Noch nie änderte sich das Verhältnis zum Tod so umfassend
Thesen zur Zukunft der Bestattungskultur
von: Niels Biewer, Prof. Dr. Jürgen MilchertAnhand zweier kulturhistorisch bedeutender, unter Denkmalschutz stehender Osnabrücker Friedhöfe, die zum Ende des Jahres 2015 entwidmet werden sollen, erarbeiten wir derzeit innerhalb eines Forschungsprojekts an der Hochschule Osnabrück ein "Konzept zur nachhaltigen Nutzung von Kulturdenkmalen mit Grünbestand am Beispiel der Denkmale Hase- und Johannisfriedhof". Während dieser Arbeit wurde uns deutlich, dass wir, was die Entwicklung der Friedhofs- und Bestattungskultur betrifft, in einer einzigartigen Zeit leben. Dies ist die stärkste Erkenntnis unseres Projekts. So rasch und so umfassend, aber auch so facettenreich hat sich in der Geschichte der Menschheit noch nie das Verhältnis zum Tod verändert. Dies hat zugleich eine beträchtliche persönliche wie kollektive Unsicherheit in unserem Verhältnis zum eigenen und fremden Tod und im Trauerverhalten zur Folge. Zugleich ergeben sich damit aber auch neue, interessante und vielfältige Zukunftschancen für den Aufgabenbereich Friedhofskultur. In den folgenden Thesen sollen hierzu einige Aspekte in den Diskurs gebracht werden.
These 1: Vom Auseinanderfallen des Trauer- und Bestattungsortes
Historisch gesehen waren Trauer- und Bestattungsort nicht nur in unserer Kultur eng miteinander verbunden. In den vom Monotheismus beeinflussten Religionen schien es geradezu ein göttliches Gebot, einen Zusammenhang zwischen den Trauerritualen, Kultorten und dem Begräbnisort zu geben. Schließlich macht eine mögliche Weiterexistenz den verwesenden Körper und seine konkrete Verortung interessant, ja geradezu konstitutiv für religiöse Rituale und Andacht. In der Geschichte der christlichen Begräbniskultur wird dies besonders deutlich: Die "Gemeinschaft der Lebenden und Toten" mit der gebauten Kirche als Versammlungs- und Kultraum und als heilige Glaubensgemeinschaft führt dazu, dass mit der besonderen Nähe des Grabes zum Altarraum die Nähe zum Göttlichen gesucht wird. So entstanden Grabgelege in Krypten, es gab Beisetzungen innerhalb und in der Nähe von Kirchen. Mit dem regelmäßigen Kirchenbesuch wurde der Zusammenhang zwischen den Lebenden und Toten immer wieder erinnert und "aufgeladen", denn ein Besuch der Gräber auf dem Kirchhof gehörte meist dazu. Diese religiöse Verknüpfung brachte auch Machtpotential mit sich: Wer den Ort und die Rituale um die Toten beherrscht, übt einen großen Einfluss auf die Lebenden aus. Auch heute noch sind die Friedhöfe in Stadt und Land die "öffentlichen Grünflächen", die das größte Identifikationspotential aller Freiräume aufweisen.
Durch den Säkularisierungsimpuls im Europa des beginnenden 19. Jahrhunderts und die damit ausgelöste Trennung von Kirche und Begräbnisort, vor allem aber durch den stetig abnehmenden Einfluss des traditionell Religiösen ging der unmittelbare räumliche Zusammenhang zwischen Trauer und Bestattungsraum verloren. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich dieser Prozess stark beschleunigt. Eine große Rolle spielen dabei die Virtualisierung und Beschleunigung der Welt, die demografische Entwicklung, die Mobilität und Vereinzelung der Menschen. Die Wurzeln zu einem bestimmten Ort lösen sich, stattdessen wird eine möglichst komfortable Lebenszeit zur entscheidenden Größe. Regelmäßige Kirchengänge und Grabbesuche werden für viele Menschen immer seltener oder finden gar nicht statt.
