Von der Baustelle zur Schaustelle

IGA Berlin 2017: Naturnaher Erlebnisraum Kienberg

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IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Viel Inspiration für den Besucher und das Fachpublikum, das nach pflegeleichten außergewöhnlichen Staudenkombinationen für trockene Sonnen- und Hanglagen sucht, bieten die Steinbilder an den Kienbergterrassen. Foto: Lichtschwärmer

Am 13. April 2017 wird die IGA Berlin ihre Tore öffnen - Grund genug, vorab einen Geländerundgang zu unternehmen und einige der interessantesten Pflanzbereiche wie den neuen, neben den Gärten der Welt gestalteten Kienbergpark anzuschauen. Wer zukünftig mit der U5 dorthin nach Marzahn-Hellersdorf fährt, muss sich jetzt den Namen der neuen Haltestelle merken: aus der "Neue Grottkauer Straße" wurde "Kienberg - Gärten der Welt". Hier befindet sich unmittelbar an der U-Bahn Haltestelle einer der zwei Eingangsbereiche zum IGA-Gelände und zur Seilbahn, die bis zu den Gärten der Welt führt. Mit dieser direkten und attraktiven Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist der Park vom Berliner Zentrum aus schnell zu erreichen. Insbesondere, wenn ab 2018 der letzte Streckenabschnitt bis zum Hauptbahnhof fertig gestellt sein wird.

Der Kienberg, der auch Namen wie "Hellersdorfer Berg" und "Marzahner Kippe" trug, misst heute 102 Höhenmeter. Entstanden ist er in der Eiszeit - als Teil der Barnimer Hochfläche. Ursprünglich war er allerdings nur etwa 60 Meter hoch. Zwischen 1946 und 1984 hat man ihn mit Kriegstrümmern und Bauschutt von der ehemaligen Karl-Marx-Allee (heute Landsberger Allee) und aus dem Zentrum der Stadt aufgeschüttet. Bodenaushub der Großsiedlung Marzahn kam hinzu und ließ ihn wachsen. Mitte der 1970er-Jahre wurde über Pläne nachgedacht, um den Kienberg herum ein Naherholungsgebiet mit Gondelteich und Ruderbootausleihe zu bauen. Diese Pläne wurden aber nie realisiert. Stattdessen entstanden nach und nach Kleingärten. Freiwillige pflanzten 1987 unterschiedliche schnellwachsende Büsche und Bäume: Robinien, Pappeln, Weiden und Eschenahorn. Das Gelände wuchs zu. Neophyten breiteten sich stark aus, verdrängten einheimische Gewächse und verringerten die Artenvielfalt. Ende der 1990er-Jahre wurde eine kleine Aussichtsplattform geschaffen. Seit 2005 führte ein Rundweg um den Kienbergberg herum. Sehen konnte man aber wenig - das Blätterdach war inzwischen dicht.

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IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Auch eine Streuobstwiese mit historischen Apfelbäumen, Quitten und 100 weiteren Bäumen gehört zum Ensemble – gefördert u. a. von der Allianz Umweltstiftung. Foto: Lichtschwärmer
IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Verantwortlich für die Anlage innerhalb des Generalplans von geskes.hack.Landschaftsarchitekten Berlin ist das Garten -und Landschaftsarchitekturbüro LOMA. architecture. landscape. urbanism. Foto: Lichtschwärmer

Das Wuhlegewässer am Rand des Bergs war noch bis in die 1980er-Jahre eher ein Abwasserkanal. Die erste Stufe der Renaturierung der Wuhle vom Klärwerk Berlin-Falkenberg bis zur B 1 in Marzahn-Hellersdorf erfolgte 2002 bis 2004. Nach Beschluss der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2000 wurden zudem weitere Maßnahmen zu Verbesserung der Gewässerqualität identifiziert, aber noch nicht umgesetzt.

Weitere Aussichten auf Renaturierung und Gestaltung für diese terra incognita brachte die Planung für die internationale Gartenausstellung IGA Berlin 2017: In der Umsetzung zeigt das Gelände jetzt wieder offene Landschaften, man hat Sichtachsen zur Berliner Innenstadt geschaffen, den Berg erschlossen, die Wuhle gereinigt und durch zusätzlich renaturierte Biotope die Artenvielfalt belebt. Von einer Seilbahn, die über den Berg führt, lässt sich das Ergebnis von oben betrachten. Was schon jetzt aus der Vogelperspektive auffällt: Der neue Kienbergpark bietet attraktiv gestaltetes Grün und hohe Aufenthaltsqualität, die einem Stadtpark zusteht - Parkinhalte, die auch nach der internationalen Gartenausstellung bleiben werden.

