Biotopflächenfaktor

Zur Renaissance eines ökologischen Richtwertes

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Unter dem Begriff „Grünflächenfaktor“ erlebt aktuell eine bemerkenswert zukunftsfähige Konzeption der Baby Boomer-Generation eine willkommene Erneuerung: der Berliner „Biotopflächenfaktor“, vorgesehen für privates Grün, in Abgrenzung zu öffentlichem Grün, entwickelt aus der Praxis des Berliner Hofbegrünungsprogramms vor fast 40 Jahren, im Kontext der IBA-Altbau und Hämers stadtplanerischem Konzept der Behutsamen Stadterneuerung.
Städtebau Biodiversität
Als "Stadt von Morgen“ wurde das erste Baugebiet “Bo01” in Schwedens EcoCity Malmö 1998-2001 von Renzo Piano und Christoph Kolhbecker geplant und zusammen mit der Stadt Malmö als Bau- und Wohnmesse mit ambitionierten Nachhaltigkeitszielen bis 2005 realisiert, u.a. mit 100 Prozent Energie aus Wind und Sonne sowie mit dem Grünflächenfaktor als verbindlichem Planungsinstrument für eine vielfältige blau-grüne Infrastruktur mit Grünflächen, Teichen, künstlichen Wasserläufen und Brunnen, mit GYF größer gleich 0,5 als Richtwert für die Planung. Foto: Erika Mühlthaler

Die dazugehörigen Kürzel GFF Grünflächenfaktor sowie BFF Biotopflächenfaktor implizieren gezielt ihre Bindung zu den bauplanungsrechtlichen Kennzahlen GRZ Grundflächenzahl, GFZ Geschossflächenzahl und BMZ Baumassenzahl, die 1962 mit der BauNVO erstmals bundeseinheitlich eingeführt worden waren. Von da an galten Obergrenzen. Seit knapp zwei Jahren gelten die Kennzahlen für das Maß der baulichen Nutzung eines Grundstücks nur noch als „Orientierungswerte“.

Die multiplen Herausforderungen der Zeitenwende provozieren weiterreichende Grundsatzentscheidungen, Änderungen im BauGB und eine Neufassung der BauNVO. Diese beinhalten auch Initiativen zur Einführung von grünen Richtwerten in Anlehnung an den BFF, zur kommunalen Anwendung in der Bauleitplanung. Dazu finden zurzeit auf Bundesebene Fachexperten-Gespräche zur Modernisierung des Städtebaurechts statt. Gutachten werden verfasst. Beratungen laufen.

Gute Gründe sich in die Ideengeschichte zum ökologischen Städtebau zu vertiefen sowie in die Genese der Begriffe BFF, GFF und GYF, dem Grönytefaktor, einer vor mehr als 20 Jahren in Schweden adaptierten Anwendung des BFF. Dort mit Erfolg breitenwirksam umgesetzt, aktuell auch für Stadtteile, als QGYF, bzw. QGIS, mit einem kostenlosen GIS-basierten Open-Source-Tool. Und an den ursprünglichen Beitrag der Landschaftsplanerinnen Martina Bötticher und Rosemarie Fisch zu erinnern: „Zur Einführung des Biotopflächenfaktors (BFF) in die Landschafts- und Bauleitplanung“, 1988 publiziert, in „Stadt+Grün“, damals „Das Gartenamt“ 37 (1), S. 26–30. Diese Erstveröffentlichung zum BFF und seine Vorgeschichte sollten jetzt wiederentdeckt werden, bevor der analoge Beitrag vollends im digitalen Dickicht verlorengeht, und nicht zuletzt, weil dies guter wissenschaftlicher Praxis und kollegialer Fairness entspricht. Mit Verweis auf Becks „Reflexive Modernisierung" geht es darum, einen grenz- und sektorübergreifenden Diskurs anzuregen. Schließlich wollen wir den Wandel mitgestalten, reflektiert und reflexiv, als Erfahrungsgemeinschaft mit Erinnerungskultur.

Erika Mühlthaler, freie Architektin

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