Schadensvermeidung

Begrünte Dächer sind so gut wie ihre fachgerechte Ausführung und Pflege

Dachbegrünung
Auch Steildachbegrünungen funktionieren – bei fachgerechter Planung, Ausführung und Pflege. Fotos: "Optigrün"

In Deutschland werden pro Jahr etwa acht Millionen Quadratmeter Dachfläche neu begrünt. Dachbegrünungen vereinen eine Vielzahl an positiven Wirkungen, so ist es nicht verwunderlich, dass sie in einem Atemzug mit Hochwasser, Hitzewelle, Klimaänderung, Feinstaub und Biodiversität als Vorbeugungs- und Schutzmaßnahme genannt werden. Obwohl vielen gelungenen Gründachprojekten nur eine verschwindend geringe Anzahl an Schadensfällen gegenüber steht, halten sich hartnäckig bestimmte Vorurteile gegen Gründächer. Bei den meisten Reklamations- und Schadensfällen lagen Planungs- oder Ausführungsfehler (oftmals unter Preis- und Konkurrenzdruck zu Lasten der Qualität) oder Abstimmungsdefizite mit anderen Gewerken vor.

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Dachbegrünung
Funktionsschichten einer Flachdachbegrünung und ihre Fehlerpotenziale.

Die Auswirkungen fehlerhafter Dachbegrünungen

Folgende Auswirkungen fehlerhafter Dachbegrünungen können festgestellt werden:

  • Erscheinungsbild (Vegetationsbild, Erosionsschäden, stehendes Wasser)
  • Undichtigkeit der Dachabdichtung
  • Fehlende oder eingeschränkte Nutzbarkeit
  • Schäden an der Dachkonstruktion

Die Hauptfehlerquellen bei Dachbegrünungen

Die verschiedenen Fehlermöglichkeiten lassen sich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) in acht Fehler-Kategorien einteilen:

  • Nutzungsziel/Bauherrenwunsch
  • Vorgaben aus dem Bebauungs-Plan
  • Bauliche und örtliche Gegebenheiten
  • Vor- und nachfolgende Gewerke
  • Gründach-Schichtaufbau
  • Gründach-Einbau
  • Pflege und Abnahme
  • Planung und Koordination

Nicht immer können die Wünsche und Vorstellungen des Bauherrn (schadensfrei) umgesetzt werden. So gehören rhizombildende Pflanzen (Bambus) nicht auf das Dach. Derzeit gibt es keine Dachabdichtung oder Rhizomsperren, die dafür geeignet wäre. Ebenso bereitet die Nachrüstung schon begrünter Dächer mit Photovoltaikmodulen Probleme hinsichtlich Zerstörung der Vegetation und erhöhtem Pflegeaufwand.

Auch die mit besten Absichten in B-Plänen festgelegten Vorgaben können in Verbindung mit Dachbegrünungen zu Problemen führen und müssen schon in der Planungsphase berücksichtigt werden wie beispielsweise die Kombination mit Photovoltaik oder mit nachgeschalteter Regenwassernutzung.

Dachbegrünung
Aufstauendes Wasser. Ursache ist eine ungeeignete Dränage.
Dachbegrünung
Windverwehungen bei einem höheren Gebäude – der Aufbau war nicht verwehsicher.
Dachbegrünung
Abgerutschtes begrüntes Steildach: Ursache eine ungeeignete Rutschsicherung.

Bauliche und örtliche Gegebenheiten

Die baulichen Gegebenheiten müssen in der Planungs- oder Ausführungsphase berücksichtigt werden, um das gewünschte Begrünungs- und Nutzungsziel zu erreichen.

Als Folge überschüssigen Wassers können nicht mit eingeplante Lasten entstehen. Das bei einer Vernässung der Vegetation entstehende Schadensbild sieht wie folgt aus: lückenhafter Bewuchs, Ausfall von Pflanzen, Entwicklung zu Moos- und/oder Gras-Vegetationen.

Oft steht bei Null-Grad-Dächern das Wasser großflächig und mehrere Zentimeter hoch vor den Dachabläufen. Durch Anpassung des Gründachaufbaus kann nur bedingt entgegengewirkt werden, beispielsweise mit der Verwendung eines mehrschichtigen Aufbaus und einem Dränelement, das etwa ein bis zwei Zentimeter höher ist als der maximale Wasserstand.

Nicht selten kommt es vor, dass höher liegende Flächen auf die darunter liegende begrünte Dachfläche entwässert werden. Die beste Lösung ist eine getrennte Entwässerung der Fläche und die zielgerichtete Ableitung zum nächst gelegenen Dachablauf.

