Gartenanlagen in Zentralaustralien
Wüstengärten im Outback
von: Dr. Franziska KirchnerWer in den Wüsten Australiens Kakteen erwartet, wird überrascht sein. Es gibt sie nicht. In der Wüste, die sich über fünf Millionen Quadratkilometer Fläche erstreckt, behaupten sich zart belaubte, nahezu fragil wirkende Bäume und Büsche in der sengenden Hitze, trotzen dem unfruchtbaren Erdreich des fünften Kontinents und warten nicht selten mit einer schieren Blütenpracht auf. Ausgedehnte Trocken- und Hitzeperioden sowie Buschfeuer wechseln ab mit plötzlichen, sintflutartigen Regenfällen und machen die extremen klimatischen Bedingungen aus, unter denen die einheimische Flora überleben muss.1
Auf dem trockensten Kontinent der Welt, der zu mehr als 70 Prozent aus Wüste besteht, sind dennoch blühende Gärten möglich. In Zentralaustralien, wo jährlich maximal dürftige 250 Millimeter Niederschläge fallen, scheinen Wüstengärten eine logische Schlussfolgerung. Aber sind sie das?
Vorgestellt werden exemplarisch botanische Gärten, öffentliche und private Gärten. Bei manchen Gartenanlagen sind die Pflanzen jedoch nicht nur ein künstlerisches Gestaltungsmittel. Vielmehr sollen die Porträts der uns weitgehend unbekannten, da überwiegend nur in Australien endemischen Pflanzen auch Auskunft geben über die über Jahrtausende tradierte Bedeutung für und bis heute anhaltende Verwendung durch die australischen Ureinwohner. Die Aborigines betrieben nie Ackerbau und legten auch keine Gärten an, aber die einheimische Flora ist für sie seit mehr als 68.000 Jahren weit mehr als nur eine Nahrungsquelle, sie ist auch spiritueller Bestandteil ihrer Kultur.
Anetyeke Garden - A good place to sit
Tritt man aus dem Gebäude des Alice Springs Airport, fällt der Blick direkt auf einen Wüstengarten, den Anetyeke Garden. Alice Springs ist für Reisende, die nach Zentralaustralien wollen, oft der Ausgangspunkt. Der 1990 von Richard Aitkins entworfene und später leicht veränderte Garten möchte deshalb ein Bewusstsein schaffen und Interesse wecken für die Ökologie Zentralaustraliens. Auf kleinem Raum bildet die Anlage ausschließlich Pflanzen aus den Habitaten der unmittelbaren Region ab und stellt sie zur Schau. Sie entstammen den MacDonnell Ranges bei Alice Springs, einer der ältesten Gebirgsketten der Welt. Schilder benennen die wichtigsten Pflanzen (Eucalyptus gamophylla, Emusträucher, Rote Schirmpalme, Blaugrüner Salzbusch) und geben sowohl den botanischen als auch den Aboriginal-Namen an. Um das Identifizieren zu erleichtern, befindet sich auf jedem Schild ein Foto der bezeichneten Pflanze.
Mwerre Anetyeke soll Programm sein: ein guter Platz zum Sitzen. Wer allerdings den menschenleeren Garten am Flughafen nutzt, bleibt fraglich. Immerhin ist er ein Land for Wildlife, das heißt, durch seine lokalen Gewächse zieht er einheimische Vögel, darunter den seltenen Rabenkakadu, Reptilien, Euros und Dingos an und bietet ihnen ein Refugium.
