Beherrschte Natur inmitten rauer irischer Landschaft

Kylemore Abbey & Victorian Walled Garden

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Parks und Gärten
Gekonnt in Szene gesetzt: Geschützt von den umgebenden Bergen spiegelt sich Kylemore Abbey malerisch im See. Für Besucher sind bislang die Eingangshalle und drei Räume zugänglich, weitere Bereiche werden derzeit erschlossen und sollen ab diesem Sommer ebenfalls besichtigt werden können. Foto: Pixabay License

Kylemore Abbey & Victorian Walled Garten durchliefen über die Jahre eine wechselvolle Geschichte von der privaten Schlossanlage, zur ungenutzten Immobilie als Investitionsobjekt, zum Benediktinerinnenkloster und heutigen musealen Touristendestination, die jährlich bis zu 300.000 Gäste aus aller Welt besuchen. Die Qualität des aufwändig restaurierten viktorianischen Gartens zeichnet sich aus durch eine märchenhafte Lage, die intensive Pflege sowie den Bemühungen der Chefgärtnerin und ihres Teams, den viktorianischen Stil zu bewahren.

Die Gärtner des Victorian Walled Garden führen einen steten Kampf gegen das üppige, wilde Grün im irischen Connemara, das sich immer wieder einen Weg sucht über die vier Meter hohe und 800 Meter lange Mauer, die den Garten seit seiner Entstehung im 19. Jahrhundert umgibt. So gehört das Entfernen von Fraxinus, Crocosmia, Gunnera oder Salix Sprösslingen aus den Beeten und Pflanzstreifen zu den regelmäßigen Aufgaben in Kylemore. Die Arbeit der Gärtner wird dabei immer wieder unterbrochen von Besuchern, die interessiert Fragen stellen zu den Pflanzen, zur Geschichte oder einfach nur ein Lob aussprechen für die Mühe, die hinter der Pflege des Gartens steckt.

Gleich zu Beginn eines Besuchs im Garten bietet sich den Besuchern das Bild einer aufwendig gepflegten Anlage, welches nicht stärker im Kontrast stehen könnte zu ihrer umgebenden Moor- und Heidelandschaft. Die Gärtner von Kylemore Abbey pflegen ihren Garten ganz in der Tradition der viktorianischen Prämisse von der Beherrschung der Natur, dem Einsatz kräftiger Farben, exotischer Pflanzen, und einer verspielten Formenvielfalt.

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Im Hintergrund ist der Diamond Hill zu sehen, dessen Gestein im Sonnenlicht deutlich schimmert. Der Garten, mitten in die wilde Landschaft Connemaras gebettet, bietet von den Bergen aus betrachtet einen beinahe kuriosen Anblick. Foto: Mira Eggersglüß
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Der Garten von Kylemore Abbey mit Teestube und Eichenhain. Abb.: Kylemore Abbey & Garden Ltd.

Vom Anfang und Ende des historischen Gartens

Gegründet wurde Kylemore Abbey 1867 als privates Feriendomizil des Industriellen und Politikers Mitchell Henry aus Manchester. Er und seine Frau Margaret Henry kauften das 6075 Hektar große Anwesen. Rund zwei Kilometer westlich davon ließ er den zweieinhalb Hektar großen viktorianischen Garten anlegen, der von einer Mauer aus Naturstein und Ziegeln umgeben ist. 21 miteinander verbundene Glashäuser, die durch einen Kalkbrennofen und rund eineinhalb Kilometer lange im Boden verlegte gusseiserne Rohre beheizt wurden, beherbergten wärmeliebende Pflanzen. Glashäuser zählten mit zu den wichtigsten Elementen der viktorianischen Gärten, konnten in ihnen doch solch exotische Pflanzen wie Bananenstauden, Melonenpflanzen, Weinreben und Farne, eingeführt aus den Kolonien des britischen Empires, gezüchtet werden. Ein Teil der Ernte aus dem Garten wurde zum Wohnsitz der Familie Henry in London verschickt - frisches Obst und Gemüse aus dem regnerischen Connemara. Um das ganze Anwesen ließ Henry zudem 300.000 Bäume pflanzen: Eschen, Eichen, Ahorne und Koniferen, die dem Grundstück bis heute seinen, in der ansonsten recht kahlen Region, waldartigen Charakter verleihen.

