Befunde zur Verwendung von Bäumen in Muldensystemen im Rahmen der Regenwasserbewirtschaftung
von:Philipp Schönfeld
Die Bewirtschaftung der urbanen Räume hat zum Ziel, attraktive Lebensräume in der Stadt zu schaffen und mit dem Erkenntniszuwachs aus technischen, ökonomischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen stetig weiter zu entwickeln. Der ästhetischen, klimatischen und lufthygienischen Aufenthaltsqualität kommt dabei eine ebenso große Bedeutung zu wie auch der Organisation von Wohnen, Mobilität, Naherholung, Gewerbe, Entsorgung von Abfällen und Abwässern oder der Energie- und Wasserversorgung.
Bislang wurde der unterirdische Bereich der Stadt vorrangig durch Ver- und Entsorgungssysteme mit der Konsequenz belegt, dass gerade im Straßenbereich Stadtbäumen nur ein geringes Wuchsareal zugebilligt wurde. Dies hat zur Folge, dass die für die Stadtklimatisierung, Schadstoffbindung und Stadtgestaltung so wichtigen Bäume trotz hoher finanzieller Anfangsinvestitionen häufig nicht nur schlecht wachsen, sondern hieraus hohe Unterhaltungs- und Folgekosten resultieren. Ihr meist unkontrolliertes Wurzelwachstum löst darüber hinaus enorme Schäden an den technischen Infrastrukturen aus (Balder u. a., 1997; Balder, 1998). Von daher wird international an vegetationstechnischen Lösungen grundsätzlicher Art zur funktionalen Begrünung urbaner Bereiche geforscht, um die "grauen", "grünen" und "blauen" Ziele der unterschiedlichen Gewerke als integrierte Infrastruktur zusammenzuführen. Dem Wasserhaushalt kommt dabei unter all diesen Aspekten eine zentrale Rolle zu. Im Folgenden steht die Integration von Baumstandorten und Anlagen zur Bewirtschaftung von Regenwasser im Straßenraum (Versickerungsmulden u. ä.) im Fokus.
1. Ziele integrierter Stadtplanung zur Regenwasserbewirtschaftung
Mit der Vorlage des Weißbuches Stadtgrün "Grün in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft" empfiehlt der Bund den Kommunen unter anderem die Stärkung des Klimaschutzes in der integrierten Stadtplanung durch funktionales Stadtgrün, um so die Klimafolgen zu mindern (BMUB, 2017). So wird die Notwendigkeit gesehen, zusätzliche Versiegelungen in einer sich verdichtenden Stadt möglichst zu vermeiden und das Regenwassermanagement verstärkt auf Rückhalt und Verdunstung auszurichten. Durch die Förderung der Verdunstung des Regenwassers kann das innerörtliche Klima stabilisiert und das Mikroklima verbessert werden. Da zunehmende Starkregenereignisse auch die Schadenspotenziale von Hochwasser und Überflutung erhöhen und urbane Gewässer durch den Oberflächenabfluss ökologisch stark belastet werden, werden die Regenentwässerungssysteme in immer mehr Städten durch dezentrale und semizentrale Anlagen ergänzt, in denen Niederschlagswasser versickern und verdunsten kann. Diese Strategie ermöglicht, weitere positive Effekte in einem interdisziplinären Ansatz zu verfolgen:
- Regenwasserbewirtschaftungssysteme erweitern durch die zunehmende Integration von Pflanzen, vor allem mit Bäumen, aber auch mit Sträuchern und Stauden, die Gestaltungsmöglichkeiten in der urbanen Stadtlandschaft und reduzieren Flächenkonkurrenzen.
- Durch eine gute Versorgung mit Wasser wird die Transpirationsleistung der Pflanzen erhöht. Zudem wird das Wachstum der Pflanzen gefördert, so dass der Kühleffekt durch die vergrößerte und vitale Blattoberfläche noch verstärkt werden dürfte.
- Der Schadstoffbindung durch Pflanzen über die Wurzelpassage kommt in Hinblick auf den Grundwasserschutz eine weitere Bedeutung zu.
- Die Abwassersysteme der Stadt werden entlastet.
- Die Schaffung neuer Lebensräume erhöht die Biodiversität.