Pathdorf
Rund um sein umweltfreundliches und zu hundert Prozent solarbetriebenes Bed & Breakfast Pathdorf außerhalb von Alice Springs hat Uwe Path 2007 eigenhändig einen 6000 Quadratmeter großen Botanischen Garten angelegt, der ein rein privater, nicht kommerzieller Garten ist und ausschließlich dem Besitzer und seinen Hotelgästen Freude bereitet. Path geht äußerst sorgsam mit der kostbaren Ressource Wasser um und bewässert das weitläufige Grundstück, so weit es geht, mit recyceltem Wasser. Der aus eigener Tasche finanzierte Garten besteht aus zwei Teilen und wird ständig erweitert: Ein Abschnitt mischt australische Pflanzen mit exotischen wie Granatapfel- und Orangenbäumen, Pfefferbäumen sowie einem mit Früchten übersäten Feigenbaum. Nachdem der gebürtige Sachsen-Anhaltiner das aus Südafrika eingeführte, wuchernde und alles verdrängende Büffelgras eigenhändig in einem Zeitraum von anderthalb Jahren entfernen konnte, gedeihen in dem zweiten Teil des Gartens ausschließlich lokale Wüstenpflanzen, die auch in den nahe gelegenen MacDonnell Ranges wachsen. Am augenfälligsten sind der ubiquitäre Flusseukalyptus, der Korkholzbaum und der Kurrajong mit seinen dekorativen Früchten.
Flusseukalyptus (Eukalyptus camaldulensis)
Australien wird von zwei Baumarten dominiert: Akazien und Eukalypten. Der Fluss-eukalyptus ist die häufigste der 700 Eukalyptusarten in Australien. Er ist typisch für die Landschaft der MacDonnell Ranges und dort vor allem an ausgetrockneten Flussläufen anzutreffen. Die mächtigen und mit bis zu 45 Metern höchsten Bäume der Wüste bilden sowohl ein bis zu neun Meter tiefes als auch ein horizontal wachsendes Wurzelwerk aus, um den Baum bei reißenden Überflutungen zu stabilisieren. Denn wo Flusseukalypten sind, ist Wasser, auch wenn es die meiste Zeit nicht sichtbar ist.
Korkholzbaum
Auch die Hakea ist im Pathdorf vertreten. Sie kann sich durch ihre dicke korkartige und tiefgefurchte Rinde vor Buschfeuern schützen. Die schmalen flügelartigen Samen sind fest verschlossen in einer ovalen Holzfrucht und sind roh essbar.
Der Nektar wird aus den Blüten direkt gesogen oder mit Wasser gemischt zu einem süßen Getränk verarbeitet. Die verbrannte Rinde kann, gemahlen und mit Sand beziehungsweise Fett vermischt, zur Heilung von offenen und Brandwunden sowie bei Verletzungen, insbesondere an Lippen und Mund, angewandt werden.3
Kurrajong (Brachychiton gregorii, in der Sprache der Ureinwohner Ngalta)
Der dichtbelaubte Baum ist aufgrund seiner intensiv grünen Krone ein sehr auffälliger Baum im Pathdorf und im Outback. Seine Blätter sehen aus wie die dreigliedrigen Fußspuren eines Emus. Er wirkt gut gewässert, kann Trockenheit und Feuer tolerieren, da er Wasser in seinen geschwollenen Wurzeln speichert. Die gelben behaarten Samen in ihren fünf Zentimeter langen, bootförmigen Samenkapseln sind mit 18 Prozent Protein, 25 Prozent Fett und hohen Anteilen Zink und Magnesium überaus nahrhaft. Nach Entfernung der Behaarung können die Samen roh oder geröstet gegessen werden.
Path hat ein wenig Unterstützung von der Organisation Land for Wildlife bekommen. Naturwissenschaftler bei Land for Wildlife bieten unentgeltlich ein Assessment der Grundstücke an und beraten kostenlos private sowie öffentliche Grundstücksbesitzer in Australien und Neuseeland beim Schaffen, Schützen und Regenerieren von Habitaten für die Tier- und Pflanzenwelt. Das zeigt auch seine Wirkung im Pathdorf. Die dort kontinuierlich wachsende Pflanzenvielfalt lockt immer mehr einheimische Vögel und andere Tiere an. Bislang sind schon mehr als neunzig Vogelarten auf dem Grundstück gesichtet worden. Für dieses Verdienst ist Uwe Path mit der am Eingang des Hotels gut sichtbaren Plakette Land for Wildlife ausgezeichnet worden. Geplant sind verschiedene Feuchtgebiete, um noch mehr Tiere anzulocken, und eine Wasserwiederaufbereitungsanlage.4
Alice Springs Desert Park - ein Botanischer Garten der Wüste
Der 1997 gegründete Alice Springs Desert Park ist ein botanischer Wüstengarten, der ausschließlich einheimische Wüstenpflanzen darbietet. Gezeigt werden drei Wüstenhabitate: Waldgebiete, Sanddünen und das Gebiet der Wüstenflüsse. Teilweise wird die dazugehörige Fauna gezeigt, überwiegend Vögel in großzügigen Volieren. Im dargestellten Waldgebiet bevölkern auch Kängurus und Emus den Park.
