Ein Gespräch mit BUGA-Geschäf tsführer Hanspeter Faas

Die BUGA erfindet sich neu

von:
BUGA Heilbronn 2019 Bundesgartenschauen
Nach 2030 entwickelt sich das BUGA-Gelände weiter zum Stadtquartier Neckarbogen, in dem 2040 etwa 3500 Menschen wohnen und 1000 arbeiten werden. Foto: BUGA Heilbronn 2019

Am 17. April öffnet die BUGA in Heilbronn ihre Pforten und erwartet 2,5 Millionen Besuche auf dem 40 Hektar großen Gelände. Was erwartet die Gäste in diesem Jahr in der Stadt am Neckar? Ein Gespräch mit dem BUGA Geschäftsführer Hanspeter Faas.

Was sind die Highlights in der Planung des Gartenschaugeländes?

Nun, zunächst einmal, dass kein klassischer Park entsteht. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit stellt die Bundesgartenschau Heilbronn 2019 ein Stadtentwicklungsprojekt dar, durch das auf 40 Hektar Fläche die Transformation einer ehemaligen Gewerbebrache in ein lebendiges Stadtquartier, den Neckarbogen, mit einem Lebensraum für 3500 Menschen umgesetzt wird. Dies ist flankiert von einem großen Angebot an Grünflächen und einer klug vernetzten Struktur an Fahrradwegen, die in die benachbarten Bereiche und bis zum Hauptbahnhof reicht.

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Bei unseren Planungen war auch Biodiversität ein Kernthema, also die Schaffung von neuen Lebensräumen nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere und Pflanzen. Etwa in Form von Eidechsenhabitaten und Eisvogelquartieren und durch naturnahe Lebensräume für Wildpflanzen. Auch Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung standen im Fokus. Bei der Aufbereitung des Geländes wurden 600.000 Kubikmeter Erde bewegt. Einen großen Teil davon haben wir wieder vor Ort in einen 600 Meter langen Wall eingebaut, den Hafenpark, der das gestalterische Rückgrat des Geländes darstellt.

Der Hafenpark ist ein gutes Beispiel für die im kompakten städtischen Raum erforderliche Mehrfachkodierung. Der Wall dient als Erddeponie für leicht belastetes Material, als Lärmschutzwall, als Fuß- und Radweg, und als Aussichtspunkt. Auch eine Nutzung als Spielplatz konnten wir über eine Kletterwand mit Rutsche integrieren. Ein weiteres Highlight ist der extrem starke Bezug zum Fluss. Der Neckar als Lebensader einer Stadt, die durch den Rückbau der Bundesstraße B 39 an dieser Stelle für die Menschen wieder zugänglich gemacht wurde. Das Gelände, das zwischen dem Alt-Neckar und dem Neckarkanal eingebettet ist. Der Strandspielplatz, der die Geschichte der Flößer am Neckar erzählt, und die beiden Seen, die an die früheren Hafenbecken erinnern.

Wie ist das Gelände strukturiert?

Das BUGA-Gelände unterteilt sich in fünf sehr unterschiedliche Themenwelten die ineinander fließen. Die „Forscherinsel“, die „Stadt im Werden“, das „Inzwischenland“, die „Sommerinsel“ und die „neuen Ufer“ stellen dabei den thematischen Überbau, die verschiedenen Atmosphären, der Bundesgartenschau Heilbronn dar.

Wodurch sind die einzelnen Atmosphären gekennzeichnet?

Die Forscherinsel liegt in direkter Nachbarschaft der Wissens- und Erlebniswelt experimenta mit ihrem prägnanten Neubau. Die Besucher erleben einen geheimnisvollen Stadtdschungel, die geschichtsträchtige Wilhelmsschleuse und einen Campuspark mit altem Baumbestand. Merkmal der „Stadt im Werden“ ist der erste Bauabschnitt des Stadtquartiers Neckarbogen, in dem bereits während der BUGA etwa 800 Menschen wohnen werden. In den Erdgeschossflächen finden Ausstellungen zum urbanen Wohnen der Zukunft statt. Die Verbindung zwischen Urbanität und Natur erleben die Besucher praktisch hautnah, nicht zuletzt dadurch, dass das Gelände als Reallabor für ein autonom agierendes Zustellfahrzeug genutzt wird.

