kongresses darüber nachzudenken, welche Qualitäten und Perspektiven Volksparkidee und Stadtpark für eine zukunftsfähige Stadt haben. Gefördert wurde die Veranstaltung wesentlich durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt. Wie aktuell die Debatte ist, zeigte die große Zahl der Teilnehmenden, die dem Aufruf zur Tagung vom 19. bis 21. Juni 2014 gefolgt waren.

"Vorbildlich" - der Hamburger Stadtpark

Der Hamburger Stadtpark, wie er sich Lesser 1927 als "vorbildliches Beispiel" präsentierte, war Heino Grunert, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg, zufolge "das Ergebnis einer mehr als zehnjährigen spannenden Diskussion um Gestalt, Programm und Inhalte" und der Beginn der bis heute anhaltenden Erfolgsgeschichte.

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Um 1928 hatte der Stadtpark – ein Raumgarten mit einem vielfältigen Nutzungsangebot – die Gestalt erreicht,die bis heute weitgehend erhalten ist. Schrägluftbild um 1928.
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Veranstaltungen in den Parks, Ausstellungen und ein Buch zur Feier des 100. Geburtstagstags: Ausstellungsposter und Coverabbildung des Stadtparkbuches.

Bereits 1897 hatte der Kunsthistoriker Alfred Lichtwark einer der führenden Vertreter der Gartenkunst-Reformbewegung, für Hamburg einen großen Park gefordert. Anhand der Wettbewerbsergebnisse, welche "Die Gartenkunst" ausführlich vorstellte, lässt sich das Ringen der Kräfte ablesen: auf der einen Seite die Traditionellen, vor allem Gartenkünstler und Ingenieure, die am überkommenen Landschaftsgarten festhielten und auch tradierten gesellschaftlichen Verhaltensmustern in den Grünräumen Vorschub leisteten, auf der anderen Seite die Fortschrittlichen, Architekten und Künstler, die für Zweckmäßigkeit und regelmäßige Formen eintraten.

Auf Seiten der Reformer ragte der Entwurf Max Laeugers heraus, der den Park in regelmäßige Teilräume untergliedert, welche die unterschiedlichen Nutzungen aufnehmen. Dieser Entwurf fand bei den grünen Fachleuten wenig Gegenliebe und Verständnis.

Der Durchbruch gelang Fritz Schumacher, 1909 zum Leiter des Hochbauamtes berufen, der sich unter Mitwirkung von Fritz Sperber, dem Leiter des Ingenieurswesens, mit seinem Konzept eines Raumgartens der Formgebung Laeugers annäherte, ohne allerdings gänzlich auf das Landschaftliche zu verzichten. In Zusammenarbeit mit Otto Linne, ab 1914 erster Gartendirektor Hamburgs, wurde das soziale Nutzungsprogramm sukzessive erweitert und der vom Räumlichen her gedachte Park durch vielfältige Pflanzungen aufgeschmückt. Dabei konnten sich die Verantwortlichen auf den bereits 1912 gegründeten Stadtparkverein stützen, der die Kunst im Park förderte.

Trotz der Eingriffe in der NS-Zeit, der Verluste durch Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg sowie des Nutzungswandels, der dem gesellschaftlichen jeweils folgte, ist der damals entstandene Park bis heute in seinen gestalterischen Grundzügen und dem vielfältigen Nutzungsangebot erhalten geblieben: Das architektonische Grundgerüst mit der großen Achse, den Baumreihen und geschnittenen Hecken, die kleinformatigen Sondergärten und die großen Wiesen, die vielen Teilräume mit speziellen Funktionen - all das scheint die Bedürfnisse des "Volkes" auch heute noch zu befriedigen.

Einen völlig anderen Charakter hat der ebenfalls 1914 entstandene Volkspark Altona. Ungeachtet gartenkünstlerischer Diskussionen legte Ferdinand Tutenberg, Königlicher Gartenbaudirektor von Altona, in dem brachgefallenen Kies- und Sandabbaugebiet der "Bahrenfelder Tannen" einen Waldpark an. Wichtig war ihm, "dem Volke, die Wohltaten des Waldes zuteil werden [zu] lassen". Dazu wandelte er den vorgefundenen Wirtschaftswald in einen "Schönheitswald", in dem er die Gehölze in ihren unterschiedlichen Strukturen, Farben und Formen, ihr Licht- und Schattenspiel bewusst in Szene setzte. In den Lichtungen brachte er die Einrichtungen unter, die ein Volkspark nach seiner Meinung haben sollte: Plätze für Sport und Spiel, Wiesen zum Lagern, Spazierwege sowie Orte der Belehrung. Zu den letzteren gehörte auch ein Schulgarten. Erst der sukzessive Zukauf von Gelände durch die Stadt Altona machte es möglich, alle Einrichtungen eines Volkparks bis hin zu Freibad und Stadion zu verwirklichen. Tutenbergs Verdienst war es, die Einzelteile durch den Wald zu einem Ganzen zu verklammern.

