Oft mit Sorge betrachteter Standort erweist sich als schön gestaltbar

Kein Schattendasein!

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Häufig ist die Frage zu hören: "Ja was mach ich denn hier in meinem Garten? Da ist es doch zu schattig, da wird doch gar nichts wachsen und vor allem blühen." Diese Frage ist eigentlich gar nicht so sehr nötig, denn für die Schattensituationen in unseren Gärten gibt es wundervolle Pflanzen, man muss nur ein wenig über ihr Leben, ihre Ansprüche und ihr Miteinander verstehen. Und ein paar Gestaltungsspielregeln beherzigen, dann führen Schattenbereiche so gar kein Schattendasein mehr.
Schattenstauden Pflanzkonzepte
Abb. 1: Das bewusst positionierte Miteinander unterschiedlicher Blattformen ermöglicht es vor allem in schattigen Bereichen spannende Beetkompositionen zu gestalten. Besonders edel die Verbindung von Japangras (Hakonechloa macra 'Aureola' und verschiedenen Funkien (Hosta). Foto: Christine Orel

Die Standorte

Wir unterscheiden zwischen mehreren Schattensituationen, etwa solche die zum Beispiel auf der Nordseite von Mauern oder Gebäuden liegen und dadurch einfach "nur" Schatten haben, also keinen zusätzlichen Wurzeldruck von Gehölzen. Das sind die am unkompliziertesten pflanz- und pflegbaren Schattenplätze. Dann gibt es aber Schattensituationen mit oft nicht zu unterschätzendem Wurzeldruck der beschattenden Gehölze.

Wurzeldruck bedeutet, das beschattende Gehölz spendet der Staudenfläche nicht nur Schatten, sondern saugt, da es sich ja auch ernähren möchte, mit seinen Wurzeln Wasser und Nährstoffe aus dem Boden, die so den Stauden nicht in der Menge zur Verfügung stehen, wie manche es vielleicht gerne möchten. Hier lässt sich gleich ein Rückschluss auf die Pflege erstellen.

Wenn man an solchen Standorten eine wirklich üppige Schattenstaudenpflanzung haben möchte, kommt man um behutsames und angemessenes, möglichst ressourcenschonendes Wässern nicht herum. Allerdings ist das auch sehr vom jeweiligen Gehölz und seiner Wurzelausbildung abhängig. So ist es wirklich schwer zum Beispiel unter einer größeren Bestands-Fichte Stauden anzusiedeln; unter einer Eberesche mit ihrem recht moderaten Wurzelwerk ist es wesentlich unkomplizierter.

Immer ein Faktor ist natürlich auch, wie viel Schatten auf einer Fläche liegt. Den ganzen Tag, oder auch mal mit durchschimmernder Sonne.

Wie immer lohnt sich bei allen Pflanzen-Auswahl-und-Standort-Gedanken ein Blick in die Natur. Schauen wir uns einen geschlossenen Buchenwald an. Im Sommer fällt dort kein, beziehungsweise nicht oft, Licht auf den Boden. Im Frühling jedoch schon, da das Buchenlaub eher spät treibt. Daher haben sich manche der Pflanzen, die unter diesen besonderen Bedingungen wachsen, den Rhythmus des Standortes zu eigen gemacht und haben ihre Blüte- und Blatttriebzeit vor die totale Beschattung durch die überstehenden Bäume gelegt.

Ein ganz klassisches Beispiel dafür ist das Buschwindröschen (Anemone nemorosa). Es hat seine oberirdische Vegetationszeit nahezu vollständig abgeschlossen, bevor die Beschattung da ist. Wenn also fast gar nichts geht – frühe Blumenzwiebeln haben eine große Chance. Die "große Schwester" des Buschwindröschens, das Balkan-Windröschen (Anemone blanda) ist dabei mit seinen deutlich größeren Blüten ganz besonders attraktiv und ist in Weiß, Rosatönen und Blau erhältlich.

"Nur-Blumenzwiebeln" sind jedoch der Extremfall. Ein solch robustes Gewächs wie der Tauriner Meister (Asperula taurina), der mit seinen vielen kleine Blütchen an Schleierkraut (Gypsophila) erinnernd an seinem Naturstandort im südlichen Mitteleuropa in Buchenwäldern vorkommt, ist ein idealer Besiedler von Wurzeldruckstandorten. In einem Garten habe ich ihn unter einem alten Nussbaum gepflanzt. Mit Bewässerung entstand ein wahres Blühwunder.

Schattenstandorte ohne Wurzeldruck hingegen sind wie Prachtstaudenbeete gestaltbar, also auch mit Höhenstaffelung, blühenden Elementen, Kleinsträuchern wie Hortensien oder manchen Schneeballarten, zum Beispiel Etagen Schneeball (Viburnum plicatum 'Mariesii'). Und natürlich auch Blumenzwiebeln.

Die Blätter

Nachdem ja im Schatten die Besonnung der Blätter der Stauden wesentlich geringer ist als bei den Stauden in der Sonne, haben die Stauden im Laufe der Jahrmillionen Mechanismen entwickelt, mit denen sie auf nicht trockenen Standorten überschüssiges Wasser abgeben können.

Betrachten wir einmal Blätter an extremen Sonnenstandorten, so sind sie häufig als Verdunstungsschutz sehr kompakt ausgebildet und grau belaubt oder mit einer wolligen filzigen Schicht überzogen, denn in der Sonne ist es für die Pflanze ganz wichtig, die wenige Feuchtigkeit, die sie zur Verfügung hat, für sich zu sparen.

Im Schatten wiederum ist es manchmal so, dass nach Niederschlägen das Wasser, das die Pflanzen aufnehmen, gar nicht früh genug wieder abgegeben werden kann, damit sie nicht selber ein Problem haben, etwa an zu feuchten Wurzeln Schaden zu nehmen.

Daher haben viele Schattenpflanzen ganz besonders großes weiches Laub mit sehr vielen großen Poren.

Manchmal ist zu beobachten, dass Funkien am Ende ihres Blattes, das ja eine sanfte Klappe in der Mitte hat, vorne Wassertröpfchen abgeben. Dieses pumpt die Funkie vereinfacht formuliert raus aus dem Boden und gibt es über große Poren ab. Große Verdunstungsflächen bedeuten für uns als Gestalter aber, dass wir im Schatten mit wunderschönen großen Blättern agieren können, und selbstverständlich ist die Funkie dort eine der wichtigsten Protagonistinnen.

Perfekte Voraussetzungen für die perfekte Rhythmusbildung im Schattenbeet. Auch Rodgersien (Schaublatt) sind solche robusten großblättrigen Partner im Schatten. Verlockend sind natürlich die weichen Blätter von Astilboides (Tafelblatt) Aber das ist tatsächlich nur bei ausreichender Bodenfeuchte sinnvoll. Immer spannend sind dagegen Kontraste mit besonders feinem Laub, wie zum Beispiel dem des Japangrases in seiner gelben Form (Hakonechloa macra 'Aureola')

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Schattenstauden Pflanzkonzepte
Abb. 2: Vor dunklem Hintergrund wirken vor allem helle Farbtöne gut. Sehr reizvoll, wenn sie dann wie Lichterkerzen, so wie hier beim weißen Fingerhut (Digitalis purpurea 'Alba') locker verteilt aus der Pflanzfläche lugen. Foto: Christine Orel
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Abb. 3: Der Zierrhabarber (Rehum palmatum) ist nicht unbedingt eine typische Schattenpflanze, hält aber wandernden Schatten aus und wirkt sich besonders attraktiv, wenn sein Laub angestrahlt wird und die roten Blattrippen ihre Pracht zeigen. Foto: Christine Orel
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Abb. 4: Bergenia Hybride 'Doppelgänger'. Foto: Christine Orel
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Abb. 5: Astilbe chinensis var. taquetii 'Finale', Aconitum napellus 'Gletschereis'. Foto: Christine Orel
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Abb. 6: Hosta Hybride 'Blue Angel', Astilbe chinensis var. Taquetii 'Purpurlanze' (knospig). Foto: Christine Orel
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Abb. 7: Stachys monnieri 'Hummelo'. Foto: Christine Orel

Die Farben

Der Hauptantrieb für eine Pflanze zu blühen, ist, einen Befruchter zu bekommen. Und der muss die Pflanze finden. Auch hier wieder ein sehr vereinfachtes Bild: Dunkles im dunklen wird schwer gefunden, daher hat der überwiegende Anteil der in der Natur im Schatten stehenden Pflanzen helle Blüten, damit sie von befruchtenden Insekten gezielt angesteuert werden können. Das ist auch in unserer Wahrnehmung so:

Schatten bedeutet dass wenig Licht viel Helligkeit von einem Objekt erfordert, um wahrgenommen zu werden. Das heißt für die Pflanzenauswahl, dass im Schatten fast keine wirklich dunkel blühenden oder kräftig blühenden warmroten oder tief orangenen Pflanzen zu finden sind, sondern sie doch alle, zumindest in der Natur vor ihrer Bezüchtung, mit hellen weißen oder Creme-Tönen aufwarten. Der Waldgeißbart (Aruncus sylvestris) ist ein ganz klassisches heimisches Beispiel dafür. Astilben mit ihrer großen Vielfalt verschiedener kalter Rot- und Rosatöne in Größen von 20 bis 100 Zentimetern sind dabei natürlich die besondere Ausnahme und ein sehr attraktiver Protagonist im Schattenbeet.

Dennoch: Ein Schattenbeet mit überwiegend dunklen Blüten zu gestalten würde "wegsumpfen". Man geht daran vorbei. Daher ist es ein sinnvoller Gedanke, Schattenbeete, zumal sie darüberhinaus oft noch dunkle Hintergründe von Hecken haben, eher hell zu gestalten.

Einen besonderen Farb-Aspekt im Schatten darf man aber nicht außer Acht lassen – die Herbstfärbung der Blätter. Der Geißbart (Aruncus aethusifolius 'Horatio') überrascht mit einer fast rosafarbenen Herbstfärbung, während Funkien mit leuchtenden Ockertönen ein wahres Herbstfeuerwerk veranstalten.

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Abb. 8a: Plan eines Abschnittes in der Bingener Hindenburganlage. Deutlich zu sehen: die ruhigen großen Gruppen und die Pflanzenwiederholungen ... Plan: Christine Orel
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Abb. 8b: Legende zum Plan eines Abschnittes in der Bingener Hindenburganlage. Die Stückzahlen der Legende zeigen ebenfalls die Schwerpunktbildung. Plan: Christine Orel

Planungsideen – Rhythmus und Struktur

Anders als in sonnigen Bereichen, wo ein unfassbar großes Sortiment an Stauden mit einer enormen Farbauswahl zur Verfügung steht, tritt im Schatten der Farbgedanke in den Hintergrund und es muss noch viel mehr als ohnehin schon über die Struktur und den Rhythmus im Beet nachgedacht werden.

Ein grundlegender Gedanke in meinen Planungen ist immer, gliedernde Ruhe einzubringen durch große ruhige Blätter oder durch große runde Blüten, die sozusagen als Eyecatcher in der Fläche aufwarten. Dazwischen, um einen gewissen Schwung in die Fläche zu bringen, wird mit zartvertikalen Wuchsformen der Rhythmus ergänzt. Dieser Gedanke ist nicht weit entfernt von Grundkompositionsformen der Musik, wo ein stabiles Bassgerüst eigentlich in jeder Epoche der Musikgeschichte ab der Renaissance, aber auch in Pop oder Rock die tragende Struktur bildet, und sich darüber die jeweilige Vielfalt aufbauen kann.

Schaublatt (Rodgersien), aber auch mit vielen kleinen Blättern kompakte Figuren bildende Pflanzen sind hervorragende Ruhepole. Das Japangras (Hakonechloa macra), das sich über Jahre zu solchen stabilen großen Figuren entwickelt, ist da ebenfalls ein schönes Beispiel. In seiner gelbrandigen Form 'Aureola' bringt es wirklich beeindruckende leuchtende Akzente in das Schattenbeet. Darüberhinaus ist es sehr unkompliziert und bis weit in den Herbst farbstabil im Beet.

Schattenstauden Pflanzkonzepte
Abb. 9: Ein ganz wichtiger Aspekt der Gestaltung von Schattenbeeten ist die Herbstfärbung des Laubes, da hier wesentlich seltener stabile Fruchtstände wie an sonnigen Standorten zu finden sind. Mit ihren leuchtenden gelben Blättern bringen vor allem Funkein im Herbst nochmals so richtig Schwung ins Schattenbeet. Foto: Christine Orel
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Abb. 10: Der Sommeraspekt dieser Pflanzung baut auf die unterschiedlichen Blattformen der eichblättrigen Hortensie (Hydrangea quercifolia) und der Funkien sowie die dahinter dominant kerzenförmig aufragenden großen Gruppen des rostigen Fingerhutes (Digitalis ferruginea 'Gelber Herold'). Im Herbst wird diese Kombination zum leuchtenden Hingucker mit einer von Scharlach in Rosa übergehenden Färbung des Hortensienlaubes und dem ruhigen Ockerton der Funkeinblätter. Foto: Christine Orel

Das Sortiment an Schattenstauden wartet zwar nicht mit einer solch großen Farb- und Formfülle wie das der Sonnenstauden auf, aber an Größenunterschieden kann es durchaus mithalten. Es gibt auch für den Schatten ganz niedrige Pflanzen, die am Boden dahin kriechen und solche, die bis über zwei Meter Höhe erreichen, wie zum Beispiel der Knöterich Aconogonon (Johanniswolke) oder die Amselraute (Thalictrum rochebrunianum).

Die vertikalen Wuchsformen zwischen den Ruhepolen können durch Einstreuer wie Fingerhut (Digitalis), Wald-Glockenblume (Campanula latifolia) oder den auch lichten Schatten vertragenden Kandelaber Ehrenpreis (Veronicastrum virginicum), der übrigens auch mit einer sensationellen Herbstfärbung überrascht, erfüllt werden.

Ganz egal, ob ein großes, vielleicht auch sehr langes Staudenband in einem Park anzulegen ist, oder nur eine kleine Gartenecke, es gelten doch weitestgehend dieselben Spielregeln.

Wiederholungen sind dabei ein ganz wichtiger Faktor für eine gute Beetwirkung. So lässt sich etwa durch unregelmäßig wiederkehrende Gruppen oder bei einem kleinen Beet mit Einzelpflanzen von Bergenien der Beetrand stabil und das Auge weiterführend gestalten. Das Tolle an der Bergenie: Sie kann auch Sonne. Sollte es in einem Park oder Garten korrespondierende Flächen unterschiedlicher Belichtungsverhältnisse geben, so kann sie diese Beete optisch miteinander verbinden. Auch Purpur- und Silberglöckchen (Heuchera) in all ihren vielen Arten und Sorten sind perfekte Standortdiplomaten. Ausgesprochen schön das bis weit in den Herbst blühende zottige Silberglöckchen (Heuchera villosa var. macrorrhizza).

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Abb. 11: Für die Landesgartenschau 1997 in Mosbach habe ich einen Blattstrukturengarten entworfen, der bis heute als in weiten Teilen stabiler Schattenbereich existiert. Powerpoint gab es noch nicht, so ist ein Aquarell dafür entstanden. Foto: Christine Orel
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Abb. 12: Im unmittelbaren Stammumfeld von größeren Bäumen Stauden anzusiedeln gelingt nicht immer. Hier fühlt sich aber eine Mischung aus Anemonen, Kastanienblättrigem Schaublatt (Rodgersia aesculifolia) und Euphorbien durchaus wohl und wird im späten Frühjahr von der duftenden Triandrus Narzisse 'Thalia' und dem weißen Hasenglöckchen (Hyacinthoides hispanica 'White Triumphator') elegant ergänzt. Foto: Christine Orel

Noch ein kurzer Gedanke zum Boden: Wie für jedes Staudenbeet ist auch für das Schattenbeet die Bodenvorbereitung die unabdingbare Voraussetzung für das gute Gelingen. Lockern (Verdichtungen verhindern vernünftiges Pflanzenwachstum), wo möglich, ohne wichtigen Bestandswurzeln zu schaden, eventuell aufbessern mit geeignetem Substrat und behutsam mit nachhaltigem Dünger aufbereiten, etwa den guten alten Hornspänen, die keinen chemischen Herstellungsprozess haben, oder aus Naturprodukten aufbereiteten Düngern.

Schattenbeete brauchen also, wenn die Auswahl und Vorbereitung stimmen, so gar kein Schattendasein zu führen.

Dipl.-Ing. Christine Orel
Autorin

Landschaftsarchitektin

Orel + Heidrich Landschaftsarchitekten

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