Engagement fördern und Attraktivität steigern
Essbare Stadt Trier
von: Christine SchonschekNicht nur die Nutzpflanzen selber brauchen Zeit, um gut gedeihen zu können, das gleiche gilt auch für ein Projekt wie eine Essbare Stadt. "Erfolgversprechend ist es, wenn diese Idee von unten - also aus dem Wunsch der Bürgerschaft - heraus erwächst und nicht von oben herab den Menschen übergestülpt wird", sagt Heike Boomgaarden, die Initiatorin der vielfach ausgezeichneten Stadt Andernach. Das war in Trier der Fall, da der Vorschlag "Public Gardening/Urban Gardening", welcher im Bürgerhaushalt aufkam, von einem interessierten Bürger eingebracht wurde. "Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass sich die Verantwortlichen aus dem Grünflächenamt ebenfalls mit so einem Projekt identifizieren können.
Auch das war bei uns in Trier der Fall", so Charlotte Kleinwächter, Geschäftsführerin der Lokalen Agenda 21 Trier e. V. über die gute Zusammenarbeit. Und dann braucht es natürlich noch eine Gruppe engagierter und naturbegeisterter Menschen, die ein solches Projekt auf den Weg bringen und vorantreiben. Auf den Vorschlag aus der Bürgerschaft heraus wurde 2013 zu einer Exkursion in die, bereits mit vielen Preisen ausgezeichnete, "Essbare Stadt Andernach" eingeladen. Danach gründete sich dann die AG Urbanes Gärtnern. Sie hat 2014 den Aktionsplan "Essbare Stadt" entworfen. Es soll die Bürgerinnen und Bürger stärker bei der Gestaltung und Nutzung öffentlicher Grünflächen einbeziehen. Umgesetzt wurden daraus bereits die Schritte "Essbares Rathausumfeld" und "Mobile Hochbeete".
SUG-Stellenmarkt
Zu den Mitgliedern der AG zählen unter anderem die Transition Trier, der BUND, das Trier Forum, die Bürgerservice GmbH, der Verein Lokale Agenda 21 Trier sowie verschiedene Stadtteil-Gartengruppen, einzelne Stadtratsmitglieder und Vertreter städtischer Ämter, wie beispielsweise das Grünflächenamt. Zur aktuellen Situation hieß es damals in dem Aktionsplan, dass vor allem an touristisch stark frequentierten Bereichen Blumenrabatten das öffentliche Grün prägen. Doch es fehle das "Mitmachgrün", also gartenähnliche Flächen, die dazu einladen sich aktiv mit dort Gepflanztem zu befassen. Dass so etwas durchaus gut ankommt, zeigte sich bereits in der Umgestaltung des Trierer Rathausumfeldes. Damit wurden bereits erste Ansätze in diese Richtung gemacht - mit sehr positiven Reaktionen seitens der Rathausbesucher und auch der Mitarbeiter. Denn direkt neben dem Haupteingang zum Rathaus am Augustinerhof wurde eine Fläche in einen "Küchengarten" verwandelt. Dort wachsen etwa Erdbeeren, Johannisbeeren, Weinbergspfirsiche oder Quitten und warten darauf, geerntet zu werden, was ausdrücklich erwünscht ist.
Um das Ziel einer Essbaren Stadt zu verfolgen wurden in Trier auf städtischen Flächen Hochbeete aufgestellt, in denen "essbares Grün" in Form von Kräutern, Obst und Gemüse angebaut wird. So soll sich Trier schrittweise zu einer "Essbaren Stadt" entwickeln. Gefördert wird das Projekt "Mobile Hochbeete für die Essbare Stadt Trier" von der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz aus Mitteln der Lotterie Bingo.