Ziel des Botanischen Gartens ist es, die Besucher in die Wüstenregion Zentralaus-traliens einzuführen und nicht nur ein Verständnis zu wecken, sondern vor allem eine Wertschätzung für die aride Wüstenlandschaft zu erzeugen. Der riesige, sich über 1300 Hektar erstreckende Alice Springs Desert Park schließt einen Teil der Gebirgskette Macdonell Ranges ein. Damit geht der Garten unmerklich in die Natur über. Der edukative Teil umfasst 52 Hektar und hat sich dem Erforschen und Bewahren der lokalen Flora und Fauna verschrieben. Ferner sollen ethnobotanische Themen einem interessierten Publikum nahegebracht werden. In diesem Zusammenhang ist die Aboriginal Tour überaus empfehlenswert. Die Führerin Allison Furber, eine Ureinwohnerin, demonstriert nicht nur die üblichen nährenden und medizinischen Eigenschaften der lokalen Wüstenpflanzen, sondern betont, dass die Flora und Fauna für die Aborigines, die sich als guardians of the earth verstehen, viel mehr als nur eine Nahrungsquelle sind. Ihre Bedeutung reicht bis in die spirituelle Welt. Pflanzen besitzen mythologisch-entstehungsgeschichtliche Relevanz. Die Aboriginalführerin verdeutlicht, - und das ist ihr spürbar wichtig - wie eng die australische Flora mit der spirituellen Welt des Dreaming verknüpft ist. Sie hebt hervor, dass nicht nur jedes Tier, sondern auch jede Pflanze über eine eigene Geschichte in der Traumzeit verfügt. Pflanzen können als Totem einen ganzen Volksstamm verkörpern. Darüber hinaus sind sie auch Teil der Gesetzgebung. Im einst nomadischen Leben der Aborigines bewegte man sich innerhalb der eigenen Stammesgrenzen und respektierte die Grenze zum Nachbarstamm. Ein Baum konnte solch eine Grenze darstellen. Eine Übertretung dieser natürlichen Demarkationen konnte zu Konflikten führen.
Allison Furber unterstreicht ferner, dass noch heute hauptsächlich die Frauen bei den Ureinwohnern für die Pflanzenwelt zuständig sind, für das Sammeln wie für das Gedeihen und Wohlergehen der Flora. Großmütter haben das höchste Gesetz inne und sind diejenigen, die um die oft geheimen mythologischen Geschichten der Pflanzen wissen. Die mündliche Überlieferung dieser Geschichten unterliegt strengen Regeln. Nur wenige Familienmitglieder sind befugt, die Mythologien zu erfahren. Auch dürfen sie dieses spirituelle Wissen nur begrenzt weitergeben. Sie stellen es entsprechend verschlüsselt in ihrer Malerei dar und halten es auch auf diese Weise lebendig.
Desert Gardens in Yulara
Von Alice Springs geht es in Richtung Südwesten weiter zum 468 Kilometer entfernten Uluru, die heute gebräuchliche Bezeichnung des Ayers Rock. 1987 erklärte die UNESCO das Areal Uluru-Kata Tjuta zum Erbe der Menschheit. Damit wurde nicht nur die außergewöhnliche Naturschönheit, sondern besonders die kulturelle sowie spirituelle Verbindung und Bedeutung gewürdigt, die diese geologische Formation für die Ureinwohner besitzt.
