Bodenferne Rasensaaten

Blasfähiges Rasensubstrat 0/4

Dachbegrünung
Aufblasen eines Vegetationssubstrates. Foto: Stephan Roth-Kleyer
Dachbegrünung
Automatisch bewässerte Rasenbegrünung der 3000 Quadratmeter großen Erweiterungshalle des Städel Museums in Frankfurt/Main (Rasen, 25 Zentimeter Vegetationstragschicht/ Rasensubstrat, Entwurf: Architekturbüro Schneider + Schumacher, Frankfurt). Foto: Stephan Roth-Kleyer
Dachbegrünung
Rasensubstrat 0/4. Foto: Stephan Roth-Kleyer

Im Bereich der Extensivbegrünungen werden nahezu 100 Prozent der aufzubringenden Dachsubstrate auf die zu begrünenden Dachflächen verblasen. Für Intensivbegrünungen wird geschätzt, dass lediglich 40 Prozent der Substrate verblasen werden können. Die verbleibenden 60 Prozent müssen mittels BigBags oder lose angeliefert (Schütten) aufgebracht werden, da bei diesen Substraten die Verblasbarkeit aufgrund der relativ feinkörnigen Struktur und/oder des Wassergehaltes nicht gegeben ist. Die mittlere Ausblaszeit für einen Silozug beträgt mit zwei Mitarbeitern (Fahrer und Landschaftsgärtner) etwa 90 Minuten, mehr Zeit und Personal bedarf es meist nicht. Das bedeutet ein erhebliches Einsparungspotenzial gegenüber dem Aufbringen der Vegetationstragschicht mittels BigBag oder loser Förderung, zum Beispiel in Schütten.

Die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. stellte aufgrund einer internen Befragung ihrer Mitglieder fest, dass der Dachbegrünungsmarkt (in Quadratmetern berechnet) 2011 bezogen auf 2008 um rund 19 Prozent gewachsen ist. 2011 betrug der Anteil an intensiv begrünten Dächern 13 Prozent. Die FBB (2012) geht davon aus, dass in Deutschland pro Jahr etwa 8-10 Millionen Quadratmeter Dachfläche neu begrünt werden. Basierend auf diesen Angaben der FBB (2012) ergäbe sich bei einer durchschnittlichen angenommenen Höhe der Vegetationstragschicht von im Mittel zehn Zentimeter ein Volumen von 800.000-1.000.000 Kubikmetern Substrat, die für die Begrünung von Dächern alleine in Deutschland eingesetzt werden.

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Dachbegrünung
Links ist der Fertigrasen auf Oberboden auf anstehendem Unterboden verlegt, rechts auf zu grob strukturiertem, sogenanntem Rasensubstrat, das zum Begrünungsaufbau über einer Tiefgarage gehört. Foto: Stephan Roth-Kleyer

Die Blasfähigkeit von Vegetationssubstraten, die insbesondere im Bereich der Dachbegrünung von hohem Interesse ist, ist im Wesentlichen von dem Feinkornanteil, dem Wassergehalt des Substrates und damit verbunden auch von dem Anteil organischer Substanz abhängig. Für die Kultur Rasen, die zunehmend häufiger für Gründächer gewählt wird, sind feinkörnige Intensivsubstrate mit hoher Wasserkapazität bei einem ausgeglichenen Lufthaushalt zu wählen. Weiterhin ist ein pH-Wertbereich von 6,0-7,0 anzustreben. Auch die übrigen in der einschlägigen FLL-Dachbegrünungsrichtlinie (2008) benannten Anforderungen sind einzuhalten. Feinkörnige Vegetationssubstrate sind insbesondere bei Rasenansaaten (Saatbett), aber auch bei der Verlegung von Fertigrasen zu wählen. Aus ökonomischen, das heißt hier aus Gründen der Verblasbarkeit, werden in der Praxis oftmals zu grobkörnige Substrate mit den damit immer wieder einhergehenden Begrünungsmisserfolgen eingesetzt.