Ob der hohen Ausgaben für Kylemore verlor Henry mit den Jahren jedoch sein Vermögen und musste 1902 schließlich das Anwesen verkaufen. Kylemore erlebt danach turbulente Jahre, wechselt zweimalig die Besitzer, bis das Anwesen schließlich 1920 von der ältesten irischen Benediktinerinnenabtei gekauft wurde. Die Pflege des Gartens war jedoch zu teuer und in der Folge verwahrloste der Garten mit den Jahren immer mehr und auch alle 21 Glashäuser verfielen. Bis heute ist Kylemore Abbey & Victorian Walled Garden im Besitz des Ordens.

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In einem der beiden Glashäuser, der Vinery, wachsen heute neben den Weinsorten \'Black Hamburgh\', \'Buckland Sweetwater\' und \'Grizzley Frontignan\' unter anderem Bananen und die Passionsfrucht. Foto: Mira Eggersglüß

Restauration des Gartens

Sister Benedict, damalige Ordensschwester, begann 1958 mit der Rekultivierung des verwilderten Gartens von Kylemore und pflanzte erste Obstbäume. Mit Spenden, Fördergeldern der Regierung und der EU gelang es den Benediktinerinnen schließlich 1995 mit der Restaurierung des Gartens nach historischem Vorbild zu beginnen. Als Quelle für die möglichst originalgetreue Restaurierung dienten dabei vor allem Fotos, welche von einem der Henry-Kinder erhalten geblieben sind. Neben den zahlreichen unterschiedlichen gärtnerischen Bereichen wurden dabei auch die Gebäude renoviert und teilweise für die Besucher zugänglich gemacht. Das Head Gardener House wurde im Stil des 19. Jahrhunderts eingerichtet und vermittelt einen Einblick in die Arbeits- und Wohnzimmer des ersten Chefgärtners, James Garnier. Daneben liegt gleich die Bothy, ehemalige Unterkunft für die angestellten Gärtner sowie der Tool Shed, in welchem heute alte Arbeitsgeräte ausgestellt sind, sowie Tafeln, die über den Werdegang des Gartens informieren. Der Garten konnte jedoch bis heute nicht vollständig restauriert werden: so wurden bislang erst zwei der 21 Glashäuser wiedererrichtet. Eröffnet und für Besucher zugänglich gemacht wurde der Garten im Jahr 2000. Seit rund 18 Jahren ist die Berlinerin Anja Gohlke Chefgärtnerin und leitet ein rund achtköpfiges Team aus Stauden- und Gemüsegärtnern. In den Sommermonaten absolvieren außerdem zwei bis vier Studierende Praktika im Garten.

Flower Garden und Vegetable Garden

Der Garten ist geteilt in zwei Bereiche, den Flower Garden im östlichen und den Vegetable Garden im westlichen Abschnitt des Gartens. Die Staudenbeete des Flower Garden, die gleich zu Beginn eines Besuchs ins Auge fallen, haben so klangvolle Namen wie Diamond Beds, Spirals, Snakes oder Kidneys. Entlang der östlichen Mauer liegen die sogenannten Ribbon Beds, welche die Besucher auf dem Weg zum Parterre und zu den Glashäusern begleiten. Den Übergang von Flower Garden zu Vegetable Garden bilden eine sogenannte Woodland Border, also eine Abgrenzung aus Baum- und Gehölzbeständen. Diese wird durchzogen von einem künstlichen Bachlauf und einer Fernery, einem waldartigen Abschnitt mit verschiedenen Farnen, die im viktorianischen Zeitalter besonders beliebt waren. Der Vegetable Garden besteht zum einen aus vier großen Gemüsebeeten, und kleineren Nebenbeeten unter anderem mit Beerensträuchern und Obstgehölzen. Des Weiteren gibt es in diesem Abschnitt des Gartens Beete mit Küchenkräuter, Schnittblumen, eine Nuttery, einen Bestand an Nussbäumen sowie eine Rockery, einen Steingarten. Entlang der ganzen Mauer steht Spalierobst - Pflaumen-, Sauerkirsch-, Birnen- und Äpfelbäume. Nicht zuletzt findet man im Garten zwei große Feigenbäume. Eine Besonderheit des Gartens stellt die Herbaceous Border dar, ein zweireihiges Staudenbeet, welches mit rund 80 Metern zu den Längsten in Irland zählt. Die beiden Pflanzreihen der Herbaceous Border sind in einer vierzeiligen Höhenstufe aufgebaut. Hier blühen mehrjährige Stauden und liefern vom Frühjahr bis Herbst ein wechselndes Farbenspiel - im Kontrast zu den Beeten im Flower Garden weniger knallig, aber nicht weniger leuchtend und eindrucksvoll.