Obwohl eine halbe Million Touristen jährlich den ikonischen Monolithen besuchen, gibt es am Uluru keine Stadt. Achtzehn Kilometer entfernt findet sich lediglich ein Resort mit dem Namen Yulara. Die von dem australischen Architekten Philip Cox entworfene und 1984 eröffnete Hotelanlage bietet Unterkünfte in fünf Kategorien an und kann 4000 Gäste beherbergen. Die Bepflanzung der gesamten Hotelanlage ist mit einheimischen Wüstenpflanzen realisiert worden. Neben ästhetischen Gründen waren hierfür auch ökologische Gründe ausschlaggebend: Das unfruchtbare Erdreich sowie vor allem der Wassermangel in der Wüste erforderte die Verwendung lokaler Pflanzen, die den harschen Bedingungen der Wüste gewachsen sind.
Zwei Hotels haben einen eigenen Wüstengarten, die von dem australischen Landschaftsarchitekten Mike Ewing gestaltet wurden. Im Nationalpark Uluru-Kata Tjuta wachsen über 400 Pflanzenarten. Einige davon werden in den zwei Hotelgärten beispielhaft vorgestellt. Mit der im Desert Garden Hotel ausgehändigten Broschüre kann der Gast die Pflanzen bestimmen, deren Namen auch in der Sprache der am Uluru ansässigen Ureinwohner angegeben sind. Informativer sind allerdings die kostenfreien Führungen in der Hochsaison, die Leroy Lester durchführt, der auch für die Broschüre verantwortlich zeichnet. Auch hier steht die Gartentour durch einen Aboriginal wieder ganz im Sinne der Kulturvermittlung, das heißt, die Gärten besitzen neben ihrer unbestrittenen Ästhetik auch ein edukatives Moment und wollen über die Bedeutung informieren, die Pflanzen seit Jahrtausenden für die Aborigines besitzen.
Gleich am Eingang zum Desert Garden Hotel wächst eine Wüstenfeige (Ficus Platypoda). Leroy Lester verköstigt die vitaminreiche und Spurenelemente enthaltende Feige direkt vom Baum und erläutert die Befruchtung. Eine winzige Wespe klettert durch ein Loch in die Feige hinein und bestäubt die in der Frucht eingeschlossene Blüte. Die zunächst gelbe, dann dunkelrote ein bis eineinhalb Zentimeter große Frucht reift sofort nach heftigen Regenfällen, also vollkommen jahreszeitenunabhängig und wird von den Aborigines roh oder als Paste verarbeitet gegessen. Auch hier wird die spirituelle Bedeutung der Pflanze deutlich. Für manche Stämme der Ureinwohner war die Wüstenfeige ein heiliger Baum, ein Totem. Wer dem Baum Schaden zufügte, musste mit einer Strafe, schlimmstenfalls mit dem Tod rechnen.5
Mulga - Australiens häufigste Baumart
Vorbei an der Wüstenfeige über die Buschpflaume geht es weiter zur Mulga (Acacia aneura beziehungsweise Wanari in Anangu). Neben den Eukalypten erfährt die Mulga mit ihren 800 Arten die größte Verbreitung und bedeckt fast ein Viertel des australischen Kontinents. Trotz ihrer weiten Verbreitung ist die Akazienart zuweilen schwer zu identifizieren, da es sie sowohl in Form eines Baums als auch eines Buschesn gibt. Zudem besitzt sie ganz unterschiedlich geformte Blätter. An trockenen Standorten wie am Uluru trägt die Mulga graugrüne Phyllodien, zu Nadeln reduzierte Blätter, die den Feuchtigkeitsverlust verringern und die Fotosynthese übernehmen.
Der Mulgabusch ist ein Kosmos für sich. Er sieht aus wie ein vom Wind umgestülpter Regenschirm und wird somit zu seinem eigenen Wasserauffangbecken. Die Äste ragen ebenso gen Himmel wie die aufgerichteten langen, nadelartigen Phyllodien. Das Regenwasser wird so effizient an den Phyllodien herab direkt zum Stamm und zu den Wurzeln geleitet. Aber auch Insekten tragen zur Nahrung des Busches bei. Honigameisen ernten den nährstoffreichen Nektar, der sich in den Drüsen der Phyllodien bildet, vergraben sich dann in ihren unterirdischen Nestern unter dem Busch, würgen den Nektar wieder hervor und versorgen so die Erde mit Nährstoffen, die der Busch wiederum mit seinen Wurzeln aufnehmen kann.
