Neue Anbindung des Burgbergs an die sanierte Altstadt in Vohburg an der Donau

"Die Poesie des Verborgenen"

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Burghof mit Lindenlaube.
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Vohburg an der Donau in der Region Ingolstadt. Foto: Vohburg

Die Stadt Vohburg an der Donau ist heute mit rund 8000 Einwohnern ein Kleinzentrum innerhalb der wirtschaftlich prosperierenden Region Ingolstadt. Von der BAB München - Nürnberg kommend fallen zunächst die Türme der in den 1960er Jahren angesiedelten Erdölraffinerie und das Dampfkraftwerk ins Auge, bevor der für das Stadtbild prägende Burgberg mit der Pfarrkirche St. Petrus und der zum Teil noch aus dem 13. Jahrhundert stammenden, imposant aufragenden Umfassungsmauer in Erscheinung tritt.

Die Stadt ist sich ihres historischen Erbes bewusst und hat beginnend im Altstadtkern umfangreiche Sanierungsmaßnahmen in die Wege geleitet. Die Qualität und Ernsthaftigkeit, mit der die Entwicklung der Stadt betrieben wird, dokumentieren zum einen die Erstellung eines Gestaltungskataloges für die Straßen und Plätze der Stadt, zum anderen die Aufnahme der Vorhaben in das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm "Städtebaulicher Denkmalschutz".

Nach der erfolgreichen Neugestaltung des historischen Stadtkerns um den Marktplatz, der größtenteils unter Ensemble- und Denkmalschutz steht, richtet sich der Fokus nun auf den Burgberg und dessen Anbindung an den Altstadtkern.

So wurden unmittelbar am Burgberg entlang der Agnes-Bernauer-Straße, die den Marktplatz mit dem Burgtor verbindet, wichtige öffentliche Einrichtungen, wie die Außenstelle des Landratsamtes, die Stadtbibliothek mit Bürgerbüro und der so genannte "Kulturstadel" errichtet, teilweise mit Einbindung denkmalgeschützter historischer Bausubstanz. Mit der Sanierung und Umnutzung des im Burghof gelegenen Pflegerschlosses - erbaut 1721 - erhält dieses eine neue Wertigkeit.

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Das Konzept. Entwürfe: Lex-Kerfers

Ein neu zu errichtender Treppenaufgang soll zukünftig eine direkte Verbindung zwischen dem Untergeschoss des Pflegeschlosses und der acht Meter tiefer liegenden Agnes-Bernauer-Straße ermöglichen. Im Zuge der Gesamtmaßnahme ist die Erstellung einer städtebaulich-freiraumplanerischen Konzeption erforderlich, die sowohl die Bereiche außerhalb der Burgmauer, das heißt, die Böschungen des Burgberges und das jeweilige Umfeld der Gebäude wie auch den nördlichen Bereich des Burghofes umfasst. Um für diese komplexe Aufgabenstellung alternative Vorschläge zu erlangen, hat die Stadt Vohburg im Mai 2013 einen Realisierungswettbewerb zur "Neugestaltung öffentlicher Freiflächen im Bereich des Burgberges" ausgelobt. Im Oktober 2013 wurde der Entwurf unseres Büros mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Er soll die Grundlage der weiteren Planungen bilden und in Bauabschnitten ab 2014 realisiert werden. Die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb waren eng gefasst: Die Erhaltung der denkmalgeschützten baulichen Elemente ist obligatorisch. Für die Neugestaltung der Topografie außerhalb der Burgmauer waren differenzierte statische Vorgaben zu beachten und vorhandene Stützmauern und Fundamente zu integrieren. Trotz der sehr großen Höhenunterschiede sollten die Eingangsbereiche und Fluchtwege weitestgehend barrierefrei erreichbar sein und die notwendigen Stellplätze verträglich in die jeweilige Situation eingebunden werden. Der den größten Teil des Burghofes einnehmende Friedhof sollte in seinem Bestand unangetastet bleiben, aber eine stärkere Abschirmung zu den ebenfalls im Burghof stattfindenden zum Teil komplementären Nutzungen erhalten; hier sind insbesondere die Theaterfestspiele mit ihren Freilichtaufführungen zu nennen, deren Wunsch nach größtmöglicher Flexibilität für Situierung und Aufbau von Bühne und Zuschauerraum berücksichtigt werden sollte.

Über die geforderten funktionalen Qualitäten hinaus sollte die Neugestaltung unserer Meinung nach eine neue, differenzierte Wahrnehmung der vorhandenen Qualitäten ermöglichen und durch neue, aus dem Kontext entwickelte Elemente das besondere, unverwechselbare des Ortes stärken.