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Hier beginnt der Besuch im Garten – mit Blick über den Flower Garden Richtung Vinery (Glashaus) und Parterre. Foto: Margit Kirmaier
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Die zweireihige Herbaceous Border im Sommerflor mit, zum Beispiel, Verbascum chaixii \'Album\', Chrysanthemum x superbum, Lysimachia punctata und Watsonia fulgens. Im Hintergrund sind die Woodland Border, die Abgrenzung zum Flower Garden, und das Eingangstor zu sehen. Foto: Mira Eggersglüß
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Das streng formal gestaltete Parterre mit dem original erhaltenen Rankgerüst in der Farbe Capri, dem Monkey Puzzle Tree im Zentrum sowie der Bothy und dem Head Gardeners House im Hintergrund. Foto: Mira Eggersglüß

Das gärtnerische Konzept

Mit dem Betreten des Gartens erleben die Besucher eine kleine Zeitreise zurück ins viktorianische Zeitalter. Nicht nur die formale Gestaltung, sondern auch die Art der Bepflanzung erfolgt nach viktorianischem Vorbild. So werden, soweit möglich, Sorten verwendet, die bereits vor 1901 bekannt waren, als mit dem Tod Königin Viktorias' I. die nach ihr benannte Epoche endete. Dadurch ist die Auswahl an verwendbaren Pflanzen und Varietäten denkbar eingeschränkt. Der Umgang mit den historischen, teils empfindlichen Staudensorten, stellt eine besondere Herausforderung für die Gärtner dar. Erst im vergangenen Jahr verlor der Garten eine historische Tulpensorte, deren Zwiebeln das langanhaltende nasskalte Frühjahr nicht überstanden. Doch hin und wieder finden sich in alten Verzeichnissen und Katalogen noch unentdeckte Sorten, die das Pflanzen-Portfolio des Gartens wiederum ergänzen. Der Großteil der Stauden wird im Propagation House, einem der beiden Glashäuser, selbst herangezogen, bevor sie in die dekorativen und bunten Blumenbeete ausgepflanzt werden. Bei einer Gartenfläche von etwa eineinhalb Hektar werden so jährlich mehrere tausend Sämlinge vor Ort herangezogen. Die massenhafte Produktion von Setzlingen in den Glashäusern und Einsetzen in den Blumenbeeten, bedding out genannt, ist typisch für das Gärtnern im viktorianischen Zeitalter. Die Beete des Flower Gardens selbst sind sehr formal gestaltet. Es gibt stets eine akkurat geschnittene Rasenkante, eine Rahmenbepflanzung, eine dichte Füllpflanzung und im Zentrum eine Punktpflanze. Im Parterre werden besonders kräftige, teils komplementäre Farben eingesetzt, in Kombination mit grauen Tönen und dem Capri-Grün des Rankgerüstes.

Die ersten Frühlingsblüten des Flower Garden bilden Klassiker wie Fritillaria meleagris, Narcissus 'Rip van Winkle, Hyacinthus 'Ann Mary', Tulip 'Peach Blossom', außerdem treiben Sträucher wie Azalea 'Norma', Rhododendron 'Sapplo' und Weigelia middendorffiana aus und nutzen die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres. Etwa im Mai werden die Zwiebeln aus dem Boden geholt, getrocknet und eingelagert. Im Sommerflor finden sich leuchtende Calendula officinalis und Persicaria bistorta 'Superba'. Die Ribbon Beds entlang der Mauer sind unter anderem bepflanzt mit Dianthus barbatus 'Sweet William', Gladiolus x colvillei 'The Bride', der Fuchsiensorte 'Chillerton Beauty', Anaphalis triplinervis sowie Sedum sp. 'Brillant', die später im Jahr nochmal kräftige Farbakzente setzt. Lobelia 'Chrystal Palace' und Senecio cineraria 'Candicans' werden häufig als Umrahmung der Beete eingesetzt. Zu den auffälligsten Pflanzen im Flower Garden zählt sicherlich der Monkey Puzzle Tree, oder Chilenische Araukarie, die ihren Ursprung in den chilenischen Anden hat. Des Weiteren finden sich einige Exemplare der Cordyline australis, des Kohlbaums, der im 19. Jahrhundert, wohl aufgrund seines palmenartigen Aussehens, Einzug in englische und irische Gärten hielt.

