Ältester Friedhof vor den Toren der Stadt

Der Stralsunder St.-Jürgen-Friedhof

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Abb. 1: St.-Jürgen-Friedhof, Plan der Stadt Stralsund (Ausschnitt), 1647, vermessen und gezeichnet von Johannes Staude. Repro: Angela Pfennig

Gartenkünstlerische und planerische Grundideen

Die Geschichte des St.-Jürgen-Friedhofes in der Stralsunder Kniepervorstadt, auch Knieperfriedhof genannt, geht zurück auf die Gründung des St.-Jürgen-Hospitals im 13. Jahrhundert. Dieses bestand aus einem dem heiligen Georg gewidmeten Hospital, einer Kirche und einem Friedhof und diente vor allem der Aufnahme von Menschen mit ansteckenden Krankheiten. Eintragungen im ältesten Stralsunder Stadtbuch berichten bereits im Jahr 1278 von einem St.-Georg-Hospital, das zunächst wahrscheinlich nur aus einem Haus bestand und zur Beherbergung von Aussätzigen genutzt wurde. 1348 wird der Bau einer Kirche und eines sogenannten Langen Hauses erwähnt.

Die Lage des St.-Jürgen-Hospitals wird in schriftlichen Quellen wie folgt beschrieben: Es befand sich gegenüber dem Hospitaler Tor in Verlängerung der damals vorhandenen beiden vom Hospitaler Tor und Knieper Tor durch den Knieperteich führenden Dämme direkt am Knieperteich. Der Kirchhof, da er auch dem Begräbnis der Stadtbewohner diente, lag etwas vom Hospital entfernt, etwa im Dreieck des heutigen Knieperdammes, der Brunnenaue und der Sarnowstraße (Abb. 1).

1547 wurde die St.-Jürgen-Kirche zum Teil abgerissen; das Baumaterial fand Verwendung bei der Erweiterung der Festungswerke. Das Hospitalgebäude wurde durch die Kriegsmaßnahmen während der Belagerung Stralsunds durch Wallenstein (1583-1634) im Dreißigjährigen Krieg abgerissen. Es war das Schicksal vieler Gebäude in den Vorstädten, dass sie über Jahrhunderte im Kriegsfall immer wieder vernichtet wurden, um dem Feind keine Möglichkeit zur Deckung zu geben.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde das St.-Jürgen-Hospital in das alte Syndikatshaus in der Mönchstraße verlagert. Infolge der Erweiterung der Festungsanlagen bis weit in die Kniepervorstadt hinein verlegte man 1675 auf Beschluss des Rates den St.-Jürgen-Friedhof an die heutige Stelle (Abb. 2). Dort diente er zunächst als Begräbnisstätte für die ärmere Bevölkerung, die sich keine Ruhestätte auf den innerstädtischen Kirchhöfen leisten konnte.

Erst mit dem seit der Zeit der Aufklärung ergangenen Verbot von Bestattungen in den Kirchen und auf den Kirchfriedhöfen innerhalb der Stadtmauern - in Stralsund dokumentiert durch den Erlass der Königlichen Schwedischen Regierung aus dem Jahr 1778 - gewann der einstige Armen- und Pestfriedhof etwa seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts größere Bedeutung.

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Abb. 2: St.-Jürgen-Friedhof, 2015, Luftbild GeoFly. Abbildung: GeoFly
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Abb. 3: Lindenallee, 2015. Foto: Holger Kummerow
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Abb. 4: Zeder, 2021. Foto: Angela Pfennig

In der gartenkünstlerischen Gestaltung folgt der St.-Jürgen-Friedhof zunächst der im 18. und 19. Jahrhundert dominierenden Auffassung von streng geometrisch gegliederten Anlagen mit Alleen und geschnittenen Hecken. Das Pflanzdatum der beiden von der Hainholzstraße in nördlicher Richtung folgenden Lindenalleen, welche heute unter Naturschutz stehen, ist bisher nicht bekannt (Abb.3). Es ist aber zu vermuten, dass aufgrund einer amtlichen Vorschrift aus dem Jahr 1820 für die Einfriedung der Kirchhöfe und Begräbnisplätze sowie die Umpflanzung derselben mit Bäumen - vorgeschlagen werden Ulmen, Linden oder Eschen - die Pflanzung der Hauptalleen des St.-Jürgen-Friedhofes in diese Zeit fällt.