"Hochbeet sucht Pate", so lautet die Aufforderung an alle Garten- und Naturliebhaber in Trier, sich um einen der mobilen Naschgärten zu kümmern. Möglich ist das über zwei verschiedene Wege. Einmal als Sponsor, der auf einem am Hochbeet befestigtem Schild genannt wird. In einem Ein- oder Zweijahres-Beitrag sind folgende Leistungen enthalten: Die Bereitstellung, Aufstellung, Abholung des 80 x 120 Zentimeter großen Hochbeetes aus Lärchenholz, die Befüllung mit Erde, die Bepflanzung, die wöchentliche Kontrolle durch den Bürgerservice sowie die Einlagerung über den Winter. Die andere Form ist eine Pflege-Patenschaft. Der Hochbeet-Pate gestaltet, gießt und hält sein Hochbeet wildkrautfrei. Zum Erfahrungsaustausch finden unter den Hochbeet-Paten Treffen statt. "Um die Idee der Essbaren Stadt Trier Passanten und Touristen gleichermaßen zugänglich zu machen und auch Rückmeldungen dazu zu bekommen, haben wir mitten in der Stadt Schau-Hochbeete aufgestellt und mit Infomaterial bestückt", erklärt Charlotte Kleinwächter und betont, dass damit zum Beispiel der sonst so farblose Viehmarkt aufgewertet wird.
Die Hochbeet-Parade in Trier wächst kontinuierlich. Ende April wurden die ersten sechs von insgesamt 14 Hochbeeten aufgestellt. Die Standorte der Hochbeet-Parade sind aktuell: vor dem Rathaus Küchengarten, auf dem Viehmarkt, vor der Tuchfabrik, vor der Martinskirche (Maarviertel), vor dem Unverpackt-Laden in der Paulinstraße, in einem Schulgarten (Friedrich-Spee-Gymnasium), an der Uni und im Karl-Marx-Viertel.
Neben den Hochbeeten kann die Aufmerksamkeit auf die Essbare Stadt Trier auch noch durch entsprechende Events und Veranstaltungen gelenkt werden. Städtisches Gemüse zum Einsatz und damit in den Fokus gerät etwa bei der Schnippel-Disko, einer kulinarischen Protest-Party gegen Lebensmittelverschwendung. Diese fand am 24. Mai im Rahmen der "Nacht der Nachhaltigkeit" statt. Bei Quer Beet-Musik konnten die Teilnehmer im Koch-Bus der Kampagne "Rheinland-Pfalz isst besser!" gemeinsam geerntetes Gemüse schnippeln und zubereiten. Das stärkt sowohl das Zusammengehörigkeitsgefühl als auch das Verantwortungsbewusstsein gegenüber den öffentlichen Nutzgärten. An weiteren Ideen fehlt es der AG Urbanes Gärtnern nicht. Angedacht aber noch nicht umgesetzt sind zum Beispiel monatliche Events, Workshops zu saisonal passenden Themen, wie Baumschnittkurs, essbare Blüten, Einkochen von Marmelade oder Kürbis schnitzen.
Ein weiterer Vorschlag, um den Blick mehr auf die grüne Ausrichtung der Stadt Trier zu lenken, könnten auch Ernte- und Gärtnerbörsen sein. Bei denen es darum geht, Menschen, die einen Garten aber keine Zeit haben, mit denjenigen zusammenzubringen, die gerne gärtnern aber keine Fläche dafür haben.
Gemeinsam haben die Mitglieder am Aktionsplan überlegt, welche Flächen, wie genutzt werden und wie die möglichen Teilnehmer eingebunden werden können. Auch hier ging es sehr kreativ zu. Erwähnenswert ist hier der Theaterpark. Dort wurde und wird aus der ehemaligen Raucherecke ein einladender Garten gestaltet, der Kultur und Natur in besonderer Weise verbindet. "Der Anfang wurde zwar schon mit der Umgestaltung gemacht, aber wir sehen dort noch Potenzial für weitere Veranstaltungen oder Aktionen" erklärt Andrea Gierden von der LA21 Trier. Der Plan, die Moselauen in eine Kürbismeile zu verwandeln, scheiterte, weil die Bereiche belastet sind. "Alternativ kam die Idee auf, dort einen Färbergarten anzulegen. Das passt thematisch auch gut, da die Europäische Kunstakademie ebenfalls an der Mosel angesiedelt ist. Genauere Planungen gibt es diesbezüglich allerdings noch nicht", ergänzt Charlotte Kleinwächter.
Heike Boomgaarden rät den Trierern dazu, ihr Projekt der Essbaren Stadt beim Wettbewerb der UN-Dekade Biologische Vielfalt einzureichen, um es weit über die Stadt- und Landesebene hinaus bekannt zu machen. Denn mit der Auszeichnung wird nicht nur die Qualität unterstrichen, sondern die UN-Dekade unterstützt ausgezeichnete Projekte mit Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit.
Literatur
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