Zur Sanierung des denkmalgeschützten Stadtparks

Der Zwingerpark – Herzstück des Offenburger Grüngürtels

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Der Zwingerpark ist ein geschütztes Gartendenkmal und Höhepunkt des Offenburger Grüngürtels. Als Stadtpark des ausgehenden 19. Jahrhunderts berichtet er von der Blütezeit städtischer Grünflächenpolitik und zeugt zugleich vom Aufstieg des Bürgertums in der ehemals freien Reichsstadt.
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1 Schmuckbeet mit exotischen Pflanzen (Indisches Blumenrohr und Bananenstauden) nördlich des Schwanenteichs um 1900. Foto: StAO 03.01.10

Die in die Jahre gekommene Anlage wurde vor Kurzem auf Grundlage einer gartendenkmalpflegerischen Voruntersuchung und des Entwurfs aus dem städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahren "Grüngürtel Offenburg" saniert.

Lage im Stadtraum

Die südbadische Kreisstadt Offenburg mit ihren etwa 62.000 Einwohnern liegt am Ausgang des Kinzigtals in die Rheinebene. Am westlichen Rand der mittelalterlichen Altstadt erstreckt sich der Zwingerpark als schmales Band zwischen Mühlbachkanal und Stadtmauer auf rund 14.000 Quadratmeter innerhalb des um die Altstadt führenden Grüngürtels. Die Stadtmauer zeichnet die natürliche Gestadekante nach. Sie erhebt sich etwa neun Meter über der Ebene und schafft eine einzigartige Kulisse für die Parkanlage. Im Bereich des erhaltenen Befestigungsrondells teilt ein vier Meter schmaler Engpass die rund 500 Meter lange Grünfläche in einen nördlichen und einen südlichen Abschnitt.

Anlass für die Sanierung

In den letzten Jahren wurde der Bedarf einer Instandsetzung der städtischen Grünanlage immer offensichtlicher. Nicht nur die Restaurierung der schadhaften Parkgebäude und Infrastruktur war notwendig, auch der Zustand der vegetabilen Ausstattung wies auf den unumgänglichen Umstand einer Inwertsetzung hin. Zusätzlich kam dem Zwingerpark durch die Konversion des benachbarten Mühlbachareals vom Industrieareal zum Wohnviertel eine gestiegene Bedeutung für die Freiflächenversorgung und als wichtiges Bindeglied inmitten hochwertiger Wohnlagen in der Innenstadt zu. Die Projektbeteiligten hielten zum Projektstart eine wissenschaftliche Untersuchung zur Anlagengenese des Zwingerparks als Grundlage für die nachfolgende Planung für unabdingbar. Zum Wettbewerb für den Grüngürtel lag das gartendenkmalpflegerische Gutachten in Vorbereitung eines Parkpflegewerkes bereit. Im weiteren Prozess konnte die Voruntersuchung so zur Richtschnur für die denkmalgerechte Sanierung werden.

Geschichte des Zwingerparks

In Offenburg setzten erste kommunale Bestrebungen zur Entwicklung des Stadtgrüns Mitte des 19. Jahrhunderts ein.1 Im Zeitalter der Industrialisierung kam es im Zusammenhang mit der überproportionalen Bevölkerungsentwicklung in den wachsenden Städten zur Forderung nach Reformen im Städtebau, die im Wesentlichen auf soziale und hygienische Verbesserungen abzielten. Diesen neuen Anforderungen im Städtebau folgend, schuf die badische Gemeinde nach dem Vorbild deutscher Großstädte wie Köln oder Leipzig im Zuge ihrer Stadterweiterungen planmäßig ein zusammenhängendes System aus Promenaden und Erholungsparks im Bereich der ringförmigen Befestigungsanlagen.2 Die neue Grünflächenpolitik nahm in Offenburg unter Bürgermeister Gustav Rée (1810–1869) ihren Anfang. Seit 1887 setzte sich auch der Verschönerungsverein unter Mitwirkung einflussreicher Offenburger Bürger massiv für die Fortführung der Grünanlagen im Bereich des Befestigungsrings ein und legte hierzu einen ersten, beim Freiburger Stadtgartendirektor Max Schmöger (1874–1918) in Auftrag gegebenen Gestaltungsvorschlag für die Herstellung eines Stadtparks vor.3 Die Initiatoren erhofften sich, mit einer repräsentativen Grünanlage den Fremdenverkehr, aber auch den weiteren Zuzug nach Offenburg ankurbeln zu können. Die Lage südwestlich der Stadtbefestigung, im Bereich des ehemaligen Zwingers, erachteten die Mitglieder des Verschönerungsvereins klimatisch als besonders günstig, da sie den Ort mit exotischen Pflanzen "zu einem kleinen Nizza" verwandeln wollten.4