Rechnungen über die Pflanzung von 80 Linden sind aus dem Jahr 1865, der Zeit der ersten nördlichen Kirchhoferweiterung, überliefert. Nachweisbar sind die im selben Jahr als Verlängerung der bestehenden Alleen gepflanzten Linden und ebenso die Lindenquerallee entlang der ursprünglichen nördlichen Friedhofsgrenze. 1861 werden in einem Kostenanschlag für die Verschönerung des St.-Jürgen-Friedhofes, die wahrscheinlich auf Vorschläge des Kunstgärtners A. Eyting zurückzuführen ist, unter anderem die die westliche Kirchhofgrenze begleitenden, heute noch erhaltenen Ahornbäume erwähnt.

Eine gestalterische Besonderheit des St.-Jürgen-Friedhofes ist die Verwendung zahlreicher dendrologisch interessanter Solitärbäume an geeigneten Stellen, welche die durch das rechtwinklige Wegesystem und die Alleen geprägte Strenge des Kirchhofraumes unterbrechen und vielleicht ganz bewusst als Kontrast zu den den Kirchhof umgebenden heimischen Baumarten gepflanzt wurden (Abb. 4).

In einer Pflanzenliste aus dem Jahr 1862 finden wir folgende bemerkenswerte Baumartenvielfalt: Schwarznuss, Gleditsie, Tulpenbaum, Götterbaum, Platane, rotblühende Kastanie, amerikanische Linde, Blutbuche, Ulme und Traueresche sowie diverse Nadelgehölze, wobei die Weiß- und Rottannen besonders häufig verwendet wurden. Die 1913 jenseits der Grabkapellenmauer in nördlicher Richtung vorgenommene zweite Kirchhoferweiterung folgte in den Gestaltungsgrundsätzen den etwa ab der Jahrhundertwende zunehmend landschaftlich angelegten städtischen Friedhöfen mit geschwungenen Wegen und einer starken Durchgrünung der Begräbnisfelder.

Die Gestaltung der neuen Friedhöfe sah bereits eine funktionelle Nutzung als öffentlicher Erholungsraum und spätere Verwendung als städtische Parkanlage vor. Die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts übliche intensive Ausnutzung des Terrains für Gräber befriedigte den ästhetischen Gesamteindruck der Friedhöfe nicht mehr. Feierlicher Ernst und wohltuende Ruhe wurden vermisst. Aber auch die unsoziale Gruppierung in der Belegung - Massenfelder für die ärmere Bevölkerung und Erbbegräbnisse für die Reichen - fand zunehmend Kritik. Auf dem St.-Jürgen-Friedhof belegen Zeichnungen aus der Zeit nach der ersten Kirchhoferweiterung, dass Gitterbegräbnisse vorrangig beidseitig entlang der beiden Hauptalleen angeordnet waren.

Ein umfangreicher Briefwechsel mit dem Regierungsbaumeister Edmund May (1876-1956) - Atelier für Architektur in Berlin - zur Anlage eines Ehrenfriedhofes für Gefallene des Ersten Weltkrieges und eines Urnenhaines auf dem erweiterten Teil des St.-Jürgen-Friedhofes ist aus den Jahren 1912-1917 erhalten. May, der auch für die Planung des neuen Friedhofsteiles beauftragt war, formulierte 1915 seine Gestaltungsabsichten ganz im Sinne des sich durchsetzenden landschaftlichen Stiles bei Friedhofsanlagen:

"Empfehlenswert ist aber möglichst schon bei der Anlage des Friedhofes, eine gärtnerische Ausschmückung vorzunehmen und hätte zu diesem Zweck baldigst die Absteckung der Wege und der Bodenbewegung zu geschehen. Um eine stimmungsvolle Anlage zu schaffen, ist es nötig, tunlichst von der alten nüchternen Anlage und Aufteilungsweise nach dem Lineal abzuweichen."

1920 fanden die Arbeiten nach Entwürfen von May ihren Abschluss. Das Provisorat des Klosters St. Jürgen am Strande, welches den Friedhof verwaltete und den Auftrag zur Planung der nördlichen Friedhofserweiterung erteilt hatte, dankte für die vorzügliche sachverständige Beratung. Die Anlage sei hübsch und geschmackvoll geworden und fände bei der Bevölkerung viel Beifall. Der Umfang des tatsächlich realisierten Projektes ist ebenso wenig bekannt wie die genaue Lage und die möglichen Reste des Ehrenfriedhofes.

Dokumentiert sind hingegen sowohl die Pflanzung von 40 Pyramidenpappeln als Alleebäume, welche aufgrund ihres kümmerlichen Wuchses 1931 durch Birken ersetzt wurden und noch heute teilweise erhalten sind, als auch die Pflanzung von 2 Meter hohen Lebensbaumhecken, Solitärbäumen und Efeu zur Bekleidung der Rückwand der Grabkapellenmauer.

1937 wurde der neue Friedhofsteil als eine irrgartenmäßige Anlage mit einem dichten Bestand an Koniferen beschrieben. Die Ursache bestand in einer viel zu engen, nicht ausgelichteten Bepflanzung. Die fachgerechte Plenterung des Parkfriedhofes ist ein bis in die Gegenwart anhaltendes Problem (Abb.5). 1923 wurde der seit 1866 verfolgte Plan zum Bau eines Leichenhauses auf dem Knieperfriedhof aus Kostengründen endgültig verworfen.

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Abb. 5: Parkfriedhof, 2021. Foto: Angela Pfennig
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Abb. 6: Grabplastik Grabstätte Ferdinand und Anna Struck, 1989. Foto: Angela Pfennig
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Abb. 7: Gusseisernes Grabkreuz, 1986. Foto: Stephan Kallwaß
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Abb. 8: Erbbegräbnis der Familie C. Preusse, 1868, Zeichnung Abbildung: Stadtarchiv Stralsund
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Abb. 9: Grabmalmauer, 2015. Foto: Holger Kummerow
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Abb. 10: Grabkapelle Brasch, 2015. Foto: Holger Kummerow

Grabmalkunst

In seiner 1934 erschienenen Schrift "Bedeutsame Gräber auf dem St.-Jürgen-Friedhof zu Stralsund" verweist Joachim Lorenz Struck (1902-1988) auf die kulturgeschichtliche Bedeutung dieses Friedhofes. Er würdigte die hohe Grabmalkunst über einen Zeitraum von 140 Jahren. Viele handgearbeitete Grabgitter würden von einer guten, alten stralsundischen Schmiedekunst zeugen. Allerdings seien die Gitter in neuerer Zeit vielfach durch Hecken (Eiben, Lebensbaum oder Buchsbaum) ersetzt worden.

Struck beschreibt in schöner Weise die sich wandelnden Auffassungen in der Grabmalkunst. Die ältesten Grabdenkmäler waren schlichte, schmiedeeiserne schwarze Kreuze mit goldener Inschrift, deren Rückseite ein Bibelspruch zierte. Später kamen Denkmäler aus Granit und Marmor, graue und schwarze Marmorkreuze hinzu. Die Zeit des wirtschaftlich aufblühenden deutschen Reiches bis in die Vorkriegsjahre des Ersten Weltkrieges hinein fand ihren Ausdruck in der Grabgestaltung durch breite, wuchtig hochragende Steine, sarkophagartige, schwere Platten und Bronze-Plastiken von "feinstem Geschmack und edelster Kunst" in Verbindung mit Marmor und Granit (Abb. 6). Während des Ersten Weltkrieges wurden oftmals Findlinge und schlichte Holzkreuze verwendet; in der Nachkriegszeit bestimmte Schlichtheit die Grabgestaltung.

Die schönsten und wertvollsten Grabsteine befanden sich hinter dem Brunnen am rechten Haupteingang des Kirchhofes an der Hainholzstraße. Es handelte sich um nicht allzu hohe Steine, deren klassizistische Formensprache griechischen Stelen nachempfunden war und deren Ausschmückung durch Ornamente, Giebelfelder und Schriftform einen beachtlichen künstlerischen Wert besaß.

1932 appellierte der Deutsche Städtetag, die Notlage deutscher Bildhauer und Ausübender des Steinmetzgewerbes zu respektieren und die Erlaubnis zur Aufstellung von Grabdenkmalen großzügiger zu handhaben. Es wurde unter anderem um die Genehmigung der Verwendung von Grabmalen aus schwedischem und deutschem Granit mit Goldschrift sowie Naturmuschelkalk und Kalkstein gebeten.

Fritz Adler (1889-1970) hebt in seiner Schrift "Grabmäler auf westpommerschen Kirchhöfen" 1939 die bodenständige Eigenart westpommerscher Grabkreuze hervor, die von ihrer konstruktiven Klarheit und Einfachheit sowie der kraftvollen Behandlung des Materials lebt.

Mit der Einführung industriell hergestellter gusseiserner Grabkreuze in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der Verfall der Schmiedekunst und gleichzeitig setzte der Verfall der Steinmetzkunst ein (Abb. 7). Beide Erscheinungen prägten auch die Grabmalgestaltung und die Gestaltung der Einfriedungen auf dem St.-Jürgen-Friedhof. So wurden 1864 an der Westseite und 1880 an der Südseite gusseiserne Gitter errichtet.

Mit der 1865 erfolgten Kirchhoferweiterung in nördlicher Richtung wurde eine Klinkermauer errichtet, die später als Rückwand für den Bau von Grabkapellen und Wandgräbern diente. Die Nordmauer reichte bis in den dritten Festungsrayon hinein und unterlag demzufolge nicht mehr den fortifikatorischen Beschränkungen des Rayon-Regulatives. Die Bestimmungen dieses aus dem Jahr 1828 stammenden und vermutlich bis zum Beginn der Entfestigung 1873 gültigen Regulatives besagten, dass im Sinne der Gewährleistung der Verteidigungsfähigkeit unter anderem die Verwendung von Materialien für Mauer- und Lehmstakwerke oder Ziegelbedachungen unzulässig sei.

Eine Erbauung von massiven Erbbegräbnissen mit ausgemauerten Gewölben wurde demzufolge erst um 1870 gesetzlich zulässig. Erste Bauanträge für Grabkapellen an der nördlichen Friedhofsmauer sind ab 1866 nachweisbar. Als eines der wenigen Archive in Mecklenburg-Vorpommern besitzt das Stralsunder Stadtarchiv noch alle Baupläne der Grabkapellen (Abb. 8). Es bestand eine Verpflichtung zu architektonisch ausgebildeten größeren Denksteinen und so entstand bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg eine Vielzahl an künstlerisch herausragenden Schauwänden, Kapellen und Mausoleen aus verputztem und unverputztem Mauerwerk oder aus Kunststein mit klassizistischen und gotischen Anklängen in der Gestaltung (Abb. 9).

Zwischen 1866 und 1895 errichtete man neun Grabkapellen, von denen heute nur noch fünf in einem desolaten Zustand existieren. Anja Kretschmer widmete in ihrer 2012 erschienenen Dissertation "Häuser der Ewigkeit. Mausoleen und Grabkapellen des 19. Jahrhunderts" auch ein Kapitel dem Stralsunder St.-Jürgen-Friedhof. Sie beschreibt dort unter anderem die Baugeschichte der einzelnen Grabgebäude.

