Die Silberlinde und ihre Sorten als Stadtbaum

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Linden Arboristik
Dieses Bild aus Würzburg veranschaulicht eindrücklich die stärkere Trockenresistenz der Silberlinde (l.) im Vergleich zur Winterlinde. Foto: Susanne Böll

Linden sind nicht nur wichtige Waldbäume, sondern werden auch seit Jahrhunderten in Städten und Dörfern als Park-, Allee- und Straßenbäume gepflanzt. Oft wurden sie im Zentrum der Siedlung oder am Dorfbrunnen gepflanzt. In und unter Linden war der Tanzplatz des Dorfes. Der Platz unter den Linden diente aber nicht nur dem Vergnügen, sondern als sogenannte Gerichtslinden auch der Rechtsprechung. Dazu pflanzten unsere Vorfahren auf vorchristlichen Heiligtümern und Femestätten (meist sieben) Linden.

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Tilia tomentosa Brabant am Versuchsstandort Würzburg. Foto: Philipp Schönfeld
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Eine sehr alte Silber-linde als Straßenbaum in der Berliner Koenigsallee zeigt das Wuchspotenzial, das in dieser Art steckt. Foto: Philipp Schönfeld
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Die aus Ungarn stammende Sorte Szeleste besitzt eine schmalere Kronenform und stärker behaarte Blätter als die Art. Foto: Philipp Schönfeld
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Tilia tomentosa Globosa Typ Arbor mit kugelförmiger Kronenform – ein schöner Kleinbaum für trockene und hitzebelastete Standorte. Foto: Philipp Schönfeld

Die Patrimonaljustiz, die bis ins 19. Jahrhundert dem Adel und den Grundbesitzern zustand, wurde unter den Gerichtslinden ausgeübt (Beuchert, 2004). Aber man sprach nicht nur Urteile unter den Linden, sondern besiegelte auch Verträge, Verlöbnisse und Trauungen. Kein Wunder, sind doch die Linden in ihrem Verbreitungsgebiet den Liebesgöttinnen heilig. Bei den Germanen zum Beispiel waren sie Frigga, der Göttin der Fruchtbarkeit geweiht. So ist es nicht verwunderlich, dass unendlich viele Flurbezeichnungen, Orts- und Straßennamen den Begriff "Linde" enthalten und zeigen, wie stark die Linde mit den Städten, Dörfern und Siedlungen verbunden sind.

In den modernen Städten sind Linden mit circa 30 Prozent Anteil, ähnlich wie Ahornarten, die am häufigsten gepflanzte Straßenbaumart. In der Regel handelt es sich dabei um Tilia cordata mit ihren zahlreichen Sorten, T. x euchlora und T. x vulgaris (T. = europaea). Seltener sind T. americana und T. platyhyllos vertreten, die höhere Ansprüche an die Bodenfeuchtigkeit stellen. Am passenden Standort entwickeln sich Linden zu sehr eindrucksvollen und gestalterisch prägenden Bäumen. Das macht ihren besonderen Reiz aus. Die Blüten im Sommer stellen für Bienen und Hummeln eine wertvolle Nahrungsquelle dar.

Die inzwischen immer deutlich spürbar werdenden Folgen des Klimawandels, die sich in höheren Lufttemperaturen sowie länger andauernder Trocken- und Hitzeperioden bemerkbar machen, setzen auch den Linden zu. Sie verlieren vorzeitig einen Teil ihres Laubes und werden anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Das Stigmina-Triebsterben ist ein gutes Beispiel dafür. Der Pilz ist ein typischer Schwächeparasit, der nur bereits durch abiotische Faktoren geschädigte Linden befällt. Betroffen sind bisher vor allem Winterlinden (Tilia cordata), Silberlinden (Tilia tomentosa) hingegen nicht. Fast schon sprichwörtlich ist der Befall der Linden mit Blattläusen, der in der Folge zu den oft als lästig empfundenen Honigtauabsonderungen führt.

Die Silberlinde ist kein Neuling in den Sortimenten der Baumschulen. Bereits 1767 (Krüssmann, 1976) wurde sie in die gärtnerische Kultur eingeführt und ist seit Jahrzehnten als Straßenbaum bekannt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels wird die Silberlinde zukünftig wahrscheinlich als Straßenbaum eine größere Bedeutung gewinnen als bisher. Auf Grund ihrer Herkunft verträgt sie Hitze sowie Luft- und Bodentrockenheit besser als die heimischen Lindenarten. Das zeigt sich deutlich bei den Messungen von Susanne Böll.

Die vergleichenden Messungen der Blatttemperaturen von je zwei Winterlinden und Silberlinden in den Hitzeperioden 2018 und 2019 zeigen deutlich, dass bei der Silberlinde die Differenz zwischen Blatt- und Lufttemperatur deutlich geringer sind als bei der Winterlinde. Auch die absoluten Blatttemperaturen Ende Juli 2019 überschreiten bei den Winterlinden seltener die kritische 40 Grad-Marke als die Winterlinden. Verantwortlich dafür sind wahrscheinlich die silbrige Behaarung der Blattunterseite und die Fähigkeit der Silberlinde, bei Hitze die Blätter aktiv zu drehen, so dass die behaarte Blattunterseite nach außen zeigt.