Dezentrale Regenwasserversickerungsanlagen werden heute überwiegend mit Rasen bepflanzt, denn die Versickerung durch die bewachsene Oberbodenschicht stellt einen in der Regel erforderlichen Reinigungsschritt zum Schutz des Grundwassers dar. Die geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik in Deutschland sehen keine darüberhinausgehende gezielte Bepflanzung von Mulden vor (vgl. DWA Arbeitsblatt A 138), formulieren aber auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Bepflanzung mit Bodendeckern oder Hochstauden. Konkrete Empfehlungen zur standortgerechten Bepflanzung von Versickerungsmulden mit Stauden, Gräsern beziehungsweise Bodendeckern geben die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (2004), Neugebauer Landschaftsarchitekten (2013) sowie p2mBerlin (2015).
Die Bepflanzung mit Bäumen stellt aktuell aus vielfältigen Gründen eher die Ausnahme dar. Neben Beschattungsproblemen existieren Bedenken hinsichtlich der Risiken für den Grundwasserschutz durch Kurzschlussströmungen, einer unerwünschten Verdichtung des Untergrunds durch Wurzeln oder einer möglichen Beeinträchtigung der Filterstabilität von Rigolen. Gemäß DWA-A 138 soll bei der Bepflanzung mit Bäumen ein Mindestabstand zur Versickerungsanlage eingehalten werden.
Aufgrund der oben erläuterten Synergien gewinnt die Kombination von Straßenbäumen und urbaner Regenwasserbewirtschaftung seit einigen Jahren zunehmend an Interesse. Verschiedenen Orts sind Konzepte für kombinierte Maßnahmen, unter anderem das Konzept einer sogenannten Baum-Rigole (Abb. 1), entstanden und zur Anwendung gekommen (Embrém u. a., 2009; US EPA, 2013; Kruse, 2015; Pallasch u. a., 2016)
Bis dato wurden jedoch die Chancen und Risiken einer Integration von urbaner Regenwasserbewirtschaftung und Stadtbäumen nicht abschließend erforscht und fundiert diskutiert (vgl. Bartens u. a., 2009, Berland u. a., 2017, Elliott u. a., 2018). Das betrifft zum Teil wasserwirtschaftliche Fragestellungen hinsichtlich Versickerungsleistung oder auch Schadstoffbelastung, jedoch insbesondere die Auseinandersetzung mit der verwendeten Vegetation unter Berücksichtigung des Langzeitaspekts. Eben das ist aber als urbane Technologie unter dem Aspekt der langfristigen Funktionalitätssicherung, Stadtgestaltung und Unterhaltung für die Stadtplanung der Stadt der Zukunft von zentraler Bedeutung, da vor dem großflächigen Einsatz neben positiven gewünschten Effekten auch negative Folgen abzuklären sind.
Die Bepflanzung von Versickerungsmulden mit Bäumen ist seit etwa zwei Jahren in Berlin Gegenstand umfassender Diskussionen. Hintergrund ist eine konsequente Neuausrichtung des Regenwassermanagements im Einklang mit einer wassersensiblen und klimaorientierten Stadtentwicklung als neuer umweltpolitischer Schwerpunkt der Landespolitik. Der Ansatz einer integrativen multifunktionalen Gestaltung von Straßenräumen im Kontext von verschiedenen Ressortinteressen (v. a. Wasserwirtschaft, Stadtgrün, Klimaanpassung und Gesundheit) nimmt dabei auch wegen der hohen Flächenkonkurrenzen eine zentrale Rolle ein. In Berlin wurden Bäume in Versickerungsmulden bisher grundsätzlich nicht genehmigt. Der Baupraxis geschuldet wurden aber seit Ende der 90er-Jahre verstärkt unter anderem Bäume in Neubauprojekten in oder benachbart zu Mulden verwendet (Abb. 2, 3 und 4). Einige baumbestandene Standorte wurden vor mehr als 20 Jahren angelegt. Das Thema der wechselseitigen Verträglichkeit von Bäumen in Mulden ist seit circa einem Jahr Gegenstand von konkreten Untersuchungen an Berliner Standorten. Zielstellung ist es, Empfehlungen für eine verträgliche Verwendung von Gehölzen im Zuge der Planung aber auch der Qualifizierung von Versickerungsmulden zu erarbeiten. Anhand von Vorortbegehungen, Bonituren, Stammumfangmessungen und punktuellen Aufgrabungen der Wurzelsysteme wurden die bisherigen Gehölzentwicklungen einer ersten Untersuchung unterzogen. Die wesentlichen Erkenntnisse werden als Extrakt im Nachfolgenden dargestellt.
