Sanierter Hofgarten und neugestalteter Landschaftspark

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Historische Parks und Gärten
Die Staudenpflanzung im Rasenparterre. Abbildungen und Fotos: Soweit nichts anderes angegeben, RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten.

Für die Landesgartenschau im April 2016 in Öhringen haben Bürger und Vereine mehr als 10000 bunte Holzstelen in den Farben des Öhringer Gartenschaulogos gestaltet. Die farbenfrohen Stelenreihen zieren nun Wege und Straßen der Region Hohenlohe und geben einen Vorgeschmack auf das anstehende Fest. Nach den erfolgreichen Gartenausstellungen in Schwäbisch Gmünd und Mühlacker sind die Erwartungen an die knapp 23000 Einwohner zählende Stadt hoch. Aber was können die Hohenloher von den Umbaumaßnahmen der vergangenen fünf Jahre erwarten? Nachhaltige Stadtentwicklung, innovatives Gartendesign oder Blümchenschau? Die Antwort liegt, wie so oft, irgendwo dazwischen.

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Gesamtlageplan der vier Ausstellungsbereiche.

Die Landesgartenschau ist für Öhringen die prägendste städtebauliche Maßnahme der letzten Jahre. Mit dem Ziel, die freiräumlichen Qualitäten Öhringens für die Bewohner zu stärken und die Attraktivität der Stadt für den Tourismus zu fördern, ist die sechsmonatige Ausstellung ein Initiator für eine langfristige Entwicklung. Der Flusslauf Ohrn verbindet die verschiedenen Ausstellungsteile miteinander und wurde in den Innenstadtnahenbereichen für die kommende Jahrzehnte hochwassersicher ausgebaut Dazu wurde der Ufer- und Sohlenverbau entfernt und die Ohrn mittels Lenkbuhnen stabilisiert, so dass sich vielfältige Gewässerlebensräume entwickeln konnten.

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Entwurfsplanung Weltgarten.
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Die Hainbuchenpflanzung in den Alleen.
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Der Gräserwald vor der historischen Kulisse. Foto: ATELIER hans-georg kellner

Die historische Parkanlage Hofgarten und der neugestaltete Landschaftspark in der Cappelaue sind die Hauptausstellungsbereiche des Gartenschaukonzepts. Verbunden werden diese beiden Teilbereiche durch den Cappelrain, einen Bereich der vor allem im Nachgang zur Gartenschau innenstadtnah neue Qualitäten entwickeln wird.

Der zusammenhängende Naturraum des Flusses wurde dabei langfristig gestärkt und als solcher für die Öhringer erlebbar gemacht. Neben den Aspekten des Naturschutzes ist der Fluss mit seinen angrenzenden Freiflächen von gesamtstädtischer Bedeutung zur Erholung. Er ist das grüne Bindeglied zwischen der Innenstadt und dem Landschaftsraum Cappel sowie den neu entstehenden Wohnquartieren am Limespark.

Das Hofgut Cappel, der vierte Ausstellungsteil, ist eine historische Parkanlage in Privatbesitz, die für den halbjährlichen Ausstellungszeitraum seine Pforten öffnet. In den drei ohrnnahen Ausstellungsbereichen wurde je eine Brücke in gleicher Gestaltungssprache errichtet, um die Stadtteile nördlich und südlich des Gewässers zukünftig noch intensiver miteinander zu vernetzen.

Mit ausreichend Sport- und Spielbereichen wird Öhringen dem jüngeren Publikum gerecht. Drei neue Spielplätze, eine Skateanlage und ein multifunktionales Spielfeld für Fuß- und Basketball bleiben aber auch nach der Ausstellung für Öhringen und das restliche Hohenlohe bestehen.

Aber auch die Ausstellung braucht den Vergleich zu seinen Vorgängern nicht zu scheuen und kommt dem vielfältigen Wunsch nach Blüten und Blumen nach. Ein farbenfrohes Staudenmeer erwartet den Besucher beim Eintritt ins Gartenschaugelände, mit einem Blick von der höhergelegenen Schlossterrasse auf den barocken Teil des Hofgartens. Alleine im Rasenparterre erstreckt sich eine etwa 3000 Quadratmeter große dauerhafte Staudenpflanzung sowie 700 Quadratmeter Wechselflor.