Die behaarten Blattunterseiten sorgen nicht nur für einen besseren Verdunstungs- und Hitzeschutz, sondern verhindern auch weitgehend den Blattlausbefall und damit den störenden Honigtau. Die reine Art tendiert allerdings zum Gabelwuchs und fächerförmig gestellten Ästen beim Kronenaufbau. Das beeinträchtigt die Stabilität der Krone und erschwert das notwendige Aufasten zum Erreichen des Lichtraumprofils. Deshalb werden für die Bepflanzung an Straßen Sorten bevorzugt (s. Tabelle), die einen durchgehenden Leittrieb bilden und nicht zur unerwünschten Quirlbildung neigen. Um die Trockenheitsverträglichkeit zu erhalten, ist es wichtig, dass die Sorten auf Tilia tomentosa veredelt werden. Das ist bisher eher die Ausnahme. Meist verwenden die Baumschulen Tilia cordata als Unterlage.

Die Hitze- und Trockenheitstoleranz führte zur Aufnahme der Tilia tomentosa 'Brabant' in den Versuch "Stadtgrün 2021", in dem seit 2009/2010 an drei bayerischen Standorten (Würzburg, Kempten, Hof/Münchberg) 20 Baumarten auf ihre Eignung als zukünftige Straßenbaumarten getestet werden. 2015 kamen neun weitere Arten hinzu.

Die Silberlinde hat sich bisher gut bewährt, vor allem am trockenen und heißen Standort in Würzburg. Das zeigte sich deutlich während der langen Trocken- und Hitzeperiode im Sommer 2015. Am kalten Standort Hof hingegen erfroren anfangs in den ersten Jahren nach der Pflanzung in harten Wintern immer wieder die einjährigen Triebe. Nach einem entsprechenden Rückschnitt trieben die Silberlinden jedoch wieder willig aus. Diese Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Silberlinden eher für hitzebelastete Standorte geeignet sind. Inzwischen haben sie sich akklimatisiert.

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Vergleich der Blatt-T-Erhöhungen von Winterlinde vs. Silberlinde 2018. Quelle: Dr. Susanne Böll
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Vergleich des Temperaturunterschieds Delta T zwischen Blatt- und Lufttemperatur bei Winter- und Silberlinde. Quelle: Dr. Susanne Böll
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Vergleich der Blatt-Temperaturen von Winterlinde und Silberlinde 2019. Quelle: Dr. Susanne Böll

Da die Silberlinden schnell wachsen, ist ein rechtzeitiges Aufasten notwendig. Andernfalls entstehen durch den Schnitt große Schnittwunden, da die Bäume nicht nur in die Höhe sondern auch in die Breite wachsen. Damit werden auch die Seitenäste schnell stärker.

Da die Silberlinden eher kalkhaltige Böden bevorzugen, kommen sie mit den meist alkalischen Baumsubstraten nach den "Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 2: Standortvorbereitungen für Neupflanzungen; Pflanzgruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate", herausgegeben von der der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau (FLL), gut zurecht. Die Substrate, hergestellt nach den "Zusätzliche Technische Vorschriften für die Herstellung und Anwendung Verbesserter Vegetationstragschichten" (ZTV-Vegtra-Mü, 2008, herausgegeben von der Stadt München, Baureferat, Gartenbau) sind ähnlich aufgebaut wie die Substrate der FLL. Im Versuch "Stadtgrün 2021" erhielt jeder Baum 8 Kubikmeter eines entsprechenden Straßenbaumsubstrats nach den Bestimmungen der FLL, das schnell intensiv durchwurzelt wurde. Auch wenn die Silberlinde eine robuste Baumart ist, so reagiert sie doch empfindlich auf Streusalz und ist für entsprechend belastete Standorte nur eingeschränkt zu empfehlen.

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Tab. 1: Sorten der Silberlinde Quelle: Philipp Schönfeld.

Literatur

  • Baumschulen Gebr. van den Berk (Hrsg.; 2004): Van den Berk über Bäume. 2. Auflage
  • Beuchert, M. (2004): Symbolik der Pflanzen. Insel-Verlag (Frankfurt a. M., Leipzig)
  • Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e. V. (Hrsg.; 2010): Empfehlungen für Baumpflanzungen, Teil 2: Standortvorbereitungen für Neupflanzungen; Pflanzgruben und Wurzelraumerweiterung, Bauweisen und Substrate.
  • Landeshauptstadt München, Baureferat Gartenbau (Hrsg.; 2008): Zusätzliche Technische Vorschriften für die Herstellung und Anwendung Verbesserter Vegetationstragschichten.
  • Krüssmann, G. (1976): Handbuch der Laubgehölze. 2. Auflage, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg.
  • Warda, H. (2002): Das große Buch der Garten- und Landschaftsgehölze. 2. Auflage, Hrsg. Bruns Pflanzen Export GmbH
  • GALK-Straßenbaumliste: www.galk.de/arbeitskreise/ak_stadtbaeume/webprojekte/sbliste/
  • Kataloge der Baumschulen Bruns, Lorenz von Ehren, Ley
Dr. Philipp Schönfeld
Autor

Ehem. Sachgebietsleiter Pflanzenökologie und Pflanzenverwendung

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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