Biotopentwicklung am Max-Planck-Institut

Das BioDiversum in Göttingen

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Der bekannte Ornithologe und Max-Planck-Forscher Prof. Peter Berthold zeigte in einem Vortrag in der Wissenschaftsreihe beim Göttinger Literaturherbst 2018 drastisch den Rückgang von Biotopen und das damit verbundene rasante Artensterben von Tieren und Pflanzen auf.
Artenschutz Biodiversität
Abb. 1: Entwicklung einer artenreichen Wiese mit Regio-Saatgut nach Aushagern der Rasenflächen innerhalb einer Vegetationsperiode in 2020. Foto: Wolfgang Wette

Wissenschaftler*Innen der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) forschen zum Teil seit Jahrzehnten auf dem Gebiet der Biodiversität, darunter neben Berthold, Emeritus-Direktor am MPI für Ornithologie und Leiter der Vogelwarte Radolfzell, auch Prof. Martin Wikelski, Direktor am MPI für Ornithologie in Radolfzell. Die existenzielle Relevanz des Themas führte auch bundespolitisch zu deutlichem Engagement, darunter der "Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt" des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (FONA-Leitinitiative).

Der Emeritus-Direktor Prof. Herbert Jäckle am Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften hatte nach dem Vortrag von Berthold in Göttingen die Idee, eine "kleine Arche Noah" auf dem Institutsgelände zu gestalten. Diese wurde vom gesamten Direktorenkollegium am Institut unterstützt. Um das Biotopprojekt umzusetzen, installierte das Institut eine Steuerungsgruppe unter Federführung der Leiterin für Kommunikation & Medien Dr. Carmen Rotte.

Der Initiator Peter Berthold

Weiterführende Informationen:

Berthold hat als Ornithologe und Verhaltensforscher ein fundamentales Wissen über natürliche Zusammenhänge gepaart mit Begeisterungsfähigkeit und praktischem Engagement. Öffentlichen Bekanntheitsgrad erlangte er in den letzten Jahren durch mehrere Buchveröffentlichungen, Hörbücher, Fernsehauftritte und Filme. Seit 2006 ist Berthold korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und nimmt engagiert zu umweltpolitischen Problemen Stellung.

Im Januar 2005 wurde er in den Stiftungsrat der Heinz Sielmann Stiftung berufen. Auf seine Initiative hin und mit maßgeblicher Unterstützung durch die Stiftung entstand in seiner Wahlheimat in der Bodenseeregion ein Biotopverbund aus mehr als 200 Maßnahmen, darunter neu angelegte Stillgewässer, Streuobstwiesen und extensive Weideprojekte. Getreu dem Motto "Jeder Gemeinde in Deutschland ihr Biotop" war er Mitinitiator für die umgesetzten Maßnahmen am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften.

Ausgangssituation, Projektziele und Renaturierungskonzept

Die Ausgangssituation für die Renaturierung des Institutsgeländes auf dem Faßberg ist ausgesprochen günstig, denn an das Terrain grenzen vorwiegend naturnahe Lebensräume mit verwildertem Gehölzaufwuchs, Fragmente von aufgelassenen Wiesen, intensiv genutzte Wiesen und Mischwälder an. Obwohl das Gelände stark geneigte Flächen aufweist, sprach sich Peter Berthold dafür aus, einen Weiher anzulegen. Diese Konzeptidee wurde bei einer Begehung des Geländes im März 2019 am Institut intensiv diskutiert und schließlich ein möglicher Standort ausgewählt.