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Blick auf die neue Ohrnschleife.
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Blick auf die historischen Gebäude mit dem Heckengarten.

In der Cappelaue ist es der Limes, der dem Motto der Gartenschau treu bleibt. Die von Nord nach Süd verlaufende Grenze zwischen dem römischen Reich und Germanien wurde vegetativ durch eine Heckenskulptur aus Blutbuchen in Szene gesetzt und zur Gartenschau durch ein üppiges Wechselflorband sowie zahlreiche Geophyten im Frühjahr ergänzt.

Die Bandbreite der Themengärten erstreckt sich zwischen den klassischen Hausgärten der Landschaftsgärtner, dem Beitrag der Baumschuler oder des Imkereivereins bis hin zu aktuellen Themen wie dem Weltgarten, in dem die Kontinente durch farblich zugeordnete Hochbeete nach Hohenlohe geholt werden

Ein Geschenk haben sich die Öhringer Bürger aber schon vorab zur Ausstellung selber gemacht. Durch das Engagement des "Freundeskreises der Landesgartenschau" haben zahlreiche Bürger und Vereine die Gartenschau unterstützt und ebnen durch ihr ehrenamtliches Engagement den Weg für eine erfolgreiche Ausstellung. Besonders deutlich wird die Unterstützung am Projekt Kristallturm, einem 18 Meter hohen Kletterturm, der ausschließlich durch die Bürgerinitiative finanziert wurde und ein weiterer Höhepunkt der Ausstellung sein wird.

Ein Jungbrunnen für den Hofgarten

Der entwurfliche Schwerpunkt des Hofgartens liegt auf dem zeitgemäßen Umgang mit dem historischen Erbe. Die Planung musste abwägen und vermitteln im Spannungsfeld zwischen den Zielen der Denkmalpflege, des Naturschutzes und der Schaffung eines lebendigen und vitalen Ortes für die Bewohner. Während einige Teile der Parks rekonstruiert wurden, sind andere durch eine zeitgenössische Gestaltung ergänzt worden. Neue Entwurfselemente sollten dabei stets als solche "ablesbar" sein.

Betritt man den Hofgarten, das städtebauliche Herz der Öhringer Innenstadt, stellt man fest, dass dieser sich keiner Stilepoche mehr eindeutig zuordnen lässt. Elemente des englischen Landschaftsparks sind ebenso zu finden wie die Elemente der barocken Gartenkunst. Zusammen mit dem Landesdenkmalamt wurde ein Leitzustand definiert, nach dem die einzelnen Elemente rekonstruiert und saniert wurden. Das konservatorische Bild orientierte sich am "verlandschaftlichen Barockgarten" des frühen 19. Jahrhunderts.

Eine besondere Herausforderung stellte dabei der Umgang mit dem jahrhundertealten, zum Teil aber sehr maroden Baumbestand, dar. Die beiden raumprägenden Alleen im Nordteil konnten aufgrund der mangelnden Vitalität nicht erhalten werden und wurden komplett neu aufgesetzt. Dazu wurden 64 bis zu 25 Jahre alte Hainbuchen gepflanzt.

Ein Highlight bildet die neue Hofgartentreppe, die das höher gelegene Schloss mit dem eigentlichen Garten verbindet. Die Architektur nach dem Vorbild einer Sprungschanze wirkt dynamisch, der goldene Anstrich wird dem fürstlichen Kontext der Anlage gerecht.

Im Bereich eines ehemaligen Küchengartens entstand ein heckenumsäumter Gartenraum, der Generationengarten. Durch die Verlagerung des vorhandenen Spielplatzes auf die angrenzende Allmandwiese im Westen des Parks konnte die geradlinige Grundstruktur der historischen Wegefigur weitgehend rekonstruiert werden. Im Gegensatz zum äußeren Wegegerüst wird die innere, streng orthogonale Struktur des Nutzgartens nicht rekonstruiert. Intensiv bepflanzte Hochbeete, ein Wasserspiegel, ein Kleinkinderspielplatz sowie zwei Holzdecks gruppieren sich in freier Form auf einer platzartigen, wassergebundenen Grundfläche. Durch die Anordnung der 50 Zentimeter hohen Holzdecks lassen sich die beiden vorhandenen, wertvollen Flügelnussbäume schonend in den Gartenbereich integrieren. Ihr besonderer Habitus prägt den zukünftigen Charakter des Gartens.