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2 Ansicht der Wenk-Treppe im Zwingerpark um 1960. Foto: StAO 03.01.10
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3 Eingangsbereich des Zwingerparks mit Sandsteinmäuerchen und üppigen Stauden- und Geophytenbeeten um 1960. Bildquelle: StAO 03.01.10
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4 Lageplan Zwingerpark Abb.: helleckes landschaftsarchitektur

Als in den neunziger Jahren der Hotelier und Stadtrat Georg Monsch (1847–1934) das Respiziat für die kommunalen Grünanlagen übernahm, erreichte der engagierte Bürger gemeinsam mit dem damaligen Oberbürgermeister Fritz Herrmann (1859–1843) schließlich den Bürgerausschussbeschluss zur Herstellung des Parks.5 Für die Anlegung berief die Stadtverwaltung den Kunstgärtner Karl Soell von Schloss Ortenberg zum ersten Offenburger Stadtgärtner, der die Arbeiten mit Unterstützung von drei Gärtnern sowie fünf Taglöhnern innerhalb von zwei Monaten im Frühjahr 1899 ausführte.6

Beim Zwingerpark handelt es sich um einen späten englischen Landschaftspark im gemischten Stil, der sich als opulente Schmuckanlage deutlich von den vorausgegangenen städtischen Grünanlagen im Offenburger Grüngürtel absetzte und im Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs der Gründerzeit stand. Die Sonderstellung des Parks als beliebtes Vorzeigeobjekt der prosperierenden Stadt drückte sich in unzähligen Ansichtskarten und überschwänglichen Beschreibungen der Anlage aus. Die Gestalt orientierte sich kurz vor der Jahrhundertwende noch schablonenhaft am feudalen Landschaftsgarten, ähnlich vieler zeitgleicher Stadtparks des späten 19. Jahrhunderts. Der Gartenkünstler Gustav Meyer (1816–1877) forderte in seinem "Lehrbuch der schönen Gartenkunst" ein Parkprogramm, das im Zwingerpark idealtypisch umgesetzt wurde.7 Hierzu gehörten Spazierwege, Erfrischungshäuser, Konzertplätze, Wasserflächen sowie Spiel- und Tummelplätze. Der Zwingerpark veranschaulicht dabei immer noch die im heutigen Verständnis eingeschränkte Nutzbarkeit eines Stadtparks des 19. Jahrhunderts. Denn er bot sich vornehmlich zum Ruhen und für beschauliche Spaziergänge an. Weitere Nutzungen wie das Betreten der Rasenflächen oder gar Vieh zu treiben, wie es die ortspolizeiliche Vorschrift aus dem Jahr 1922 belegt, waren nicht gestattet. Auch Kinder wurden zurechtgewiesen. Sie durften nur an den ihnen zugewiesenen Orten spielen und sitzen.

Der Zwingerpark präsentierte sich mit organisch geformten Rasenflächen, einem in schlanken Kurven geführten Wegenetz mit regelmäßig angelegten Plätzen, Aussichtsgebäuden, der Promenade am Mühlbach, dem gebuchteten Schwanenteich sowie einer eklektizistischen Pflanzenausstattung in zeittypischer Gestalt.8 Neben der vom Verschönerungsverein gewünschten "Anhäufung von besonderen Pflanzenschätzen", womit seltene und exotische Gewächse wie Palmen, Bananen und Blumenrohr gemeint waren, fanden sich eine große Auswahl von Solitärgehölzen in verschiedensten Arten, darunter auch botanische Raritäten.9 Das damalige Interesse an fremdländischen Pflanzen führte auch im Zwingerpark zu einer umfangreichen Artensammlung, was als Konzept im Zuge der Gartenreform bereits um 1900 starke Kritik erfuhr.