"Der Mond ist immer runder in einem anderen Land" - Einflüsse und Vorbilder

Mit diesem chinesischen Sprichwort führte Alan Tate, University of Manitoba (CA), den zweiten Themenblock ein, dessen Blick auf Einflüsse und Vorbilder gerichtet war, die sowohl zur Volksparkidee als auch konkret zum Entstehen des Hamburger Stadtparks beigetragen hatten. Dabei machte Tate deutlich, dass die lokale Ausprägung eines Parks immer in ein vielseitig verknüpftes Beziehungsgeflecht des Austauschs eingebunden ist und nie das Ergebnis einer "Einbahnstraße".

In Nordamerika sind Entwicklungen ähnlicher Art wie in Deutschland zum Beispiel im Zusammenhang mit der City-Beautiful-Bewegung zu verzeichnen, in deren Rahmen beispielsweise der Grand Parc in Chicago sowie der Forest Parc in St. Louis realisiert wurden. Die Ideen waren jedoch auch nicht dort geboren: Handlungsreisende hatten sie aus Europa mitgebracht, die Schöpfer der Anlagen vielfach an der Ecole des Beaux Arts in Paris studiert. Frederick Law Olmsted hatte sich Anregungen für sein River Charles-Becken in Boston an der Hamburger Binnen-Alster geholt ... Dagegen trugen unter anderem Leberecht Migge und Werner Hegemann ihre Eindrücke aus den USA durch Ausstellungen und Publikationen in die Fachöffentlichkeit Deutschlands. Auch Adaptionen aus anderen gartenkünstlerischen Epochen scheinen Pate gestanden zu haben: Die große Achse des Hamburger Parks lässt an barocke Anlagen, konkret an Vaux-le-Vicomte, denken. Doch während die Barockachse ein Herrschaftsgestus war, ist die Stadtparkachse ebenso wie die Einzelräume - sowohl die Gärten als auch Spiel- und Sportanlagen - durch die Funktionen bestimmt. Das Wissen um andere Orte helfe, die eigenen Parks zu verstehen, resümierte Tate. "Die Leistung seiner Schöpfer aber liegt in der kulturellen und lokalen Übersetzung, die mehr ist als eine schlichte Transformation der Gestalt".

t.
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Jede Gestaltung steht in einem wechselwirksamen Geflecht von Vorbildern und Auswirkungen: Der Hamburger Stadtparksee (Luftbild Hauptachse 1930), und Grand Basin im Forest Park, St. Louis (USA). Foto: aus dem Vortrag von Alan Tate
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Der Stadtpark (von Südosten gesehen), Teil der Stadtentwicklung. Schrägbild 1932.

Ein weiteres Vorbild für die deutschen Volksparks wird allgemein in England gesehen. Mit dem Mythos, es habe "den englischen Stadtpark" im Sinne der Volksparks gegeben, räumte Jan Woudstra, University of Sheffield (GB), jedoch gleich zu Beginn seines Vortrags zur Grünentwicklung Londons auf. Öffentlich zugängliche Parks gab es bis in die 1880er-Jahre nur wenige. Erst danach setzte eine offensive Entwicklung ein. Doch auch bei diesen Parks standen die Schmuckpflanzungen im Vordergrund - Blumen schienen die einzige Möglichkeit, dem Schmutz und der Tristesse der Stadt etwas Erfreuliches entgegenzusetzen. Als Vorbild für die deutschen Parks zu Beginn des 20. Jahrhunderts können vielmehr die Commons gelten. Dieses Grün, von Bäumen und Sträuchern gerahmte Wiesen, nur durchzogen von Trampelpfaden, stand allen ohne Einschränkung zum Lagern, zu Sport und Spiel offen. Dicht an diesem Vorbild orientiert, entwarf zum Beispiel Leberecht Migge den Wacholderpark in Hamburg-Fuhlsbüttel (1910). Während die Gartenfachleute Englands weiterhin vor allem über Schmuckanlagen diskutierten, die aber zugleich aufgrund finanzieller Restriktionen immer weiter reduziert werden mussten, gaben (wie in Deutschland) Fachleute anderer Disziplinen den Anstoß, die Merkmale der Commons auf Parks zu übertragen - zuerst ohne gestalterischen Anspruch.