Ein wesentliches Ziel des Projekts ist es, die Lebensbedingungen für Insekten und Vögel, aber auch für viele andere Tiere und Pflanzen spürbar zu verbessern. Ein weiteres wichtiges Ziel besteht in der beispielgebenden Funktion innerhalb der MPG, Liegenschaften naturnäher zu gestalten und die Biodiversität zu fördern. Das Projekt soll ferner auch Impulse für private Initiativen in eigenen Gärten geben. Für die Kindertagesstätte auf dem Institutsgelände und die Stadtgesellschaft werden Naturerlebnisräume geschaffen und hiermit der Naturschutzgedanke weitergetragen. Die Mitarbeitenden sollen über Arbeitsgruppen in das Pilotprojekt einbezogen werden und in ihren Arbeitspausen von einem naturnah gestalteten Arbeitsumfeld mit schönen Aufenthaltsmöglichkeiten profitieren.

Die konzeptionelle Herleitung der Maßnahmen erfolgte nach einer Biotopkartierung und Bestandserfassung ausgewählter Tiergruppen wie Schmetterlinge und Heuschrecken, Wildbienen, Vögel und Fledermäuse. Das 2019 erstellte Konzept wurde dank finanzieller Mittel seitens der MPG sowie eingeworbener privater Spenden seitens der AKB Stiftung beginnend im Frühjahr 2020 schrittweise umgesetzt.

Das Projekt umfasst eine Reihe unterschiedlicher Maßnahmen. Da im Umfeld des Institutsgeländes keine größeren Feuchtbiotope vorhanden sind, wurde ein Teich auf geneigten artenarmen Wiesenflächen im nördlichen Bereich des Grundstücks angelegt. Weitere Bausteine waren die Extensivierung der intensiv bewirtschafteten Rasenflächen zugunsten von Wildblumenwiesen, die Anlage von Wildstaudenpflanzungen, Gehölzhecken und einer Streuobstwiese, das Anbringen von rund 100 Nistkästen und die Anlage von Ganzjahres-Futterstellen für Vögel.

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    Abb. 2: BioDiversum Göttingen – Renaturierungskonzept. Foto: Wette+Küneke Landschaftsarchitektur

    Bau- und Umgestaltungsprozess

    Die Maßnahmen wurden in einer Bauzeit von rund zwei Jahren umgesetzt. Mit rund 1,65 Hektar Fläche lag ein Schwerpunkt der Maßnahmen in der Extensivierung von Fettwiesen in kräuterreiche Wildblumenwiesen. Um dies zu erreichen, wurden sämtliche Flächen tief gemäht, kreuzweise vertikutiert und das organische Material beseitigt. Anschließend wurden die Flächen gefräst und das Saatgut mit einer Rasenbaumaschine ausgebracht. Verwendet wurden drei verschiedene Regio-Saatgutmischungen mit unterschiedlichen Anteilen von Gräsern und Kräutern/Leguminosen, die standortangepasst zum Einsatz kamen.

    Damit sich die eingebrachte Artenvielfalt an Kräutern halten kann, werden die Flächen zu unterschiedlichen Mähzeitpunkten zweimal im Jahr mit einem Balkenmäher mit geringer Geschwindigkeit relativ hoch gemäht. Dadurch werden Tiere vergleichsweise wenig geschädigt und können leichter flüchten. Das Mähgut wird anschließend entfernt. Dies sorgt für einen kontinuierlichen Nährstoffentzug und verhindert, dass nährstoffliebende Arten wie Löwenzahn den Platz zurückerobern. Gemäht wird abschnittsweise von Anfang Juni bis September/Oktober.

    Der in das hängige Gelände eingefügte Weiher weist eine Wasserfläche von rund 900 Quadratmetern auf. Die Sohle befindet sich in einer Tiefe von drei Metern. Die Uferlinie ist etwa 175 Meter lang. Der Inhalt des Weihers beträgt rund 2100 Kubikmeter. Der Weiher hat keinen natürlichen Zulauf und wird durch Oberflächen-/Regenwasser ergänzt.