Der südliche Abschnitt des Zwingerparks bildete die eigentliche Schmuckanlage. In deren Zentrum lag der Schwanenweiher, der eine Brücke aus weißem Birkenknüppelholz aufwies. Auf der Nordseite des Gewässers bestand ein kleiner Orchesterplatz. Die umliegenden Rasenflächen waren mit geometrisch angelegten Teppichbeeten bestückt. Am südlichen Eingang an der Hauptstraße wies das Hauptbeet an den Eckpunkten zwei allegorische Bronzefiguren auf Postamenten auf.10 Wohlhabende Bürger Offenburgs stifteten den Figurenschmuck, aber auch Architekturausstattung stilistisch beeinflusst vom Historismus, dem Heimatstil bis zur Moderne und Postmoderne, abhängig von der Erstellungszeit. Hierzu gehören unter anderem die Wenck-Treppe mit Pavillon des Fabrikbesitzers Adolf Wenk-Wolff im Jahr 1908, der Monsch-Pavillon des Hoteliers Georg Monsch von 1935 sowie die 1984 vom Verleger Franz Burda (1903–1986) gestiftete Bronzeskulptur des griechischen Weingottes Dionysos, der am Eingang der Hauptstraße den Auftakt zum Park bildet.

Entgegen der heute ausgewiesenen Fläche von rund 14.000 Quadratmetern war der historische Zwingerpark nur 11.000 Quadratmeter groß. In den 1930er Jahren erfolgte eine Flächenvergrößerung mit der Herstellung eines Spielplatzes auf der nördlichen Nachbarparzelle. In dieser Zeit fand die erste größere Instandsetzung des Stadtparks im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach der Weltwirtschaftskrise statt.11

Während des Zweiten Weltkriegs diente die städtische Anlage zum Anbau von Gemüse, aber gleich nach dem Krieg wurde der Zwingerpark wiederhergestellt, um als attraktives Aushängeschild den Tourismus mitanzukurbeln. Entlang der Stadtmauer wurden niedrige Sandsteinmäuerchen mit überwallenden Stauden ergänzt. Die qualitätvolle Gestaltung der Nachkriegsjahre mit Solitärgehölzen, kulissenartiger Randbepflanzung, großzügigen Stauden- und Geophytenbeeten zeichnete sich bis zur jüngsten Sanierung deutlich lesbar im Bestand als erhaltenswerte Zeitschicht im Gartendenkmal ab.

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5 Die Wegebeleuchtung erfolgt durch Strahler an schlanken Masten, welche in die Lindenpromenade integriert sind. Ein weicher Rhythmus aus Licht entsteht – sinnbildlich für die Baumreihung. Foto: Sebastian Schels
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6 Frühe Abendstimmung im Park: Der repräsentative südliche Bereich mit erneuertem Sommerflor. Neben dem Hauptweg werden auch gezielt Details wie die Fontäne dezent mit Licht hervorgehoben. Foto: Sebastian Schels

Ausgangspunkt für die Planung

Der repräsentative gründerzeitliche Park hatte in den letzten Jahren seine Strahlkraft verloren und wurde seiner ursprünglichen Bedeutung nicht mehr gerecht. Anfallende Renovierungen waren an vielen Stellen pragmatisch durchgeführt worden, jedoch ohne den Materialkanon und gartendenkmalpflegerische Anforderungen zu berücksichtigen. Es entstand ein Flickwerk unterschiedlichster Bodenbeläge, die sich zwischenzeitlich teilweise in desolatem Zustand präsentierten. Zwar pflegte die Stadt die Anlage kontinuierlich, lenkte den natürlichen Gehölzaufwuchs aber nicht gezielt. Dabei widersprach die starke Ausbreitung heimischer Gehölze durch Sämlinge dem Grundcharakter des Parks, der ursprünglich mit ausgewählten Arten seiner Exklusivität Ausdruck verlieh. Mit den Jahren entstand ein dichter Gehölzbestand, der düstere Raumsituationen verursachte, das Sicherheitsgefühl erheblich herabsetzte und so die Nutzbarkeit der Anlage einschränkte. Das ursprüngliche vegetative Arteninventar zeigte sich insbesondere entlang des Mühlbachkanals von Gehölzaufwuchs überlagert. Dort war der Pflanzstreifen an der ehemaligen Promenade so dicht bewachsen, dass die begleitende Baumreihe kaum mehr in Erscheinung trat und gewünschte Sichtverbindungen in das neue Wohnquartier nicht gegeben waren. Mit der anhaltenden Trockenheit der vergangenen Jahre wurden außerdem deutliche Schäden am Gehölzbestand sichtbar.