These 2: Vom Verschwinden des Todes und der Unauffindbarkeit der Leichen
Gesamtgesellschaftlich gesehen ist in den entwickelten Gesellschaften der Trend zur Verdrängung des Todes aus dem Alltag ungebrochen. Interessanterweise macht sich dies auch im tatsächlichen Verschwinden und in der Unauffindbarkeit der Leichen bemerkbar. In den letzten Jahren gab es in Deutschland mehr Einäscherungen als Erdbestattungen. Asche ist für viele irgendwie hygienischer als das Produkt des "ekligen" Verwesungsprozesses. Auch in einem tatsächlichen Sinne werden die Toten immer unauffindbarer: Die Ascheurnen werden in Meeren, Friedwäldern und Naturschutzgebieten beigesetzt oder als Sternschnuppe zum kosmischen Wunschgedanken. Zahlreiche Urnen werden aber auch in den niederländischen, tschechischen oder polnischen Krematorien, die gegenwärtig mit unseren kommunalen Krematorien im harten Konkurrenzkampf stehen, gar nicht mehr abgeholt. Sie verbleiben dort und werden irgendwann entsorgt. Diese Tendenz wird sich weiter verstärken, denn die ersten Bundesländer möchten den in Deutschland gesetzlich verankerten Friedhofszwang aufheben. Es gibt aber auch eine entgegengesetzte Entwicklung: Dass sich die tote Seite des Lebens oft nicht verdrängen lässt, wird an der Hospizbewegung deutlich, die erst seit wenigen Jahren erfolgreich den Tod neu ins Bewusstsein der Lebenden als notwendiges Ereignis trägt. Sie ist damit ein würdiger Gegenentwurf zum Abgeschobenwerden in die Sterbekammern der Krankenhäuser.
These 3: Über neue Potenziale der kommunalen Friedhofsträger: Vom Getriebenen zum Vorausdenker neuer Marktideen
In den letzten Jahrzehnten waren die kommunalen Friedhofsbetriebe stets in der Position der Getriebenen. Aufgrund der oben genannten gesellschaftlichen Prozesse, die sich im Zuge der Internationalisierung des Bestattungswesens, seiner Entstaatlichung und Liberalisierung noch verstärken, erweisen sich die in den Flächennutzungsplänen vorgesehenen Friedhofsflächen als überdimensioniert. Stattdessen werden die privaten Konkurrenten und ihre Geschäftsmodelle immer zahlreicher: Gestorben wird immer! Auch politisch scheint trotz Wirtschaftskrise und Re-Kommunalisierung ein Vorurteil darin zu bestehen, dass private Initiativen prinzipiell marktgerechter und preiswerter sind als kommunalwirtschaftliche. Die Kommunalpolitik und Kommunalwirtschaft sind politisch und medial Getriebene, die immer wieder versuchen, das sich gesellschaftlich wandelnde Bestattungsverhalten auf den Friedhöfen nachzuvollziehen und ständig die medialen Prügel über zu hohe Bestattungsgebühren, Unflexibilität und Beamtenmentalität auszuhalten haben.
Wahrscheinlich ist dies grundsätzlich eine falsche Betrachtungsweise, erinnert man sich der ursprünglichen religiösen Wurzeln unserer Friedhofskultur: Mit dem Tod sollen keine Geschäfte gemacht werden. Dieser Gedanke ist in vielen Kulturen verankert. Allerdings hat der Reliquienkult und -handel den Umgang, besonders der katholischen Kirche, mit dem Tod und seinen Knochen stark beeinflusst. In der jüdischen und muslimischen Welt und in anderen Religionen gilt in vielen Kulturen immer noch oder wieder die selbstverständliche Grundhaltung, mit dem Tod keine Geschäfte zu machen. Warum eigentlich müssen Friedhofsgebühren überhaupt von den Kommunen erhoben werden? Könnte es nicht auch eine vornehme Ehrenpflicht der Städte sein, ihren ehemaligen Bürgern eine ordentliche Grabstätte über eine Art Grundfinanzierung zu bieten? Oder könnte es nicht eine Rückbesinnung auf die Institution der (christlichen) Bruderschaften geben, die in eigener Verantwortung Sterbebegleitung und Beisetzung ritualisieren und übernehmen?