Erstmals 1922 wurde in einem Wettbewerb ein Gesamtkonzept von funktionalen Kriterien - das Wichtigste war jetzt ein Verbund von Spielwiesen - und landschaftsgestalterischen Prämissen gefordert. In den 1930er-Jahren lag der Fokus bei der Einrichtung von Parks dann in erster Linie auf Sporteinrichtungen.

Auch in Wien entstanden Stadt(teil)parks mit einer ähnlichen Ausrichtung wie die Volksparks erst in den 1920er-Jahren. Der Gartenhistoriker Christian Hlavac begründete dies damit, dass das Wiener Grün im Gegensatz zum "bürgerlich-republikanischen" Grün Hamburgs "adelig, monarchistisch, erst spät bürgerlich" geprägt gewesen sei. So waren weder die Promenaden auf den geschleiften Glacis noch die allgemein öffentlichen kaiserlichen Anlagen in der Realität für das gemeine Volk gedacht. Ein erster Volksgarten entstand 1823. Im Gegensatz zu der damals üblichen landschaftlichen Gestaltung wurde dieser jedoch im regelmäßigen Stil angelegt mit der Begründung, eine solche Anlage sei "besser zu überwachen". Alle Anlagen waren nach Bewertung Hlavacs "dem Volk von seinen Herrschern huldvoll geschenkt". Auch der 1862 eröffnete Stadtpark wurde noch vom Kaiser initiiert, jedoch von der Gemeindeverwaltung - im landschaftlichen Stil - umgesetzt. Novum war ein gesonderter "Kinderpark", der aus heutiger Sicht allerdings kaum als "Park" zu bezeichnen ist, sondern eher ein staubiger Platz mit Bäumen war, das Spielen stark reglementiert. Erst mit wachsendem Bewusstsein forderte das Bürgertum zunehmend Grün für die Erholung. Der erste Park, der tatsächlich aus bürgerschaftlichem Engagement hervorging, war der Türkenschanzenpark.

20 Jahre später als der Hamburger Stadtpark entstand der Amsterdamse Bos. Auch dieser Park wurde aus dem Wunsch geboren, die Lebensverhältnisse der Menschen in der Großstadt Amsterdam zu verbessern. Was das Angebot an Einrichtungen für die aktive Erholung betrifft, stand nachweislich der Hamburger Stadtpark Pate. Doch bei dem Umgang mit der Natur schlugen die Niederländer einen Weg ein, der sich eher am englischen Vorbild orientierte. Nach dem Gesamtkonzept der Stadtplanerin Jakoba Mulder entstand der Amsterdamse Bos als "Mittelding zwischen Park und Wald", wie Jan Heeren, City of Amsterdam (NL), ihn charakterisierte.

Letztendlich durfte auch ein Überblick über die Entwicklung des öffentlichen Grüns in Deutschland nicht fehlen. Einem Parforce-Ritt gleich führte Jochen Marz (Vorsitzender des AK Historische Gärten der DGGL) durch die Geschichte, um die wichtigsten Stationen des Stadtgrüns zu streifen - von den mittelalterlichen Festplätzen vor der Stadt, der Öffnung herrschaftlicher Gärten für die Bevölkerung über die Anlage von Grün auf den geschleiften Befestigungen, Bürgerparks und Volksparks bis heute. Für die meisten der Anwesenden sicherlich eher eine Auffrischung ihres Wissens.

Stadtparks - Teil und Spiegelbild der Stadt

Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert hatte sich in England John Claudius Loudon für "Bänder gesunden Grüns" in den Städten ausgesprochen, das heißt für Grün, das der Allgemeinheit zur Gesunderhaltung zur Verfügung stand und erreichbar war. Diese Notwendigkeit wurde nach Woudstra "politisch durchaus erkannt", jedoch nicht umgesetzt. Vielmehr dienten die öffentlichen Parks in ganz Europa bis ins 20. Jahrhundert hinein fast vorrangig der Stadtverschönerung. Die nordamerikanische City-Beautiful-Bewegung sah dagegen nicht nur den ästhetischen Wert, der die Städte "größer" machte, sondern verband damit die Hoffnung, durch das neue Grünangebot die Lebensqualität zu steigern.