Wüstenkasuarine
Im hinteren Teil des Gartens am Desert Garden Hotel wächst eine Wüstenkasuarine (Allocasuarina decaisneana), die ebenfalls ein sehr häufiger, bis zu zehn Meter hoher Baum in der Sandebene am Uluru ist und ausschließlich in Zentralaustralien vorkommt. Europäische Siedler fühlten sich beim Anblick der Rinde an eine Eiche erinnert und gaben ihr deshalb den Namen Desert Oak, also Wüsteneiche. Dabei ist der Baum biologisch nicht mit einer Eiche verwandt, sondern gehört zur Familie der Kasuarinen. Das Aussehen des Baums verändert sich im Laufe der Jahre erheblich. Die junge Kasuarine besteht aus einem Stamm, von dem sehr dünne Zweige abgehen, die sich unter dem Gewicht ihrer Phyllodien absenken. Der Baum besitzt Pfahlwurzeln, die etwa 30 Jahre lang bis zu 40 Metern in die Tiefe wachsen, um dort unterirdische Wasserquellen zu erschließen. Erst wenn Wasser gefunden wurde, fängt der zarte Baum an, eine Krone auszubilden und verändert somit seine Erscheinung grundlegend. Für die Ureinwohner sind die Früchte interessant, denn sie enthalten eine zuckerhaltige Lösung, die ein beliebtes Getränk ergibt. Ähnlich wie die Mulga vermag die zähe Wüstenkasuarine im trockensten und heißesten Habitat Zentralaustraliens zu gedeihen. Die Rinde ist so hart, dass sie in der Lage ist, lodernde Buschfeuer zu überleben. Während einer Trockenperiode wird der Baum inaktiv, unmittelbar nach Regenfällen beginnen die vom Wind verstreuten Flügelsamen jedoch sofort zu sprießen. Die Kurkara, wie die Wüstenkasuarine in der Sprache der Aborigines heißt, im Garten des Desert Garden Hotel ist bereits 150 Jahre alt, und bei genauerem Hinsehen lassen sich "Enkel" erkennen, die sich in der unmittelbaren Umgebung ausgesät haben und nun um den alten, langlebigen Baum scharen.
Blutharzeukalyptus
Auch der Blutharzeukalyptus (Corymbia opaca) ist im Garten des Desert Garden Hotel vertreten. Der 1859 von dem deutschen Botaniker Ferdinand von Mueller erstmalig beschriebene Baum produziert einen roten Saft, der ihm den Trivialnamen Bloodwood, Blutbaum, einbrachte. Der zunächst flüssige Saft verhärtet sich zu Harz und wird bei den Ureinwohnern als antiseptisch wirkende und wundheilende Medizin verwendet. Ähnlich wie bei der Mulga bilden sich beim Blutharzeukalyptus auch Insektengallen, die im Volksmund wegen ihres Geschmacks Bush Coconut genannt werden. Am Uluru ist er der am meisten verbreitete Eukalyptusbaum. In lichten Wäldern wächst er dort dicht am Berg und kann so das vom Felsen ablaufende Regenwasser nutzen. Er speichert das Wasser, was bei australischen, im Gegensatz zu amerikanischen Wüstenpflanzen selten ist. In extremen Trockenperioden legen die Ureinwohner die Wurzeln frei, "wringen" sie aus und sammeln das so gewonnene Wasser.
Flammen-Grevillea
Populär in australischen Gärten ist die Flammen-Grevillea (Grevillea eriostachya) mit ihren ungewöhnlichen gelben Blüten so auch im Garten des Desert Garden Hotel. Nach Regenfällen öffnen sich die Blüten, die reichlich mit Nektar gefüllt sind und somit zahlreiche Insekten und Honigesservögel anziehen. Der Nektar der Kaliny-Kalinypa, wie der Busch bei den Ureinwohnern heißt, wird auch gern von den Kindern der Aborigines direkt von der Blüte gesogen oder als Getränk genossen.