Vohburg hat eine lange, reiche Geschichte, von deren Glanzzeit der Altstadtkern und vor allem der Burgberg heute noch zeugen, obgleich die eigentliche "Burg" als Namensgeber der Stadt nicht mehr vorhanden ist. Umso gegenwärtiger ist die historische Person der "Agnes Bernauer", der schönen Augsburger Baderstochter, die Herzog Albrecht III. heimlich gegen den Willen seines Vaters heiratete. Das Paar wohnte auf der Burg von 1431 bis zum tragischen Tod der "Schönen Bernauerin" 1435 in der Donau. Diese schaurig-tragische Geschichte ist Stoff und Anlass der über den Ort hinaus bekannten Freiluftfestspiele, die auf dem Burghof stattfinden und dessen Aura unterschwellig mit prägen. Doch die wechselvolle Geschichte der Stadt und des Burgberges geht wesentlich weiter in die Vergangenheit zurück. Inmitten der Ebene des Donautales bildet der Juraausläufer einen mächtigen Hügel, um den herum sich ringförmig die Altstadt legt. Nachdem Funde aus der frühen bis mittleren Bronzezeit freigelegt wurden, ist davon auszugehen, dass der Burgberg bereits um 1500 v. Chr. bewohnt war. In der Karolinerzeit um 895 ist die Existenz einer "größeren befestigten Hofanlage" erwähnt, die in den folgenden Jahrhunderten zur Burg ausgebaut, mehrfach zerstört und wieder aufgebaut wurde. Die "Blütezeit" der Burg und damit auch der Stadt währte vom späten 13. bis ins 15. Jahrhundert. Hier war die Burg zeitweise Verwaltungssitz eines großen Hoheitsgebietes. 1641 wurde die Burg von den Schweden endgültig zerstört, was in der Folgezeit auch zum Niedergang der Stadt führte. Von der hochmittelalterlichen Burg sind nur noch Reste vorhanden: die Burgmauer und das Burgtor, die zum Teil noch aus dem 13. Jahrhundert stammen. Der Standort der mittelalterlichen Burg und die ungefähren Ausmaße können aufgrund durchgeführter archäologischer Grabungen im zentralen Bereich des Burghofes verortet werden. Im Verlauf der Geschichte wurde der Bereich des Burgberges mit unterschiedlichen Gebäuden und Nutzungen überlagert, sodass eine Überplanung im Ganzen oder gar eine Rückführung in eine bestimmte Epoche nicht möglich ist und auch nicht sinnvoll erscheint. Es geht vielmehr darum, ein Konzept zu entwickeln, das die Anforderungen der vorhandenen und neu geplanten Nutzungen erfüllt, ohne die denkmalpflegerischen Belange zu vernachlässigen und das darüber hinaus zu einer Schärfung des Profils mit dem Ziel führt, eine stärkere Präsenz im öffentlichen Raum zu erreichen.

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Burghof mit Lindenlaube. Entwürfe: Lex-Kerfers
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Schnitt Burghof. Entwürfe: Lex-Kerfers

Trotz seiner Überformung stellt der Burgberg ein großes Potenzial für die Stadt und die hier neu angesiedelten kommunalen Einrichtungen dar. Es gilt, die dominanten historischen Bauwerke in ihrer Eigenheit und Wirkung zu stärken und gleichzeitig funktionale Erfordernisse zu erfüllen, die neue Nutzungen und damit eine Belebung des Ortes erst möglich machen. Die neue Konfiguration der Bebauung an der Agnes-Bernauer-Straße und die Öffnung des Pflegschlosses zur Stadt hin eröffnen die Möglichkeit, Burgmauer und Böschung neu wahrzunehmen und zu inszenieren.

Obwohl funktional verknüpft, werden typologisch und gestalterisch drei unterschiedliche Bereiche definiert, die zugleich eine historische Schichtung sichtbar machen: Die Straßenrandbebauung mit ihren Zwischenräumen, die freigestellte Böschung mit dem parallel zur Burgmauer geführten Wegesystem und der Bereich innerhalb der Burgmauer, das Herz der Anlage.

Der "Burgberg" wird mit wenigen Eingriffen neu strukturiert und geordnet, ohne das Vorhandene zu zerstören. In der Burgmauer mit dem Wehrgang und dem Pflegschloss als gebaute Zeugnisse vergangener Epochen manifestiert sich Geschichte ganz konkret. Betrachten wir den "Burghof" als Theaterraum mit leerer Bühne, so wird er ein Ort, an dem Geschichten erzählt werden, ein Ort der Imagination. Die Lindenlaube und das Spiegelbecken laden ein, zu verweilen und den Geschichten des Ortes, dem Verschwundenen und Verborgenen nachzuspüren, einfach Innezuhalten oder ein Fest zu feiern.

Friedhof und "Burghof" werden als räumliche und gestalterische Einheit betrachtet. Der Bereich um das Pflegschloss und entlang der Burgmauer bietet Raum für vielfältige Aktivitäten wie Theater, Feste oder Märkte und die dafür nötige Infrastruktur. Für die Parkierung steht eine multifunktional nutzbare Fläche westlich des Archivgebäudes zur Verfügung mit kurzen Wegen zum Pflegschloss und zur Aussegnungshalle, aber außerhalb der wichtigen Sichtachsen.