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Das Planschbecken war von Anfang an eine der Attraktionen im Stadtpark: Sandskulpturenwettbewerb um 1930. Ende Juni 2014 nach grundlegenden Wiederherstellungsmaßnahmen. Foto: Heino Grunert
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Wie sich die Bilder gleichen: Drachen steigen lassen in Hamburg und in Singapur. aus dem Vortrag von Bianca Rinaldi

Der Durchbruch kam, als sich zunehmend der funktionale Städtebau durchsetzte, der zu integrierten Siedlungs- und Freiraumkonzepten führte, wie sie sowohl Fritz Schumacher für Hamburg als auch Gustav Oelsner in Altona entwickelten - Schumacher mit der bekannten Farnblatt-Skizze eher schematisch, Oelsner konkret: Der Volkspark Altona ist Teil des Grünrings, um die grünlose Kernstadt. Gleich war beiden Baudirektoren die unmittelbare Zuordnung von Wohnen und Grün.

Dieser Aspekt leitete auch Cornelis van Eesteren (1928-1960) bei der städtebaulichen Neuordnung Amsterdams. Neben dem Zusammenbinden von Wohnen und Erholungsgrün sah er große Parks als notwendige Verbindung zur Landschaft an - die Geburtsstunde des Amsterdamse Bos. Dieser Park sollte der Großstadtbevölkerung den Zugang zur Landschaft ermöglichen und gleichzeitig die fehlende landschaftliche Schönheit im Südwesten der Stadt ausgleichen.

Die Integrierung von öffentlichen Parks in eine städtebauliche Gesamtplanung setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg unter den Leitbildern der "Stadtlandschaft" und der "gegliederten und aufgelockerten Stadt" fort.

Dass die Parks jedoch nicht nur Teil der Stadt waren, sondern sich in ihnen zugleich deren Leitbild widerspiegelte, machte Hartmut Troll, Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, am Entwurf Max Laeugers für den Hamburger Stadtpark deutlich. Nach Troll gelang Laeuger "die Transformation der Prämissen, die die Gartenkunst-Reformbewegung für den Hausgarten entwickelt hatte - Garten mit Haus - in das bis dahin ausschließlich als Garten angesehene Feld des Stadtparks". Blickt man auf Aussagen von älteren Gartenkünstlern /-theoretikern, dann hatte es die Bezugnahme von Funktion und Gestaltung aufeinander auch früher schon gegeben. Neu war, dass Laeuger in erster Linie eine Raumkunst präsentierte. Obwohl Gartenkünstler den Entwurf überwiegend abgelehnt hatten, da sie "den Charakter des Parks verloren" glaubten, war er letztendlich maßgeblich für die Formgebung des Stadtparks. Sperber und Schumacher näherten sich ihr bis zur Realisierung des Parks immer mehr an.

Verantwortlich für den Erfolg des sozialen Grüns waren vor allem die kommunalen Grünverwaltungen, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingerichtet wurden. Ihre Gründung war den wachsenden Aufgaben der Städte durch Industrialisierung und Bevölkerungszuwachs geschuldet, die größere, spezialisierte Verwaltungen erforderten. Häufig gab auch eine konkrete grünplanerische Aufgabe den Anstoß, wie in Hamburg der Stadtpark oder in Wien der Bürgerpark. In Fortführung damaliger Aufgaben sieht Klaus Hoppe, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, auch heute noch im Zusammenfügen des gesamten städtischen Grüns zu einem qualifizierten grünen Netz "das Leitbild unserer Zeit". Den Weg der Gartenämter vom "Stadtverschönerer" zum "Anwalt des sozialen Grüns"1 zeichnete Joachim Wolschke-Bulmahn (Leibniz Universität Hannover) am Beispiel Hannover durch die wechselnden politischen Phasen nach.

Auf dem Weg ins "Morgen"

"Dass die Parks über 100 Jahre - zwei Weltkriege und viele Nutzungseingriffe überdauernd - in ihrer künstlerischen Ausprägung bestehen blieben und heutigen Ansprüchen gerecht werden, ist auch einer Denkmalpflege zu verdanken, die kontinuierlich zwischen den Anforderungen des Gartendenkmals und aktuellen Nutzungsansprüchen der Bevölkerung abwägt", stellte der Denkmalpfleger Frank Pieter Hesse klar.