    Die notwendige Wassernachspeisung bei längeren Trockenperioden in Sommermonaten erfolgt aus einer Zisterne mit gesammeltem Niederschlagswasser. Dieses wird über eine Filteranlage gereinigt und bei Bedarf in den Teich gepumpt. Der Weiher wurde in Folienbauweise erstellt. Zusätzlich erfolgte eine "Panzerung" der Teichfolie mit einer Mörtelschicht. Diese Mörteloberfläche verleiht dem Teich nicht nur ein natürliches Aussehen, sondern schützt die Teichfolie auch wirksam vor mechanischen Beschädigungen und gegen das UV-Licht der Sonne. Eine außerhalb in einem Schacht befindliche Pumpe sorgt in einem Teilbereich des Weihers für die Wasserzirkulation und Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff.

    Bepflanzt wurde der Weiher unter anderem mit Unterwasserpflanzen und Teichrosen in den tieferen Wasserzonen, Schilf als Repositionspflanzen in der nördlichen Flachwasserzone sowie einheimischen Uferstauden in ufernahen Flachwasserbereichen.

    Ein weiterer Schwerpunkt war die Anpflanzung von artenreichen trockenheitstoleranten Wildstauden in magerem Substrat. Die Anlage von Lesesteinhaufen als Versteck und Überwinterungsplatz für Eidechsen, die Offenlegung von Böschungen mit anstehendem Muschelkalk sowie die Ergänzung der Gehölzbestände mit alten Obstsorten und einheimischen Sträuchern gehörten ebenfalls zum umgesetzten Maßnahmenpaket.

    Bei der Pflege gilt es zunächst, den gepflanzten Stauden und Sträuchern einen optimalen Start zu ermöglichen. Dazu gehört neben einer ausreichenden Wasserversorgung auch das Beseitigen von konkurrierenden Pflanzen (Gräsern und Kräutern), besonders, wenn diese zu Massenverbreitung neigen.

    Eine gewisse Dynamik innerhalb der Pflanzengesellschaft ist gewollt. Die gepflanzten Stauden werden sich versamen und ausbreiten. Nach deren Etablierung am Standort ist auch ein Fremdaufwuchs in Maßen tolerierbar, ja sogar erwünscht. Der pflegende gärtnerische Eingriff beschränkt sich auf das Lenken der Pflanzung: Zu stark wuchernde Stauden sind einzudämmen, eher schwachwüchsige Stauden von Konkurrenz zu befreien. Oberstes Ziel ist eine abwechslungsreiche, standortangepasste, insektenfreundliche Mischpflanzung.

    Pflegegänge werden nach Bedarf erfolgen. Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, sich bildende Samenstände nach der Blüte einzusammeln und nach Abtrag der Mahd die Samen auszusähen oder diese zu entfernen, falls sie sich zu massenhaft vermehren. Andere Samenstände wiederum sollten über Winter in der Pflanzung belassen werden.

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    Abb. 3: Entwicklung einer artenreichen Wiese mit Regio-Saatgut nach Aushagern der Rasenflächen innerhalb einer Vegetationsperiode in 2020. Foto: Wolfgang Wette
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    Abb. 4: Initialbegrünung von Böschungsbereichen. Foto: Wolfgang Wette

    Monitoring

    Von Anfang an gab es ein wissenschaftliches Interesse an der Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen, die an ausgewählten Tiergattungen dokumentiert wird. Grundlage für die Veränderung des Artenspektrums sind die veränderten Biotopausprägungen. Bei den Ansaatflächen kam besonders im ersten Standjahr 2022 das Potenzial der ausgesäten Kräuter stark zum Tragen.

    Im zweiten Standjahr war etwa aufgrund von Niederschlagsreichtum im Mai und Juni eine gewisse Verarmung der Kräuter zugunsten von Gräsern zu erkennen. Um die zunehmende Dominanz von Gräsern zu verringern und möglichst artenreiche Wiesen zu erhalten, sollen Schnittzeitpunkte stärker der Witterung angepasst und ein zweiter Mähgang durchgeführt werden, die Schnitthöhe soll nicht unter zehn Zentimeter betragen. In jedem Fall muss das Schnittgut nach einem Welkeprozess von den Flächen beräumt werden.