Abseits der moralischen und politischen Diskursebene könnten sich kommunale Friedhofsverwaltungen auch als Trendsetter und Trendumkehrer sehen. Sie können hier vieles ausprobieren und ermöglichen gerade mit ihren Informationsmöglichkeiten und umfassenden Zuständigkeiten. Zum Beispiel wären Schnittstellen mit dem tatsächlichen Grab und der virtuellen Welt möglich (zum Beispiel über QR-Codes). Gerade im Umgang mit dem Tod müssen die Friedhofsbehörden Liberalität zeigen. Vor allem aber können Friedhöfe auch als Orte für Lebende entwickelt werden.
These 4: Über die spannenden Möglichkeiten einer Re-Spiritualisierung des Friedhofswesens als Spiegelbild neuer multikultureller und multireligiöser Vielfalt
Viele Menschen reden von der Notwendigkeit der Wiederverzauberung der Welt. Gibt es ein größeres Mysterium als den viele tausend Jahre alten sinnstiftenden und sinnvernichtenden Diskurs über "Das große Vielleicht" (Voltaire), also dem, was nach dem Tode möglicherweise folgt? Der symbolhafte Schnittpunkt zwischen dem Leben und möglichen anderen, verborgenen Existenzen und Erfüllungen ist der Friedhof. Sind die Grabsteine "Bergspitzen einer anderen Welt", wie es Pückler auf seine Erdpyramide schreiben ließ? Sind sie Stein gewordene Biografien (die man beispielsweise mit einem QR-Code wiederbeleben kann)? Sind die Gräber Warteräume für die Auferstehung oder Ausgangspunkte von Wiedergeburten? Oder ist dies alles ein sinnfreies ewiges Rad des Sterbens und Vergehens? Warum ist der Gang über heutige Friedhöfe eigentlich eine meist trockene Angelegenheit, wo man doch hier so viel über Sehnsüchte, Ängste, Lieben, Ästhetiken, Träume, Zeichen, Religionen, Humanismen und Philosophien sehen und lernen könnte?
Es wäre spannend und eine bedeutende Tat, wenn sich unsere Friedhöfe als Orte individueller und kollektiver Lebens- und Nachlebensvorstellungen entwickeln könnten. Wenn dieses kleine Stück Grabfläche zur Projektionsfläche der vielen tausend Bürger würde, die einmal ein Gemeinwesen ausmachten und deren Erben wir sind. Gerade in einer möglichen Kombination virtueller, steinerner und vegetativer Elemente gäbe es zahlreiche Möglichkeiten, den Friedhof zum Alltagsmuseum der Kulturen einer Stadt zu entwickeln und damit auch zum heutigen friedlichen kulturellen Nebeneinander oder sogar Miteinander beizutragen.
These 5: Vom allmählichen Verschwinden der Friedhöfe
Es ist nicht mehr undenkbar, vom Ende des gegenwärtigen Friedhofs in unserer Kultur zu reden. Man braucht angesichts der heutigen digitalen Möglichkeiten und den daraus resultierenden alltäglichen Veränderungen im Trauer- und Kommunikationsverhalten eigentlich keinen konkreten materiellen Erinnerungsort in Form eines Grabes, eines Kolumbarienfaches oder einer anderweitigen Urnenbeisetzung. Andere Menschheitskulturen, vor allem der Hinduismus, machen uns vor, dass man ohne Friedhöfe leben kann! Spannend ist es allerdings, sich in unseren europäischen Kulturen eine Stadt ohne Friedhöfe vorzustellen, denn die Begräbnisstätten besaßen über viele hundert Jahre eine existentielle Bedeutung für den religiösen und sozialen Zusammenhalt. Man kann so weit gehen, dass die Gräber den menschlichen Siedlungsprozessen ein großes Stück Beständigkeit boten; man blieb bei seinen Toten. Sicherlich werden - als Hommage an eine verloren gegangene Tradition - alte Friedhöfe als Monumente weiter bestehen. Wie andere Denkmale und alte Kirchen markieren sie ein Stück Stadtgeschichte und erinnern an interessante Menschen, Symbole, Begebenheiten oder Stil- und Kunstepochen. Diese Friedhöfe werden wie die Museen für Stadtgeschichte ein Stück musealer Erinnerungskultur sein und wahrscheinlich auch in diesem Sinne von den Kulturbehörden unterhalten.
Darüber hinaus wird es weiterhin Bestattungsräume für besondere Religionszugehörigkeiten geben, für Muslime, Juden, traditionsbewusste Christen und auch Angehörige neuer Religionen. Es kann aber auch andere privat betriebene Friedhöfe für Individualisten geben. Hier kann ein weites Spektrum von Snobismus, Exzentrik oder Esoterik ausgelebt werden. Erste Beispiele existieren. Der seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts entstandene Kommunalfriedhof als gesellschaftlich dominierende Begräbnis- und Trauerkultur könnte verschwinden, denn die Trauerrituale suchen und finden längst andere Räume und Ausdrucksformen. Auch scheint das Regelmodell "Kommunalfriedhof" in immer stärkerem Maße eine Art überlebten Kompromiss abzubilden: Hier gibt es Regelwerke, die das Besondere erschweren, dabei ist gerade in der Verortung des Todes Radikalität oder Verweigerung gefragt und kein irgendwie verordneter Mittelweg.
These 6: Von der möglichen Entwicklung einer neuen Erinnerungskultur
Das Ereignis des Todes ist in einem philosophischen Sinne ein "demokratisches" Ereignis. Es trifft früher oder später jeden, und jeder Tod verdeutlicht ein Stück Schicksalsgemeinschaft. Gibt es überhaupt so etwas wie einen interreligiösen und interkulturellen Sinn, dann scheint sich immer mehr eine zivilisierte säkularisierte Art kollektiver Trauer in der Form eines "Verlustes" innerhalb einer großen Schicksalsgemeinschaft auszubilden: Der englische Dichter John Donne beschrieb in seinem Gedicht "No man is an island" dieses Gefühl so: "Each man's death diminishes me, for I am involved in mankind". In einer Gesellschaft, die weitestgehend ihr traditionelles religiöses und kulturelles Koordinatensystem verloren hat, gibt es eine Art "Grundbedauern und Grundbetrauern" auch um den uns persönlich unbekannten Verstorbenen. Als Teil einer großen menschlichen Schicksalsgemeinschaft teilt man den Verlust, es gibt eine Art politisch korrekten Respekt als eine zivilgesellschaftliche Geste, den man den Verstorbenen als Vorgegangenen zollt.
Es müsste sich vielleicht so etwas wie ein ziviles Recht auf die Unverkennbarkeit des gelebten individuellen Lebens entwickeln. Aber dort wo die traditionellen Familienbande, Nachbarschaften und religiösen Institutionen ihre Bedeutung verloren haben, könnten sich vielleicht neue politische Formen der Aufgehobenheit in bürgerschaftlichen Zusammenhängen ausbilden. So entstehen inzwischen neue Erinnerungsrituale für Beerdigungen Alleinstehender, für die sich niemand verantwortlich fühlt. Allerdings scheint dies oft ein gutwilliger Versuch zu sein, das Friedhofswesen als Bestattungskultur, moralisch christliche Tradition und auch ein eingeübtes "Geschäftsmodell" zu retten. Wie die Organisation von Heiligabendfeiern für die Einsamen und Alten, versuchen Sozialbehörden, Kirchen und Lokalzeitungen auch diesen vergessenen Verstorbenen eine würdige Beerdigung zu bieten. Das Verscharren der Toten steht ja für gesellschaftlichen Verfall. Diese Versuche dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass ein immer größer werdender Prozentsatz der Verstorbenen in der Erinnerung der Nachwelt tatsächlich völlig verschwindet.