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2. Erkenntnisse aus Untersuchungen von Baumstandorten in Mulden
2.1 Grundsätzliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Stadtbäumen unter dem Einfluss von Muldensystemen
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass bei sachgemäßer Planung und Grünpflege eine wechselseitige Verträglichkeit (Baum —> Mulde/Mulde —> Baum) erreicht werden kann und die oben genannten positiven klimatischen und gestalterischen Aspekte befördert werden können. Ziel der Verwendung von Bäumen in Muldensystemen muss sein, dass sich die Gehölze in der Pflanzphase schnell am Standort etablieren und nachfolgend ein gleichmäßiges Baumwachstum für lange Zeit folgt, ohne dass die Funktion der Mulden beeinträchtigt wird. Dies setzt voraus, dass die Wachstumsansprüche der jeweiligen Baumart erfüllt sind und genügend Wuchsraum - ober- und unterirdisch - für die gesamte Standzeit (!) der Bäume zur Verfügung steht. Die Baum- und Grünpflege muss diesen Prozess unterstützen, damit das gestalterische Grünkonzept insbesondere auch auf Stadtquartiersebene insgesamt erfüllt wird.
Die beispielhafte Auswertung der im Muldenbereich gepflanzten Jungbäume ergab, dass sich viele Pflanzungen nach 10- bis 15 jähriger Standzeit harmonisch entwickelt haben (Abb. 5). Das ist unabhängig von der Baumart und der Anordnung der Bäume zur Mulde selbst.
Es wurden aber auch Pflanzsituationen angetroffen, wo ein Teil der Bäume in unmittelbarer Nachbarschaft von vitalen Bäumen sich aktuell in einem eher degenerierten, vergreisten Zustand befindet (Abb. 6).
Auffällig gut entwickelte Bäume weisen eine gute Wüchsigkeit auf. Sie wachsen volltriebig durch die Stammmitte (Terminale) und präsentieren einen aufrechten Trieb. Auch behalten sie bis in den Spätherbst hinein deutlich ihr Laub, was auf eine gute Vitalität hinweist. Von daher sprechen diese Effekte dafür, dass gerade auf trockenen Standorten die Zufuhr an zusätzlichem Wasser an die Wurzelsysteme das Baumwachstum nachhaltig fördert. Demzufolge ist auch die harmonische Ausprägung von größeren Baumalleen gut entwickelt. Das Gleiche gilt im Prinzip auch für Platzsituationen oder für Standorte mit Unterpflanzungen. Im Vergleich zu benachbarten Bäumen ohne Muldeneinfluss haben Bäume in Mulden bis jetzt einen deutlich stärkeren Stammumfang ausgebildet und eine größere Wuchshöhe erreicht, wie individuelle Messungen ergeben haben.
Die im Wuchs beeinträchtigten Bäume hingegen sind nicht nur durch Kronenfehlentwicklungen und -schäden gekennzeichnet, sondern haben zusätzlich meist Stammschäden (Abb. 7). Derartige Stammnekrosen nehmen seit Jahren in ganz Nordeuropa zu, sie befinden sich meist auf der Südseite der Stämme (Sonnenexposition) und werden nicht nur im Sommer verursacht, sondern auch in milden Wintern mit Frostereignissen. Sie werden wissenschaftlich im Zusammenhang mit dem Klimawandel und veränderten Niederschlagsverhältnissen diskutiert. Wassermangel ist mit ein auslösender Faktor. Sie entstehen vorrangig an sonnenexponierten Standorten, Schattensituationen verhindern das sogar kleinräumig. Da diese Stammnekrosen vorrangig an Bäumen ohne Muldensysteme anzutreffen sind, zeigt sich auch hier der positive Einfluss der Anordnung von Bäumen im Bereich von Mulden.
Als weiteres Phänomen fällt bei Hainbuche und Feldahorn in Mulden das verstärkte Austreiben von Stammaustrieben am Stammfuß auf, dieses Phänomen tritt ohne Muldensystem kaum auf (Abb. 8) und ist auf temporäre Schwankungen im Wasserhaushalt der Wurzelsysteme (Wuchsstoffe) zurückzuführen. Neben ästhetischen Wirkungen verteuert dies die Unterhaltungskosten, wenn diese Triebe jährlich manuell entfernt werden müssen.
Konventionelle Straßenbaumstandorte werden meist zu kleindimensioniert konzipiert, so dass die Bäume schlecht wachsen, eine verkürzte Lebensphase haben und hohe Folgekosten nach sich ziehen. Von daher ist besonders interessant, dass die vergleichenden Untersuchungen belegen, dass durch die Anordnung im Muldenbereich das Wachstum der Straßenbäume nachhaltig verbessert wird (Abb. 9).