Viel Grün präsentiert sich im Inzwischenland mit seinen 18 Gartenkabinetten zu ganz unterschiedlichen Themen. Ein Energiewald aus Pappeln bringt Struktur in die Gartenkabinette und unterstreicht den temporären Charakter dieses Bereichs. Gleichzeitig verweist der Weinbeitrag auf die Kulturlandschaft in der Region. Temporär ist auch die Sommerinsel mit ihren grünen, von Wechselflor gesäumten Rasenwellen, über die das Auge weit schweifen kann. Über einen Holzsteg und eine Wassertreppe verläuft der Übergang von der Sommerinsel in die neuen Ufer am Alt-Neckar. Hier ist durch den Rückbau einer Bundesstraße ein Neckaruferpark entlang des Stadtquartiers entstanden. Eine abgestufte Grünfläche dient dauerhaft der Naherholung. In der Verlängerung führt ein Holzsteg durch einen naturnah bepflanzten Uferbereich, der vorher nicht zugänglich war.

Inwiefern wurden bei der Planung klimatische Herausforderungen berücksichtigt?

Wir haben bei der Planung ganz bewusst klimatische Aspekte in den Vordergrund gestellt. Daran hat natürlich auch die Stadt Heilbronn einen großen Anteil. Ihr starkes Gartenamt verfügt über große Erfahrung in Sachen Klimawandel und setzt diese auch beim Thema Straßenbäume um. Heilbronn hat mit die höchste Anzahl an Straßenbäumen pro Kopf. Das Ergebnis ist, dass wir als BUGA das einzige städtebauliche Projekt sind, bei dem die Bäume im öffentlichen Raum an ein automatisches Bewässerungssystem angeschlossen sind, und wir haben immerhin 960 Bäume neu gepflanzt.

Das Bewässerungssystem wird über die beiden neuen Seen gespeist, die nicht nur als Naherholungsbereich dienen, sondern insbesondere auch als Auffangbecken für Regenwasser. Bei der Auswahl der Bäume war für uns ein wichtiges Kriterium, dass diese mit Hitze und längeren Trockenphasen gut zurechtkommen. Daher haben wir uns für Klimabäume wie Amberbäume, Zelkoven, Waldkiefern, Weiß-Eschen und Tulpenbäume entschieden. Auch bei der Anlage der Regionengärten fließen klimatische Überlegungen mit ein. Felsenbirnen, Pagoden-Hartriegel, Etagen-Schneeball oder Magnolien kommen in einer heißen und trockenen Umgebung zurecht.

Wie drückt sich Regionalität in der Auswahl der Pflanzen auf der BUGA aus?

Hier spielen verschiedene Überlegungen eine Rolle. Einerseits wollen wir den Besuchern aus der Region mehr zeigen als das, was sie sowieso schon kennen. Andererseits machen typische Pflanzen und topografische Gegebenheiten einer Region auch ihren besonderen Reiz aus. Ich glaube, wir werden all diesen Aspekten sehr gut gerecht. Um ein paar Beispiele herauszugreifen: das Schaufenster der Region zeigt auf seinen landwirtschaftlichen Nutzflächen verschiedene Kulturpflanzen. Im Naturgarten wird gezeigt, wie ein Natur-Hausgarten mit heimischen Pflanzen und Wiesenmischungen und Habitaten für Tiere aussehen kann.