Der Vegetable Garden ist weniger formal gestaltet. Hier können die Besucher zum Beispiel die Grünflächen betreten, im Gegensatz zum intensiv gepflegten Rasen im Flower Garden, und so einen genaueren Blick auf die Gemüsebeete werfen. Das Interesse an den alten Gemüsesorten ist unter den Besuchern im Garten meist sehr groß. Nach der Ernte wird das Gemüse nachgepflanzt, so dass es immer etwas zu sehen gibt. Die Bepflanzung der vier großen Gemüsebeete rotiert jährlich in einer Art Vierfelderwirtschaft, in der ein Beet mit Pflanzen zur Gründüngung bepflanzt wird. In den Gemüsebeeten werden alte Kartoffelsorten, wie 'Sharps Express' oder 'Epicure', Zucchinis, Kohlsorten wie 'Red Drumhead', Mangold, die Selleriesorte 'Golden Self-Blanching', Karotten, darunter die Sorte 'Autumn King', und vieles mehr angebaut. Daneben gibt es Hülsenfrüchte wie Zuckerschoten, Ackerbohnen und Erbsen. Zwischen den Gemüsebeeten wachsen im Vegetable Garden außerdem Sträucher, Obstbäume und Erdbeeren.

Im gesamten Garten werden so wenig chemische Pflanzenschutzmittel verwendet wie möglich. Insbesondere im Gemüsegarten werden natürliche Mittel und Begleitpflanzungen in den Beeten eingesetzt: Tropaeolium und Calendula halten Schädlinge wie die Weiße Fliege fern, getrocknetes Seegras wirkt gegen die Wurzelfliege und Kaffeesatz hilft gegen Schneckenfraß. Um die Pflanzen vital zu halten, testen die Gärtner von Kylemore immer wieder neue Ideen und gärtnerische Methoden, ganz im Pioniergeist des viktorianischen Zeitalters. Dieser Pioniergeist wird für den Erhalt des Gartens weiter gefordert sein, denn auch Irland ist betroffen von geänderten Klimabedingungen. So zeigten sich ganz neue Herausforderungen im Hitzesommer 2018, als Irland von einer ungewöhnlich langen Trockenperiode betroffen war. Diese konnte jedoch gut gemeistert werden, da der Garten über ein Bewässerungssystem verfügt, welches an einen großen, nahegelegenen See anschließt. Dieses System stammt bereits aus Henrys Zeiten und trägt so noch heute zur Bewahrung des irischen Grüns im Garten von Kylemore bei.

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Der Gemüsegarten ist sehr beliebt bei den Besuchern und viele inspizieren die Beete ganz genau. Foto: Mira Eggersglüß
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Im Propagation House (Glashaus links) werden jährlich tausende von Setzlingen produziert, mit welchen die Beete bepflanzt werden. Auf dem Bild sind weitere Grundmauern einiger verfallener Glashäuser, sowie das Rankgerüst und die Vinery (Glashaus rechts) zu sehen. Foto: Mira Eggersglüß

Kylemore Abbey & Victorian Walled Garden liegt etwa vier Autostunden von Dublin entfernt an der Westküste Irlands im County Galway. Die Klosteranlage und der Garten sind ganzjährig für Besucher geöffnet. www.kylemoreabbey.com

Neben der Abbey und dem Garten können Besucher eine neo-gotische Kirche, erbaut von Mitchell Henry zu Gedenken seiner früh verstorbenen Ehefrau Margaret, sowie ein Mausoleum besichtigen. Irische Spezialitäten gibt es im Restaurant sowie in der Teestube.

Die Benediktinerinnen betreiben auf dem Gelände außerdem eine kleine Chocolate Kitchen sowie eine Soapery. Für einen längeren Ausflug lohnt sich der Besuch des Connemara-Nationalparks und diverser einsamer Strände sowie der vielen liebenswürdigen Ortschaften in der Umgebung.

Autorin

Ökologie & Umweltplanung, TU Berlin

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