Klage nach Unfall

Verkehrssicherungspflicht für Bäume im Stadtpark

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In dem rechtskräftigen Urteil des OLG Brandenburg vom 08.01.2024 – 2 U 10/23 –, juris, MDR 2024, 440 geht es um die Haftung der beklagten Stadt als Eigentümerin eines Baumes in einem Stadtpark. Die Klägerin wurde dort am 12.06.2019 durch den abgebrochenen Ast einer Rosskastanie schwer verletzt. Die letzte Sichtkontrolle des Baumes erfolgte ohne Befund im Februar 2017 bei Festlegung eines 2-Jahres-Kontrollintervalls. Zum Unfallzeitpunkt zwei Jahre und vier Monate später war der Baum aber noch nicht wieder kontrolliert worden.
Parkbäume
Das Gericht lässt offen, in welchem Kontrollintervall der fragliche Baum an einem Fuß- und Radweg zu kontrollieren war. (Symbolbild) Foto: analogicus, Pixabay

Das LG Neuruppin hat die Klage durch Urteil vom 07.03.2023 – 5 O 276/20 – abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG Brandenburg durch Urteil vom 08.01.2024 – 2 U 10/23 – als unbegründet zurückgewiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ausweislich des gerichtlichen Sachverständigengutachtens weder der Baum selbst noch der abgebrochene Ast im Vorfeld äußerlich erkennbare Krankheitsanzeichen aufwiesen, die Anlass zu weitergehenden Maßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gegeben hätten. Folglich seien etwaige Pflichtverletzungen nicht schadenkausal geworden.

Das OLG Brandenburg lässt zunächst offen, ob eine Haftung der Beklagten aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB infrage kommt oder aus § 823 BGB. Hierfür kommt es nach Auffassung des OLG maßgeblich darauf an, ob es sich bei dem kombinierten Fuß- und Radweg durch den Stadtpark, an dem der fragliche Baum steht, um eine sonstige öffentliche Straße im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 StrG Brandenburg handelt, weil er als öffentlicher Weg gewidmet wurde.

Hierzu sind in dem erstinstanzlichen Verfahren keine Feststellungen getroffen worden. Jedenfalls oblag der Beklagten als Sacheigentümerin in gleicher Weise eine privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die von dem Baum ausgehenden Gefahren für den angrenzenden Weg. Sodann legt das OLG Brandenburg Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung dar. Im Anschluss setzt das OLG sich eingehend mit der älteren und neueren Rechtsprechung zu den angemessenen Baumkontrollintervallen unter Berücksichtigung der FLL-Baumkontrollrichtlinien auseinander.

Letztlich lässt das Gericht offen, in welchem Kontrollintervall der fragliche Baum in einem öffentlichen Park an einem Fuß- und Radweg zu kontrollieren war, zu dessen Verkehrsbedeutung kein Sachvortrag der Parteien vorliegt. Bei der gegebenen Überschreitung des Regelkontrollintervalls nach den FLL-Baumkontrollrichtlinien liegt es für das OLG nahe, dass eine Sichtkontrolle in angemessenen Zeitabständen nicht erfolgt ist, worauf es aber ebenso wenig ankommt wie darauf, ob die Kontrollen ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, weil es an der Kausalität eines etwaigen Pflichtverstoßes zu dem Schadeneintritt fehlt.

In diesem Zusammenhang hebt das OLG unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 04.03.2004 – III ZR 225/03 –, NJW 2004, 1381 hervor, dass Geschädigten grundsätzlich weder ein Anscheinsbeweis noch Beweiserleichterungen bei durch umstürzende Bäume oder abbrechende Äste verursachten Schäden zu Gute kommen. Insbesondere der Umstand, dass der Baum über vier Jahre nach dem Unfall deutlich geschädigt und zu fällen ist, lässt keinerlei Rückschlüsse auf dessen Zustand vor dem Unfall und auf die Erkennbarkeit etwaiger Krankheitsanzeichen zu, die Anlass zu eingehenden Untersuchungen gegeben hätten.

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Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin durch den abgebrochenen Ast einer Rosskastanie in einem öffentlichen Stadtpark schwer verletzt. (Symbolbild) Foto: Camera-man, Pixabay

Schließlich sieht das Gericht auch keinen Anlass für eine Beweislastumkehr wegen behaupteter Beweisvereitelung durch die Beklagte. Deren Verschulden müsse sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts beziehen als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion, also darauf gerichtet sein, die Beweislage des Gegners in einem Prozess nachteilig zu beeinflussen. Hierfür bestünden keine Anhaltspunkte.

Auch in einer nicht ordnungsgemäßen Dokumentation der Baumkontrollen läge keine Beweisvereitelung. Die FLL-Baumkontrollrichtlinien begründeten keine Pflicht der Verantwortlichen, eine Dokumentation um ihrer selbst willen oder gar zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten Dritter zu erstellen. Die Dokumentation habe vielmehr die Aufgabe, dem Baumeigentümer die geordnete Erfüllung seiner Aufgaben und ihm selbst den Nachweis erfolgter Kontrollen zu ermöglichen. Es sei hingegen nicht ihre Aufgabe, Dritten den Beweis schadenkausaler Pflichtverletzungen zu erleichtern.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg überzeugt uneingeschränkt (weitgehend zustimmend auch Itzel in seiner Urteilsanmerkung, MDR 2024, R77-R78). Begrüßenswert ist die Orientierung des Gerichts an den FLL-Baumkontrollrichtlinien als anerkanntem Stand der Technik zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit von Bäumen. Erfreulich ist auch, dass das Gericht mit eingehender Begründung weder Anlass für eine Beweislastumkehr noch für Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin sieht. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des OLG zu Sinn und Zweck der Kontrolldokumentation.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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