Mit Füßen getreten
Problemstellungen bei Gebrauchs- und Strapazierrasen
Gebrauchs- und Strapazierrasenflächen unterliegen unterschiedlichen Belastungen. Standort, Nutzungsart und Nutzungsintensität sind die wichtigsten Einflussgrößen, die auf Boden und Rasen einwirken. Planung und Anlage einer Rasenfläche müssen diese Gegebenheiten berücksichtigen, damit mit entsprechenden Pflege- und Regenerationsmaßnahmen die Funktionsfähigkeit sichergestellt werden kann.
Im Folgenden werden einige ausgewählte Einflussfaktoren, die in der Praxis häufig die geforderte Rasenqualität beeinträchtigen, näher betrachtet.
Gebrauchsrasen
Boden, Gräsermischungen und Pflege sind bei vielen Gebrauchsrasen (Hausrasen) problematisch, obwohl gerade bei diesen Faktoren ausreichend Informationen aus Normen und Regelwerken zur Verfügung stehen:
- DIN 18915:2002-08: Bodenarbeiten
- DIN 18917:2002-08: Rasen - Saatarbeiten
- DIN 18919:2002-08: Entwicklungs- und Unterhaltungspflege von Grünflächen
- Beschreibende Sortenliste Rasengräser des BSA (erscheint alle zwei Jahre)
- Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) der FLL (erscheint jährlich)
Die in Mitteleuropa für Rasen geeigneten Gräserarten bevorzugen einen wasser- und luftdurchlässigen Boden, der zugleich aber auch ausreichend Wasser und Nährstoffe speichern kann. Leider weisen viele Gebrauchsrasenflächen lehmige bis tonige Böden auf, die durch die Nutzung nach und nach stark verdichtet werden. Auf diesen zur Staunässe neigenden Böden ist das Wurzelwerk nur schwach ausgeprägt, der Rasen nur gering belastbar. Nicht ausreichend dränfähige Böden müssen mit Dränagen versehen werden, um Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit sicherzustellen.
Gräserarten und -mischungen
Von den etwa zehn für die Anlage von Rasenflächen in Frage kommenden Gräserarten spielen im Gebrauchsrasenbereich vier Gräserarten die Hauptrolle. Mit ihnen lassen sich für die unterschiedlichen Standorte und Verwendungszwecke gut geeignete Mischungen herstellen.
Leider werden immer noch viele ungeeignete Mischungen angeboten. Besonders "Berliner Tiergarten", aber auch andere bekannte Mischungsnamen enthalten meist für Rasen ungeeignete Gräserarten beziehungsweise Gräsersorten. Bei den Ansaatmischungen wäre eine deutliche Qualitätssteigerung möglich, wenn der züchterische Fortschritt in Form von guten Rasensorten und geeignete Mischungen analog der Empfehlungen der Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) oder in Versuchen erprobte Mischungen genutzt würden. Eindeutige Hinweise über die Qualität einer Mischung gibt die gesetzlich vorgeschriebene Deklaration auf der Verpackung (Mischungsetikett).
Fertigrasen
In Deutschland gibt es zurzeit etwa 60 Fertigrasenproduzenten, die den Markt mit qualitativ hochwertigen Rasensoden versorgen. Doch der beste Fertigrasen liefert keinen guten Gebrauchsrasen, wenn er auf ungeeignetem Boden oder nicht fachgerecht verlegt wird. Deutlich sichtbare Fugen zwischen den Soden, unzureichende Bewässerung in der Anwachsphase und teilweise auch zu viel Rasenfilz geben immer wieder Anlass zu Mängelrügen.
Pflegemaßnahmen
Bei den Standardpflegemaßnahmen liegen besonders das Mähen und die Nährstoffversorgung im Argen. Gebrauchsrasenflächen werden häufig zu selten und wenn, dann zu tief gemäht. Die grünen Blätter sind die Energielieferanten der Gräser und müssen in ausreichender Menge vorhanden sein. Je seltener und tiefer gemäht wird, umso geringer ist der Energieertrag und umso geringer ist die Belastbarkeit der Gräser. Durch Beachten der "Drittel-Regel" bleiben den Gräsern genügend Blattmasse und eine ansprechende Optik des Rasens erhalten.
Rasengräser benötigen zur Aufrechterhaltung der Rasenoptik und für eine gute Regenerationskraft eine relativ hohe Nährstoffzufuhr. Allein aus dem Boden oder über rein organische Dünger kann der Nährstoffbedarf nicht gedeckt werden. Die notwendigen Nährstoffe müssen über spezielle Rasendünger mehrmals im Jahr zugeführt werden. So wird zum Bespiel der Wachstumsmotor Stickstoff in einer Menge von 10 bis 20 Gramm pro Quadratmeter pro Jahr, aufgeteilt in drei bis vier Teilgaben, benötigt.
Selbstverständlich müssen die Nährstoffe gleichmäßig auf dem Rasen verteilt werden. Aufgrund der nicht so einfach durchzuführenden Düngung per Hand finden zunehmend Kasten- oder Schleuderstreuer Verwendung. Zu tief gemähter oder hungernder Rasen bietet ideale Bedingungen für die Ausbreitung von Moos und Unkraut.