Im Ergebnis der gartendenkmalpflegerischen Untersuchung wurde von Seiten der Beteiligten angestrebt, den Zwingerpark mit seinen späteren qualitätsvollen Ergänzungen der Nachkriegsjahre zu erhalten und ihn als historisches Dokument zu bewahren. Daran knüpfte die nachfolgende Planung des Büros helleckes landschaftsarchitektur an, die durchgängig vom Bestand ausging. Ziel der Sanierung war es, die Anlage wieder Ihrer ursprünglichen Bedeutung zuzuführen, ihre Qualitäten erneut herauszuschälen und sie in das wachsende Freiraumsystem der Innenstadt mit den gestellten Anforderungen einzubinden. Der Zwingerpark liegt im Erneuerungsgebiet Mühlbachareal. Das etwa 18 Hektar große Gebiet wird durch das Programm "Stadtumbau West" von Bund und Land gefördert.

Abschnittsweise Sanierung

Die Sanierungsarbeiten erfolgten innerhalb von zwei Bauabschnitten zwischen 2021 und 2023. Zunächst wurden in einer ersten Bauetappe von Herbst 2021 bis zum Beginn der Heimattage Baden-Württemberg im Mai 2022 die technische Infrastruktur des Parks erneuert, der tragende Baumbestand gesichert und die den Hauptweg begleitende Lindenreihe als zentrales strukturbildendes Element wiederhergestellt. Die Sanierung des Wegesystems begann mit der durchbindenden Wegeachse, die nun wieder als Randpromenade entlang des Mühlbachs in Erscheinung tritt und Anknüpfungspunkt zum Mühlbachareal ist.

Die Planung der neuen Parkbeleuchtung war eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie sollte sowohl den aktuellen naturschutzrechtlichen wie auch den gartendenkmalpflegerischen Anforderungen genügen, Angsträume beseitigen und gleichzeitig den hohen ästhetischen Ansprüchen gerecht werden. Die Lichtplanung durch Stefan Lotze, studio teilchenwelle, schlug hierzu ein zurückhaltendes Beleuchtungskonzept vor, das nach der Fertigstellung mit geringen Lichtverlusten gezielt die Hauptwege ausleuchtet. Die Strahler wurden teilweise an hohen Bestandsbäumen oder schlanken Masten mit einer durchschnittlichen Lichtpunkthöhe von circa acht Metern installiert. Von der linearen Trasse entlang des Hauptweges werden aus größerer Distanz dezent die Basis der Stadtmauer, Denkmäler und die Fontäne des Schwanenteichs ausgeleuchtet. Auf diese Weise wird in der Dämmerung ein sicheres Raumgefühl erreicht. Die Belange des Umwelt- und Naturschutzes hinsichtlich Dimmbarkeit und Zeitschaltung wurden umfänglich berücksichtigt.

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7 Der Orchesterplatz mit neuen Konturen und handwerklich gefertigtem Knieholmgeländer. Foto: Sebastian Schels
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8 Der Schwanenteich nach der Sanierung. Foto: Sebastian Schels

Innerhalb des ersten Bauabschnitts ließ die Stadt auch die technische Infrastruktur im Park erneuern. Hierzu gehörten Elektro- und Wasserleitungen. Eine große Herausforderung für die Planer war dabei der schmale Zuschnitt der Grünfläche bei den gleichzeitig raumgreifenden Anforderungen der Leitungsträger an Trassenabstände zu Gehölzen und anderen Medien. Für die Leitungsverlegung konnte in Teilen die Trasse einer alten Gasleitung aus den 1980er Jahren genutzt werden, die zum Baustart stillgelegt wurde. Im Bereich der Trasse mussten im Rahmen von Freilegungsarbeiten alte Verletzungen im Wurzelraum der Bestandsgehölze festgestellt werden. Die Standsicherheit dieser Gehölze konnte nach Begutachtung durch einen Baumsachverständigen bestätigt und so die Bäume erhalten werden. Grundsätzlich bestand von allen Projektbeteiligten der Wunsch, Altbäume möglichst im Bestand zu erhalten. Doch verlangten die vegetationstechnischen Arbeiten insgesamt viel Fingerspitzengefühl. Die Gehölze litten unter den vergangenen Trockenjahren.