Mit der IGA entsteht ein vielseitiger Volkspark

Die Wuhle ist sauber, die Uferzonen sind mit heimischen Wildstauden bepflanzt worden - dazu hat die IGA gemeinsam mit Berliner Naturschutzverbänden standorttypische, gebietseigene Pflanzen von natürlichen Standorten des Bezirks Pankow umgesetzt. Tausende von Ufer- und Wasserpflanzen wie die Schwertlilie, Blutweiderich und Wasserdost. 4000 Grasnelken kamen hinzu, - sie sind eine im Wuhletal nur noch selten vorkommende Zielart des Florenschutzes in Berlin. Das Saatgut stammt ebenfalls aus Pankow. Eine Brücke, der sogenannte Wuhlesteg, verbindet nun die Stadtteile Marzahn und Hellersdorf. Jeweils rund 25 Meter messen die stählernen Brückenelemente, die dazu mit Tiefladern angeliefert und mithilfe eines Krans in die Stützpfeiler eingehoben wurden. So wandert man zukünftig auf einem neuen Weg in bis zu acht Metern Höhe. Ausgehend vom Jelena-S?antic´-Friedenspark durchquert der neue Wuhlesteg zunächst den Wuhletal-Rad-Wanderweg. Dann fällt er ins Gelände ab und führt entlang des nördlichen Wuhleteich-Ufers flach über Wiesen bis zum Fuß des Kienbergs. Hier endet er an der scheinbar schwebenden Holzplattform der Seeterrasse und eröffnet für alle Besucher den Blick über das gesamte Wuhletal.

Auf der zirka 280 Meter langen Wegestrecke bieten sich einzigartige Aussichten in eine schützenswerte Vegetation und Fauna mit einem großen Artenreichtum. Beim Anlegen des Steges wurden nicht nur Belange des Naturschutzes besonders beachtet, im mittleren Bereich des Wuhlestegs ist sogar ein neues Feuchtbiotop mit wechselnden Wasserständen entstanden. Damit sich auch kleinen IGA-Besuchern dieser besondere Natur-Erfahrungsraum öffnet, sind in das geschlossene, 1,30 Meter hohe Gelände Fenster zum Hinausschauen geschnitten.

Die Arbeitsgemeinschaft geskes.hack Landschaftsarchitekten (Christof Geskes und Kristina Hack) und Kolb Ripke Architekten - Gewinner des landschaftsarchitektonischen Wettbewerbes zur IGA - entwickelten aufbauend auf den bestehenden Plänen für die Gärten der Welt den Entwurf für das IGA-Areal einschließlich Kienbergpark und schlüssigen Verbindungen zu den Gärten der Welt. Der Generalplan enthält unter anderem den Entwurf für die Wassergärten, die Kienbergterrassen und die Spielplätze.

IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Die gesamtanlage von geskes.hack.Landschaftsarchitekten Berlin. Abb.: geskes.hack

Steinbilder an den Kienbergterrassen

Im Zuge der Baumaßnahmen für die Kienbergterrassen hat man zunächst einmal den Wildwuchs beseitigt: dazu wurde der zuvor mit den Berliner Naturschutzverbänden BUND, NABU, dem Büro der Berliner Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege und der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) erarbeitete, auf 20 Jahre angelegte Pflege- und Entwicklungsplan umgesetzt. Im ersten Rodungsschritt entnahm man Robinien und Eschenahorne. Durch die Schaffung von Lichtungen und strukturreichen Gehölzsäumen sind hier die Weichen für die Zunahme wärme- und lichtliebender Arten gestellt worden. Bevor dann mit der Modellierung des Hangs und der Terrassierung begonnen wurde, ist der Boden auch auf Kampfmittel untersucht worden. Nach diesen Vorarbeiten entstanden Wege und Treppen, die die Terrassen verbinden. Eingefügte kleine Plätze unterbrechen jetzt den Wegeverlauf, der sich auf 500 Metern erstreckt, und regen mit Blick auf die Wiesen und die bewaldete Anhöhe zum Verweilen an.

