Kommentar

Genau hinschauen

Kommentar Stadtentwicklung
Mechthild Klett, Redaktionsleitung von Stadt + Grün. Foto: Privat

Viele Vergangenheiten kommen jetzt zu Tage: Christian Peter Wilhelm Beuth war Gründer der Berliner Gewerbeschule und hatte sich einige Meriten bei Ausbildung von Technikern im damaligen Preußen verdient. Doch zugleich war er Fürsprecher von christlich motiviertem Judenhass und ein biologistisch argumentierender Antisemit. Die ehemalige Beuth-Hochschule heißt nun Berliner Hochschule für Technik. In der Konsequenz ist nun offenbar auch eine Beuth-Figur vor dem DIN-Institut in Berlin entfernt worden. In Münster hat der Gemeinderat im März 2020 beschlossen, den Martin-Heidegger-Weg umzubenennen. Er war einer der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Als glühender Hitlerverehrer war Heidegger von 1933–1945 Mitglied der NSDAP und Anhänger des diktatorischen Führerprinzips, das er auch für die Hochschulen angewandt wissen wollte. Nach 1945 wurde ihm zunächst ein Lehrverbot erteilt.

Nun hat das Bezirksparlament von Berlin Pankow den Beschluss gefasst, zunächst keine Straße nach der bekannten Landschaftsarchitektin Herta Hammerbacher zu benennen, die auch als erste Professorin der Technischen Universität Berlin bekannt ist. Der Grund: Sie nahm Großaufträge von NSDAP-Funktionären an und gestaltete Siedlungen in den von Nazis besetzten Ländern wie etwa Polen. Dass Willy Lange, Herman Mattern und der berühmte Karl Foerster im Gegensatz zu Hammerbacher NSDAP-Mitglieder waren, ist ebenso kaum bekannt.

Was bewirken diese Aufarbeitungen? Formell zunächst die Um- oder Nichtbenennungen von Straßen und Institutionen. Politisch werden die Biografien öffentlich diskutiert, sie werden relativiert und neu bewertet. Dies bietet Anlass, sich mit den persönlichen Einstellungen, mit der Komplexität von Antisemitismus und Nationalsozialismus, aber auch mit den fachlichen Leistungen der Betroffenen zu beschäftigen. Es ist eben nicht möglich, keinen Standpunkt zu haben oder nur eine vermeintlich fachlich-neutrale Einschätzung abzugeben. Genauso wenig ist es aber möglich und sinnvoll, sich fachlich von den Genannten einfach abzuwenden, da sich ihr Einfluss schon in der heutigen Realität niedergeschlagen hat. Es gilt, diese Widersprüche auszuhalten, sich der Komplexität zu stellen und daraus zu lernen.

Mechthild Klett

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