"Eine Besonderheit stellt die Kapelle Rieger/Brasch mit einer einzigartigen Verknüpfung aus Sandsteinfassade und verputztem Mauerwerk dar. Nicht nur die Verwendung und Umsetzung der Materialien ist außergewöhnlich, auch die Rezeption der französischen Kathedralgotik ist einmalig. Diese Monumente erinnern anhand ihrer Gliederung und Stilistik an herrschaftliche Stadtpalais oder Herrenhäuser der Umgebung" (Abb. 10).

Die Grabmalmauer auf dem St.-Jürgen-Friedhof gehört zur Blütezeit der Sepulkralkultur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und besitzt einen Denkmalwert von nationaler Bedeutung.

Einem Rundschreiben der Gauleitung Pommern von 1937 zur "Verwertung von unbrauchbaren Grabgittern und Grabkreuzen" und einem Aufruf der Beauftragten für Dorfverschönerung innerhalb der Bewegung Kraft durch Freude zur Beseitigung ungepflegter, verrosteter Grabgitter und Grabkreuze im Interesse der Gewinnung von Altmaterial folgte das Provisorat, indem es 1940 Grabgitter und Grabkreuze auf dem St.-Jürgen-Friedhof für wehrpolitische Ziele entfernen ließ.

Weitere kulturelle Verluste erlitt der Friedhof durch die Zerstörung zahlreicher Grabmale besonders in den 1990er-Jahren durch Vandalismus.

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Abb. 14: Kriegsgräberstätte, 2021. Foto: Angela Pfennig
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Abb. 11: Grabstätte Franziska und Karl Tiburtius, 2014. Foto: Hannes Rother
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Abb. 12: Grabstätte Ferdinand von Schill, um 1910, Postkarte Repro: Angela Pfennig
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Abb. 13: Grabstätte Elisabeth Büchsel, 2018. Foto: Renate Keitmann

Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten und Kriegsgräberstätten

Der St.-Jürgen-Friedhof ist in familiengeschichtlicher Hinsicht von großer Bedeutung für die Stadt. Struck schrieb 1934: " … das, was Stralsunds St.-Jürgen-Friedhof so besonders auszeichnet, das sind einige Grabstätten von Männern und Frauen, die über den Rahmen einer Ortsgeschichte hinaus Bedeutung . . . erlangt haben."

Hier ruhen zahlreiche Persönlichkeiten der Stralsunder Stadtgeschichte, unter anderem

  • Rudolf Baier (1818–1907) | Wissenschaftler, Bibliothekar und Gründer des Provinzialmuseums für Neuvorpommern und Rügen;
  • Elisabeth Büchsel (1867–1957) | Malerin;
  • Otto Dibbelt (1881–1956) | Biologe und Gründer des Meereskundemuseums Stralsund, heute Deutsches Meeresmuseum;
  • Ernst August Friedrich Gronow (1856–1932) | Jurist und Oberbürgermeister der Stadt Stralsund;
  • Diedrich Johann Longé (1779–1863) | königlich-schwedischer und königlich-preußischer Oberst der Marine;
  • Ferdinand Baptista von Schill (1776–1809) | königlich-preußischer Major;
  • Franziska Tiburtius (1843–1927) | Ärztin;
  • Karl Tiburtius (1834–1910) | Arzt und Schriftsteller. (Abb. 11) (Abb. 12) (Abb. 13)

Zwischen der westlichen Hauptallee und der Kedingshäger Straße sowie im Teil nördlich der Grabmalmauer befinden sich Grabfelder für gefallene deutsche Soldaten des Zweiten Weltkrieges, die entsprechend dem Kriegsgräbergesetz ein dauerndes Ruherecht genießen.

Durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und die Mithilfe zahlreicher Jugendlicher im Rahmen eines Arbeitscamps wurden 1998 drei Gräberfelder für neu gestaltet und die Gefallenen namentlich gekennzeichnet (Abb. 14).

Ehrenamtliches Engagement für den Erhalt des historischen Friedhofes

Die auf der Internetpräsenz des Rostocker Verschönerungsvereins veröffentlichten Gedanken zur Motivation für ehrenamtliches Engagement treffen auch auf die Aktivitäten zum Erhalt des St.-Jürgen-Friedhofs in Stralsund zu.

"Sicher ist es zwiespältig, aus kommunalpolitischem Handeln entstandene Missstände durch verstärktes ehrenamtliches Engagement ausgleichen zu wollen und damit zwangsläufig auch Zuständige teilweise aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Und doch muss man der Tatsache ins Auge sehen, dass die zur Verfügung stehenden Finanzen auf längere Zeit die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erfüllung städtischer Aufgaben einschränken werden. Dem allmählichen Substanzverlust jedoch sehenden Auges zuzusehen, ohne selbst aktiv zu werden, ist für viele keine verantwortbare Alternative."

Der St.-Jürgen-Friedhof ist ein Ort, mit dem sich die Menschen trotz zahlreicher Zerstörungen von Grabmalen und jahrelanger Verwahrlosung in der Pflege nicht zuletzt auf Grund der Geschichtlichkeit und der Aura der Anlage tief verbunden fühlen. Wer sind die Menschen, die sich ehrenamtlich für den Friedhof engagieren?

Die ehrenamtliche Pflege auf dem St.-Jürgen-Friedhof besteht derzeit aus öffentlichen Pflegeeinsätzen, seit 2011 organisiert und fachlich angeleitet von der Stralsunder Akademie für Garten- und Landschaftskultur in Abstimmung mit der Abteilung Stadtgrün der Hansestadt Stralsund, Praxisseminaren der Jugendbauhütte Stralsund | Szczecin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, persönlichen Pflegepatenschaften für einzelne Grabmale und Friedhofsquartiere durch Privatpersonen oder Institutionen und Vereine, Pflegeeinsätzen von Schülern des Hansa-Gymnasiums Stralsund anlässlich des sozialen Tages sowie aus privater Pflege von Familiengräbern (Abb. 15).

Das Bedürfnis, zum Erhalt eines Kulturdenkmals beitragen zu wollen, muss in den Menschen selbst entstehen und diese Menschen geben sich dann, wenn es stimmig ist, eine Form, in der sie arbeiten wollen. Das muss nicht immer ein Verein sein. In Stralsund wurden aus dem bisherigen Prozess der Entwicklung des ehrenamtlichen Engagements bewusst auf eine Vereinsstruktur und feste Pflegeverträge mit Privatpersonen verzichtet. Wichtig sind jedoch eine fachliche, kontinuierliche Anleitung und Koordination der Arbeiten sowie eine Motivierung der Freiwilligen.Welche konkreten Arbeiten leisten nun die ehrenamtlichen Helfer im Sinne des Pflege- und Entwicklungskonzeptes?

Die Pflegeeinsätze auf dem St.-Jürgen-Friedhof haben eine lange Tradition. Bereits 1989 fanden sich freiwillige Helfer im Rahmen des Kulturbundes der DDR gemeinsam mit kommunalen Verantwortlichen für das Stadtgrün zu Arbeitseinsätzen zusammen. Zunächst ging es um eine Beseitigung des wilden Gehölzaufwuchses in den Grabfeldern, der sich seit Schließung des Friedhofes fast 20 Jahre ungehindert entwickeln konnte.

