Frankfurter Leitfaden: Klimaangepasste Gestaltung von Stadtplätzen
Grün statt grau
von: Dipl.-Ing. Heike AppelDie Antwort: unter anderem mit Hilfe der vorhandenen (und künftigen) Stadtplätze. Sie bieten dazu eine große Chance.
Da der überwiegende Teil der Stadt von morgen jedoch bereits heute gebaut ist, müssen die vorhandenen innerstädtischen Plätze klimagerecht umgestaltet werden. Und bei der Entwicklung neuer städtischer Strukturen müssen die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel von Anfang an konsequent mitgedacht und umgesetzt werden, um den kostbaren Freiraum in der Stadt möglichst optimal zu nutzen. Denn bei der Entwicklung neuer Quartiere oder der Veränderung bereits vorhandener städtebaulicher Strukturen können wir über die Baudichte, die Gebäudehöhen und den geplanten Grünanteil ganz gezielt Einfluss nehmen auf die Luftzirkulation, den Windkomfort und die Steuerung des Mikroklimas.
Für diese Um- und Neugestaltung von Stadtplätzen haben – initiiert vom Grünflächenamt Frankfurt am Main – das Stadtplanungsamt, das Umweltamt, das Amt für Straßenbau und Erschließung sowie die Stadtentwässerung in einem zweijährigen Prozess ein Basiswerk erarbeitet. Mit seinen drei Leitzielen
- Plätze sind gut für die Menschen.
- Plätze sind gut für das Stadtklima und die Ökologie.
- Plätze haben einen spürbaren Mehrwert in der dicht bebauten Stadt.
dient dieses gemeinsam verantwortete Konzept als Richtschnur für die ämterübergreifende Zusammenarbeit der kommenden Jahre. Von der Stadtverordnetenversammlung 2023 beschlossen, ist der "Leitfaden zur klimaangepassten Umgestaltung von Stadtplätzen" damit die verbindliche Basis für das weitere Handeln.
Der Prozess zur Erstellung des Leitfadens begann mit der Frage an alle Teilnehmenden: "Welcher ist ihr Lieblingsplatz in Frankfurt? Und warum?" Das Ergebnis – zusammengefasst aus allen Antworten: "Im besten Sinne ist ein Platz ein lebendiger Ort, wo sich Menschen gerne aufhalten und auch länger sitzenbleiben wollen."
SUG-Stellenmarkt
Maßnahmen für eine klimagerechte Gestaltung
Mit welchen Maßnahmen für eine klimagerechte Gestaltung das gelingen kann und was davon überhaupt möglich ist, ist für jeden einzelnen Platz sehr spezifisch und muss von Fall zu Fall abgewogen werden. Grundsätzlich gilt jedoch für alle Maßnahmen – ob Neuplanung oder Umgestaltung – dass diese
- . . . sozial sind. Das heißt, die Bedarfe und Wünsche der Nutzerinnen und Nutzer werden berücksichtigt, Plätze erfüllen mehrere Funktionen gleichzeitig und sind für verschiedene Zielgruppen attraktiv.
- . . . ökologisch sind. Das heißt, die Gestaltung steigert die Biodiversität, erhöht die Wasserspeicherkapazität, vermeidet die Regenwasserableitung, verbessert das Mikroklima.
- . . . ökonomisch sind. Das heißt, die Gestaltung ist bei der Anschaffung wie dem laufenden Unterhalt wirtschaftlich, etwa durch die Wiederverwendung und Langlebigkeit des Materials und die Standardisierung der Ausstattung. Außerdem ermöglicht die Gestaltung eine Regenwasserbewirtschaftung, die Überflutungsschäden vermeidet und die Abwasserableitung und -reinigung entlastet.
- . . . gesund sind. Das heißt, die Gestaltung bietet den Menschen, die die Plätze nutzen, frische Luft, Schattenplätze und Verdunstungskühle an heißen Sommertagen und Sonnenplätze in der kühleren Jahreszeit.
Fünf Stellschrauben
Und was bedeutet das konkret? Dazu werden im Leitfaden fünf Stellschrauben mit den dazugehörigen möglichen Maßnahmen beschrieben:
- Städtebauliche Struktur
- Flurwindzirkulation und Kaltluftzufuhr unterstützen
- Mikroklima mit mehr Vegetation verbessern
- Oberflächen und Materialien
- Flächen entsiegeln und für Wasserdurchlässigkeit sorgen
- Verdunstung fördern
- Wurzelräume vergrößern
- Oberflächentemperatur durch Materialienwahl und -farbe senken
- Nachhaltige Produkte verwenden
- Wassermanagement und Integration von Wasser
- Überflutungsschutz – Notwasserwege anlegen
- Mulden/Rigolen – Wasser aufnehmen
- Zisternen – Wasser weiterverwenden
- Wasserspiele/Brunnen – Erfrischung fördern
- Spürbares Stadtgrün und Artenvielfalt
- Alten Baumbestand erhalten
- Jungbäume pflanzen
- Begrünte Rankelemente und Schattendächer erstellen
- Biodiversität durch artenreiche Pflanzbeete und Wiesen fördern
- Nachhaltige Bewässerung etablieren
- Beschattung, Beleuchtung und Mobiliar
- Beschattungselemente anbieten
- Insektenfreundliche Beleuchtung berücksichtigen
- Mobiliar Nutzerinnen- und Nutzerbedarfsorientiert auswählen
Wo fangen wir mit der Umgestaltung an? Welche Plätze haben Priorität?
Auch mit dieser Frage hat sich der Leitfaden beschäftigt. Dazu wurden Indikatoren festgelegt und wie diese ausgewertet werden müssen, um Stadtplätze mit hohem Handlungsbedarf zu identifizieren und eine Prioritätenliste zur Umgestaltung festzulegen.
Diese sechs Bewertungsschritte helfen dabei, Plätze zu identifizieren, bei denen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel besonders viel bewirken:
- Mesoklimatische Einordnung (Klimafunktionskarte): Wie ist der Platz stadtklimatisch einzuordnen?
- Auswertung der Vulnerabilitätskarte: Wo leben aktuell und zukünftig besonders viele von Überwärmung betroffene hitzesensible Menschen?
- Bewertung anhand der Starkregenkarte: Wo ist die Gefahr einer Überflutung am größten?
- Versorgung des Stadtraums mit Freiräumen: Welche Bedeutung kommt dem Platz für die Stadt oder für das Quartier zu?
- Mikroklimatische Einordnung hinsichtlich Wind und Temperatur: Wie wirkt sich ein (umgestalteter) Platz auf das klimatische Wohlbefinden aus?
- Verkehrsfunktionale Defizite: Welche Plätze weisen zum Beispiel mangelnde Barrierefreiheit auf?
Der Leitfaden zur klimaangepassten Umgestaltung von Stadtplätzen der Stadt Frankfurt am Main bündelt alle Ziele, die künftig bei der Planung und Umgestaltung städtischer Plätze grundsätzlich erreicht werden sollen, und er zeigt neue zusätzliche Bausteine zur bisherigen Gestaltung von Plätzen auf. Ob leicht und schnell umsetzbar oder mit mehr baulichem Aufwand, alle im Leitfaden aufgeführten Maßnahmen verbessern mittel- oder unmittelbar die Wohn- und Lebensqualität und damit letztlich die Gesundheit der Bevölkerung und dienen darüber hinaus dem Erhalt der biologischen Diversität. Innerstädtische Plätze werden damit für Mensch und Natur zu Oasen im Klimawandel. Weitere Informationen unter: