Ergebnisse der Prüfung eines Sortiments von 28 Sorten
Blasenspieren auf Herz und Nieren geprüft
von: Thorsten Ufer, Dr. Andreas WredeDie EURO-Trials Gruppe, die seit mehreren Jahren gemeinsam Gehölzsortimente sichtet und in der Versuchsansteller aus den Ländern Belgien, Deutschland (mit den Standorten Ellerhoop und Weihenstephan), Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Island, Niederlande und Österreich mitarbeiten, hat Ende 2020 die Prüfung eines Sortiments von 28 Sorten der Blasenspiere abgeschlossen. Die Sichtung an den beiden deutschen Standorten Ellerhoop und Weihenstephan ergab, dass sechs Sorten mit ausgezeichnet, zehn mit sehr gut, fünf mit gut, zwei als Sorte für besondere Verwendungszwecke und fünf als entbehrlich bewertet wurden.
Die Gehölzgattung Blasenspieren (Physocarpus (Cambess.) Maxim.) gehört taxonomisch zur Familie der Rosengewächse und ist somit verwandt mit Apfel, Birne, Kirsche, Rose und mehr als 70 anderen Pflanzengattungen, die ebenfalls zur Familie der Rosaceae gezählt werden. Das engste Verwandtschaftsverhältnis besteht offenbar zu den beiden Gattungen Stephanandra (Kranzspiere) und Neillia (= Traubenspiere), von denen sie sich aber durch den Aufbau ihrer Balgfrüchte, die aufgeblasen erscheinen, unterscheidet. Der Trivialname Blasenspiere lässt sich daraus ableiten, genau wie der botanischen Name, der sich aus dem Griechischen physa (Blase) und karpos (Frucht) zusammensetzt. Die Fachwelt ist sich offenbar noch nicht einig darüber, ob es nun fünf, sechs oder sogar zehn Arten gibt, die dieser Gattung zuzuordnen sind. Beheimatet sind sie in Nordostasien (P. amurensis) und Nordamerika (P. alternans. P capitatus, P. malvaceus, P. monogynus, P. opulifolius), wenn man der Nomenklatur von Wischmann und Houtmann 2021 folgt.
Sie bilden alle laubwerfende Sträucher, deren Rinde sich an älteren Zweigen in Streifen ablöst und mehrere Schichten rötlicher bis hellbrauner innerer Rinde offenbart (Erhard et al. 2008a, b; PlantFinder 2021; Wischmann und Houtmann 2021).
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Nur zwei Arten für den Gartenbau von Bedeutung
Unabhängig von der Frage nach der Artenzahl, die dieser Gattung zugeordnet werden, haben in Mitteleuropa lediglich die beiden nordamerikanischen Arten P. capitatus (= Pazifische-Blasenspiere mit zwei Sorten) und insbesondere P. opulifolius (59 Sorten) gartenbauliche Relevanz (Wischmann und Houtmann 2021). Letztere wird auch landläufig als Schneeball-Blasenspiere bezeichnet. In den letzten 30 Jahren ist die Zahl der Sorten von P. opulifolius in Kultur und im Handel sehr stark angewachsen, sodass eine europaweite Sortimentssichtung dem Arbeitskreis EURO-Trial sinnvoll erschien.
Standort im Garten - gerne aber nicht zwingend sonnig
Die Blasenspiere ist ziemlich anspruchslos, was den passenden Standort betrifft und kann deshalb auch an jede beliebige Stelle im Garten gepflanzt werden. Einen Platz an der Sonne bevorzugen jedoch vor allem die buntlaubigen Sorten. Sie vertragen aber auch Halbschatten. Die reine Art kommt sogar mit Schatten zurecht. Der ideale Boden für Physocarpus opulifolius und seine Sorten ist ein durchlässiger, humoser und nährstoffreicher Boden. Die Sträucher entwickelt sich aber auch bei anderen Bodenbedingungen gut, da sie sehr anpassungsfähig sind.