    Die nicht mit Oberboden angedeckten Flächen begrünen sich langsam und werden von Kräutern dominiert (z. B. hohes Aufkommen von Gewöhnlichen Natternkopf). Die Staudenflächen im Bereich der zentralen Fläche zwischen Turm 1 und dem Verwaltungsgebäude haben sich erwartungsgemäß, aber auch aufgrund ausreichender Niederschläge in der Wachstumsperiode, besonders im zweiten Standjahr üppig entwickelt.

    Die eingebrachte Teichvegetation aus heimischen Stauden im Pflanzjahr hat hingegen nur einen geringen Zuwachs gebracht. Aufgrund des geringen Nährstoffgehaltes im Teich ist auch weiterhin von einem verhaltenen Wachstum auszugehen. Erst der über die Jahre angereicherte Nähstoffeintrag wird zu einer üppigen Ufervegetation führen.

    Für die bereits in den Bestandsaufnahmen 2019 untersuchten Artengruppen Wildbienen, Tagfalter, Widderchen, Heuschrecken, Vögel und Fledermäuse liegen Bestandsaufnahmen für 2021 bis 2023 vor, deren Ergebnisse zusammengefasst werden.

    Das von Thomas Fechtler (andrena – Projektgruppe für Ökologie, Planung und Naturschutz, 2023) durchgeführte Wildbienen-Monitoring zeigt eine erstaunlich positive Entwicklung auf: Die im gesamten Untersuchungsraum festgestellten Individuen verteilen sich auf insgesamt 111 Wildbienenarten aus 20 Gattungen. Von diesen wurden elf Arten ausschließlich bei der Ersterfassung nachgewiesen, bei 59 Arten aus der Erstkartierung gelang die Bestätigung auch in 2022 oder 2023. Insgesamt 40 Wildbienenarten wurden in 2022 für den Untersuchungsraum neu nachgewiesen, im Jahr 2023 kamen drei weitere hinzu. Somit leben 30 Prozent des heimischen Artenspektrums (von gut 370 Arten) auf dem Institutsgelände.

    Das Monitoring der Tagfalter, Heuschrecken, Libellen und Reptilien hat Gerd Brunken (Büro CORAX, Göttingen) verantwortlich durchgeführt. An der bereits 2019 festgestellten Artenarmut an Heuschrecken waren auch 2022 und 2023 keine nennenswerten Veränderungen festzustellen. Die Individuenzahlen waren 2023 gegenüber 2022 nochmal deutlich zurückgegangen.

    Die hauptsächliche Ursache dafür dürfte der überdurchschnittlich nasse Zeitraum Juli bis Mitte August gewesen sein, in den die hauptsächliche Larvenentwicklung der meisten Arten fällt. Mit insgesamt 22 Tagfalterarten wurde qualitativ etwa das gleiche Ergebnis wie 2019 (21 Arten) erzielt. Quantitativ ergaben sich jedoch Rückgänge, was Brunken auf vermehrt grasige Bestände zurückführt.

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    Abb. 5: Am Hang angelegter Weiher im Übergang zur Landschaft, mit Rohböden am Oberhang und Ansaatflächen des grob planierten Bodenaushubs unterhalb des Weihers. Foto: Johannes Pauly
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    Abb. 6: Die langgestreckte Form des Weihers ist dem vorhandenen Relief geschuldet. Die Flachwasserbereiche liegen daher am nördlichen Ufer. Foto: Wolfgang Wette
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    Abb. 7: Plattform am südlichen Ende des Weihers. Foto: IGB

    Obwohl der Teich erst im Sommer 2021 mit Wasser gefüllt wurde, war bei der hochmobilen Tiergruppe der Libellen eine erstaunliche Entwicklung zu beobachten. Die Große Königslibelle hatte als euryöke, aber auch thermophile Art bereits unmittelbar nach Befüllen des Teiches im Sommer 2021 Eier abgelegt. 2022 entwickelte sich das neu angelegte Gewässer mit der sich weiter entwickelnden Ufervegetation zu einem interessanten Lebensraum für insgesamt 14 Libellenarten. Eine deutliche Zunahme ist bei den Kleinlibellen zu verzeichnen. Mit Abstand am häufigsten war die Becher-Azurjungfer mit einem Tagesmaximum von rund 70 Individuen zu beobachten.