Wie die Kompromisse der Gartendenkmalpflege aussehen, davon konnten sich die Veranstaltungsteilnehmer und -teilnehmerinnen bei der Exkursion durch die beiden großen Volksparks Hamburgs überzeugen: Der Einbau von barrierefreien Zugängen in Gartenräumen bei Erhaltung der künstlerischen Intention, die Erneuerung von Wegebelägen, die trotz ihrer Einpassung in die Gestaltung komfortabel zu begehen sind, oder die Auswahl einer artenreichen Staudenpflanzung, die den Pflegemöglichkeiten gerecht wird und trotzdem ein ansprechendes Bild vermittelt. Zu berücksichtigen sind auch die Belange des Naturschutzes - und gerade hier stehen nicht nur fachliche Argumente, sondern häufig vor allem Emotionen gartendenkmalpflegerischen Ansätzen gegenüber.

Deshalb sei es vor allem wichtig, die künstlerische Qualitäten der Grünschöpfungen, ihre Gesamtintention, ins Bewusstsein von Öffentlichkeit und Politik zu rücken. Wie wichtig dabei das Schaffen von Gartendenkmalpflege-Stellen ist, zeigt das Beispiel Hamburg, wo, nach Einschätzung Hesses, seit den 1990er-Jahren die "fruchtbare Zusammenarbeit" aller beteiligten Behörden gewachsen sei. So konnten letztendlich auch Befürchtungen der Öffentlichkeit ausgeräumt werden, dass Denkmalschutz den "Stadtpark zum Museum" mache. Er wurde endlich 2013 unter Schutz gestellt - und ist heute das meist besuchte Gartendenkmal der Stadt.

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Ein Ort der Ruhe, der Pinguin-Brunnen (Figuren von August Gaul), 2014.
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Gartenersatz, der Rosengarten, 2014. Fotos: Werner Kellner
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Damals wie heute sind die Volksparks offen für Alle – hier im Amsterdamse Bos

Wie wichtig ein "künstlerisches Gesamtkonzept" für die Beständigkeit von Parks ist, machte auch Woudstra anhand der englischen Parkentwicklung bis in die Gegenwart deutlich. Nach der Phase der Ökologisierung sei heute wieder die Handschrift der Landschaftsarchitekten sichtbar, die den Pflanzenreichtum einzusetzen wissen und damit den Parks eine "Gestalt" geben, an der sich Pflegekonzepte orientieren können.

Der bis heute auf 1000 Hektar angewachsene Amsterdamse Bos, der zu je einem Drittel aus Wasser, Wald und Wiesen besteht, löst den Spagat von Nutzung und ökologischen Belangen durch Zonierung: Bereiche für den Naturschutz, Waldzonen für die ruhige Erholung sowie Sport- und Spielflächen - ein offenes Angebot für alle. 150 Arbeitskräfte sind täglich damit beschäftigt, den Park so zu pflegen, dass er auch zukünftig dem hohen Nutzungsdruck - sechs Millionen Besucher, 200 Veranstaltungen jährlich - und den ökologischen Ansprüchen gleichermaßen gerecht bleiben kann.

Welchen Weg eine nicht-europäische Stadt bei der Entwicklung ihres Stadtgrüns gegangen ist, stellte Bianca Rinaldi, University of Camerino, am Beispiel Singapurs dar. War die Gartenkultur bis zur Unabhängigkeit 1959 vor allem durch private Gärten im Stil der britischen Kolonialherrschaft geprägt, hat sich Singapur inzwischen mit Hilfe des Stadtgrüns eine neue Identität zugelegt. Die Gunst der tropischen Vegetation nutzend wurden Gärten mit üppigem Grün angelegt und dieses als Zeichen für die global verankerte Stadt mit innovativer Technik kombiniert. Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind die Super Trees in the Gardens by the Bay. Auf diese Weise ist es Singapur gelungen, sich als City in the Garden (Slogan seit 2009) zu etablieren und die Lebensqualität in der Stadt zu erhöhen. Heute sind gepflegte Rasen nicht mehr Zeichen des herrschaftlichen Gartens und Wenigen vorbehalten, sondern ein offenes Angebot für alle. Wie ähneln sich doch die Bilder der Parks: Menschen, die picknicken, lagern und Drachen steigen lassen - ob in Singapur oder in Hamburg.