Auch im Garten des Nobelhotels Sails in the Desert sind die oben erwähnten Pflanzen anzutreffen, jedoch mehr in Kombination mit Pflanzen aus anderen Regionen Australiens und anderen Ländern. Dazu gehören der Geistereukalyptus, der Zitroneneukalyptus sowie der Eukalyptus Coolabah, alles Bäume, die zu durstig für die Wüste sind, der Teebaum, der an den Küsten Australiens beheimatet ist sowie der südamerikanische Pfefferbaum. Diese Kombination aus lokalen Wüstenpflanzen mit exotischer Flora ist ein wachsender Trend, der in den letzten Jahren zu beobachten ist und nachdrücklich propagiert wird.6 Wurde in den 1970er Jahren zumindest von einigen Gärtnern die Verwendung einheimischer Pflanzen entdeckt, so wird heutzutage die Verbindung von nativer und ortsfremder Flora vehement beworben. Eine Ästhetik, die problematisch ist in einem wasserarmen Land.7 Australische Gärtner fühlen sich zuweilen noch sehr dem britischen und damit wasserintensiven Gartenideal verpflichtet. Das englische Klima ist kühl, feucht und mild und damit das Gegenteil vom heißen und extrem trockenen zentralaustralischen Wüstenklima. Englische Gärten mit Rosen und Stockrosen anzulegen, erscheint beinahe ironisch unter den australischen Klimabedingungen. Von den 20.000 Pflanzenarten, die auf dem trockensten Kontinent wachsen, sind 80 Prozent endemisch, das heißt, sie kommen an keinem anderen Ort der Welt vor. Bedauerlich, dass die prächtigen und robusten nativen Pflanzen, die in unwirtlichsten Gebieten gedeihen können, sich nicht größerer Beliebtheit in der Gartengestaltung des ariden Australien erfreuen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und sicherlich nicht botanischer Natur. Zum einen leben die meisten Australier in Städten und besitzen geringe Kenntnisse ihrer eigenen Pflanzenwelt. Auch hat die Geringschätzung der Natur, der Landschaft sowie der Ureinwohner in Australien Tradition. Im 19. Jahrhundert führten die Europäer zum eigenen Jagdvergnügen Füchse und Hasen, die Araber Kamele nach Australien ein, die die australische Natur bis heute zerstören. Zwischen 1953 und 1963 führten die Briten in der Maralinga-Nullarbor-Wüste im Staat South Australia zahlreiche überirdische Atomtests in Gebieten durch, in denen ausschließlich Ureinwohner lebten und an den Folgen des Fallouts starben.8
Der Bergbau ist eine wesentliche Einnahmequelle. Die unzähligen Minen greifen destruktiv in die Landschaft ein, vernichten sie und verursachen das Aussterben zahlreicher Tierarten. Die jetzige Regierung befürwortet die Abholzung Tasmaniens und engagiert sich dafür, den gerade hart erkämpften Weltnaturerbestatus der Tarkine Wilderness mit ihren seltenen, uralten Bäumen aberkennen zu lassen.9 Aus ökonomischen Gründen wird ein Kohlehafen nahe des Great Barrier Reefs ausgehoben und bedroht mit dem zu verklappenden Aushub das Weltnaturerbe mit den bereits jetzt halbierten Korallenriffen existentiell.10 Gerade ist beschlossen worden, die vor zwei Jahren eingeführte CO-Steuer wieder abzuschaffen.11
Die Situation der Wüstengärten ist also ein Spiegel der mangelnden Wertschätzung und des fehlenden Naturschutzes Australiens. Es stellt sich die Frage, ob es die wenigen Wüstengärten ohne den Tourismus überhaupt gäbe. Dies ist umso bedauerlicher, weil die Schönheit der australischen Natur einzigartig ist. Wünschenswert wäre folglich ein fundamentales Umdenken, das endlich in eine Wertschätzung der eigenen Natur mündet. Das Ressourcen schonende Anlegen von Wüstengärten könnte ein Schritt in diese Richtung sein.