Ein neuer Spielplatz ist im Osten des Parks auf der Allmandwiese mit dem Thema Gräserwald entstanden. 60 bis zu sieben Meter hohe Stahlgräser schwingen wie Ähren im Wind und beherbergen zahlreiche Spielangebote.

Beachtenswert ist vor allem der neue Streichelzoo im Süden des Parks. Seit Jahren ist das Öhringer Tiergehege ein Anziehungspunkt in der Region. Das Konzept der einzelnen Stallungen wurde aufgelöst und durch eine Vogelvoliere und ein einzelnes großes Stallgebäude ersetzt. Die Außenanlagen bilden jetzt einen Streichelzoo mit Schafen, Eseln, Hühnern und Kängurus. Die Holzarchitektur, die für die Gebäude gewählt wurde, setzt sich durch einen Zaun aus 450 Holzlamellen im Freiraum fort und fügt das Gehege in die Architektur des Parks ein.

Die Verlagerung des Tiergeheges eröffnet die Möglichkeit, das Gebäudeensemble im Hofgartenrund um das historische Hoftheater enger in den Park zu integrieren und die historische Architektur heraus zu stellen. Formal werden die Gebäude in die Wegestruktur integriert. Vorgabe ist die Wegeführung des ursprünglichen Landschaftsgartens, die unter Berücksichtigung des Baumbestandes in Annäherung rekonstruiert werden kann. Von dem ehemaligen Nutzgarten in der Nähe des Hoftheaters ist heute lediglich ein Mauerrelikt vorhanden, welches im ehemaligen Tiergehege kaum zur Geltung kam. Auch hier bieten sich durch die Verlagerung des Tiergeheges neue Möglichkeiten. Der Entwurf sieht südlich der Mauer einen Heckengarten aus langen, etwa 50 bis 80 Zentimeter hohen Buchsbaumreihen vor. Die Wege zwischen den Reihen sind wassergebunden. Entlang der Mauer entsteht ein nach Süden ausgerichteter Sitzplatz.

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Die Rotbuchenhecke entlang des historischen Grenzwalls.
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Der Blick auf das Herrenhaus im Hofgut.

Mehr Schwung für die Ohrn

Mit der Renaturierung des Flusslaufes im Verbindungsraum zwischen Hofgarten und Cappelaue schafft Öhringen die wohl nachhaltigste Stadtentwicklung. In diesem Abschnitt ist durch den Wegfall der Tennis- und Skateanlagen eine großzügige Aufweitung der damals stark beeinträchtigten Gewässeraue möglich.

Neben der Verlegung der begradigten Ohrn wurde das Leitungsnetz der Stadt in diesem Bereich komplett erneuert. Eine neue 26 Meter lange Brücke stärkt die Verbindung der neuen Skateanlage im Süden mit den Sportflächen im Norden. Der neue Brückenkopfplatz korrespondiert formal mit dem neuen Bauwerk. Der ohnehin schon stark durch eine Schule, die Schwimmbäder und Sportanlagen geprägte Freiraum wird durch weitere Angebote für die Öhringer Jugend noch attraktiver gemacht.

Der Fluss wurde durch einen seitlichen Steinverbau hochwassersicher hergestellt. Lenkbuhnen, Rauschen und Störsteine erhöhen die Diversität des Gewässers enorm und geben Habitate für Artenvielfalt in Fauna und Flora. Aber auch für die Öhringer Bürger gibt es neue Möglichkeiten zur Naherholung und Aufenthalt am Gewässer. Oberhalb des neuen Ohrnstrands mit seinen breiten Kiesflächen, entsteht eine Beachbar auf zwei Holzdecks, die sich durch Natursteinmauern in Sitzhöhe zum Gewässer abtreppen.

Aus Landschaft wird Park

Die Cappelaue steht als offener Landschaftsraum in starkem Kontrast zu den anderen Ausstellungsbereichen. Die ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen konnten im Vorfeld von der Stadt Öhringen gesichert werden, um diese als einen extensiven Landschaftspark um nutzen zu können.