Der zentrale Bereich, in dem die Spuren des einstigen Herrschaftssitzes gefunden wurden, ist als Rasenfläche angelegt. An der Nahtstelle zum Friedhof wird ein neues Element, eine Laube aus kastig geschnittenen Linden, eingefügt. Als trennendes wie auch verbindendes Element zwischen "Diesseitigem" und "Jenseitigem" stellt es für den Friedhof ein Rückgrat und für den Burghof ein Pendant zum Wehrgang dar. Die bestehende Hecke wird integriert, die Kapelle und der Gedenkstein erhalten ein angemessenes Umfeld. Sowohl zum Burghof wie auch zum Friedhof werden Sitzmöglichkeiten angeordnet.

Um ein gutes Miteinander der gegensätzlichen Nutzungen zu gewährleisten, ist es notwendig, die Bereiche eindeutig abzugrenzen. Die Lücken in der friedhofsbegrenzenden Hecke werden geschlossen und die Zugangssituationen neu gestaltet. Die Urnenmauer wird an der Hecke im Urnenfriedhof situiert. Auf raumgreifende Bepflanzungen oder Einbauten, die die Sichtachsen oder die multifunktionale Nutzbarkeit einschränken, wird verzichtet. Ziel ist eine "zeitlose" Gestaltung für "mit der Zeit gehende" Nutzungen.

Die "Alltagstauglichkeit" ist auch ein wichtiges Kriterium für die Gestaltung der Freibereiche an der Agnes-Bernauer-Straße. Den Eingängen der Gebäude werden weitgehend ebene Vorplätze zugeordnet, Funktionen wie Andienung, Stellplätze und die Belichtung der Gebäude werden in die Gestaltung integriert.

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Der Lageplan. Entwürfe: Lex-Kerfers
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Böschung und Wege am Burgberg. Entwürfe: Lex-Kerfers

Materialität und Ausstattung

Die Planung ist so angelegt, dass sie mit möglichst wenig Ausstattung und Orientierungshilfen auskommt. Das Wegesystem ist durch die Materialwahl und direkte Sichtbeziehungen selbsterklärend. Der reduzierte Materialkanon baut auf dem vorgefundenen auf und definiert Burgberg und Stadt als gestalterisch eigenständige Bereiche. Die historische und hierarchische Schichtung wird in der Verwendung und Bearbeitung des Materials sichtbar: vom feinen, industriell gefertigten zum groben, wenig bearbeiteten.

Vorschläge für Beläge

Im Burghof Kalkpflaster-Großstein als Traufbereich der Gebäude und Mauern; Kleinstein-/Großstein mit gesägter Oberfläche und gebrochenen Kanten in der Mittelzone der Hauptwege und Eingangsbereiche; unterschiedliche, überwiegend kleinere Formate an Wegerändern und Nebenwegen sowie als Pflaster mit Rasenfuge; wassergebundene Decke mit Kalksplitt-Abstreu oder Stabilizer im Parkierungsbereich Burghof in der "Fläche des Wandelganges" und auf den Wegen entlang der Böschung; Kalkplatten im Eingangsbereich Kellergeschoss Pflegschloss.

Außerhalb des Burgberges Granitpflaster als Großpflaster an Traufen, als Kleinpflaster an Plätzen; an Hauptgehbeziehungen und vor Eingängen mit gesägter Oberfläche.

Die Treppen in den Rasenböschungen sind als Kalk-Blockstufen vorgesehen. Die Blöcke und Blockstufen an den Plätzen unterhalb der Böschung sind analog des Belages in Granit vorgesehen. Die Treppe ("Himmelsleiter") zum Pflegschloss vor der Stützwand wird als Sichtbetonkörper vorgeschlagen. Stützwände sollen in Beton, die Oberfläche handwerklich behandelt, zum Beispiel gespitzt, ausgeführt werden. Die "Ruine" wird bis auf die Erdgeschossdecke abgebrochen und die Oberfläche begrünt. Die Wände bleiben hinter der neuen Stützmauer verborgen. Das vorhandene Fundament erhält eine Verkleidung mit auf- oder vorgesetztem Betonfertigteil (Verlängerung der Einzelstufe am Treppenaufgang). Notwendige Geländer an Treppe und Terrasse sowie auf Stützmauern werden als Stahlkonstruktionen mit Edelstahlnetzen als transparente Füllung ausgebildet. Die Stege an den Fluchttüren sind als schlanke Stahlkonstruktion vorgesehen, Bänke als Stahlkonstruktionen mit Holzauflage und sonstige Möblierungen wie Fahrradbügel oder Pflanzgefäße sollen in Stahl, Anthrazit, pulverbeschichtet gefertigt werden.

Als Bepflanzung sind im Burghof Kastenlinden, als Solitärbäume Eichen und Feld-ahorn und an der Burgmauer innen Kletterrosen und Obst geplant; an Stützmauern und der vorhandenen Gabionenwand soll Wilder Wein und Efeu ranken.

Die Neugestaltung des gesamten Planungsumgriffs wird in Verbindung mit den neuen Nutzungen der Gebäude eine wesentliche Aufwertung und Belebung dieses innerstädtischen Bereiches bewirken. Gerade die ungewöhnliche Konstellation des "Burghofes ohne Burg" bietet für Vohburg vielfältige Möglichkeiten.

Rita Lex-Kerfers

Autorin

Landschaftsarchitektin, Stadtplanerin

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