2.2 Spezielle Auswirkungen je nach Gehölzverwendung
Bäume können grundsätzlich in Hinblick auf ihre Verwendung in Muldensystemen auf unterschiedliche Art räumlich und vegetations-technisch konzipiert werden (s. Abb. 2 bis4). So ist es möglich, Bäume in neuen Grünkonzepten …
- … direkt im Sohlenbereich von Mulden zu platzieren,
- … auf einem erhöhtem Planum (Podest) in die Muldenmitte zu setzen,
- … seitlich zur Mulde in unversiegelten/versiegelten Bereichen als Pflanzstreifen zu setzen,
- … seitlich zur Mulde Baumscheiben in versiegelten Bereichen zu platzieren,
- … an das jeweilige Kopfende von Mulden zu setzen.
Allen Standortsituationen ist gemein, dass sich die Gehölze unter- und oberirdisch ausbreiten wollen und müssen. Gestalterisch ist der Flächenbedarf sowie der mittel- und langfristige Effekt von Bedeutung, das heißt, mit dem potentiellen Wachstum der Gehölze treten die räumlichen Aspekte wie Blickachsen, Lichtraumprofil im Verkehrsraum sowie die zunehmenden Schatteneffekte immer mehr in den Vordergrund. Gleichzeitig steigen auch der Wasserbedarf der Vegetation sowie die Unterhaltungskosten, unter anderem Bewässerung, Baumschnitt, Laubentfernung, Baumkontrolle (Verkehrssicherheit). Von daher sind die räumlichen Dimensionen langfristig in der Entwicklung und Finanzierung der Unterhaltungspflege bedeutsam.
Die bisherige Auswertung der Berliner Projekte hat ergeben, dass sich in den ersten Standjahren die Bäume …
- … bei Bodenverhältnissen mit guter Versickerungsfähigkeit in den Mulden unabhängig von der Muldenbreite gut entwickeln, besonders deutlich auf trockenen Standorten,
- … bei engen Pflanzabständen zu Gebäuden sich noch harmonisch entwickeln, aber absehbar Kronenschnitte erforderlich machen,
- … bei zu engen Pflanzabständen bereits in Konkurrenz fehlentwickeln (Lichtmangel!),
- … unabhängig von ihrer Platzierung in beziehungsweise an der Mulde gleich entwickeln, sofern sie nicht durch örtliche Gegebenheiten zusätzlich belastet oder eingeengt werden,
- … mit ihren sich ausbreitenden Wurzelsystemen bei räumlicher Enge und mit der Nähe zu technischen Einrichtungen erste Schäden auslösen,
- … durch zu starken Schattendruck vorhandener Altbäume oder Gebäude schon jetzt unzureichend entwickeln.
Es zeichnet sich ab, dass mit den Standjahren, der sogenannten Reifephase (Entwicklung) der Bäume, die ober- und unterirdischen Dimensionen immer deutlicher werden. Von daher ist abzusehen, welche Probleme sich mit zunehmender Standzeit entwickeln werden. Diese liegen insbesondere bei erhöhten Unterhaltungskosten sowie bei räumlicher Enge und starker Wurzelentwicklung bei der Beseitigung von Schäden an Belägen und technischen Einrichtungen.
Zur Eignung der Baumarten kann derzeit noch keine abschließende Aussage getroffen werden, da die bisherige Tiefenentwicklung der Gehölze ohne größeren Aufwand noch nicht untersucht werden konnte. Es gibt aber keine Erkenntnisse, dass die in Berlin verwendeten Baumarten grundsätzlich nicht verwendet werden können. Dies ist vielmehr abhängig von den räumlichen Dimensionen (Planung, räumlicher Anspruch der Bäume mit den Standjahren) und den Möglichkeiten, ihre Entwicklung gezielt zu lenken.
Positiv muss vermerkt werden, dass bislang in keiner Pflanzung ein Befall mit sog. Schwächeparasiten festgestellt werden konnte. Hierzu zählen unter anderem Splint- und Prachtkäfer, die ansonsten bei Störungen im Wasserhaushalt häufig im urbanen Bereich gestresste Bäume befallen und die Gehölze abtöten.