Auch der Weinbau wird thematisiert. Baden-Württemberg ist als Weinland bekannt für Sorten wie Riesling, Trollinger oder Lemberger. In Heilbronn und Umgebung gibt es zahlreiche Winzerbetriebe. Neben traditionellen Sorten werden im Hinblick auf klimatische Veränderungen zunehmend auch Sauvignon, Cabernet oder Merlot angebaut. Im Weinbeitrag auf der BUGA erfahren die Besucher Wissenswertes über Anbau und Pflege im Weinbau. Typisch für die Gegend sind außerdem die zahlreichen Streuobstwiesen. Für sie steht der Obst- und Ziergarten im Inzwischenland mit sehr alten Sorten wie dem Frankenbacher Dauerapfel, von dem es nur noch wenige Exemplare gibt, oder dem Brettacher, beides Sorten mit Herkunftsnamen von hiesigen Ortschaften. Die Anzahl der Bäume im Obstgarten repräsentiert übrigens die Zahl der Landkreise in Baden-Württemberg.

Auch die Rosenzucht ist in der Gegend verwurzelt. Allerdings werden die Rosen in einer für Baden Württemberg eher untypischen Umgebung gezeigt, nämlich einer Dünenlandschaft mit Sand und Gräsern. Regionalität drückt sich aber nicht nur über die Pflanzen, sondern auch über Elemente wie dem Salzgarten mit seinem großen Salzblock aus, der an die Salzvorkommen unter dem Gelände erinnert, und natürlich über die gastronomischen Angebote, die die Besucher sowohl auf dem Gelände als auch in der nahen Innenstadt von Heilbronn genießen können.

Wie ist das Verhältnis von Daueranlagen zu temporären Anlagen auf dem Gelände?

Wir sind in der glücklichen Lage, ein Gelände entwickeln zu können, das in etwa zu einem Drittel aus Wasser, einem Drittel Daueranlagen und einem Drittel temporärer Anlagen besteht. Die Entwicklung in diesem städtebaulichen Projekt ist dabei sehr transparent. Die temporären Bereiche des Inzwischenlandes und der Sommerinsel werden nach der Bundesgartenschau weiter aufgesiedelt, während die neu geschaffenen Seen, Neckaruferpark, Holzsteg, Hafen- und Campuspark den Menschen dauerhaft als grünes Naherholungsgebiet zur Verfügung stehen. Auch die verschiedenen neuen Sportanlagen und Spielplätze auf dem Gelände sind dauerhafte Anlagen und Teil der ausgezeichneten Infrastruktur im Stadtquartier. Mit dem Hafenpark steht im Anschluss an die BUGA ein direkter Fußund Radweg von und nach Heilbronn zur Verfügung.

Im Stadtquartier Neckarbogen sollen einmal etwa 3500 Menschen wohnen.

Angesichts der Fläche von 40 Hektar erscheint diese Zahl relativhoch. Ganz abgesehen davon, dass die zunehmende Zersiedelung von Flächen eine Belastung für Mensch und Natur ist, geht der Trend zweifellos weiter hin zum Wohnen in der Stadt. Dort kann trotz Nachverdichtung der wachsenden Nachfrage nach Wohnraum nicht immer entsprochen werden. Im Neckarbogen wird diesem Umstand
durch eine kompakte Bauweise Rechnung getragen. Gleichzeitig wird versucht, die günstige Nähe zur Innenstadt zu nutzen und auch in Sachen Mobilität neue Wege zu gehen. Damit steht nicht mehr der Individualverkehr im Vordergrund, sondern die Menschen, die hier wohnen. Eine Größenordnung
von 3500 Menschen ist Voraussetzung für ein autarkes Stadtquartier, in dem es sich lohnt, Einzelhandel und kleinere Gewerbe anzusiedeln. So soll im Neckarbogen ein lebendiges Quartier entstehen, und wir wollen mit der Ausstellung der Frage nachgehen, wie wir in der Zukunft leben
wollen.

Herr Faas, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

M. A. Sibylle Eßer
Autorin

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH (DBG)

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