Auch meldete sich die im Umgang mit altem Baumbestand sensibilisierte Bevölkerung regelmäßig zu Wort. Die Stadtverwaltung betrieb hierzu eine ausgedehnte Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, über die Planungsschritte umfänglich zu informieren und so eine allgemeine Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung für das Projekt herzustellen. In Abstimmung mit dem Amt für Umweltschutz des Ortenaukreises konnte so die Ufervegetation entlang des Mühlbachs in Teilabschnitten auf den Stock gesetzt werden. Die notwendigen Rückschnittsmaßnahmen trugen erheblich zu einer Verbesserung der Raum- und Lichtsituation bei.

Mit den verbesserten Lichtverhältnissen ließ sich die neue Lindenreihe etablieren und in Abschnitten der Sichtbezug zum Mühlbach herstellen. Das Achsmaß der Baumabstände sowie die Wahl der Baumart Tilia euchlora richtete sich nach den überlieferten Zeugenbäumen aus dem Jahr 1899. Die Krimlinde war aber nicht nur durch den Altbestand belegt, sondern sie zeichnet sich auch als resiliente Baumart im Klimawandel aus.

Die herzustellenden Baumgruben wie auch die großen Fundamente für die neue Lichttechnik waren eine enorme Herausforderung bei den Arbeiten in der Bestandsvegetation. Die Fertigfundamente wiesen je nach Masthöhe eine Dimension von 0,9 x 0,9 Meter bei einer Tiefe von bis zu 1,4 Metern auf. Für deren Einbindung mussten die Arbeiten mit Hilfe eines Saugbaggers und einer Luftlanze ausgeführt werden. Freigelegte Wurzeln wurden sogleich abgedeckt, feucht gehalten und von der städtischen Baumschau begutachtet. In Abstimmung mit der Bauleitung mussten wiederholt Standorte für Bäume und Masten variiert, aber auch auf mehrere Neupflanzungen verzichtet werden. Insgesamt gelang es, die Lindenreihe mit immerhin 35 von ursprünglich 46 geplanten Bäumen herzustellen.

Anstelle der ursprünglichen wassergebundenen Wegedecken und Einfassungen mit heimischem Sandstein waren in den letzten Jahrzehnten farb- und ortsfremde Beläge aus Betonstein und Asphalt eingeführt worden. Die Ausweisung eines durchgehenden Radwegs auf der gegenüberliegenden Mühlbachseite erlaubte nun im Rahmen der Sanierung eine einheitliche Wiederherstellung der Wege mit wassergebundener Wegedecke im Dreischichtaufbau, der mitunter im Wurzelbereich der Gehölze auch deutlich reduziert werden musste. Die desolaten historischen Wegeeinfassungen aus Sandstein wurden aufgenommen und neu gesetzt. Dort, wo keine Wegeeinfassungen vorhanden waren und es der umliegende Bestand zuließ, erhielten die Wege eine seitliche Einfassung mit einem bodenbündigen Stahlband. Treppen, Mauern, aber auch die Brücke am Teich konnten denkmalgerecht instandgesetzt werden. Neben dem Gewerk Garten- und Landschaftsbau kamen so auch Steinmetz- und Kunstschmiedearbeiten zur Ausführung.