Ideal für bienenfreundliche Hecken oder als Hingucker
Bei viel Platz im Garten können Blasenspieren farbenfrohe, bienenfreundliche Hecken bilden, ob allein oder auch in Kombination mit anderen Straucharten. Die beeindruckende Farbigkeit der Blasenspiere beschränkt sich dabei nicht nur auf die Zeit der Blüte, sondern gilt für die gesamte Vegetationsperiode, da die beeindruckende Laubfarbe den hauptsächlich prägenden Eindruck im Garten hinterlässt. Dunkellaubige Sorten vor einem hellen Hintergrund sind ein absoluter Eyecatcher. Umgekehrt machen sich helllaubige Sorten vor dunklen Hintergründen auch nicht schlecht. Da die Blühwilligkeit insbesondere an jüngeren Zweigen sehr hoch ist und an vergreistem Holz stark nachlässt, sollten die zumeist starkwüchsigen Gehölze alle vier bis fünf Jahre verjüngt werden. Dazu nimmt man die ältesten Zweige knapp über dem Boden heraus, was sehr gut vertragen wird. Wer lieber etwas kleinwüchsigere blühende Sträucher im Garten bevorzugt, sollte sie nach Abschluss der Blüte regelmäßig schneiden, damit die Blasenspiere auch im nächsten Jahr wieder reichhaltig, am im Verlauf der vorjährigen Vegetationsperiode gebildeten Holz blüht. Je nach Sorte ist es dann ab Ende Mai und bis in den Juli hinein soweit, dass die weißen oder blassrosa Blüten den Garten verzieren, die übrigens ausgiebig von Bienen und anderen Insekten besucht werden. Vögel fressen die Früchte gerne, was der Schneeball-Blasenspiere auch den zweiten Trivialnamen Fasanenspiere eingebracht hat. Die Blasenspiere ist außerdem stadtklimafest, sehr windresistent, leicht verpflanzbar und sehr rauch- und industriefest (Warda 2020).
Die Sorten von Physocarpus opulifolius gelten als sehr robust, sodass keine gravierenden Krankheiten und Schädlinge bekannt sind. Auch zu Frostschäden können an dieser Stelle kaum negative Beobachtungen geschildert werden, was auch nicht verwundert, denn die Schneeball-Blasenspiere hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet zwischen dem nördlichen Kanada bis nach Florida und weiter westlich bis Colorado und South Dakota. Dementsprechend wird die Schneeball-Blasenspiere in die USDA Winterhärtezonen Z 4 beziehungsweise Z 5 eingeordnet, was einer Tiefsttemperatur, die ohne größere Schäden überstanden wird, von -23,4 beziehungsweise -34,4 Grad Celsius entspricht (Erhard et al. 2008b). Selbst das Laub kann im Herbst Frost von bis zu -8 Grad Celsius schadlos überstehen (Warda 2020). Lediglich bei den fünf Sorten 'Annys Gold', 'Chameleon', 'Jefam', 'Perspectiva' und 'Tilden Park' müssen als Ergebnis der Prüfung in Deutschland sehr geringe Abstriche bezüglich der Winterhärte gemacht werden.
28 Sorten der Blasenpiere im Test
Im Mai 2017 wurden pro Sorte jeweils drei Pflanzen auf der Versuchsfläche im Gartenbauzentrum aufgepflanzt, die zuvor, im zwei oder drei Liter Container stehend, geliefert wurden. Ähnlich wurde an den übrigen europäischen Standorten auch verfahren. Lediglich bei den Sorten 'Annys Gold', 'Burgundy Candy', 'Lemon Candy' und 'Tiny Wine' wurden jeweils nur zwei Pflanzen geliefert und für die Sichtung aufgepflanzt. Im Jahr 2018 wurde mit der eigentlichen Sichtung der Pflanzen begonnen, wobei die in Tabelle 1 aufgeführten Parameter geprüft beziehungsweise ermittelt wurden. Ende 2020 wurde die Prüfung an den meisten Standorten in Europa abgeschlossen, wobei jeder Standort die einzelnen Sorten zusammenfassend mit *** = ausgezeichnet, ** = sehr gut, * = gut, s = Sorte für besondere Verwendungszwecke und 0 = entbehrliche Sorte bewertet hat.