Anlage und Pflege von Rasenflächen bei bodenfernen Begrünungen - Vegetationstechnischer Aufbau und Anforderungen

Rasenflächen für bodenferne Begrünungen sind bau- und vegetationstechnisch als Intensivbegrünungen auszubilden. Für Rasenanlagen haben sich die mehrschichtigen Bauweisen als zielführend erwiesen. Rasenflächen stellen hohe Ansprüche an den Schichtaufbau. Die Mindestanforderungen an den vegetationstechnischen Aufbau von Rasenflächen sowie an die einzelnen Funktionsschichten ergeben sich aus der einschlägigen FLL-Richtlinie (2008), die objektspezifischen Erfordernisse wie auch die nutzungsbedingten Anforderungen sind stets bereits bei der Planung zu berücksichtigen. Warnung: die in der Dachbegrünungsrichtlinie der FLL (2008) benannte Aufbaudicke von 15 Zentimetern reicht in der Regel für Rasen nicht aus, soweit keine Bewässerung vorgesehen ist.

Aussaat oder Fertigrasen

Auch bei bodenfernen Begrünungen können alle Rasentypen durch Aussaat angesät oder durch Fertig-rasen angelegt werden. Der Anlage durch Fertigrasen wird bei engen Bauzeitenplänen und einer gezielt schnelleren Nutzung trotz höherer Herstellungskosten oft der Vorzug gegeben. Grobkörnige Vegetationstragschichten führen zu Misserfolgen. Das Saatgut von Gräsern muss DIN 18917 (Vegetationstechnik im Landschaftsbau - Rasen und Saatarbeiten) und damit den FLL-"Regel-Saatgut-Mischungen Rasen-RSM" (2013) entsprechen. Fertigrasen für Dachbegrünungen sollte auf einem schwach bis mittel humosen Sandboden angezogen sein, er kann mit oder ohne Armierung angedeckt werden (FLL, 2008). Bei einfachen Intensivbegrünungen auf trockenheitsgefährdeten Standorten und bei Extensivbegrünungen mit ausreichender Schichtdicke kann Landschaftsrasen entsprechender Eignung nach RSM verwendet werden. Kleearten dürfen im Fertigrasen nicht vorhanden sein (FLL, 2008). Wertvolle Hinweise zur Eignung von Rasengräsern und Kräutern gibt Krupka (1992).

Dachbegrünung
Automatisch bewässerte Rasenbegrünung der 3000 Quadratmeter großen Erweiterungshalle des Städel Museums in Frankfurt/Main (Rasen, 25 Zentimeter Vegetationstragschicht/ Rasensubstrat, Entwurf: Architekturbüro Schneider + Schumacher, Frankfurt). Foto: Stephan Roth-Kleyer

Zur Pflege von bodenfernen Rasenflächen

Die Begrünungsart "Rasen" ist nur durch eine intensive Pflege, die objekt- und nutzungsabhängig sehr unterschiedlich sein kann, dauerhaft zu erhalten. Bei Rasenflächen und wiesenähnlichen Flächen von Intensiv- und Einfachen Intensiv-Begrünungen können insbesondere folgende Leistungen gemäß FLL (2008) erforderlich werden: regelmäßiges Mähen, Entfernen des Mähgutes, Entfernen von Unrat, Düngen, Bewässern, Pflanzenschutz, Laub entfernen, Vertikutieren, Aerifizieren, Besanden, Nachsaat, Kontrolle und Funktionsprüfung der Bewässerungsanlagen, Kontrolle der Entwässerungseinrichtungen, Freihalten von Rand- und Sicherheitsstreifen sowie Platten- und anderen Belägen von unerwünschtem Aufwuchs. In der Regel sind eine ausreichende Wasser- und Nährstoffversorgung sowie ein fachgerechtes Mähen wesentliche Voraussetzungen für eine dauerhafte Rasendecke. Da sich bei Rasenflächen auf Gründächern die Pflegemaßnahmen meist auf die Bewässerung, das Düngen und Mähen beschränken, und Maßnahmen wie das Vertikutieren, Aerifizieren oder Besanden in der Regel nicht durchgeführt werden und darüber hinaus der Einsatz von Pestiziden aller Art gemäß FLL (2008) ausgeschlossen ist, wird sich mit der Zeit Fremdaufwuchs einstellen, der zu tolerieren ist. Weitere Hinweise zur Pflege von Rasenflächen geben DIN 18917 sowie DIN 18919 (Vegetationstechnik im Landschaftsbau - Entwicklungs- und Unterhaltungspflege von Grünflächen) in Verbindung mit der FLL-Dachbegrünungsrichtlinie (2008).