Ein stützendes und schmückendes Mauerwerk wurde mit dem bekannten Theumaer Fruchtschiefer angelegt, der aus der gleichnamigen sächsischen Stadt stammt, die für diesen Naturstein bekannt ist. Ein Teil waren reine Trockenmauern auf Beton, die den Wegebau abfangen mussten, ein Teil wurde mit Theumaer Fruchtschiefer in traditionsreicher Technik verblendet. Drei Steinsetzer aus Sachsen haben den ausführenden Berliner GaLabau Betrieb Flöter & Uszkureit Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau dazu unterwiesen. Der Fruchtschiefer lässt selbst in seiner Verblendung viel Platz für Insekten und Kleinsäuger sowie Lurche und Frösche, teilweise geht sein Mauerwerk ins Erdreich und bietet auch dort der Tierwelt Schutz. Eine Besonderheit ist die abschließende Mauerkrone aus extra großen Schiefer-Platten. Es waren zwei Drainagen - einmal für die Winkelstützen und einmal für das Oberflächenwasser der oberen Platzbereiche - notwendig, das so in den Biesdorfer Grenzgraben abgeschlagen wurde. Rund 30 Meter reichen die Kienbergterrassen den Hang des Kienbergs hinauf, der von dort aus partiell in einen Wald übergeht. Die Wegeverbindung ist barrierefrei gestaltet worden, so dass sie für jung und alt, für Familien mit Kinderwagen ebenso wie für Gäste im Rollstuhl geeignet ist.

Beetgestaltung wie aufmittelalterlichen Tafelbildern

Auf den Terrassen entstanden die sogenannten "Steinbilder", die das Büro Loma architecture.landscape.urbanism entworfen hat. Es sind vier in der Verbindung mit den Natursteinmauern kunstvoll in Wellen- oder Kreisform angelegte Pflanzungen in unterschiedlichen Beet-Größen: von 47 bis 406 Quadratmetern. An dieser Hanglage ist die Sonneneinstrahlung besonders hoch. Die "Steinbilder" übersetzen mit ihrer dunklen Grundierung aus der Substratschicht den aus der mittelalterlichen Tafelbildmalerei bekannten Bildaufbau in die Pflanzenverwendung. Es wurden zum Teil Pflanzenarten verwendet, die sich - der Klimaerwärmung geschuldet - noch im Erprobungsstadium befinden und "aus allen Kontinenten und Naturräumen" zusammengeführt wurden. Pflanzen mit parallelen Anpassungsstrategien, wie zum Beispiel Leondopodium alpinum und Crambe maritima treffen unmittelbar aufeinander und werden gegenübergestellt. Die räumlich zum Betrachter gekippten Bilder wirken im Frühjahr durch den Einsatz von Wildtulpen und im Sommer durch den experimentellen Staudeneinsatz in Kombination mit Kleingehölzen. Auf insgesamt 2000 Quadratmetern (einschließlich der auf dem Kienberg befindlichen Wolkenhain-Bepflanzung) und der wegbegleitend gepflanzten "Feuerlinie" wurden 9000 Stauden und werden noch 185.000 Pflanzen im Wechselflor in speziell aufbereitetes Substrat gesetzt. Zum einen ist es in den Steinbildern eine eher magere Grundierung aus Lava, Bims und Zeolith-Gemisch mit schadstoffarmen Substratbestandteilen gemäß DüMV - entmischungsstabil und mit hoher Ionen-Austauschkapazität von der Firma Zeobon GmbH. Ein schöner dunkler Kontrast zu den malerisch hineingesetzten Pflanzen, die sich in Kreisen, Rauten und Farblinien über die exakt gezogenen Böschungskörper der Steinterrassen legen. Dort, wo mehr Energie benötigt wird, in der sogenannten "Feuerlinie", dem Wechselflorstreifen unter den Steinbildern, kommt ein torffreies Substrat von der Firma Fehmer aus Falkensee zum Einsatz. Torf wird hier durch einen RAL geprüften Gütekompost substituiert. Er besteht aus ausgereiften, salzarmen Abfällen des regionalen GaLaBaus und hat eine Zulassung für den Öko-Landbau. Das Substrat setzt sich aus unterschiedlichen Bestandteilen von Kompost und natürlichem Bodenaushub aus der Region sowie Lehm als Zuschlagstoff zusammen. Je nach Bedarf in unterschiedlichen Bodenklassen: bindig-humos, lehmig oder sandig. Regelmäßig wird dieses Substrat bei der Firma auch nach dem Bundesbodenschutzgesetz überprüft. So hat man bei der internationalen Gartenausstellung darauf geachtet, ökologisch und regional innerhalb einer Kreislaufwirtschaft zu arbeiten.