Als ausgezeichnete Sorten wurden an den beiden deutschen Standorten Weihenstephan und Ellerhoop die sechs Sorten 'Donna May', 'Hoogi016' (Little Angle), 'Hoogi021' (Little Joker), 'Minall2' (All Black), 'Perspectiva' und 'Podaras 1' (Burgundy Candy) bewertet, die auch an vielen anderen europäischen Standorten sehr gut bewertet wurden (Tabelle 3,).
Eine Besonderheit im Sortiment war die Sorte Physocarpus capitatus 'Tilden Park', die einzige der geprüften Sorten, die nicht zur Art P. opulifolius gehörte. Sie wurde an beiden deutschen Standorten, genau wie auch in Frankreich und den Niederlanden, als Sorte für besondere Verwendungszwecke bewertet, da sie sich aufgrund ihres Habitus und ihrer Wuchseigenschaften durchaus als Bodendecker für Flächenpflanzungen im Kommunalbereich eignen könnte (Abb. 4). Als einzelnstehender Strauch verfügt sie allerdings über keinen besonders erwähnenswerten Zierwert. Aufgrund der möglichen Eignung als Bodendecker haben die Finnen 'Tilden Park' sogar mit drei Sternen als ausgezeichnete Sorte bewertet.
Blasenspiere besticht durch beeindruckende Laubfarbe
Zu den besonderen Eigenschaften zählt bei vielen Gehölzen vor allem die Blüte oder der Fruchtschmuck, was auch für viele Sorten der Blasenspiere gilt.
Die hauptsächlich qualitätsgebende Eigenschaft der Sorten von P. opulifolius ist jedoch die Farbe ihrer Laubblätter, mit denen Sie den Garten die Gartensaison hindurch prägen. Aus diesem Grund sind die Hauptfarbtöne der Laubblätter der einzelnen Sorten in Tabelle 4 zusammengefasst aufgeführt. Zusätzlich zur Blüte, den Früchten, die vielen Sorten auch sehr zierend sind, und der Farbe des Laubes kommt bei vielen Sorten hinzu, dass noch nicht komplett ausgebildeten Laubblätter andere Farbtöne aufweisen, als das voll ausgebildete Laubblatt, wodurch das Farbenspiel vieler Blasenspieren noch reichhaltiger wird.
Auf der Suche nach kleinen Sorten das urbane Umfeld
Da die Gärten insbesondere im urbanen Bereich bei stark steigenden Grundstück- und Baukosten immer kleiner werden, ist es natürlich wünschenswert, wenn sich im Sortiment der Blasenspiere auch sehr kleiwüchsige Sorten befinden würden, die sich insbesondere für die Pflanzung in solchen Gärten eignen würden. Mit den Sorten 'Anny's Gold' (gelblaubig), 'Tilden Park' (grünlaubig), 'Perspectiva' (rotlaubig) und 'Minall2' (All Black) sind auch tatsächlich Sorten mit unterschiedlicher Laubfarbe vorhanden, die sich bezogen auf Höhe und Breite (bei 'Tilden Park' nur Höhe) relativ schwachwüchsig präsentiert haben (Abb. 5). 'Anny's Gold' ist sogar derart schwachwüchsig, dass sogar über die Verwendung dieser Sorte zur Grabgestaltung nachgedacht werden könnte.
Literatur
Erhardt, Götz, Bödeker, Seybold (2008a): Der große Zander - Enzyklopädie der Pflanzennamen. Bd. 1 - Familien und Gattungen. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim).
Erhardt, Götz, Bödeker, Seybold (2008b): Der große Zander - Enzyklopädie der Pflanzennamen. Bd. 2 - Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim).
Plant Finder (2021): www.missouribotanicalgarden.org/PlantFinder/PlantFinderDetails.aspx? kempercode=g840
Wischmann und Houtmann (2020): Physocarpus - Keuringsrapport en sortimentsonderzoek. Dendroflora 56, pp. 26-59.
Warda, H. (2020): Das große Buch der Garten- und Landschaftsgehölze. 4. Auflage, Bruns Pflanzen Export GmbH.