Ab etwa 12 Meter Gebäudehöhe oder in windexponierter Lage sind Dachbegrünungen möglichen "Windangriffen" ausgesetzt. Schadensfälle werden vor allem an windexponierten Eck- und Randbereichen, aber auch an aufgehenden Bauteilen und größeren Dachdurchdringungen beobachtet. Hier sind Berechnungen im Vorfeld notwendig und gegebenenfalls Sicherungsmaßnahmen wie Rasengittersteine oder Vegetationsmatten zu ergreifen.

Wenn der Dachbegrüner kommt, müssen die Voraussetzungen für eine Begrünung hinsichtlich ausreichender Statik, Wurzelschutz nach FLL oder DIN 13948 mit ausreichenden Anschlusshöhen oder Entwässerung gegeben sein. Ein Koordinationsfehler liegt vor, wenn nachfolgende Gewerke (Klimaanlage, Blitzschutz, usw.) nach dem Aufbringen der Begrünung über die Fläche gehen und die Begrünung schädigen.

Gründach-Schichtaufbau

Der Begrünungserfolg hängt von einer funktionsfähigen Dränage und dem sicheren Ableiten des Überschusswassers ab.

Eine falsche Substratwahl kann dazu führen, dass die Pflanzenentwicklung gestört ist, Überschusswasser nicht abfließen kann und sich erhöhte Lasten einstellen. Die Anforderungen an Substrate werden durch die FLL-Dachbegrünungsrichtlinie beschrieben und mit Kenndaten hinterlegt.

Die Mindestschichthöhe einschichtiger Dachbegrünungen ist nach den FLL-Richtlinien auf 8 Zentimeter festgelegt. Bei niedrigeren Aufbauten ist mit Vegetationsausfällen zu rechnen.

Bei Dachneigungen ab 15 Grad sind dauerhaft funktionsfähige, das heißt, unverrottbare Rutschsicherungen zu verwenden. Die verwendeten Produkt- und Systemlösungen müssen hinsichtlich Schubkraftaufnahme und Stabilität ausreichend dimensioniert sein. Lösungen, die die Dachabdichtung nicht durchdringen, sind zu bevorzugen, um potenzielle Undichtigkeitsstellen zu minimieren. Die Fertigstellungspflege gehört zur Erstellung der Dachbegrünung. Fehlende Pflege kann Schäden nach sich ziehen wie Windverwehungen und Substratabrutschungen, Ansiedlung von unerwünschtem Fremdbewuchs oder etwa Zusetzen von Dachabläufen mit Laub.Dem Architekten kommt eine wichtige Rolle bei der schaden- und reklamationsfreien Umsetzung eines Dachbegrünungsprojekts zu. Er muss im Grunde fast alle vorgenannten Punkte beachten, in seiner Planung und Ausschreibung berücksichtigen und später während des Bauablaufs koordinieren und überwachen.

Dachbegrünung
Fehlerpotenziale begrünter Steildächer.

Der erste und wichtigste Schritt zu einem dauerhaft funktionsfähigen Gründach ist die genaue Bedarfsermittlung. Es muss klar sein, welche Vorstellungen der Kunde über die Nutzung und das Erscheinungsbild seiner Dachbegrünung hat. Von diesen Vorgaben und den baulichen Gegebenheiten hängt die weitere Planung des Gründachaufbaus ab. Auch wenn die Vielzahl an Schadenspotenzialen anders vermuten lässt, so gibt es bei den jährlich in Deutschland umgesetzten etwa 8 Millionen Quadratmeter Dachfläche wenige Reklamations- und noch weniger echte Schadensfälle. Dennoch ist gerade beim Dach auf schadensfreies Arbeit zu achten, da Fehler schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können. Die "Top" der Schadenspotenziale von Dachbegrünungen liegen bei Dränage und Entwässerung, Substrat, Pflege und Steildachbegrünung. Es ist von allen Beteiligten auf eine richtlinienkonforme Qualität in allen Phasen der Wertschöpfungskette, von der Ausschreibung bis zur Ausführung zu achten und einzuhalten. Die Vorgaben des Architekten dürfen auch in der preisumkämpften Vergabephase der Projekte nicht hinten runterfallen.

Viele Millionen Quadratmeter fachgerecht ausgeführter und nachhaltig funktionsfähiger Projekte, manche schon 40 Jahre alt, sprechen für sich und eine positive Zukunft mit Dachbegrünungen.

Planungshilfen

  • Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) - 2008: Richtlinie zur Planung, Ausführung und Pflege von Dachbegrünungen (Dachbegrünungsrichtlinie). Bonn
  • Pfoser, N., Jenner, N. et al. (2013): Gebäude, Begrünung und Energie. Potenziale und Wechselwirkungen. Bonn
  • Köhler, M., Mann, G., et al. (2012): Handbuch Bauwerksbegrünung. Planung - Konstruktion - Ausführung. Köln
  • Optigrün international AG (2015) Planungsunterlage zur Dach- und Fassadenbegrünung. Krauchenwies.

    Dr. Gunter Mann

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