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9 Durch zeitgemäße Möblierung und die heitere Verwendung von Sommerflor entstehen wieder Aufenthaltsbereiche im nördlichen Parkbereich. Foto: Sebastian Schels
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10 Einheitliche Wegeflächen und neue Schmuckpflanzungen im südlichen Parkbereich. Foto: Sebastian Schels

Im zweiten Bauabschnitt, dessen Umsetzung im Herbst 2022 begann und bis zum Frühsommer 2023 andauerte, wurden zunächst die Wege fertiggestellt und dann die Pflanzflächen weiterbearbeitet. Neben Ergänzungen von Solitärgehölzen wie Magnolien und Fächerahornen wurden Kulissenpflanzungen und Staudenflächen an den Rändern entlang der Stadtmauer wiederhergestellt. Leitbild war hier die Zeitschicht der 1950er Jahre und deren zeittypische Pflanzenverwendung. Im Ergebnis konnte der Schwanenteich besser eingebunden, der benachbarte Orchesterplatz neu geordnet und der unschön in Erscheinung tretende Industriezaun im Bereich des Schwanenteichs durch ein handwerklich gefertigtes Knieholmgeländer ersetzt werden.

An der nördlichen Grenze des Zwingerparks entstand in den 1980er-Jahren ein Parkhaus, das eine unverträgliche Kulisse für den denkmalgeschützten Park darstellte und eine sozialräumlich schwierige Umgebung erzeugte. In Nachbarschaft des Parkhauses hob die Stadt den in die Jahre gekommenen Spielplatz auf und schuf zwischenzeitlich einen attraktiven Ersatz auf der gegenüberliegenden Mühlbachseite. Die den Spielplatz umgebenden Flächen wurden ausgelichtet und sonnige Aufenthaltsbereiche mit Staudenbeeten hergestellt. Auch hier wurde die Sicht auf den Mühlbach ermöglicht.

Die Flächen für den Sommerflor wurden im Rahmen der zweiten Bauetappe im Park neu etabliert. Während sie im Bereich des südlichen Zugangs der historischen Vorlage folgend als Schmuckbeete präsentiert werden, erscheinen die Pflanzungen im mittleren und nördlichen Bereich zeitgenössisch als heitere und maßstabsbildende Inszenierung der heute nutzungsoffenen Rasenflächen. Die traditionell opulenten Pflanzbeete wurden von den Planern erweitert. Zum Mühlbach hin wurden unter der Lindenreihe ebenso als zeitgenössische Ergänzung krautreiche Säume mit standorttypischen Frühjahrsblühern initiiert. Als Parkmöblierung wählten die Projektbeteiligten nach intensiver Abstimmung einen schlichten sowie zeitlosen Banktyp, der mit seinen Variationsmöglichkeiten zukünftig im gesamten Offenburger Grüngürtel eingesetzt wird.

Ergebnis der Sanierung

Insgesamt gelang es im Rahmen der Sanierung, das gestalterische Konzept des strukturell überlieferten Parks wieder klar lesbar zu machen, Qualitäten herauszustellen und die finsteren Partien in eine lichte Heiterkeit zu überführen. Mit reicher Ausstattung präsentiert sich der denkmalgerecht erneuerte Park wieder als grüner Salon im Stadtraum. Er bietet eine Vielfalt an Rückzugs- und Wohlfühlorten in der Kernstadt und knüpft damit an die historische Nutzung als Spazier- und Ruheort an. Auch lädt die Anlage nun zu abendlichen Spaziergängen bei stimmungsvoller Ausleuchtung ein. Schlussendlich kann der Park erneut seine Rolle als identitätsstiftendes grünes Herz der Stadt Offenburg wahrnehmen. Die Inwertsetzung dieses wichtigen Bausteins im städtischen Grünsystem wird nun zum Ausgangspunkt für die zukünftigen grünen Trittsteine in der Stadt und in den Landschaftsraum der Kinzig-Aue im Rahmen der Landesgartenschau 2032.

Projektdaten

Bauherr: Stadt Offenburg, BaudezernatBürgermeister Oliver Martini

Fachabteilungen: Stadt Offenburg, Abteilung Grünflächen und Umweltschutz,Philip Denkinger, Michel FoxStadt Offenburg, Fachbereich Stadtgestaltung, untere Denkmalschutzbehörde, Andreas Clausen

Technische Betriebe Offenburg: Baumsachverständiger Torsten Bähr

Landesamt für Denkmalpflege: Monika Loddenkemper, Dienstsitz Freiburg

Voruntersuchungen: Gartendenkmalpflegerisches Gutachten, Zielkonzeption:Isabel David, Haigerloch

Steinrestauratorisches Gutachten: Steinprojekt, Dietmar Bader, Königsfeld

Planung: helleckes landschaftsarchitektur, Karlsruhe

Planung auf Grundlage des Entwurfs zum städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbsverfahren Grüngürtel Offenburg im Jahr 2019

Stefan Helleckes, Leander Neuhaus, Maret Stoll

Lichtplanung: studio teilchenwelle, Stefan Lotze, Karlsruhe

Baumsachverständiger: Sachverständigenbüro Dr. Thomas Herdt, Offenburg

Ausführende Firmen: Thomas Simon Garten- und Landschaftsbau GmbH, Hohberg

Sanierung der Steinmauern: Jogerst Steintechnologie, Oberkirch

Elektro: TMS Elektrotechnik GmbH, Offenburg

Fläche: 14.000 Quadratmeter

Realisierung: November 2021 bis Mai 2023

Anmerkungen

1 Karl Heitz (1949): Zum Geleit! In: 100 Jahre Städtische Anlagen. 50 Jahre Zwinger. Offenburg. S. 3. Martin Ruch (2001): Stadtrundgang in Offenburg. Zwischen Rhein und Reben. Offenburg. (=Schriften zu Kultur und Geschichte), S. 23.

2 Vgl. Handwörterbuch der Raumforschung (1966). Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.), Hannover. S.664.

3 Die Eingabe an den Gemeinderat enthielt die Unterschriften von Max Wenk (Großkaufmann, Privatbankier), Walter Claus (Eigentümer der Leineweberei), Franz Junghans (Landgerichtsrat), Georg Monsch (Hotelier) und Albrecht Fischer (Privatmann). Georg Monsch, der Präsident des Verschönerungsvereins war, wurde nach dem Ersten Weltkrieg Ehrenpräsident des Verkehrsvereins. Staatsarchiv Freiburg (nachfolgend abgekürzt StAF) A 95/1. – Stadtarchiv Offenburg, (nachfolgend abgekürzt StAO) 05/10423, Verschönerungs-Verein Offenburg, Vorschlag beziehungsweise Antrag, im Zwingergarten eine schöne Parkanlage als Erholungszone für die Bevölkerung anzulegen, 1887–1894, – StAO Nr. 212, Ehrenbürgerwürde der Stadt Offenburg für Oberbürgermeister a. D. Fritz Hermann und Stadtrat Georg Mönsch, 12.11.1928, Nr. 264, S. 5f.

4 StAO 05/10423, Verschönerungs-Verein Offenburg.

5 StAO 742 4/1. – Franz Huber (1949): 50 Jahre Zwinger. In: 100 Jahre Städtische Anlagen. 50 Jahre Zwinger, Offenburg. S. 7–22, S. 18.

6 Huber: 50 Jahre Zwinger, (1949) (s. Anm. 5), S. 16, 32f. – StAO 05/09580, Erweiterung der Stadtanlagen um die Stadt durch den Zwinger.

7 Gustav Meyer (1873): Lehrbuch der schönen Gartenkunst. 2. Aufl., Berlin. Nachdruck Wiesbaden 2010, S. 87f.

8 Vgl. Heinz Wiegand (1975): Die Entwicklung der Gartenkunst und des Stadtgrüns in Deutschland zwischen 1890 und 1925 am Beispiel der Arbeiten Fritz Enckes. Dissertation an der Fakultät für Gartenbau und Landeskultur, Hannover. (=Geschichte des Stadtgrüns Bd. 2), S. 17.

9 StAO 742 4/1, Stadt im Schmuck.

10 Die Bronzefiguren waren eine Stiftung von Adolf Wenk. Sie wurden vermutlich im Zweiten Weltkrieg für Kriegszwecke eingeschmolzen. Vgl. Huber: 50 Jahre Zwinger (1949) (wie Anm. 5), S. 36.

11 StAF N 210/2 Nr. 21, Arbeitsamt Offenburg, Freiwilliger Arbeitsdienst (FAD), Maßnahmen Männer, Herrichtung und Entwässerung des Stadtgartens in Offenburg, 1932–1933.

Dipl.-Ing. Stefan Helleckes
Autor

Inhaber von Helleckes Landschaftsarchitektur

M.Sc. Isabel David
Autorin

Freie Landschaftsarchitektin/Gartendenkmalpflegerin

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