2.3 Wurzelentwicklung
An verschiedenen Standorten tritt zunehmend die oberflächennahe Wurzelbildung zu Tage. Das hat zur Folge, dass bei der Pflege der Muldenoberfläche, zum Beispiel bei der Mahd, die Wurzeln mechanisch geschädigt werden (Abb. 10). Neben der Erschwernis der Pflege besteht die Gefahr, dass nachfolgend Baumpilze eindringen und die Stand- und Bruchsicherheit der Bäume mittelfristig gefährden.
Die Aufgrabungen haben gezeigt, dass nach Setzung eines Baumes die wassersuchenden Feinwurzeln zielorientiert in Richtung Mulde wachsen, sozusagen regelrecht angelockt werden (Abb. 11). In der Muldenmitte angekommen wachsen sie mittig weiter, da sie hier offenbar attraktive Wuchssituationen vorfinden. Das Phänomen ist vom Grundsatz her bekannt (Wurzeln suchen das Wasser!) und hat zur Folge, dass sich bei der Pflanzung von Bäumen am Kopfende oder seitlich einer Mulde der Großteil der Wurzeln scheinbar hin zur Mulde orientiert. Dies geschieht häufig auch oberflächennah mit den Folgen der ästhetischen und pflegeproblematischen Situation. Dabei wird der Konflikt des Hebens und Verdrückens von technischen Einrichtungen erheblich verschärft (Abb. 12). Diese Probleme werden sich mit zunehmendem Alter des Baumes verschärfen und erfordern künftig besser dimensionierte Konzepte, eine weitsichtige Gehölzverwendung und den Einbau von potentiellen Wurzelbarrieren zur Wurzellenkung.
2.4 Einfluss auf die Bodenvegetation
Zu Beginn einer Neuanlage sind die Jungbäume kleindimensioniert und stehen nur in geringer Konkurrenz mit einer zusätzlich gepflanzten Begleitflora um Wasser, Nährstoffe und Licht. Dies ändert sich mit der Baumentwicklung. Von daher ist immer wieder festzustellen, dass insbesondere lichtbedürftige Pflanzen sich zurückziehen (Abb. 13). Dieser Effekt ist unabhängig von der Mulde und lässt sich nur in der Grundkonzeption (Baumabstand, Baumart) oder über Nachpflanzungen (Schattenpflanzen) in den sich verändernden Wuchssituationen mit der Entwicklung der Bäume lösen.
2.5 Einfluss auf das gestaltete Muldenumfeld
Wachsende Wurzelsysteme benötigen Platz und erobern sich diesen unkontrolliert, sofern sie nicht durch Barrieren daran gehindert werden. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass sich bei den meist verwendeten Baumarten (Großbäume) Auswirkungen im Umfeld der Mulden zeigen. So werden unter anderem Beeteinfassungen gehoben, Bürgersteigplatten unterwachsen und gehoben, Asphaltflächen durchdrungen und zerstört (Abb. 14). Aber auch auf Rasenflächen zeigt sich dieser Effekt. Diese Entwicklungen sind nur im Jugendstadium zu korrigieren, betonen aber die Bedeutung einer weitsichtigen Grün- und Muldenkonzeption, um hohe Folgekosten zu vermeiden.
Fazit
Muldensystemen mit Pflanzenbewuchs (v. a. mit Bäumen) sind in der Stadt der Zukunft als urbane Technologie eine große Bedeutung beizumessen. Die ersten Untersuchungen bestätigen die grundsätzliche Möglichkeit, Bäume im Einflussbereich von Mulden zu verwenden. Sie zeigen neben den Potentialen aber auch die noch ungelösten Probleme auf. Von daher empfiehlt es sich bei, den realisierten und den neu zu konzipierenden Projekten im Sinne eines Optimierungsprozesses die ungeklärten Aspekte mit wissenschaftlicher Begleitung abzuklären und in der Praxis abzusichern. Eine integrierte Infrastruktur lässt sich so intelligent entwickeln und vermehrt einführen. Es wird deutlich, dass die künftigen Konzepte nicht nur allein die Anforderungen der Regenwasserbewirtschaftung betrachten dürfen. Im Fokus der Akteure muss der urbane Gesamtkontext unter Berücksichtigung der vielfältig positiven Effekte für die Lebensraumgestaltung, Luftreinhaltung, Stadtklimatisierung, Erhöhung der Biodiversität sowie Kostentransparenz in der Bauphase und langjährigen Unterhaltung stehen. Es ist zu erwarten, dass der Stadtumbau weiteren Raum für moderne Konzepte mit Beispielcharakter ermöglicht.
Literatur
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