    Auch die zuvor nur spärlich nachgewiesene Große Pechlibelle trat 2023 deutlich häufiger auf. Die Frühe Adonislibelle war ebenfalls zahlreicher vertreten als 2022 und auch bei der Hufeisen-Azurjungfer war eine Zunahme zu verzeichnen. Während das Gewässer 2022 von mehreren Erdkrötenweibchen zur Eiablage aufgesucht wurde, laichte 2023 offensichtlich nur eine Erdkröte. Die Larven wurden wie 2022 wieder sehr schnell Opfer vermutlich von räuberischen Insektenlarven, die den Nachwuchs fast gänzlich dezimierten. Der Bergmolch hat sich inzwischen erfolgreich im Weiher angesiedelt und fortgepflanzt.

    Die avifaunistischen Untersuchungen von Dr. Michael Corsmann (Büro für landschaftsökologische Studien Corsmann, Bovenden) haben ergeben, dass sich die Anzahl der Brutreviere der Vögel im Zeitraum von 2019 bis 2023 nahezu verdoppelt hat. Dies gilt insbesondere für die zwei häufigsten Arten Mönchsgrasmücke und Amsel.

    Kohl- und Blaumeise konnten ihren Bestand vervierfachen und Zaunkönige hoben ihren Bestand von zwei Brutpaaren in 2019 auf zehn im Untersuchungsjahr 2022. Rückgänge im Brutbestand gab es bei Elster, Haubenmeise und Tannenmeise; sie wurden 2022 nicht als brütend bestätigt. Als Brutvögel sind hingegen Fitis, Turmfalke, Hohltaube, Grünspecht und Waldkauz dazu gekommen.

    Zur Abschätzung der Bedeutung der rund 100 angebrachten Nistkästen ist schließlich die Entwicklung bei den Höhlenbrütern zu betrachten, deren Bestand bei fast allen Höhlenbrütern signifikant zugenommen hat, besonders bei Kohl- und Blaumeisen. Insgesamt ist mit 31 Brutvogelarten die Zönose gemessen an der Flächengröße und der durch die Maßnahmen erweiterten strukturellen Ausstattung vergleichsweise artenreich.

    Darüber hinaus war die Siedlungsdichte im Untersuchungsjahr 2022 mit rund 400 Brutrevieren pro zehn Hektar ausgesprochen hoch. Dabei spielt das bereits erwähnte strukturreiche Umfeld eine wichtige Rolle. Innerhalb der Institutsflächen stellt der angelegte Weiher angesichts der Trockenheit im Untersuchungszeitraum ein wichtiges Requisit für alle Vögel dar, die dort trinken und an den aufgewärmten Steinen Beute finden können.

    Das Monitoring für die Fledermäuse von Jürgen Rommelmann (Büro LIMNA Wasser & Landschaft, Göttingen) zeigt, dass die Renaturierungsmaßnahmen zu weniger signifikanten Veränderungen als bei der Avifauna geführt haben. Dies mag mit dem strukturreichen Umfeld des renaturierten Terrains zusammenhängen. Rommelmann hat in den Jahren 2019, 2022 und 2023 nach den anerkannten Regeln mit Quartier-, mobilen Detektor- und Horchboxkontrollen zuverlässige Daten über die Fledermauspopulation erfasst.

    In der zusammenfassenden Bewertung der Untersuchungsergebnisse 2022 schreibt Rommelmann, dass das Untersuchungsgebiet seine artspezifische Bedeutung als Jagdrevier für Fledermäuse weitgehend erhalten hat. Es wird nach wie vor von der Zwergfledermaus am häufigsten aufgesucht, um Nahrungstiere zu erbeuten.

