Rückblick und Bestandsaufnahme in Bremerhaven
20 Jahre Spielplatz im Zoo am Meer
von: Dipl.-Ing. Thomas ReinickeDer durch die städtische Gesellschaft Stägrund 2003 beauftragte Neubau des Zoos am Meer in Bremerhaven sah einen entsprechenden Spielbereich für die Besucher*innen im Alter ab drei Jahren vor.
Das Programm des Zoos – die Tiere der nordischen Hemisphäre – wurde in einzigartiger Form architektonisch umgesetzt. Eine aus Kunstbeton geformte, natürlich anmutende Felslandschaft entführt die Besucher*innen aus ihrer gewohnten Umgebung in ein für sie fremdes und eigenartiges Terrain. Eine spärliche, jedoch auf die Lebensbereiche der Tiere abgestimmte Vegetation unterstreicht den Charakter einer kargen, eindrucksvollen Landschaft.
Nicht nur die bis zu fünf Meter hoch aufragenden graubraunen Felswände sind der Natur nachempfunden. Auch die Wege sind in Strukturbeton hergestellt und vermitteln Authentizität. Hinzu kommen Wasserläufe, im Gelände verstreut liegende Felsbrocken und "tote Bäume", ebenfalls aus Beton modelliert.
Das gesamte Gelände gliedert sich funktional in diverse Flächen. Neben und zwischen den Freigehegen verlaufen die Wege und liegen bepflanzte Böschungen. Terrassen auf zwei Etagen dienen der Gastronomie und laden zum weiten Ausblick über den Zoo und die in Sichtweite fließende Weser oder zum Sonnenbad ein.
An der tiefsten Stelle des Zoos, unterhalb der Terrasse und umgeben von Tiergehegen liegt der Spielbereich. Die besondere Problematik, mit der die Architekten grundsätzlich zu arbeiten hatten, trat bei der Gestaltung der Spielanlage ebenfalls zutage: der äußerst begrenzte Raum. In einer Senke von nur 200 Quadratmetern Fläche inklusive eines 2,5 Meter breiten, sich durch dieses Gelände nach oben schlängelnden Weges war ein Bereich zu kreieren, der den diversen Anforderungen des Bauherren gerecht werden sollte.
Das mit der Gestaltung beauftragte Büro SpielRaumConcept hatte ein übergeordnetes Ziel umzusetzen: einen einzigartigen, gut funktionierenden und pflegeleichten Raum zu gestalten, der seinen positiven Beitrag zum wirtschaftlichen Ergebnis leistet.
SUG-Stellenmarkt
Folgende Gesichtspunkte spielten dabei eine besondere Rolle:
- den Ort zu einem weiteren Erlebnishighlight entwickeln und ästhetisch sowie gestalterisch in das Umfeld einbinden
- eine themenorientierte Spielanlage mit optimalem Bewegungsangebot und der umfassenden Möglichkeit zum Rollenspiel zu entwickeln, ohne den Raum zu überfrachten
- Erlebnisse während des Zoo-Besuches spielerisch zu verarbeiten
- Gewährleistung größtmöglicher Wartungsarmut und Wartungsfreiheit ohne Verlust an Spielwert
So entstand ein unter dem Thema "weites, rauhes Meer, Schifffahrt, einsame Schatzinsel" ein maritim gestalteter Spielbereich.
An den vorhandenen Felsklippen zerschellt liegt ein zerrissenes Schiffswrack, dessen Rumpfteile nach dem verheerenden Sturm verstreut im "Wasser" ruhen. Einzelteile wie Planken, Bretter und Masten sind von den Überlebenden auf der einsamen Insel für eine neue Behausung – einen Pfahlbau – verwendet worden.
Das Heck liegt Bauch nach oben am Ende des Kleintiergeheges und beherbergt in seiner einen Hälfte auch den Stall der Tiere. Kinder, die sich im Inneren dieses Raumes aufhalten, können die Tiere durch eine Glasscheibe hindurch beobachten. Der Bug des Schiffes liegt in leichter Schieflage mit aufgerissener Seitenwand an der bekletterbaren Felsklippe. Das Deck wie auch das Steuerrad des ehemaligen Seglers sind intakt.
Der Mast ist umgestürzt und stellt die Verbindung her zwischen Bug und einem weiteren Bestandteil des Schiffes, der ehemaligen Brücke des Kapitäns. Von hier aus wiederum geht es hinauf auf ein Podest in zwei Metern Höhe und weiter zum gläsernen Durchguck ins Kea-Gehege sowie über eine Wackelbrücke zur größten baulichen Einheit, dem sieben Meter hohen Baumhaus.