Anmerkungen
1 Lohnenswerte Publikationen über Flora, Fauna, Geologie und Naturgeschichte Zentralaustraliens insbesondere Kerle, Jean Anne: Uluru, Kata Tjuta & Watarrka, Ayers Rock/The Olgas & Kings Canyon Northern Territory, University of New South Wales Press, Sydney 2005, aber auch Brigitte Fugger / Wolfgang Bittmann: Reiseführer Natur - Australien, München 1990. Ferner Penny van Oosterzee: A Field Guide to Central Australia. A Natural History Companion for the Traveller, Marleston 2009. Tim Low: Wild Food Plants of Australia, Sydney 1988, hier aus der Ausgabe von 1991 zitiert Rebecca Duncum: Plant Walk Guide for Ranger Guided Walks, Uluru-Kata Tjuta National Park.Außerdem Allan Fox / Steve Parish: Wild Habitats. A Natural History of Australian Ecosystems, Sydney 2007. Rein wissenschaftlich und auf die Pflanzenwelt beschränkt: Noel C.W. Beadle: The Vegetation of Australia, Stuttgart / New York 1981.
2 Mein ganz herzlicher Dank gilt Dr. Alexander Dorn für seine Fotos und die anregenden Gespräche und wichtigen Hinweise. Ich danke Uwe Schwersky ganz herzlich für sein Korrekturlesen.Darüber hinaus bin ich Allison Furber und Leroy Lester sehr zu Dank verpflichtet, was die Informationen über die spirituelle, medizinische und kulinarische Bedeutung der einheimischen Pflanzenwelt betrifft. Beide haben mir großzügig ihr profundes Wissen auch nach den öffentlichen Führungen zur Verfügung gestellt. Allison Furber wird für eine 30-minütige Führung bezahlt und weitet diese zu einer vollen Stunde aus. Wir sind ihr äußerst dankbar, dass sie sich anschließend noch die Zeit für ein langes und sehr informatives Gespräch mit uns nahm.
3 Anne Kerle: Uluru, Kata Tjuta & Watarrka, Ayers Rock / The Olgas & Kings Canyon Northern Territory, University of New South Wales Press, Sydney 2005, S. 94.
4 Mehr Informationen dazu und für Spendenmöglichkeiten siehe www.pathdorf.com.
5 Tim Low: Wild Food Plants of Australia, Sydney 1991, S. 175.
6 Vgl. Paul Urquhart: The New Native Garden. Designing with Australian Plants, Sydney 2002, S. 7, 10-13. Dem Anlegen eines Wüstengartens ist lediglich eine Seite Text gewidmet, S. 80.
7 Selbst die führende Landschaftsarchitektin Marion Blackwell, die sich früh für die Verwendung von Wüstenpflanzen einsetzte und angemessene Pflanzungsweisen in ariden Regionen propagierte, kombiniert nun in ihren Gestaltungen native mit ortsfremden Pflanzen, vgl. Anne Latreille: Garden Voices. Australian Designers - Their Stories, Melbourne 2013, S. 3-13.
8 Spiegel 24/184 vom 11. Juni 1984: "Schwarze Wolke. Die Briten hielten Atomtests 1953 in der australischen Maralinga-Wüste geheim. Ahnungslose Ureinwohner starben an Fallout-Folgen." www.spiegel.de/spiegel/print/d-13510828.html (zuletzt 9.10.2014).
9 Die Wilderness Society engagiert sich gegen die Abholzung und informiert regelmäßig über den gegenwärtigen Stand: www.wilderness.org.au/
10 Beitrag des WWF vom 14. Mai 2014: "Megaprojekt zur Kohleförderung bedroht Weltnaturerbe Great Barrier Reef". www.wwf.de/2014/mai/megaprojekt-zur-kohlefoerderung-bedroht-weltnaturerbe-great-barrier-reef/ (zuletzt am 10.10.2014).
11 Klimaschutz: Australien kippt CO2-Steuer: www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimaschutz-australien-schafft-klimagesetz-co2-steuer-ab-a-981521.html