Herzstück bildet der historische Grenzwall zwischen Germanien und dem römischen Reich. Die ehemalige Palisadenwand mit dem nachgelagerten Spitzgraben wurde vegetativ interpretiert. Eine 450 Meter Achse aus architektonisch geschnittenen Heckenelementen prägt den Landschaftsraum zukünftig. Der übrige Park folgt dem achsialen Thema parallel zum Limes und wird in Ost-Westrichtung durch lange geschwungene Wege unterbrochen. Die großzügigen Wiesenflächen im Auenbereich der Ohrn sind zurückhaltend bespielt. In Birkenhaine eingebettete Spiel- und Sportflächen sollen zukünftig als Anziehungspunkte in der ganzen Region wirksam sein. Der großzügige Spielplatz mit Spielgeräten in Schwarz-Weiß-Lackierung, folgt dem Birkenthema der Umgebung und prägt mit einem zehn Meter hohen Kletterturm und angrenzenden Kletterstrukturen den südlichen Parkteil. Das Pendant zum Spielplatz südlich der Ohrn ist die Multifunktionssportanlage im Norden, die sich ebenfalls durch eng gepflanzte Betulagehölze in die Auenlandschaft einschmiegt. Zwei Natursteinbastionen in den beiden Parkteilen ziehen die Anlage als einzige wiederkehrende architektonische Elemente zusammen.

Aus dem Dornröschenschlaf erweckt

Historisch sind wenige Plangrundlagen des Hofguts Cappel erhalten geblieben. Auch archäologische Untersuchungen konnten nur bedingt Aufschluss über das tatsächliche Erscheinungsbild geben. Das konservatorische Leitbild für die denkmalgeschützte Anlage orientiert sich an der terrassierten Gartenanlage des 19. Jahrhunderts sowie einer achsialen Wegefigur, die vermutlich bis in die Barockzeit zurückreicht. Auch wenn für den ursprünglichen Garten vor 1833 keine Kartenwerke bekannt sind, kann davon ausgegangen werden, dass er ursprünglich als barocker Lustgarten angelegt wurde. Im Laufe seiner Geschichte entwickelten sich die rein repräsentativen Elemente des Gartens zurück. Die achsiale Grundstruktur wurde aufgegeben. Stattdessen trat die gärtnerische und landwirtschaftliche Nutzung des Hofgutes mehr und mehr in den Vordergrund. Der Entwurf sieht die Rekonstruktion der wesentlichen barocken Elemente vor.

Heute teilt sich die Anlage in drei Teilbereiche auf, die durch unterschiedliche Zeitepochen geprägt sind. Den barocken Teil, der sich mit geometrischen Formen und drei Landschaftsterrassen zum Herrenhaus und dem davor gelegenen Wasserbassin abtreppt. Den klassizistisch geprägten Teil rund um das Herrenhaus und den funktional geprägten Wirtschaftshof, dessen Gebäude sich rund um eine zentrale Rasenfläche anordnen.

Auf Grundlage dieses Leitzustands wurde die Anlage instand gesetzt. Der vorhandene Fichtenwald des barocken Teils, der die Gartenanlage über die Jahrzehnte verfälscht hat, wurde gerodet, um die gestalterisch wertvollen Gehölze und Wege wieder in Szene zu setzen. Die Anlage wurde dadurch optisch wieder durchgängig lesbar.

Die historischen Mauern vor dem Herrenhaus wurden aufwendig kartiert, bautechnisch bewertet und denkmalgerecht saniert. Das große Wasserbassin ist in seiner Originalgröße rekonstruiert worden. Die parallel um das Wasserbecken verlaufenden Wechselflorbeete unterstützen die elliptische Form des Bassins. Der Bereich des Wirtschaftshofs wurde in seinen Grundzügen belassen. Einzig der mittlere Bereich zwischen den Gebäuden ist als ebene Rasenflächen hergestellt worden, um die Fläche für kleinere Veranstaltungen nutzbar zu machen.

Ob die prognostizierten Zahlen von 750.000 Besuchen tatsächlich erreicht werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu sagen. Es gibt allerdings schon Grund optimistisch auf das anstehende Fest in Hohenlohe zu schauen. So überschreiten die 27.000 verkauften Dauerkartentickets schon heute die Einwohnerzahl Öhringens.

Dipl.-Ing. Johannes Czerniejewski
Autor

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

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