Bereits hier zeigt sich eine vielschichtige Problematik, die bis heute die Arbeitseinsätze prägt. Angestellte der Stadt können aus ihren konkreten Arbeitsbedingungen heraus innerhalb ihrer Arbeitszeit oftmals nicht die notwendige Pflege leisten und engagieren sich dann teilweise ehrenamtlich. Umgekehrt darf bei den Freiwilligen nicht der Eindruck entstehen, dass ihre Arbeit die Kommune aus der Pflicht nimmt.

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Abb. 15: Pflegeeinsatz der Jugendbauhütte Stralsund | Szczecin, 2013. Foto: Bernd Hinkeldey
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Abb. 16: Grabplatten Charlotte Philippine Beate Juliane von Quillfeldt, geb. von Parsenow und Anna Juliana Louisa von Parsenow, geb. von Luskow, 2021. Foto: Angela Pfennig

Mit der Entdeckung und Freilegung von zwei Grabplatten aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, die Jahrzehnte unter der Erde verborgen waren, gelang den ehrenamtlichen Helfern während des Frühjahrspflegeeinsatzes der Stralsunder Akademie für Garten- und Landschaftskultur 2019 ein sensationeller Fund. Die Grabinschriften der beiden Frauengräber von Charlotte Philippine Beate Juliane von Quillfeldt, geb. von Parsenow (1753-1796) und Anna Juliana Louisa von Parsenow, geb. von Luskow (1734-1798) bezeugen in eindrucksvoller Weise den Geist der Aufklärung. (Abb. 16)

Den Hauptteil der Arbeiten beanspruchen nach wie vor die Beseitigung invasiver und aggressiver Gehölze und Pflanzen wie Brombeere und japanischer Staudenknöterich sowie das Sammeln von Müll. Bei jedem Einsatz werden neue Grabstellen und Grabsteine frei gelegt. Berührende biographische Begegnungen begleiten oft diese Entdeckungen. Namen werden dem Friedhof als Gedächtnis zurückgegeben. Der Grabstein des ehemaligen Superintendenten der Jakobikirche, Max Horn (1878-1963), des Arztes Dr. Kurt Albracht (1881-1950) und der Malerin Elisabeth Büchsel (1867-1957) beispielsweise konnten mit privaten Mitteln und Spenden wieder aufgestellt werden.

Kultur- und Gartendenkmal St.-Jürgen-Friedhof

Der St.-Jürgen-Friedhof ist der älteste Friedhof außerhalb der Stadtmauern Stralsunds. Mit seiner mehr als 300-jährigen Bestattungstradition spiegelt er in historischer, kultureller und familiengeschichtlicher Hinsicht die Geschichte der Stadt wider und bildet so ihr Gedächtnis. Als Bestattungsort ist er eng mit der Altstadt verbunden, die zum UNESCO-Welterbe Historische Altstädte Stralsund und Wismar gehört.

Der auf der Denkmalliste der Hansestadt Stralsund als Denkmal geführte St.-Jürgen-Friedhof wurde 1969 auf Ratsbeschluss geschlossen, nachdem er mit 34.000 Beerdigungen seine Belegungsgrenze erreicht hatte. Eine Entwidmung erfolgte nicht.

Während die Stadt in den 1980er-Jahren eine Nutzung des historischen Friedhofes als Parkanlage anstrebte und hierfür bereits einige Grabfelder beräumen ließ, plädierte eine 1992 erstellte Friedhofsleitplanung für die generelle Erhaltung des Gesamtfriedhofes. Diesem Ziel dient auch ein Pflege- und Entwicklungskonzept, das im Jahr 2003 durch die UmweltPlan GmbH erarbeitet und von der Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschlossen wurde.

Auf der Grundlage dieses Beschlusses bemüht sich die Stadt in Zusammenarbeit mit privaten Initiativen und ehrenamtlich engagierten Bürgern um den Erhalt der kulturhistorisch und gartenkünstlerisch bedeutenden Friedhofsanlage.

Dr.-Ing. Angela Pfennig
Autorin

Stralsunder Akademie für Garten- und Landschaftskultur

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