Anmerkungen zur Bewässerung von bodenfernen Rasenflächen

Eine Zusatzbewässerung ist bei Intensivbegrünungen, so auch bei der Nutzung "Rasen" meist regelmäßig erforderlich. Bereits bei der Planung ist die Bewässerung zu berücksichtigen. Es sind Wasseranschlüsse in hinreichender Anzahl und Qualität vorzusehen. Bei geneigten Dächern sollte der Wasseranschluss möglichst im Bereich des Firstes positioniert werden.

Rasenflächen auf Dächern können, soweit die Dächer die Voraussetzungen erfüllen, durch Anstaubewässerungen bewässert werden. Die Bewässerung über Wasseranstau kann mit einem halb- oder vollautomatisch geregelten Wasserzulauf ausgelegt werden. Das Niederschlagswasser wird durch Anstau in der Dränschicht gespeichert und ist in seiner Menge von der Art und Dicke der Dränschicht abhängig. Um Vernässungen der Vegetationstragschicht auszuschließen, ist zwischen Höchstwasserstand und Filterschicht ein Mindestabstand von zwei Zentimetern einzuhalten, der gegebenenfalls stoffabhängig auch größer auszubilden ist. Während der Vegetationsruhe im Winterhalbjahr sollte der Wasserstand an den verstellbaren Staureglern in den Dachabläufen niedriger eingestellt oder das Wasser ganz abgelassen werden. Die Zusatzbewässerung kann wie bei bodengebundenen Begrünungen mittels Regner, aufgrund der Windtrift besser mittels Tropfschlauch erfolgen. Generell sind hierbei die Körnung sowie die Schichtdicke der eingesetzten Vegetationstragschicht zu beachten. Nähere Hinweise hierzu gibt die "Empfehlung für die Planung, Installation und Instandhaltung von Bewässerungsanlagen in Vegetationsflächen" der FLL (2010).

Dachbegrünung
Aufblasen eines Vegetationssubstrates. Foto: Stephan Roth-Kleyer

Die Lösung: das blasfähige Rasensubstrat 0/4 Millimeter

Ziel der Untersuchungen war es, ein für die Praxis vegetationstechnisch schlüssiges wie auch logistisch interessantes Substrat für Rasenansaaten, das damit auch für das Verlegen von Fertigrasen geeignet ist, zu erarbeiten. Das Substrat sollte eine Körnung 0/4 Millimeter aufweisen, dabei unter Praxisbedingungen blasfähig sein, den Anforderungen der FLL-Dachbegrünungsrichtlinie (2008) entsprechen und darüber hinaus aufgrund der physikalischen und chemischen Eigenschaften für die Ansaat und die dauerhafte Anlage von Rasen geeignet sein. Dabei werden die üblichen Pflegeleistungen nach guter gärtnerischer Praxis vorausgesetzt. Für die Rezeptur des blasbaren Rasensubstrates 0/4 wurde, auch bedingt durch den Projektpartner, auf die für bodenferne Begrünungen bewährten mineralischen Baustoffe Lava und Bims sowie auf die organischen Komponenten Braunkohlefaserholz (Xylit) und Torf zurückgegriffen. Über die Eignung und Vorteile von Braunkohlefaserholz für die Herstellung von Vegetationssubstraten informiert Roth-Kleyer (2008).

Nach Prüfung verschiedener Grundmischungen konnte eine Rezeptur für die Herstellung eines blasfähigen Rasensubstrates der Körnung 0/4 erarbeitet werden. Die Kennwerte des Substrates wurden nach den einschlägigen Untersuchungsmethoden der FLL (2008) gemessen. Im Ergebnis erfüllt das blasbare Rasensubstrat alle Anforderungen der einschlägigen Dachbegrünungsrichtlinie (FLL, 2008) an Vegetationssubstrate für Intensivbegrünungen in mehrschichtiger Bauweise bis auf den Gehalt an Kalium, der jedoch tolerierbar ist. Der erhöhte Kaliumgehalt ist auf hohen Bimsanteil zurückzuführen. Zudem weist das gegenständliche Rasensubstrat eine für die Rasenansaat und damit auch für das Anlegen von Fertigrasen vorteilhafte feinstrukturierte Körnung auf. Ausblasversuche unter Praxisbedingungen zeigten, dass das in seinen Kennwerten oben dargestellte Substrat blasfähig ist. Um die Blasfähigkeit zu erhalten, sollte das Vegetationssubstrat möglichst trocken gelagert werden. Das ist insbesondere für Wintermonate von Bedeutung.

Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer

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