Strapazierrasen
Dieser Rasentyp bietet vornehmlich die Basis für Fußball, Golf, Reiten und Leichtathletik sowie weitere Sportarten im Freien. Der Rasen hat hierbei sowohl eine sportfunktionelle wie auch eine schützende Funktion zu erfüllen. Umso wichtiger ist es, dass die Rasennarbe dicht, belastbar und regenerativ ist. An den Boden werden je nach Sportart teils unterschiedliche Anforderungen gestellt. Zumindest in unseren Breiten genießt dabei die Wasserdurchlässigkeit oberste Priorität.
Für Bau und Unterhaltung von Rasensportanlagen existiert eine Reihe von Normen und Regelwerken:
- DIN 18035-1:2003-02 Planung und Maße
- DIN 18035-2:2003-07 Bewässerung
- DIN 18035-3:2007-06 Entwässerung
- DIN 18035-4:2012-01 Rasenflächen
- Sportplatzbau und -unterhaltung (DFB, 2011)
- Erhalt und Modernisierung von Sportanlagen (DFB, 2000)
- Orientierungshilfe für Sportplätze (BISp, 2010)
- Empfehlungen für die Pflege und Nutzung von Sportanlagen im Freien (FLL, 2006), in Überarbeitung
- Richtlinie für den Bau von Golfplätzen - Golfplatzbaurichtlinie (FLL, 2008)
- Empfehlungen für Planung, Bau und Instandhaltung von Reitplätzen im Freien (FLL, 2007), in Überarbeitung
Besonders im Fußballsport leiden die Strapazierrasenflächen unter temporärer oder ganzjähriger Überbelastung, Nutzungseinschränkungen im Winterhalbjahr sowie durch die besonderen, vegetationsfeindlichen Konstruktionen moderner Arenen.
Im Folgenden sollen einige, nicht oder nur ansatzweise in Normen oder Regelwerken aufgeführte Möglichkeiten zur Lösung dieser Problemstellungen aufgezeigt werden.
Erhöhung der Belastbarkeit durch Armierung von Boden und/oder Rasennarbe
Böden von Strapazierrasen werden durch die Benutzung verdichtet, uneben und lückig. Diesen Mängeln soll die Armierung von Boden und Rasennarbe entgegenwirken. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden verschiedene Systeme im Markt eingeführt, die zum einen eine Armierung der Rasentragschicht oder eine kombinierte Armierung von Rasentragschicht und Rasennarbe erreichen sollen.
Während die Systeme zur Armierung der Rasentragschicht allein eine Erhöhung der Ebenheit bewirken, verbessert die kombinierte Armierung von Rasentragschicht und Rasennarbe sowohl die Ebenheit als auch die Belastungsfähigkeit und Nutzungsintensität. Alle Systeme erfordern neben einem zusätzlichen finanziellen Aufwand (50 TEU - 300 TEU) auch eine Anpassung der Pflegemaßnahmen.
Erhalt der Durchlässigkeit des Bodens bei Frost durch Heizung
Gefrorener Boden verhindert Wasserinfiltration und Gasaustausch und reduziert den erforderlichen Kraftabbau gegen Null. Aufgrund des im Lizenzfußball (Bundesliga) auch während des Winterhalbjahres durchgeführten Spielbetriebs müssen die Durchlässigkeit und Elastizität des Bodens auch bei andauernden Minustemperaturen sichergestellt sein. Hierzu dienen Boden-Heizsysteme, die entweder mit Warmwasser oder elektrischer Energie arbeiten.
Ziel dieser Systeme ist, den Boden frostfrei und somit durchlässig zu halten. Sie dienen nicht zur Stimulierung des Gräserwachstums. Die Kosten für den Einbau einer Rasenheizung liegen in einer Größenordnung von> 350.000 Euro. Die Betriebskosten können mit etwa 2000 Euro pro Heiztag kalkuliert werden, wobei diese je nach Typ der Heizung, Standort und Witterungsverlauf stark variieren.
Verbesserung der Wachstumsbedingungen durch Belichtung
Moderne Stadien sind aufgrund ihrer hohen, oft bis nah an das Spielfeld heranreichenden Tribünenkonstruktionen ungünstig für das Gräserwachstum. Sie verursachen Lichtmangel, insbesondere während des Winterhalbjahres, sowie geringen Luftaustausch und hohe Luftfeuchtigkeit. Schwache Gräser und hoher Krankheitsdruck sind die Folgen.
Seit etwas über zehn Jahren werden in Stadien Belichtungssysteme zur Stimulation des Gräserwachstums eingesetzt. Zurzeit nutzen weltweit fast 100 Stadien das SGL-System (Stadium Grow Lighting). Dieses System steuert die Belichtungsintensität in Abhängigkeit der weiteren Wachstumsfaktoren.
Die Investition liegt bei etwa 85.000 Euro pro Belichtungseinheit, die eine Fläche von 360 Quadratmeter belichtet. Die Anzahl der Belichtungseinheiten pro Stadion schwankt je nach Ausgangssituation zwischen zwei und zehn Einheiten. Die Betriebskosten liegen bei rund 20.000 Euro pro Einheit und Jahr, natürlich abhängig vom Standort und der jeweiligen Witterung im Winterhalbjahr. Für kleinere Flächen sind auch Belichtungseinheiten von 18, 27, 36 und 50 Quadratmeter verfügbar.
Dr. Harald Nonn
Der Artikel basiert auf dem Vortrag des Autors anlässlich der bdla Bauleitergespräche, Januar 2013 in Potsdam.