Die äußerst geringe Grundfläche des Platzes machte es erforderlich, auch Böschungen und Wege bespielbar zu machen. So wurden mit Sandsteinen und Findlingen harte Meeresklippen gestaltet. Diese felsig ausgestalteten Bereiche integrieren das Spielareal optisch in die steinige Zoolandschaft und bewirken größere Realitätsnähe. Besonders durch die Überbauung des Hauptweges konnte erheblicher Spielraum dazu gewonnen und die thematische Gestaltung intensiviert werden. Gleichzeitig wird dadurch jeder Zoogast zwangsläufig auch zum Besucher des Spielbereichs.
Farbe wurde sehr zurückhaltend eingesetzt. Um authentisch zu bleiben, verbot es sich mit bunten Flächen und Applikationen zu arbeiten. Sämtliche Holzkonstruktionen wurden sehr dezent nur in einem hellen Farbton gestrichen. Dem Betreiber blieb es überlassen, ob sich diese zukünftig ins Silbrig-Graue wandeln und eine noch stärkere Annäherung an von der Sonne ausgeblichenes Schwemmholz ermöglichen.
Die Kletter-, Hangel- und Balanciermöglichkeiten zwischen den Hauptbestandteilen sind vielfältig. Ebenso die Auf- und Abgänge: eine Leiter sowie eine in die Kunstfelsenwand integrierte Free-Climbing-Anlage geben üppig Gelegenheit zum abgestuften kraftvollen Erklettern. Über mehrere Etagen gelangen die Eroberer*innen und Schatzsucher*innen bis auf die Plattform in 4,5 Metern Höhe, um von hier einen spektakulären Aus- und Überblick über die Zoolandschaft zu genießen.
Wie es sich für ein Baumhaus gehört, sind die Standpfosten, Unterzüge und anderen Konstruktionsteile mit starkem Tau zusammengebunden und verdecken die eigentlichen Schraubverbindungen. Weitere typische Utensilien wie Fernrohre, Rumfässer und Truhen wurden ergänzend angeschafft.
Sämtliche Anlagenbestandteile sind in Robinie – Europas härtester Holzart – gefertigt. Die Anlage wurde ohne Pfostenanker in unterschiedliche Oberflächenbeläge mit entsprechend dimensionierten Betonfundamenten aufgestellt. Die Authentizität wird seit Fertigstellung der Anlage auch durch Fallschutz in blau eingefärbtem Holzhäcksel getragen.
Die Anlage liegt als markanter Erlebnisbereich im Zentrum des Zoos in enger Nachbarschaft zur Gastronomieebene. Von hier aus gelangen Kinder auch über eine Rutsche in die eigentliche, drei Meter tiefer gelegene Spielebene. Hier befindet sich in die Felswand integriert eine weitere ausgedehnte Free-Climbing-Wand.
Bis zum Frühjahr 2005 waren innerhalb eines Jahres rund 300.000 Kinder über den Platz "gegangen". Bis 2024, so der Geschäftsführer der Stägrund, besuchten rund fünf Millionen Besucher*innen den Zoo. Bis heute ist es zweifellos eine der am stärksten besuchten und damit auch beanspruchten Spielanlagen im Raum Bremerhaven und darüber hinaus. Die Anlage wird von Beginn an den jährlich vorgeschriebenen Kontrollen und Inspektionen unterzogen. In diesem Zuge wurden bei Bedarf Verschleißteile wie Seile, Taue, Ketten, Holzleisten und Sprossen erneuert.
Das Jahr 2019 kennzeichnet einen markanten Punkt in der Historie der Anlage. Bedingt durch die Verwitterung des äußeren Splintholzes, welches seitens des Herstellers bei Lieferung, wie damals üblich, noch nicht grundsätzlich entfernt worden war, entschloss sich der Zoo am Meer zu einer grundlegenden Renovierung (inkl. Entfernen des Splintholzanteils der gesamten Anlage).
Hierbei wurden ebenfalls sämtliche Bodenbeläge der Podeste und Brücke ersetzt, die Dacheindeckung komplett erneuert. Eine vorab durchgeführte Untersuchung sämtlicher in Holzhäcksel und Beton stehenden Standpfosten per Bohrwiderstandsmessung mittels Resistograph, einer anerkannten Technik vorrangig aus der eingehenden Baumkontrolle, ergab, dass sämtliche Hölzer mit teilweisen Durchmessern von bis zu 30 Zentimeter standsicher waren. Nach 15 Jahren Standzeit war das ein sehr erfreuliches Ergebnis, auf diesem basierend dann Arbeiten im Wert von rund 25.000 Euro erfolgten.
