Sturmschäden
Wer haftet für einen Astbruch bei einem Grenzbaum?
Im rechtskräftigen Urteil des LG Mönchengladbach vom 23.07.2019 - 3 O 223/17- geht es um die Haftung des Grundstückseigentümers für durch Astabbruch eines Grenzbaums verursachte Schäden. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war zum Schadenszeitpunkt am 09.06.2014, als das Orkantief "Ela" über das Gemeindegebiet der beklagten Kommune hinweg zog, Mieter eines unmittelbar an einen gemeindlichen Wirtschaftsweg angrenzenden Grundstückes. Im räumlichen Zusammenhang mit dem gemeindlichen Wirtschaftsweg und dem Grundstück der Vermieterin des Klägers steht eine Esche. Im Zuge des Orkantiefs brach ein Ast dieser Esche ab und beschädigte das unter dem Baum geparkte Fahrzeug des Klägers.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich um einen Grenzbaum handelt, oder dieser ausschließlich auf dem Wirtschaftsweg der Beklagten steht. Weiterhin ist zwischen den Parteien streitig, ob im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht für den Baum im Vorfeld äußerlich erkennbarer Handlungsbedarf im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht bestanden hat oder, ob der Schaden durch einen im Vorfeld nicht erkennbaren natürlichen Astbruch verursacht worden ist.
Das LG Mönchengladbach hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass die Beklagte für den streitgegenständlichen Teil der Esche nicht verkehrssicherungspflichtig ist. Denn ausweislich des Sachverständigengutachtens handelt es sich um einen Grenzbaum, und die Bruchstelle befand sich an dem Teil des Grenzbaums, der vollständig auf dem Grundstück der Vermieterin des Klägers steht. Es handelt sich um einen Grenzbaum im Sinne des § 923 BGB, weil er mit seinem Stamm auf der Grundstücksgrenze steht.
Unter Bezugnahme auf das Grenzbaumurteil des BGH vom 02.07.2004 - V ZR 33/04 - und dem dort aufgestellten Grundsatz des sogenannten vertikal geteilten Eigentums bei Grenzbäumen hat das Gericht die Klage abgewiesen, weil jeder Grundstückseigentümer für den ihm gehörenden Teil eines Grenzbaums in demselben Umfang verkehrssicherungspflichtig ist, wie für einen vollständig auf seinem Grundstück stehenden Baum. Die Beklagte war hingegen für den Teil des Grenzbaums, von dem der schadensursächlich gewordene Ast stammte, nicht verkehrssicherungspflichtig, weil sich dieser nicht auf ihrem Grundstück befunden hat. Mit den weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen hat sich das Gericht nicht befasst, weil diese nicht mehr entscheidungserheblich waren.
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Die Entscheidung folgt dem Grundsatzurteil des BGH vom 02.07.2004 - V ZR 33/04 - (vgl. hierzu ausführlich Braun, Grenzbäume - Verkehrssicherungspflicht und Hinweispflicht kommunaler Baumkontrolleure, FLL-Verkehrssicherheitstage 2012, Tagungsband, S. 71), jüngst bestätigt durch BGH, Urteil vom 22.02.2019 - V ZR 136/18 -, juris (Urteilsbesprechung Braun in SuG 06/2019, 60). Danach steht ein Grenzbaum nicht im Miteigentum, sondern im Teileigentum der Grundstückseigentümer. Stünde ein Grenzbaum im Miteigentum der Eigentümer, würde jeder Miteigentümer dem Geschädigten gegenüber anteilig nach Bruchteilen haften. Beim Teileigentum hingegen haftet jeder Teileigentümer für von seinem Teileigentum verursachte Schäden in vollem Umfang. In der Entscheidung des BGH ging es allerdings um Ansprüche der Grenzbaumeigentümer untereinander, während es vorliegend um Ansprüche eines Dritten gegen einen der Grenzbaumeigentümer ging. Nicht recht nachvollziehbar ist im vorliegenden Fall, warum bei bestehender Unsicherheit über den richtigen Anspruchsgegner der Kläger vorliegend nicht alternativ sowohl die Gemeinde als auch seine Vermieterin verklagt hat oder letzterer zumindest im vorliegenden Rechtsstreit den Streit verkündet hat, um sich bei Klageabweisung gegen die Gemeinde Regressansprüche gegen den richtigen Anspruchsgegner zu sichern.
Bei Rechtsstreiten im Zusammenhang mit Grenzbäumen geht es im Übrigen schwerpunktmäßig um Schadenersatzansprüche wegen eigenmächtigen Fällens eines Grenzbaums ohne Zustimmung des Nachbarn. Zu dieser Thematik sei hingewiesen auf die Urteile des Schleswig-Holsteinischen OLG vom 17.10.2017 - 3 U 24/17 -, juris und des AG Friedberg vom 10.03.2017 - 2 C 809/16 -, juris sowie den Beschluss des OLG Koblenz vom 08.12.2011 - 5 U 1158/11 -, juris. Hier scheitern begründete Schadenersatzansprüche häufig am Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens, wenn derjenige, der den Grenzbaum fällt, einen Anspruch auf Zustimmung des Nachbarn zur Fällung gehabt hätte.
Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung