Klartext

Frühlingsgrün -alles gut?

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Klimawandel und Trockenheit 2018 verunsichern unsere Branche angesichts der Frage, wie es mit dem Stadtgrün weitergehen soll. Während die einen sich in den zurückliegenden Wintermonaten mit Bewässerungshinweisen und Angeboten über Klimabäume überschlagen haben, mahnen die anderen das tiefergehende Nachdenken an. Es ist wieder einmal Wahljahr, daher ist auch politisch der - letztlich populistische - Ruf nach mehr Grün allerorten zu vernehmen. So wird beispielsweise eine Aufstockung der Fördermaßnahmen gefordert, und bei jeder sich bietenden Gelegenheit sollen, wo immer möglich, Bäume gepflanzt werden. Sogar von einer "Task Force" bei erneuter Trockenheit zum Bewässern trocknender Gehölze ist die Rede! Wo ist da die Kontinuität?

"Alles halb so wild" sagen hingegen die anderen. "Schaut doch aus dem Fenster, alles grün macht der Mai! Es blüht und treibt doch überall. Sogar die Insekten sind wieder da!" Die Medien freuen sich in ihren Tagesmeldungen über die Sonnentage - kein Wort darüber, dass die tieferen Bodenschichten mangels zu geringer Winterniederschläge aktuell noch viel zu trocken sind. Dabei müssten sie schon jetzt die Bevölkerung zur Bewässerung des Stadtgrüns aufrufen. Aber nicht "pütschern" sondern "klotzen", das heißt 1000 Liter Wasser pro Baum! Dass die gepeinigte Natur auf breiter Front unsere professionelle Hilfe benötigt, ist die Botschaft, die auf den Titelseiten prangen müsste - um alle wachzurütteln! Warum passiert das nicht? Sind wir von den täglichen Katastrophenmeldungen so abgestumpft und nehmen nicht mehr wirklich wahr, dass uns im großen Stil die Lebensgrundlage entzogen wird?

Bietet die Situation nun den Profis die Chance, das Heft des Handels in die Hand zu nehmen? Das Weißbuch Stadtgrün fordert insbesondere unsere Branche dazu auf, sich aktiv in diesen Prozess einzubringen. Während die einen nur ihre persönlichen Vorteile sehen (beispielsweise in der Aufstockung der Städtebauförderung), diskutieren die anderen wirklich intensiv über das Zusammenführen der grauen, blauen und grünen Infrastruktur, auch im Sinne einer noch zu definierenden grünen Baukultur. Soeben wurden auf einer Fachtagung zur "Stadt der Zukunft - quo vadis der grünen Infrastruktur?" an der Beuth Hochschule für Technik Berlin die Positionen ausgetauscht. "Nichts gedeiht ohne Pflege!" wusste schon Peter Joseph Lenné. Was nützen also die digitalisierten Stadtpläne und die noch so großartig angekündigten Events in der Landschaftsarchitektur (wie aktuell auf den Gartenschauen), wenn hinterher gebaute Anlagen nicht unterhalten werden können? Die Studierenden wunderten sich im Nachgang, warum die Pflanze als zentraler Baustoff gerade in dieser Zeit noch immer nicht im Vordergrund steht. Und weshalb offenkundig so wenig Bereitschaft besteht, alles für eine vitale und gesunde Entwicklung des Stadtgrüns zu tun!

Vielleicht müsste es 2019 einen Leistungswettbewerb dazu geben, wer in den heißen Stadtzentren kühlende Grünkonzepte messbar und erlebbar für alle etablieren kann. Die Aufmerksamkeit wäre ihm sicher, denn der nächste heiße und trockene Sommer kommt bestimmt!

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

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Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Leiter Institut für Stadtgrün, Falkensee

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