Die inhaltliche Ausrichtung wurde seitens der gemeinnützigen städtischen Betreiberin, der Zoo am Meer Bremerhaven GmbH, ergänzt durch ein Memory und eine Schatzkarte.
Im Februar dieses Jahres, rund 20 Jahre nach Eröffnung des Zoos und Inbetriebnahme der Anlage, erfolgte ein erneuter Check. Dieser erstreckte sich über 103 Bohrwiderstandsmessungen in quasi allen tragenden Teilen und dort auch in der für Fäulnis markanten Erd/Luftzone. Das Fazit der Untersuchung ist für die Betreiberin sehr erfreulich.
Die 27 Pfostenfüße mit ihren Betonfundamenten stehen in unterschiedlichen Bodenbelägen. An allen sind mehr oder weniger auffällige Hinweise auf leichte äußerliche Schäden durch Pilze und/oder Insekten zu sehen, was sicher auch daran liegt, dass hier, wie damals noch üblich, Robinie mit Splintholz verbaut wurde.
Dennoch wurden laut Gutachter an keinem der 27 untersuchten Pfostenfüße statisch relevante Schäden festgestellt und auch keine Hinweise darauf gefunden, dass die aktuell festgestellten Schädigungen sich in absehbarer Zeit so ausweiten würden, dass sie statisch relevant werden. So beschreibt der Bericht ". . . Die im Inneren einiger Pfosten festgestellten Hinweise auf beginnende Schäden/leichten Holzabbau durch "Innen- bzw. Kernfäulen" befinden sich noch in einem frühen Stadium und sind auch von daher statisch irrelevant (abgesehen von der ohnehin statisch relativ geringen Relevanz zentrischer Fäulen oder gar Hohlräume in geschlossenen Querschnitten)."
Empfohlen wurde, die Konstruktion in fünf Jahren wieder technisch untersuchen zu lassen. Laut Gutachter befinden sich sämtliche Standpfosten und andere tragende Teile auch nach 20 Jahren Standzeit statisch weitgehend unbeschadet im Gelände. Das ist beim Werkstoff Robinienholz nicht ganz ungewöhnlich.
Der Autor selbst hat mittlerweile 27 Jahre Erfahrung mit dem Einsatz dieser Holzart der Resistenzklasse 1. Die Resistenz 1 gemäß der EN 350-2 wird jedoch nur erreicht bei entsprechenden Holzdurchmessern mit älteren Jahrringen und entsprechendem Durchmesser. Je geringer der Anteil juvenilen, also jugendlichen Holzes, umso höher die Resistenz gegenüber holzzersetzenden Einflüssen. Erst ab einem Alter von etwa acht Jahren wird resistentes Holz der Klasse 1 gebildet. Da erscheinen die 15 Jahre Garantiezeit mancher Hersteller auch heute noch geradezu zurückhaltend.
Voraussetzung dafür ist der Einsatz makellosen Holzes. Die Qualitätssicherung beginnt dabei bereits beim Holzeinschlag und erstreckt sich über die Qualitätskontrollen auch während der Fertigung und Montage. Hierbei sollten Kernfäule, Höhlungen, Beulen ausgeschlossen und die Gewährung einer Holzfeuchte um die 18 Prozent plus/minus 6 Prozent gewährleistet werden. Eine eingehende Begutachtung verlangt im Zweifelsfall oder auch routinemäßig das exemplarische Aufschneiden von zu verwendenden Holzprofilen.
Mehr als zuvor sollte Wert gelegt werden auf kurze Transportwege, somit aus heimischen Quellen, vorzugsweise heimischen Wäldern Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns oder Sachsen-Anhalts. Weitere Holzanforderungen sollten im nahen europäischen Raum verortet werden, etwa in Ungarn und Serbien. Bereits beim Einschnitt im Wald sollten Qualitätsparameter eingehalten werden. Die Bestandsbesichtigung und Holzkontrolle vor Ort gewährleistet das.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit, der in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung erlangt hat, leitet sich maßgeblich aus der Standdauer der Anlage und letztlich den Lebenszykluskosten ab.
Heute kann man sagen, dass der damalige Einsatz dieser Holzart auf der Höhe der heutigen Zeit war und sich der vielleicht etwas höhere Anschaffungspreis wirtschaftlich gelohnt hat.
Spielanlage im Zoo am Meer
- Planung: SpielRaumConcept
- Bauherr: STÄGRUND (Städtische Grundstücksgesellschaft Bremerhaven mbH)
- Betreiber: Zoo am Meer Bremerhaven GmbH
- Hersteller sämtlicher Holzkonstruktionen:
SIK-Holzgestaltungs GmbH, Niedergörsdorf - Holzgutachter: ÖBVS Frank Rinn, Heidelberg