Wolfgang Schück, Geschäftsführer und Garten-Landschaftsarchitekt von Loma wählte der Südlage entsprechend geeignete Pflanzen aus. Zum Beispiel die gelblich gefärbte Yucca-Palme. Neben dem Edelweiß wächst hier nun auch die "Königskerze" majestätisch bis zu zwei Meter nach oben und blüht mit leuchtendgelben, runden Blüten. Die Pflanzenauswahl bewegt sich stilistisch als "cross-over" zwischen den Pflanzengattungen: Hier werden Stauden, Chamaephyten, Kleinbäume und mehrjährige Pflanzen in einzigartigen Arrangements zusammengeführt. Im Herbst 2016 bei der Vor-Ort-Begehung prüfte Wolfgang Schück, ob die geplanten Stauden an Ort und Stelle stehen und worauf zukünftig noch besonders zu achten ist. Er war mehr als zufrieden, denn knapp 9000 Stauden entwickelten sich bereits prächtig!

Eine English Border in Lava und Bims

Steinbild I entfaltet sich auf 47 Quadratmetern vor einer Schiefermauer - einer dunklen Bildwand, als sogenannte "English Border". Auf engem Raum entwickeln sich hier nach Höhe und Gestalt gestaffelte Stauden. Halbsträucher geben Struktur. Im Frühjahr blühen zarte Linien aus Damen-Tulpen in hell gestreiftem Rosa über weißen Milchsternen und Traubenhyazinthen. Es ist das in der Fläche kleinste Pflanzenbild und bildet den westlichen Auftakt zu den Kienbergterrassen. In der zum Betrachter geneigten Bildfläche werden auf engem Raum Stauden nach Höhe und Gestalt gestaffelt, flache Staudenbänder steigen hinauf bis zu hohen Staudengestalten mit schwebendem Blütenflor. Die rückseitige Steinfläche der Schiefermauer bildet, in Interpretation der "English Border", eine dunkle Bildwand vor den Pflanzen. Die rautenförmigen, blau betonten Musterbildungen des Steinbildes werden aus Nepeta, Calamintha und Scutellaria gebildet, kontrastieren mit darüber schwebenden rosa Echinacea und gelben Rudbeckia maxima. Halbsträucher, wie Perovskia, ebenfalls in Bändern gepflanzt, strukturieren das Bild zusätzlich.

Steinbild II erhält seinen Charakter durch blockhaft gepflanzte, immergrüne Yucca-Bänder und weich gezogene Staudenlinien, die sich auf 178 Quadratmetern ausbilden. Inseln aus Yucca und weich gezogene Staudenlinien prägen das Steinbild II. Die Farbpalette bewegt sich vornehmlich in gelben und orange-braunen Tönen. Immergrüne Ginsterbänder strukturieren das Bild zusätzlich, darüber schweben die filigranen Blatt-Texturen von Amorpha, einem trockenheitsaffinen Sommerblüher. Analoge Blatt-Texturen und Blütenstände, im Pflanzbild kombiniert zwischen den Pflanzengattungen, verwischen durch ihre morphologische Ähnlichkeiten die durch die Nomenklatur gezogenen Grenzen. Blätter der Sandkirsche werden mit Hieraceum- und Oenothera-Blättern verwoben, Blütenschweife von Digitalis und Eremurus entwachsen scheinbar aus Yucca-Horsten. Im Frühjahr blühen dunkle persische Kaiserkronen, weißer libanesischer Lauch und gelbe Weinbergtulpen in Linien.