    Die wichtigste Veränderung in 2022 war der deutliche Anstieg von Mausohrrufen, die in diesem Jahr aufgrund der fokussierten Beobachtungen am Teich der Wasserfledermaus zugeordnet werden konnten. Ihre Anwesenheit ist eindeutig auf den neu angelegten Teich zurückzuführen.

    Auch die Anreicherung der Strukturvielfalt einer Streuobstwiese hat im Zusammenspiel dazu beigetragen, dass es insgesamt zu einem Anstieg der Jagdaktivitäten im Nordteil des Untersuchungsgebietes gekommen ist. Die Neunachweise von Mopsfledermaus sowie einer Langohr-Art (Plecotus spec.) in 2023 sind zwar aufgrund der Einzelrufnachweise nicht überzubewerten, können aber darauf hinweisen, dass die Attraktivität als Jagdrevier zunimmt. Die Ergebnisse der weiteren Monitoring-Untersuchungen werden dies zeigen.

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    Abb. 8: Rückbau von Plattenbelägen und Anlage von artenreichen trockenheitsliebenden Pflanzungen auf unterbauten Flächen. Foto: Wolfgang Wette
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    Abb. 9: Inwertsetzung von gebäudenahen Freiflächen mit artenreichen trockenheitstolerierenden Staudenpflanzungen, die ehemals vorwiegend mit Cotoneaster und Scherrasen bedeckt waren. Foto: Wolfgang Wette

    Zusammenfassung und Ausblick

    Das BioDiversum steht innerhalb der MPG als beispielgebendes Projekt, dass auf eigenen Liegenschaften dem Arten- und Biotopsterben nicht tatenlos zugesehen wird. Durch die wissenschaftliche Begleitung werden die Maßnahmen erfolgreich evaluiert und können gegebenenfalls angepasst werden. Ein besonderer Mehrwert liegt für uns Menschen in einer besseren Nutzungsmöglichkeit der Freiflächen sowie in deren ästhetischer Gestaltung mit hoher Naturnähe und hohem Erholungswert.

    Für das rund 15 Hektar große Gelände des MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften wurde eine Biotopentwicklung nach wissenschaftlichen Parametern eingeleitet. Die Herleitung der Maßnahmen erfolgte nach einer Biotopkartierung und Erfassung ausgewählter Tierartengruppen. Bausteine sind der 900 Quadratmeter große Teich, die Extensivierung der Rasenflächen zugunsten von Wildblumenwiesen, die Aufwertung von institutsnahen Freiflächen sowie ein verbindender Weg über das Gelände mit Sitzgelegenheiten und Infotafeln, der stets öffentlich zugänglich ist.

    Mit dem Projekt werden mehrere Ziele verfolgt: Ein Ziel ist es, die Lebensbedingungen für Insekten und Vögel, aber auch für viele andere Tiere und Pflanzen spürbar zu verbessern. Ein weiteres wichtiges Ziel ist, sich mit anderen Biotopprojekten in der Umgebung zu vernetzen und dazu anzuregen, auch im privaten Bereich wie dem eigenen Garten oder Balkon etwas für die Verbesserung der Artenvielfalt zu tun.

    Als renommierte Forschungseinrichtung wird das Projekt wissenschaftlich begleitet. Daher sind die Sicherstellung von Finanzmitteln für Bestandserfassung und Biotoppflege elementar. Das BioDiversum wird zum größten Teil durch die Max-Planck-Gesellschaft finanziert. Darüber hinaus haben die AKB Stiftung sowie die Sparkasse Göttingen das Projekt großzügig finanziell unterstützt.

    WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN:

    Dipl.-Ing. Wolfgang Wette
    Autor

    Landschaftsarchitekt und Landschaftsplaner, Inhaber von Wette+Küneke Landschaftsarchitekten

    Dipl. Ing. Ulrich Küneke
    Autor

    Wette+Küneke Landschaftsarchitektur

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