Vielleicht muss man diesen Gedanken heutzutage ganz anders denken. Vielleicht muss man über eine demokratische und humane Erinnerungskultur außerhalb des Friedhofswesens nachdenken, also über Wege, in einer Gesellschaft ohne Gräber Erinnerung neu zu verankern. Vielleicht braucht es so etwas wie ein sichtbares kollektives Gedächtnis der Gemeinden und Städte, eine Geste und eine Art Ehrenpflicht an ihre ehemaligen Bürgerinnen/Bürger und Gäste: Namen und Lebensspanne aller Verstorbenen einer Stadt als "kollektives Gedächtnis" auffindbar und erinnerbar zu halten. Da in den kommunalen Standes- und Meldebehörden alle Namen und Lebensdaten erfasst sind, wäre es leicht und auch preiswert möglich, alle Verstorbenen eines Jahres in dauernder Erinnerungsform zu behalten. Dies könnte in Form von Tafeln wie die steinernen oder metallenen Seiten eines Buches erfolgen, das als eine Art demokratisches Grundgedächtnis an alle Menschen einer Stadt erinnert und jährlich kontinuierlich fortgeschrieben wird. Platz genug wäre auf den ehemaligen alten Friedhöfen, aber auch an landschaftlichen Besonderheiten wie Flüssen, Bergen oder Seen. Dabei sind alle Gestorbenen gleich, man verzichtet auf alle gestalterischen Schnörkel, achtet aber auf eine robuste Materialität, die diesen Monumenten einen Hauch von Ewigkeit geben. Hier treffen sich dann religiöse Traditionen mit einem heutigen demokratischen Politikverständnis.
These 7: Es gibt keine idealen Lösungen für ehemalige alte Friedhöfe, allenfalls schlechte und weniger schlechte
Ein wichtiges Ergebnis unserer Recherche über den Umgang mit ehemaligen alten Friedhöfen bestätigte unsere Annahme, dass es keine wirklich guten Lösungen im Umgang mit alten Friedhöfen gibt. In aller Regel werden sie zu undefinierten Grünflächen, für die sich niemand so richtig verantwortlich fühlt und in denen die folgende Abwärtsspirale abläuft: Friedhöfe werden entwidmet, die Angehörigen verlassen allmählich den Ort, die Flächen werden zu öffentlichen Grünflächen, Randgruppen und Hundebesitzer okkupieren die Räume, Grabsteine werden zerstört, die normalen "Nutzer" meiden den Ort, der anschließend vermüllt und zum "No-Go-Areal" wird. Anschließend ist die Politik nicht mehr bereit, Gelder für eine pflegebetonte Kultur der ehemaligen Friedhöfe auszugeben, was die Abwärtsspirale weiter beschleunigt. Da in den Städten ohnehin genug Friedhofsflächen vorhanden sind, liegt der Königsweg im Umgang mit ehemaligen Friedhöfen darin, Friedhofsflächen nicht mehr zu entwidmen und stattdessen intelligente und maßgeschneiderte Konzepte zu entwickeln, die alten Friedhöfe so zu unterhalten und zu belegen, dass man mit den vorhandenen Friedhöfen auskommt. Angesichts der ungebrochenen gesellschaftlichen Prozesse scheint es für die meisten Städte auch möglich.
Für den Hase- und Johannisfriedhof - zwei konkrete Beispiele ehemaliger Friedhöfe - wollen wir ein "Osnabrücker Modell" entwickeln, einen Katalog vielfältiger Nutzungsmöglichkeiten, um die beiden Friedhöfe weitestgehend zu erhalten. Unser Weg liegt darin, eine vielfältige Nutzung auf diesen beiden Friedhöfen zu initiieren und zu fördern. Nur so kann die soziale Kontrolle, ergänzt durch eine formelle Kontrolle entstehen, die beide Friedhöfe in einem spannenden Gleichgewicht hält zwischen kommunalem Museum, sozialem Freiraum, Naturschutz, sakralem Ort und Begräbnisraum. Leider schwebt das Damoklesschwert der baldigen Entwidmung über den beiden Friedhöfen. Dabei kann man den Stadtpolitikern und der Verwaltung den Entwicklungsbeschluss nicht vorwerfen, denn vor zwanzig Jahren gab es noch ein gänzlich anderes Umfeld in der Bestattungskultur. Vielleicht wäre es aber möglich, Teile der beiden Friedhöfe wieder als Urnenbestattungsorte zu widmen. Dies würde einen pietätvollen Umgang ermöglichen, der auf das gesamte Areal ausstrahlt, vor allem aber den alten Friedhöfen zugleich ein finanzielles Rückgrat bietet.