Angekommen im "Morgen"?

Mit ihren Ausführungen zur zentralen Frage "Wie zeitgemäß - und damit zukunftsträchtig - ist die Volksparkidee Ludwig Lessers?" beschloss Stefanie Hennecke, Universität Kassel, den Vortragsreigen der Tagung.

Während die realisierten Parks, so die Thesen Henneckes, mit ihren sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassenden Nutzungsprogrammen eine "relativ lineare Kontinuität" in der Entwicklung von den Bürgerparks des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart aufwiesen, stellte sich die Volksparkidee in der damaligen Fachdiskussion (und bis heute?) als "radikaler Bruch" mit den Vorstellungen des 19. Jahrhunderts dar. Zum "sozialen Heilsbringer" stilisiert erhoffte man sich vom Volkspark den Ausgleich städtebaulicher und sozialer Missstände. Körperliche und geistige Gesundheit sollte das Volk dort finden. Zwar war auch dies nicht neu, wenn man die Aussagen Sckells oder Hirschfelds betrachtet - mit dem Unterschied, dass "Gesundheit" in der Volksparkdiskussion nach dem Ersten Weltkrieg vor allem unter dem Aspekt der "körperlichen Ertüchtigung" im Hinblick auf die Wehrtauglichkeit betrachtet wurde.

Der Blick Lessers, der mit dem Buch ein Fazit seines Engagements im Volkspark und vor dem Ersten Weltkrieg zieht, geht jedoch über das Erreichte, das "Heute" hinaus in die Zukunft, das "Morgen". Dabei zeigt sich, dass Lesser die Volksparks nur als Vorstufe einer durchgrünten Stadt ansah, bei der das Grün in seiner Gesamtheit zum Park wird. Den Wunsch, die grünlosen, unhygienischen Stadtquartiere "dem Erdboden gleich[zu]machen", übernahm dann der Zweite Weltkrieg, und die Stadtentwürfe nach 1945 zeigten das, was dem Wunschbild Lessers sehr nahe kam. Inzwischen ist man wieder zum Leitbild der europäischen verdichteten Stadt zurückgekehrt. So gesehen sei diese Zukunftsvision Lessers nicht mehr zeitgemäß, war Henneckes Fazit.

Interessanter scheint dagegen das zweite Szenario, das Lesser entwickelte, um "denen zu helfen, die noch jahrzehntelang oder jahrhundertelang in den Stadtwohnungen des bisherigen Systems wohnen bleiben müssen": das Schaffen von Grünsystemen und darin eingebetteten Parks. Diese sollten Natur in die Stadt bringen und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bereithalten, denen sich die Gestaltung anzupassen hatte. Auffällig sind die Vielzahl und der Standard der vorgegebenen Ausstattungselemente, einschließlich einer üppigen Pflanzenverwendung, die Lesser für unverzichtbar hielt. Einwänden mit der Begründung "Geldmangel" begegnete er mit dem Hinweis: "Erst muss ein Ziel da sein, und dann muss man bestrebt sein, Mittel zu finden, um es zu erreichen. Bisher war es stets so: wo ein Wille, da auch ein Weg!" - Eine Prämisse, die sich Politiker angesichts des aktuellen Sparzwangs auch heute zu eigen machen sollten.

Betrachtet man die heutige europäische Stadt, dann hat sich diese trotz der gebliebenen Verdichtung zu einem lebenswerten Ort entwickelt, konstatiert Hennecke und schließt: "So ist aus der Übergangslösung, die Lesser für eine Großstadt erdacht hatte […] heute eine Dauerlösung auf höchstem Niveau geworden. […] Zu dieser Lebensqualität tragen die Volksparkanlagen, deren 100. Geburtstag wir in den letzten Jahren begangen haben und begehen, sehr viel bei."

Anmerkungen

¹ Elke von Kuick-Frenz: Otto Linne - Anwalt des sozialen Grüns. Diss. TU Berlin, Hamburg 2000.

Hinweis: Die Tagungsbeiträge werden in der Fachzeitschrift "Die Gartenkunst" 1/2015 veröffentlich
Dr. Ursula Kellner
Autorin

Landschaftsarchitektin AKN und Fachjournalistin DFJV, Redaktionsleiterin „Stadt und Grün“ von 2001 bis 2011

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