Flora trifft auf Stein

Silber, Hellgelb und Weiß dominieren als Farben im dritten Steinbild. Auch hier kontrastieren auf 178 Quadratmetern, verteilt in lockeren Tuffs, die Silbertöne von Blattschmuckstauden wie den hellgelb panaschierten Palmlilien, die im Quincunx-Raster gepflanzt wurden. Flaumig behaarte Pflanzen wie Verbascum "Polarsommer" rhythmisieren die Fläche zusätzlich. Pflanzen mit weißlaubigen Blatt-Texturen, aus allen Kontinenten und Naturräumen, wurden vergleichend zusammengeführt. Heimische Pflanzen mit parallelen Anpassungsstrategien an Hitzestrahlung, aber aus völlig konträren Naturstandorten - wie Edelweiß und Meerkohl - treffen unmittelbar aufeinander und werden gegenübergestellt. Im Frühjahr und Frühsommer bilden elfenbeinfarbene Frittilaria und Allium flavum ein Vexierspiel mit den gelb panaschierten Yucca-Gruppen und flächig gepflanzten rosa Wildtulpen aus mediterranen Berghängen.

Ornamentale Pflanzenkreise, in unterschiedlichen Durchmessern, sind im Steinbild IV auf 406 Quadratmetern als Bilder über die Fläche "gezeichnet". Die zum Betrachter geneigten Flächen werden durch die fließenden Kreise und Farben weich kontrastiert, die dunklen Schiefermauern rahmen das Pflanzbild. Kleine Tuffs aus trockenheitsverträglichen Erigeron- und Geraniumarten wechseln mit großen gemischten Kompositionen aus Sedum und farbintensiven Achillea-Sorten. Kleingehölze, wie kissenförmige Weiden und Zwerg-Sanddorn, werden in die Kreise eingewoben. Im Kontrast zu den flächig wirksamen Kreisformen und Pflanzinseln strukturieren die vertikalen Blütenkandelaber aus Königskerzen, Linaria und Digitalis das zum Betrachter gekippte Steinbild. Kleine Seidenbäumchen mit ihrem filigranen Blattwerk schweben über der Fläche. Im Frühjahr bilden gelbe und orange Wildtulpen, gemischt mit kleinblütigen Narzissen, einen filigranen Blütenteppich als Interpretation von sonnigen, mediterranen Berghängen.

Wechselflor Feuerlinie

Eine so genannte florale "Feuerlinie" begleitet auf 622 Quadratmetern die Besucherinnen und Besucher von der Kienbergpromenade zu den Gärten der Welt. Beidseitig des Weges verbindet dieses Wechselflor-Band die vier Pflanzenbereiche der Steinbilder am Kienberg und zeigt seine Pracht im jahreszeitlichen Wandel.

Zur Eröffnung der Ausstellung im Frühjahr symbolisieren zwei gegeneinander laufende Farbspuren von hellgelb über orange in rot das Flanieren zwischen den Ausstellungsbereichen. Hauptdarsteller und Farbträger des stufenlosen Farbverlaufes sind Goldlack und Fritillaria in diversen Sorten. Partiell eingewobene Narzissen-Sorten, Krone gelb und Trompete orange, ebenfalls in den dominanten Hauptfarben reichern das Bild an. Farblich unterstützende Tulpen-Sorten bilden die dritte, zurückhaltende Farbschicht. Im Sommerflor wird das Thema der Hitze und der feurigen Farbtöne ebenfalls interpretiert und bei der Sortenwahl der Hauptaspekt auf die farbliche Zusammenführung von Blatt und Blüte gelegt. Diese Pflanzensorten werden neben den rot-orangen und gelben Farbverläufen auch der Höhe nach gestaffelt und ineinander verwoben. Es wird eine große Palette an dunkellaubigen und panaschierten Sommerblumen vorgestellt. Historisch wertvolle Pflanzensorten wie Antirrhinum "Black Prince" oder Dahlia "Bishop of Llandaff" finden ebenso Platz wie aktuelle, kompakte und nahezu schwarzlaubige Dahlien-Sorten. Hohe Blattschmuckpflanzen wie Canna "Tropicanna" und Amaranthen in gelb-rot feurigen Farbtönen bilden das Rückgrat der langgezogenen Beetflächen, reine Blattsschmuckstauden wie Solenostemon und Perilla werden mit gelben Craspedia und orangen Cosmea als "schwebende Funken" in Kontrast gesetzt.

Urban Tech im Freiraum

Oberhalb dieser farbenfrohen Steinbilder ist an einem weiteren Weg, der sogenannten Kienbergpromenade der Ausstellungsbereich "Horizonte" entstanden. Er beschäftigt sich mit den grünen Themen, die immer bedeutsamer für die Qualität unserer urbanen Lebensräume werden. Eine kuratierte Auswahl herausragender Ideen und Innovationen in vier Themenfeldern zeigen, wie sich unsere Lebenskultur in Zukunft verändern wird. Das Bewusstsein für gute Ernährung und einen gesunden Lebenswandel steigt beständig. Was sollen wir essen? Wie soll unsere Nahrungsmittelproduktion erfolgen? Wir befinden uns mitten in einer "Gesundheitsrevolution" und grüne Aspekte durchdringen alle unsere Lebensbereiche. Welche neuen Ansätze gibt es hier für die Förderung von Wohlbefinden? Wie fördert ein "grünes Denken" konkret die Gesundheit in unserem Alltag? Freiräume in der Stadt können hier Vorreiterrollen übernehmen und beispielsweise im Rahmen urbaner Technologien neu gedacht und geplant werden. "Smart Cities" sind in aller Munde, aber wie sehen solche neuen Ansätze in der Freiraumgestaltung tatsächlich aus? Welchen Mehrwert bringen sie? Das atelier le balto, Berlin hat für die Präsentationen einzelne Holzdecks geschaffen, auf denen die Themen spielen. Das erweiterte Angebot reicht von "Späth's Naschgarten" über einen Klimapfad und die Präsentation verschiedener Technologien von der Wasserreinigung bis hin zur Wärmegewinnung mit Solarzellen bis hin zu einer kleinen Weinplantage mit Weindegustation. Bestandteil der sogenannten Malzfabrik ist ein IP-Garten, Internet-Protokoll kontrollierter Garten der Firma IPGArten GmbH, Berlin, bei der dem Gartenliebhaber die Pflege der Fläche über das Handy steuern können. Auf gleicher Höhe und thematisch passend ist hier eine Streuobstwiese mit historischen Apfelsorten, Quitten und fast 100 weiteren Obstbäumen entstanden. Sie kam durch die "Allianz - Bäume für die Zukunft" Initiative zustande, die von der Allianz Umweltstiftung getragen wird und die sich hier mit dem Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V. sowie der Stiftung NatureLife-International zusammen getan hat. Im Rahmen der Zusammenarbeit mit der IGA setzten die Marzahner Gartenfreunde bereits im vergangenen Jahr Obstbäume in der nahe gelegenen Kleingartenanlage "Am Kienberg" ein. Zur Eröffnung der IGA erfolgte der Brückenschlag ins Ausstellungsgelände.

Eine Wolke aus Blüten

Auf der nächst höheren Etage über der Promenade - auf dem Weg zum Aussichtsbauwerk "Wolkenturm" bieten große Felder mit Wechselflor einen gepflanzten Spiegel der Farben des Himmels: auf 486 Quadratmetern in Blau und Weiß. Der Aufbau des Pflanzenbildes im Frühjahr erfolgt in mehreren, übereinander gestaffelten Farbschichten. Blaue Myosotis symbolisieren das Blau des Himmels, darüber liegen weiße Muscari und wolkige Hyacinthus-Blüten. Weiße Narzissen und weiße Tulpen schweben dann in unterschiedlichen Höhen über dem Wolkenbild. Im Sommerflor wird die Dialektik von Himmel und Wolke mit Sommerblumen weitergeführt und um silberne Wolkentexturen aus Schleierkraut, Senecio, Eucalyptus und Cerinthe erweitert. Weithin sichtbare und luftige Pflanzengestalten wie Ageratum und Cleomen bilden mit den weißen Glocken von Nicotinia die hohen Wolkenschichten, darunter schweben Ammi-Dolden, weißpanaschierte Euphorbien und kompakte Wolken aus weißen Löwenmäulchen. Geht man nach diesem Höhenflug wieder zurück und überquert die Terrassen, so findet man jenseits des Biesdorfer Grenzgrabens unter der Feuerlinie den IGA Campus.

IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Ab dem 13. April können auf dem IGA Gelände in Berlin in Marzahn-Hellersdorf bis zu 10 Schulklassen gleichzeitig ein spannendes Programm in freier Natur erleben: und beim Pflanzen, Ernten, Kochen auch selbst aktiv werden. Entwurfszeichnung: atelier le balto, Berlin
IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Das Berliner atelier le balto ist bekannt für seine temporären und prozesshaften Projekte. Auf der IGA Berlin 2017 haben die drei Franzosen u. a. den IGA Campus entwickelt. Foto: IGA Campus, atelier le balto
IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Hier ein Blick auf die Baustelle 2016: zu den Vorarbeiten wurden Studenten aus Marseille, Versailles und Berlin eingeladen. Es entstand eine Vielzahl verschiedener Holzelemente, darunter Möbel, Hochbeete und Holzterrassen. Foto: IGA Campus, atelier le balto

IGA Campus - die Gärten für jungeForscher und Naturkunde-Interessierte

Hier befindet sich das vom atelier le balto, Berlin, angelegte Areal des IGA Campus. Das Büro ist bekannt für temporäre und prozesshafte Projekte, bei denen die Pflanze im Mittelpunkt steht. Auf einem 600 Meter langen und 20 Meter breiten Geländeteil werden unter anderem Ausstellungsbeiträge zu den Themenfeldern Ernährung, Gesundheit und dem sogenannten Upcycling geboten. Sie bieten Kitagruppen, Schulklassen und Familien Umweltbildung zum Mitmachen, Entdecken und Ausprobieren in freier Natur. Das Umweltbildungsprogramm entstand in enger Zusammenarbeit mit der Grünen Liga Berlin.

Die dazu nötigen Aufbauten, eine Vielzahl verschiedener Holzelemente, darunter Möbel, Hochbeete und Holzterrassen wurden von Studenten gebaut, die zuvor in Workcamps nach Skizzen unter Anweisung der Garten- und Landschaftsarchitekten von atelier le balto aus Marseille, Versailles und Berlin zusammen gekommen waren. Lernen auf dem IGA-Campus soll hier richtig Spaß bereiten: Aus einem Samenkörnchen selbst eine schöne Blume ziehen, saftige Tomaten direkt vom Feld ernten und verarbeiten oder Libellenkinder unter dem Binokular beobachten, dies alles sensibilisiert Kinder und Jugendliche für die Natur und Umwelt und fördert das Bewusstsein für verantwortliches Handeln. Die Pflanzliste für die Beete stellt auch exotische Gemüse wie die philippinische Okra und Yamswurzel vor, Koriander und Absinth aus Marokko, Sorgho und Zuckermais aus Äthiopien oder Süßkartoffeln aus Kenia. In den "Rezeptgärten" wachsen Knoblauch, Zucchini, Auberginen und Steckzwiebel. Und für die Ernährung "fünf Mahlzeiten am Tag" nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung werden zum Beispiel Erdbeeren, Salat, Radieschen und Spinat vorgezogen.

Neben grünen Themen wie Gärtnern und Pflanzen, biologische Vielfalt, gesunde Ernährung und Bewegung stehen auf dem Stundenplan des Grünen Klassenzimmers aktuelle globale Fragestellungen: Wie funktioniert fairer Handel? Was bedeutet eigentlich "Nachhaltigkeit"? Lässt sich der Klimawandel stoppen? Veranstaltungen im Bereich "Kunst & Medien" und "Grüne Berufe" ergänzen die sechs Campus-Themen: In der Kunstwerkstatt kann man sich mit den unterschiedlichsten künstlerischen Techniken den Themen Garten und Landschaft nähern. In der Upcycling-Werkstatt entstehen aus so genanntem "Abfall" die schönsten Alltags- und Kunstgegenstände, von Nisthilfen bis zu Musikinstrumenten. Für jedes Lernziel und Interessensgebiet werden ungefähr 2200 Einzelveranstaltungen geboten. Bis zu 15 Klassen oder Gruppen können gleichzeitig Angebote auf dem Campus und dem IGA-Gelände wahrnehmen. Alle Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen und jeweiligen Zielgruppen finden sich schon auf der Website der IGA Berlin 2017 im Veranstaltungskalender. Und wie geht es nach der IGA weiter? Schön wäre es, wenn die Umweltbildungsangebote der IGA wie auch bei anderen BUGAs und IGAs ihre Fortführung durch nahe gelegene Schulen und Bildungseinrichtungen fänden. Das Gelände für kleine Forscher bleibt ja spannend. Nach Ende der IGA werden nur die Steinbildergärten und die Ausstellungspavillons an der Kienbergpromenade zurückgebaut. Die Terrassen mit den Streuobstwiesen und offenen Wiesenbereichen sowie den Natursteinmauern bleiben dauerhaft bestehen.

M. A. Sibylle Eßer
Autorin

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH (DBG)

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